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Was es zu lachen gäbe, fragte Anton. Anton glühte sie böse an. Über die riesige Tischplatte hinweg. Weißer Kunststoff. Wie es kommen könne, dass Amalie lachen könne. Er wandte sich an Gregory. Amy habe sicher einen guten Grund dafür, sagte der, und alle wandten sich ihr zu. Amy stand auf. Sie nahm ihre Tasche vom Sesselrücken und schwang sie sich über die Schultern. Sie schaute auf die sitzenden Personen hinunter. Anton rot im Gesicht und böse. Gregory amüsiert. Wie immer. Heinz und die anderen sahen leer zu ihr hinauf. Cindy am Fenster. Sie hatte ihren Kopf abgewandt und schaute hinaus. Sie habe nicht gelacht, sagte sie. Sie habe gelächelt. Es sei doch offenkundig, dass dieser Herr Grotowski. Sie kenne ihn ja nicht. Dass dieser Grotowski sehr gute Kameraden habe. Sie kenne sich in der Sache nicht aus. Sie wüsste ja praktisch von nichts. Aber es sei evident, dass alles nur Mögliche für Grotowski getan werden würde und wahrscheinlich mehr, und sie sei sicher, dass alle darangehen wollten, die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten. Sie würde deshalb jetzt gehen. Und sie ging. Beim Gehen schaute sie Anton an und lächelte wieder. Anton schaute erst noch böse, dann senkte er den Kopf und sah vor sich auf den Tisch und auf seine Papiere. Sie ging schnell. Sie war schon an der Tür, da drehte Gregory sich vom Tisch weg und rief ihr zu, dass er es begrüßen würde, wenn sie in seinem Büro auf ihn warten könnte.

Sie ging hinaus. Es fiel ihr gar nicht ein. Sie würde hier abhauen. Sie hatte gar nicht gegrinst. Sie wusste, dass sie ihren Mund nicht ein bisschen bewegt hatte. Aber sollte sie mit Anton darüber streiten, was er gesehen hatte. Die suchten nach einem Ventil für ihre Frustration. Die hatten diese Phantasien von einer militärischen Intervention. Kameraden herausholen. Die waren alle Romantiker. Wahrscheinlich hatte dieser Grotowski irgendeinen Blödsinn gemacht. Wahrscheinlich war der mit einem Glas Whisky in seinem Hotelzimmer aufgefunden worden und gleich abgeführt. Aber wahrscheinlich hatte er nur einfach dem falschen Kontakt zu viel gezahlt, und ein anderer wollte auch kassieren. Deshalb war ja Allsecura da, um die Kasernen zu bewachen. Weil die solche Zahlungen verbuchen konnten. Das britische Militär konnte das nicht tun. Da würden vielleicht in 30 Jahren Fragen gestellt werden. Aber so einen Angestellten. Wer interessierte sich für einen Sicherheitsfachmann. Es war ja alles gut und schön, und es hatte interessant geklungen, eine Agentin zu werden. Aber die Baracken von britischen Soldaten zu sichern. Das war nicht ihr Traumjob. Und Grotowski. Sie musste sich das im Internet anschauen. Sie verstand schon, warum Anton und Heinz es nicht lustig fanden, für eine britische Firma zu arbeiten. Was blieb ihnen aber anderes übrig. Sie hatten ja nichts anderes gelernt. So ein Polizist. Das war auch so eine Ausbildung wie Model. Man lernte alles Mögliche. Man lernte Gehen und Stehen und Sich-Zeigen und — Präsentieren. So eine Sitzung da. Das war ohnehin immer wie das Gerangel um die Schminktische bei einer show, und dass es diese bestimmte Assistentin von dem einzig möglichen Visagisten sein musste, die einem die Haare machte. Erschossen wurde man nicht. Aber ruiniert. Niedergemacht. Verspottet. Ausgetrickst. Alles genauso. So gesehen, wusste sie auch etwas, und die sollten sie gernhaben. Lachen. Wenn sie nicht einen Muskel im Gesicht bewegt hatte. Sie ging die Stufen hinunter. Das war etwas für die Cindys dieser Welt. Sie konnte sich Cindy gut vorstellen. In Uniform. Wie sie mit den Männern scherzte. Wie sie alles viel besser machte als die Männer. Wie sie das aber übersah, weil sie einfach mitwollte. Die wollte eine Waffe in der Hand haben und mit den Männern im Kontrollraum sitzen oder um so ein Gebäude die Runde machen. Die war wie einer von diesen Hunden. Die mehr wussten als die Herrchen, aber an denen hochspringen mussten, weil die die Herren der Welt waren. Hündin. Die Cindy war eine Hündin. Eine besonders begabte Hündin, die gerne apportierte. Und Cindy liebte Waffen. Cindy war ja enttäuscht, wenn bei so einem Trainingsvorgang die virtuellen Lastwagen einer virtuellen Übersiedlungssicherung nicht mit virtuell bewaffneten Angestellten begleitet werden durften, weil das Probleme mit den Gesetzen eines Landes mit sich brachte. Besonders in Deutschland. Da war das noch nicht so sehr einfach, mit Waffen anzukommen. Oder in der Schweiz. Cindy war besonders enttäuscht, dass es meistens innere Sicherheitsprobleme waren, die so eine Agentur beschäftigten, und die Systeme in einer Firma und dass es mehr um diskrete Lösungen ging und niemand angeschossen werden musste. Oder sollte. Sie. Sie hätte sich für architektonische Planung interessiert. Das war ein schönes Problem. Das hätte sie machen können. Die Sicherheitsberatung bei Bauplanungen. Da brauchte man keine Waffen und musste sich nicht in einem Grundkurs durch den Schlamm wälzen. Oder schleifen lassen.

Sie stieg die Stufen hinunter. Sie hörte die Tür vom Sitzungssaal. Dann Getrampel. Dann kam Cindy gelaufen. Sie stürzte die Stufen gegenüber hinunter. Die Haupttreppe und durch den Gang nach vorne. Hinter ihr kamen Boris und Schulz in einem schnellen Trab. Sie sprangen die Stiege hinunter und verschwanden durch die kleine Seitentür zum Turnsaal. Heinz kam hinter ihnen. Er lief. Kurzatmig und schwer, musste er jede Stufe nehmen. Er lief den Gang zur Rezeption hinunter. Sie schaute hinauf. Anton stand oben an der Balustrade. Gregory begann die Stufen hinunterzusteigen. Er trug sein notebook unter dem Arm. Gregory schaute starr vor sich hin. Er sah sie gar nicht und ging auf den gegenüberliegenden Stufen hinunter und dann nach vorne. Von draußen war ein Hubschrauber zu hören. Sie blieb auf dem Halbstock stehen und schaute durch das Fenster hinaus. Von da war aber nur der Parkplatz zu sehen und der Vorbau der Rezeption. Ihr Auto stand da. Die Fenster matt vereist. Sie sollte zu ihrem Auto gehen und wegfahren. Das Eis abkratzen und davonfahren. Sie wäre gerne zu ihrem Auto gegangen und davongefahren. Aber es war etwas los. Etwas Aufregendes. Etwas sehr Aufregendes, und das Geräusch des Hubschraubers kam näher. Sie konnte das Kreisen der Rotorblätter des Hubschraubers in der Magengrube spüren. Sie trat ganz ans Fenster und schaute in den Himmel hinauf. Dieser Hubschrauber musste gerade über dem Gebäude stehen. Die Fensterscheiben vibrierten, und die Fensterflügel schepperten gegeneinander. Sie lief den breiten Stiegenaufgang hinunter. Lief zur kleinen Tür. Die Tür stand offen. Die Türklinke lag am Boden. Sie hob sie auf und zog die Tür hinter sich zu. Im Gang zum Turnsaal. Durch diese Fenster konnte sie nichts sehen. Sie lief den Gang hinunter. Der Hubschrauber schien nun links zu landen. Auch hier klirrten die Fenster, und Staub rieselte von der Decke. Alles vibrierte. Der Lärm durchdrang alles. Sie fühlte sich leicht. Als könnte sie in diesem Lärm sehr hoch springen. Fliegen vielleicht. Sie lief lachend zum Umkleideraum. Aber dann war ihr der Mantel gleichgültig. Sie probierte die Tür zum Turnsaal. Die Tür ließ sich öffnen. Sie hatte recht gehabt. Es war ein regulärer Turnsaal. Die Seile an Schnüren hinaufgezogen an der Decke unter den vergitterten Leuchtröhren. Sprossenwände rundum. Sie lief auf die andere Seite und kletterte eine Sprossenwand hinauf und schaute durch eines der Fenster hoch oben auf dieser Seite. Aber hier passierte nichts. Schnee und der Betonzaun weit hinten mit den Peitschenleuchten und den Glasscherben obendrauf. Dann gleich wieder Felder. Sie stieg hinunter. Der Lärm des Hubschraubers nun so dröhnend und heftig, als landete er im Turnsaal. Der Boden unter ihren Füßen bebend. Sie lief zurück auf die Seite beim Eingang und stieg hier hinauf. Durch diese Fenster sah man auf den schmalen Gang hinunter und auf die großen Fenster des Gangs, und wieder versperrte das Rissglas die Sicht. Ein riesiger Schatten verdunkelte die Sicht. Sie hätte schreien können vor Vergnügen über dieses Chaos, in das der Hubschrauberlärm alles warf. Aber was da geschah. Was vor sich ging. Es war nicht auszumachen. Sie konnte nichts sehen. Sie stieg hinunter. Hüpfte von der Sprossenwand weg und schaute sich um. Hier gab es keine Türen mehr. Es gab nur diese eine vom Gang her. Der Hubschrauberlärm hing im Raum und hatte kaum Platz. Sie rannte auf den Gang. Hier war eine Tür. Ganz am Ende. Aber es war gleich zu sehen. Diese Tür war seit langem nicht geöffnet worden. Sie rüttelte an dem Metallbalken, der quergespannt die Tür absicherte. Der brüchige Lack zerkratzte ihr die Hände. Lackfetzchen und Staub rieselten zu Boden. Es war sinnlos. Sie stampfte mit dem rechten Bein auf und begann zu schreien. Sie hielt sich die Ohren zu und schrie. Es war wunderbar. Ihr Schreien verhallte im Dröhnen des Hubschraubers im Hof draußen. Sie trampelte auf der Stelle und schrie. Dann lief sie in den Turnsaal zurück und begann sich zu drehen. Schreiend hielt sie die Tasche in der rechten Hand und schwang die Tasche im Kreis, bis sie von der Tasche gezogen im Kreis gedreht wurde. Sie musste zu schreien aufhören und lachen. Sie musste sich zu drehen aufhören. Vom Schreien war ihr Hals trocken. Sie hustete. Lachte. Hustete. Sie setzte sich auf den Boden. Der Hubschrauberlärm war einen Augenblick noch stärker. Sie fühlte die Vibrationen zwischen den Beinen. Sie streckte die Beine aus und drückte die Scheide gegen den Boden. So sitzend fischte sie den Flachmann aus der Tasche. Wenn sie ordentlich ihre Übungen machen würde, hätte sie im Spagat sitzen können und hätte den ganzen Hubschrauber so spüren können. Sie schraubte die Flasche auf und trank. Sie musste den Bauch nach vorne durchstrecken, damit die Scheide so auf dem Boden aufgepresst blieb, und den Kopf nach hinten legen, damit sie trinken konnte. Sie saß trinkend in diesem alles erfüllenden Lärm und bekam ihn über ihre Schamlippen in den Körper signalisiert. Sie war der Lärm, und sie dachte mit dem Wodka mit. Wie er in sie hineinrann und vom Lärm ins Vibrieren mitaufgenommen wurde. Der Hubschrauber dröhnte auf. Noch eine Steigerung, und dann zog sich alles zurück. Die Vibrationen waren sofort weniger. Kleiner. Entfernter. Leiser. Sie zog die Beine an. Verschloss den Flachmann. Steckte ihn in die Tasche zurück. Sie stand auf. Sie brauchte die Sprossenwand dazu. Ganz kurz ging das mit dem Gehen überhaupt nicht. Sie musste lachen. Sie stand da. Hielt sich mit der linken Hand an einer Sprosse fest und sah sich selbst baumelnd dastehen. Vollkommen unsicher an ihrer Hand baumelnd. Das war sehr lustig.