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Mit einer entschlossenen Bewegung riß sie French mit sich und versetzte ihm einen Stoß, der ihn hinter Skudder und den anderen hertaumeln ließ. Sie sah, wie sich sein Gesicht verzerrte und er irgend etwas schrie, achtete aber nicht darauf, sondern packte ihn am Arm und zerrte ihn einfach mit sich, während sie mit großen Schritten über das sanft gekrümmte Metall eilte und versuchte, gleichzeitig so schnell wie möglich zu laufen und dabei nicht den Halt unter den Füßen zu verlieren.

Sie lief erst langsamer, als sie Skudder und die beiden anderen erreichte, die dicht über der Krümmung des künstlichen Horizonts stehengeblieben waren. Skudder warf ihr einen fragenden, fast hilflosen Blick zu, auf den sie mit einem ebenso hilflosen Achselzucken reagierte. Hastig drehte sie sich herum.

Der Kampf tobte noch immer mit unerbittlicher Härte. Der Gleiter flog ein wenig tiefer und bestrich die Außenseite der Orbit-Stadt mit ganzen Salven flimmernder, breit gefächerter Lichtstrahlen. Die Laserstrahlen waren jetzt nicht mehr konzentriert genug, um das Metall der Panzerplatten zu schmelzen, aber sie reichten offensichtlich, die dünnen Schutzanzüge der Moroni zu zerstören, denn über der Orbit-Stadt schwebten Dutzende, wenn nicht Hunderte regloser, riesiger Insektengestalten. Und die Moroni erhielten jetzt keinen Nachschub mehr: Eine der Laserkanonen des Gleiters hatte sich auf die Schleuse gerichtet und gab kurze, grellweiße Energieblitze in rascher Folge ab.

Dann hörte Charity Skudders aufgeregte, kurzatmige Stimme: »Was zum Teufel geht dort vor?«

Charity zuckte hilflos mit den Achseln. Sie hatte eine ungefähre Ahnung, was dieser abenteuerliche Zwischenfall zu bedeuten hatte, aber die Idee war zu fantastisch, um sie überhaupt auszusprechen.

»Sie bringen sich gegenseitig um«, murmelte Skudder fassungslos. Sein Gesicht war ein einziger Ausdruck von Verwirrung.

Charity nickte wortlos und wollte sich umwenden, um weiterzugehen, aber in diesem Moment geschah etwas, das ihre Aufmerksamkeit noch einmal auf das Kampfgeschehen lenkte.

Die Angreifer waren durch die Laser des Gleiters längst so dezimiert worden, daß ihnen selbst ihr entschlosseneres Vorgehen und ihre offensichtlich bessere Bewaffnung nichts mehr nutzten. Die Moroni trieben sie vor sich her, schossen sie nieder oder griffen sie mit bloßen Händen an, um ihre Schutzanzüge zu zerfetzen, ungeachtet der Tatsache, daß sie meistens dabei selbst den Tod fanden. Aber plötzlich beobachtete sie, wie sich eine der Ameisen mit vier ausgebreiteten Armen auf ihren Gegner stürzte - und mit einemmal erstarrte. Fast eine Sekunde lang stand sie völlig reglos da, dann drehte sie sich plötzlich herum, hob ihre Waffe - und feuerte auf die hinter ihr stehende Ameise!

Und sie war nicht die einzige. Überall, wo die Moroni die aus der mittlerweile rotglühend gewordenen Schleuse aufgetauchten Ameisen berührten, wiederholte sich das unglaubliche Bild. Es war, dachte Charity fassungslos, als genüge eine flüchtige Berührung der neuen Ameisen, um die Insektengeschöpfe auf der Stelle die Seiten wechseln zu lassen!

Trotzdem gab es am Ausgang des ungleichen Kampfes keinen Zweifel mehr. Der Gleiter feuerte ununterbrochen, und seine Besatzung nahm kaum Rücksicht darauf, welche der beiden Seiten sie traf. Der Kampf konnte allerhöchstens noch Sekunden dauern.

Charity riß sich fast gewaltsam von dem schrecklichen Anblick los und gab den anderen ein Zeichen weiterzugehen. Sie hatten überhaupt nur eine Chance zu entkommen, wenn sie schnell handelten.

Trotzdem zögerte auch sie, als ihr Blick auf das riesige, sich rasend schnell drehende Etwas im Zentrum der Orbit-Stadt fiel. Sie waren der gewaltigen Hantel mittlerweile nahe genug gekommen, um Einzelheiten erkennen zu können. Was sie nicht entdecken konnte, war eine Lücke zwischen den beiden gewaltigen Kugeln und der Innenseite der Raumstation. Was, dachte sie schaudernd, wenn dieses ungeheuerliche Ding so groß war, daß es einfach keinen Platz gab, um hindurchzukommen. Sie würden zerfetzt werden wie Tauben, die den Rotoren eines Hubschraubers zu nahe gekommen waren.

Es gab nur einen Weg, diese Frage zu klären. Sie unterdrückte ihre Furcht und ging weiter, wobei sie French weiter einfach mit sich zerrte. Nach einer weiteren Sekunde des Zögerns setzten sich auch Skudder und Stone in Bewegung, und schließlich folgte ihnen auch Gurk.

Das grelle Lasergewitter zwischen den Moroni blieb hinter dem stählernen Horizont hinter ihnen zurück, während sie sich der rotierenden Riesenhantel näherten. Die Worte Abn El Gurks gingen Charity nicht aus dem Sinn. Eine Black-Hole-Bombe. Wenn Gurk recht hatte, dann lauerten in diesen so harmlos aussehenden Metallkugeln unvorstellbare Gewalten; Energien, die ausreichten, eine Sonne zur Nova werden zu lassen oder den kleinen Blauen Planeten auf der anderen Seite der Orbit-Stadt im wahrsten Sinne des Wortes in seine Atome zu zersprengen. Aber warum? dachte sie. Wovor hatten die Moroni solche Angst, daß sie eine Bombe zündeten, die ein ganzes Sonnensystem vernichtete, nur um sicherzugehen, den Transmitter auch tatsächlich zerstört zu haben?

Ohne daß sie es auch nur merken, wurde ihre Schritte langsamer, je näher sie der riesigen Hantel kamen. Charitys Blick hing wie gebannt an dem gewaltigen schwarzen Etwas. Ihr Herz raste, und sie spürte, wie sie allmählich am ganzen Körper zu zittern begann. Ein leichter Schmerz breitete sich in ihrem Kopf aus. Sie spürte ein sonderbares, unangenehmes Kribbeln, das diesen Schmerz begleitete und sich, vom Kopf ausgehend, langsam in ihrem ganzen Körper ausbreitete.

Plötzlich blieb Gurk stehen und begann wild mit den Händen zu gestikulieren. Einen Moment lang sah Charity ihn verständnislos an, dann begriff sie, was er ihr und den anderen mitteilen wollte: Verwirrt, aber ziemlich sicher, daß Gurk wußte, was er tat, ließ sie sich auf Hände und Knie herabsinken und robbte auf dem Bauch über das spiegelnde Metall.

Sie brauchten eine gute halbe Stunde, um auf diese Weise die gigantische Hantelkonstruktion zu passieren und die andere Seite der Station zu erreichen, aber Charity und den anderen kam es wie eine Ewigkeit vor. Die Schmerzen und das Kribbeln wurden schier unerträglich; irgend etwas geschah in dieser Zeit mit ihrem Körper, das sie nicht begriff, das sie aber fast an den Rand des Wahnsinns trieb. Die Hantel raste hoch über ihren Köpfen dahin, vielleicht noch zehn Meter entfernt, aber sie versuchten nur ein einziges Mal, sich wenigstens auf Hände und Knie aufzurichten, um auf diese Weise etwas rascher voranzukommen. Unsichtbare Hände schienen nach ihren Muskeln zu greifen und sie zerreißen zu wollen. Ein schier unerträglicher Druck preßte ihre Lungen zusammen, und sie hatte das Gefühl, von unsichtbaren Hammerschlägen getroffen und bis ins Mark erschüttert zu werden.

Als es vorbei war, waren sie alle so erschöpft, daß sie minutenlang einfach liegenblieben und keuchend nach Luft rangen. Bunte Sterne tanzten vor Charitys Augen. Sie hatte sich auf die Zunge gebissen, ohne es überhaupt zu merken, und schmeckte erst jetzt ihr eigenes Blut, und es schien nicht eine einzige Zelle in ihrem Körper zu geben, die nicht schmerzte. Sie fühlte sich, als wäre sie unter eine tonnenschwere Presse geraten und eine halbe Stunde dort liegengeblieben, während jemand mit wachsender Begeisterung den Schalter betätigte, um herauszufinden, was das Gerät leisten konnte.

Unsicher und mühsam drehte sie sich auf den Rücken und öffnete die Augen.

Über ihr schwebte die Erde wie ein riesiger blauer Ball; der Anblick war ihr noch niemals so schön und beruhigend vorgekommen wie in diesem Augenblick. Sie verstand plötzlich, wieso French und seine Leute glaubten, daß die Seelen der Verstorbenen zur Erde gingen.

Wieder verging fast eine Minute, während sie einfach dalag, atmete und an nichts dachte, aber dann meldete sich ein Teil ihres Verstandes zu Wort und erklärte ihr, daß sie vielleicht nicht mehr allzu lange hier liegen und diesen Anblick genießen würden, wenn sie nicht machten, daß sie wegkamen. Mit einem Ruck richtete sie sich auf und sah sich um.