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Sie fuhr. Ließ sich fahren. Im zweiten Gang. Das Auto schlingerte langsam durch den Schnee. Sie saß zurückgelehnt. Ließ sich wackeln und rütteln. Am Ende des Tals dann die Landstraße und Schneefahrbahn. Dann die geräumte Straße zum compound und wieder Verkehr. Andere Autos. Lastwagen. Aber alles weit weg. Sie fuhr mit gestreckten Armen. Wie die Rennfahrer. Sie hielt das Lenkrad mit den gestreckten Armen weit von sich und lenkte das Auto wie diese kleinen Elektroautos im Prater, mit denen man gegeneinanderfuhr. Aber die hatten so breite Gummireifen rundum. Dann die Abbiegung nach Furth im Wald. Wieder Schneefahrbahn. Das Tor. Sie nestelte ihre Sicherheitskarte am Bändchen um den Hals aus dem dicken Mantel heraus und hielt sie an den scanner. Sie sah dem Tor beim Aufgleiten zu. Sie musste sich aus diesem Zusehen herausreißen und wieder schalten. Auf dem Parkplatz bremste sie zu stark. Der Motor starb ab, und sie fiel nach vorne gegen das Lenkrad.

Sie musste grinsen. Sie blieb über das Lenkrad geworfen und überlegte. War das Grinsen oder Lächeln. Sie dachte, dass sie grinste. Das auf ihrem Gesicht. Das Verzerren der Mundwinkel. So, wie sie es fühlte. Wie es sich anfühlte. Das war kein Lächeln. Lächeln. Das war absichtlich. Das war absichtlicher. Beim Lächeln. Lächeln entfernte einen von den hässlichen Dingen. Lächeln. Das machte. Unangreifbar machte das. Unberührt. Solange eine Person lächelte. So lange gehörte sie denen nicht. So wie sie eben. Sie grinste. Das war Grinsen. Sie durfte gar nicht lächeln. Wenn sie lächelnd in die Rezeption käme. Wahrscheinlich würde sie dann weggeschickt. Cindy würde sie sofort wegschicken. Cindy würde es sofort begriffen haben, dass sie sich wieder nicht voll in die Gruppe einbringen würde, und Cindy würde sie wegschicken. Cindy machte so etwas. Sie würde dann Gregory suchen gehen müssen und mit ihm reden, und er würde ein Gespräch organisieren. Sie müsste mit Cindy ein Gespräch führen darüber, wieso Cindy sich denken hatte können, dass es besser wäre, sie machte nicht mit. Gregory würde sie dann im Büro erwarten und einen Bericht wollen, und sie hätte sich überlegen müssen, was Cindy ihm erzählen würde und wie sie ihre Geschichte aufbauen musste, um Cindys Bericht so zu bestätigen, dass sie als die Klügere dastand. Als die, die Führungskompetenz mitbrachte. Aber am Ende würde Gregory sagen, dass sie ihr Problem selber lösen hätte müssen und nicht zu ihm kommen und ihn belästigen. Also grinste sie und war angreifbar und formbar und begann im richtigen Augenblick zu weinen. Cindy reichte es ja, dass alle Frauen in der Gruppe zu weinen begannen, wenn sie ihnen vorwarf, es sich leichtzumachen.»Du glaubst, dass du etwas Besseres bist als ich, weil du schöner bist. «Das war der Angriff gegen sie, und es hatte keinen Sinn, die Aggression zurückzugeben. Wenn sie nicht zu weinen begann. Man würde annehmen, dass sie doch zuerst ins Grundtraining musste, weil sie noch sicher aus sich selbst heraus war und lächeln konnte. Man würde dann annehmen, dass sie nicht vollkommen über die Ausbildung definiert war und deswegen ein Unsicherheitsfaktor. Ihre Motivation würde bezweifelt werden, und sie würde daraufhin angesehen werden, ob sie Symptome einer Verräterin an sich hatte. Eine Person, die lächelte. Eine solche Person. Die konnte auch davongehen. Eine solche Person, die gehörte nicht dazu. Die traf eigene Entscheidungen, und man musste misstrauisch sein. Verrat. Es ging ja nicht darum, den Job zu machen. Es ging immer nur darum, wer, und wann, zum Verrat fähig sein könnte. Cindy lauerte auf solche Anzeichen. Cindy war ein Wachhund mit Busen. Mit einem Riesenbusen. Sie dagegen. Sie war neu. Sie war die Neue. Also grinste sie, damit niemand misstrauisch wurde und sie jetzt einmal in die Wärme gehen konnte und nicht gleich die Rückfahrt antreten musste. Und. Sie sollte das schnell tun. Wenn sie noch länger in ihrem Auto über das Lenkrad geworfen sitzen blieb. Man konnte sie von der Rezeption aus sehen und sich Gedanken machen. Sie musste noch mehr grinsen. Hier machte man sich Gedanken. Sie setzte sich auf und hob ihre Handtasche vom Rücksitz nach vorne. Gedanken machen. Sie stellte sich vor, wie Gregory an einem Gedanken schmiedete und hämmerte und ihn dann in die Mitte des Konferenztischs stellte und wie er seine Haare zurückwarf. Die dunkle Locke, die ihm über die Stirn fiel, in der feine weiße Haare den Glanz betonten. Da schaut her, würde diese Kopfbewegung sagen wollen. Da schaut her. So sieht ein Gedanke aus, und davor müssen wir uns hüten. Gregory würde ein wenig schwitzen. Gregory schwitzte an den Schläfen, und sie alle würden sich überlegen müssen, ob das eine Provokation war oder ein Ziel.

Sie zog den Autoschlüssel ab. Mit den dicken Handschuhen alles ungenau. Sie ließ die Autotür aufschwingen und drehte sich dann auf dem Sitz zum Aussteigen. Sie hievte sich auf die Beine. Stützte sich am Lenkrad und an der Autotür ab. Ins Stehen zu kommen war nicht einfach. Sie hatte zu viel vom Wodka erwischt. Im Sitzen hatte sie das nicht wissen können. Sie musste vorsichtig gehen. Wenn sie auf dem glatten Schnee und dem Eis auf dem Parkplatz ausrutschte. Es würden alle kommen und sie tragen und dann den Alkohol riechen. Was würde dann passieren. Wahrscheinlich wurde man dann in eine Einheit dafür versetzt. Es gab sicherlich einen eigenen compound für solche Personalprobleme. Sie war ja nicht die Einzige. Heinz war meistens betrunken. Aber Heinz war stellvertretender branchmanager. Da hätte Anton etwas tun müssen, und Anton würde Heinz nie. Nicht irgendwie. Die waren Kameraden. Von früher.

Sie warf die Autotür zu. Das Stehen war dann leichter, als sie erwartet hatte. Sie konnte die Autotür gleich loslassen und losgehen. Sie hielt die Tasche an sich gepresst. Für die Balance. Sie rutschte auf dem Eis unter dem Schnee und musste lachen. Sie übertrieb das Rutschen und segelte auf die Eingangstür zu. Hinter dem Glas konnte sie schon Gregory stehen sehen. Er sah ihr zu. Sie stolperte über eine Eisrille und musste laufen, damit sie nicht hinfiel. Gregroy riss die Eingangstür auf, und sie lief auf ihn zu. Sie dachte, er wolle, dass sie ihm in die Arme lief, aber er trat zur Seite, und sie konnte erst in der Mitte der Halle stoppen. Sie sah gleich, warum er sie nicht aufgefangen hatte. Cindy stand neben Gertrud hinter der Rezeption und sah ihnen zu. Gertrud saß und telefonierte. Cindy hatte die eine Hand auf der Schulter von Gertrud, und in der anderen hielt sie die Kaffeetasse. Gregory nahm einen Schluck von seinem Kaffee.»Our Amy. Isn’t she a skatrix. «Er schaute über den Tassenrand und trank den Kaffee aus.

Man könne also nun beginnen. Es wären ja alle da. Er stellte die Tasse auf den Tisch der Rezeption und wandte sich ihr zu. Cindy nahm die Tasse und trug sie zum Kaffeeautomaten. Betont vorwurfsvoll ließ sie den Löffel gegen die Tasse klimpern. Cindy ging nahe an ihr vorbei und stieß sie fast an. Sie drehte sich um und sah Gregory an. Aber er antwortete nicht auf ihre hochgezogenen Augenbrauen. Sie fühlte ihre Schultern sinken. Es war also schon losgegangen. Wahrscheinlich hatte es schon eine Morgensitzung gegeben, und die Zentrale in London hatte wieder etwas erwartet. Oder gewünscht. Oder angeordnet. Und Gregory und Heinz und Anton waren sehr verschiedener Meinung, und Cindy hatte sich mit Heinz verbrüdert. Und weil sie Gregory nicht offen angreifen konnten, würden sie auf sie losgehen. Amy. Gregorys protegée. Und jetzt hatte Cindy einen Hass auf sie, weil Gregory die Kaffeetasse auf den Tisch von Gertrud gestellt und nicht selber zum Kaffeeautomaten zurückgetragen hatte. Wie das alle machen sollten. Heinz könne ja auch seine Tasse zum Kaffeeautomaten zurückstellen, warum mache Mr. Madrigal das nicht, würde Cindy sie anschreien. Und wenn sie antwortete, dass das doch nicht ihre Angelegenheit sei, was Gregory Madrigal mache. Dann würde Cindy darauf nicht eingehen, weil man das nicht tat, wenn man kein Argument hatte. Cindy würde einfach angreifen und sagen, dass sie es dem Gregory in einer ihrer sex sessions beibringen solle. Sie solle das mit Gregory üben. Manche Männer könnten eben nur über Konditionierung lernen. Manche Männer bräuchten solche Lernanordnungen. Wie die Ratten. Cindy konnte sich dann lang ergehen, wie das aussehen könnte. Cindy hatte da eine gutgeschulte Phantasie. Aber Cindy war auf der Kaderschule der Stasi gewesen. Cindy hasste Gregory. Gregory war der Abgesandte aus London und überprüfte sie alle. Gregory hatte sie hergeholt, und wenn Gregory in guter Stimmung war, dann maßregelte er Cindy und erklärte ihr, dass man auch schöne Frauen wie Amy in einer Agentur wie ihrer bräuchte. Er wolle Cindys Leistungen nicht schmälern. Cindy habe eine bemerkenswerte Logistik aufgebaut, aber es ginge auch um Personen und manchmal eben dann auch um schöne Personen.»Beauty is a weapon like any other device and we are in need of all possible devices and therefore we need Amy. «Wenn er so etwas sagte, dann konnte sie die scharfe Messerspitze fühlen, mit der Cindy ihr gerne das Gesicht zerschnitten hätte. In solchen Augenblicken. Sie fühlte die Absicht dieser Person, als mache sie es gerade. Als schnitte sie ihr gerade ein Gitterwerk in die Wangen. Oder in den Busen. Aber die anderen. Die wussten nichts davon. Die schienen davon nichts zu bemerken. Gregory sprach höchstens von verständlichen Emotionen. Cindy habe fast ohne Überprüfung arbeiten können, und sie habe eine phantastische Arbeit geleistet. Er habe selten eine so gute Ausstattung vorgefunden und immer alles in Bereitschaft. Cindy wartete ja auf etwas. Auch das war zu spüren. Sie wusste nicht, was das sein könnte. Es hatte einen sexuellen Geschmack. Das, worauf Cindy wartete, hatte etwas Sexuelles an sich, und das war aufregend. Für alle war das aufregend. So viel war in den Gruppensitzungen klar. Wenn vom Ernstfall die Rede war. Oder von einem Einsatz. Es schauten dann alle besonders ernst, damit man ihre Erregung nicht bemerken konnte. Aber die Männer rutschten dann hin und her, und Cindy schaute auf ihre Hände und spitzte den Mund so in einem Kätzchengrinsen.