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»Unsinn!« widersprach Charity impulsiv. »Man kann alles aufhalten. Nicht einmal die Moroni sind so dumm, eine Bombe vor ihrer eigenen Haustür zu legen, die sie selbst nicht entschärfen könnten.«

»Was wissen Sie darüber?« fragte Skudder.

»Nichts«, murmelte Stone. »Weniger, als der Zwerg gerade erzählt hat. Ich wußte, daß es sie gibt, aber mehr auch nicht.«

»Aber Sie wissen, daß man sie nicht entschärfen kann?« fragte Charity zweifelnd.

»Sie sind so konstruiert«, sagte Stone. Mit einem Ruck hob er den Kopf und starrte sie an. Seine Augen wurden weit vor Entsetzen. »Begreifen Sie doch! Die Moroni fürchten nichts so sehr wie ihre eigenen Nachkommen. Sie kämpfen praktisch gegen sich selbst. Das Volk, das aus einem Sprung hervorgeht, weiß alles, was auch die Moroni wissen. Und es ist intelligenter. Rücksichtsloser. Zielstrebiger. Sie haben bewußt eine Waffe konstruiert, gegen die es keine Abwehr gibt.«

»Dann ... dann müssen wir weg hier«, sagte Skudder. »Charity hat recht. Wir müssen verschwinden, so schnell wie möglich.«

»Aber wohin denn?« fragte Stone müde. Seine Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. »Sie haben immer noch nicht verstanden, Skudder. Das da ist keine kleine Bombe, die diese Station hier zerstört. Oder eine Stadt oder auch ein Land. Die Explosion wird diesen Planeten pulverisieren und möglicherweise das ganze System zerstören.« Er deutete auf Gurk. »Hat er Ihnen die Geschichte seines Volkes nicht erzählt?«

Skudder nickte finster.

»Möglicherweise passiert das gleiche wieder. Vielleicht ist die Schockwelle groß genug, die Sonne zur Nova werden zu lassen. Auf jeden Fall wird sie ausreichen, sämtliches Leben in diesem System auszulöschen. Es gibt nichts, wohin wir fliehen könnten.«

»Aber ... aber da draußen sind Hunderte von Raumschiffen«, murmelte Skudder. »Und ... auf der Erde müssen Millionen von Moroni sein. Sie ... sie würden nicht ihre eigenen Leute ...«

»Du hast immer noch nicht begriffen, Rothaut«, sagte Gurk düster. »Sie würden die halbe Galaxis in die Luft jagen, um zu verhindern, daß die Jared auch nur einen einzigen Transmitter in die Hand bekommen. Das wäre nämlich mit großer Wahrscheinlichkeit ihr Ende.«

»Dann ... dann müssen wir das Ding zerstören.« Skudder kämpfte sichtlich um seine Selbstbeherrschung. Er wurde immer nervöser. Charity konnte sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete.

»Vielleicht ... vielleicht reicht es, wenn wir eine der Kugeln sprengen. Du hast gesagt, daß sie nur explodieren, wenn sie zusammenkommen.«

Gurk lächelte matt. »Gut kombiniert. Ich sehe, du hast das Prinzip begriffen. Leider gibt es da einen kleinen Haken. Die beiden Kugeln bestehen aus Neutronium. Ich erspare mir die Mühe, dir zu erklären, was das ist. Aber glaube mir, du würdest sie nicht einmal mit einer Wasserstoffbombe ankratzen können. Selbst wenn es uns gelänge, ein Raumschiff zu kapern, könnten wir sie fünfhundert Jahre lang beschießen, ohne auch nur einen Brandfleck zu hinterlassen.« Er schüttelte heftig den Kopf.

»Was uns jetzt noch hilft, ist ein Wunder.«

9

Die Ratte war so groß wie ein ausgewachsener Schäferhund, aber ungleich schwerer, und wenn Hartmann jemals ein lebendes Wesen erblickt hatte, das einzig erschaffen worden zu sein schien, um dem Wort häßlich einen Körper zu verleihen, dann war es diese Kreatur. Ihr Fell war struppig und grau und wies große, häßliche Löcher auf, in denen entzündete, mit eitrigen Wunden übersäte Haut zum Vorschein kam. Ihre Zähne waren nach hinten gebogene Fänge, die einem Tiger Respekt eingeflößt hätten, und die messerscharfen Krallen waren so hart, daß sie dünne Kratzer auf dem stählernen Boden hinterließen.

Hartmann wandte sich schaudernd ab und begegnete Nets Blick. Die Wasteländerin hockte mit angezogenen Knien in einer Ecke des Laderaumes und hatte die Hände um die Oberarme geschlungen, als wäre ihr kalt. Ihr Gesicht spiegelte Ekel, den sie beim Anblick des Riesennagers und der anderen Ratten empfand, die sich im hinteren Drittel des Laderaumes zusammenquetschten. So wie ihr und Hartmann erging es jedem der insgesamt zwanzig Menschen, die sich an Bord der Flugscheibe aufhielten. Kyle hatte ihnen versichert, daß ihnen von den Tieren keinerlei Gefahr drohte, solange sie sie nicht angriffen, und Hartmann glaubte ihm. Dennoch konnte er seine Angst vor diesen entsetzlichen Kreaturen kaum bändigen. Dabei nutzte ihm auch der Gedanke sehr wenig, daß sie selbst es gewesen waren, die diese riesigen Mutanten aus ganz normalen Rattenpopulationen herausgezüchtet hatten. Ganz im Gegenteil. Dieser Gedanke machte es eher noch schlimmer. Während der letzten beiden Stunden hatte Hartmann sich ernsthaft überlegt, ob es wirklich so etwas wie eine ausgleichende Gerechtigkeit des Schicksals gab. Und ob jetzt vielleicht der Moment zur Abrechnung gekommen war.

Er ließ sich neben Net zu Boden sinken und schnippte die letzte Zigarette aus der zerknitterten Packung in seiner Brusttasche. Sie schmeckte, wie eine sechzig Jahre alte Zigarette trotz Tiefkühlung schmeckte, nämlich schauderhaft, aber er sog den Rauch tief und gierig in seine Lungen und genoß für einen Moment das leise Schwindelgefühl, das sich hinter seiner Stirn ausbreitete. Dann hustete er.

»Sie sollten das nicht tun, Hartmann«, sagte Net. »Eine schreckliche Angewohnheit. Es wird Sie umbringen.«

Hartmann hustete erneut. »Wahrscheinlich haben Sie recht«, sagte er. »Wenn wir das hier überstehen, höre ich damit auf.«

Nets Gesicht verdüsterte sich. Für einen Moment blickte sie wieder die Ratten an, dann schloß sie die Augen und seufzte tief. »Wahnsinn!« murmelte sie. »Das ist alles Wahnsinn.«

Hartmann antwortete nicht, sondern nahm einen neuen, tiefen Zug aus seiner Zigarette. Net erwartete auch keine Antwort. Sie redeten ohnehin nur, um zu reden, einfach irgend etwas zu tun, und sei es noch so sinnlos. Seit sie an Bord des Gleiters gegangen waren, war die Spannung langsam ins Unerträgliche gestiegen. Er wußte so gut wie jeder einzelne der fünfundsiebzig Männer in seiner Begleitung, daß sich ihre Chancen, den Einsatz zu überleben, irgendwo bei Null bewegten. Und trotzdem wünschte er sich, es wäre endlich soweit.

Er blies einen Rauchring in die Luft, hustete wieder und lehnte den Hinterkopf gegen die stählerne Wand, an der er saß. Sein Blick glitt über die in weiße Tarnanzüge gehüllten Gestalten der zwanzig Männer, die sich zusammen mit den mutierten Ratten die knapp zehn Prozent des verbliebenen Laderaumes des Gleiters teilten. Die restlichen neunzig Prozent wurden von einem Monstrum aus Ketten und Panzerplatten und Geschützrohren beansprucht. Die Seitentür des Leopard stand auf. Dort drinnen wäre mehr Platz als hier draußen gewesen. Sie hätten bequemer sitzen können und wären von der Gesellschaft der Rattenmonster erlöst gewesen. Trotzdem hatte keiner der Männer den Leopard 2000 bisher betreten, obwohl Hartmann es ihnen erlaubt hatte.

Hartmann hatte keinem seiner Männer gegenüber auch nur mit einem Wort erwähnt, wer Kyle wirklich war. Aber das schien auch nicht nötig zu sein. Die Furcht, die die Männer dem Megamann gegenüber empfanden, war deutlich zu spüren.

Kyle tauchte in der Tür des Turmes auf. Er blickte ihn an und wartete sichtlich darauf, daß er irgendwie reagierte. Als er es nicht tat, hob er die Hand und winkte ihn zu sich heran. Hartmann nahm in aller Ruhe einen letzten, tiefen Zug aus seiner Zigarette, stand dann auf und zertrat sie unter seinem Absatz. »Sie haben recht«, sagte er an Net gewandt. »Dieses Zeug bringt einen wirklich um. Kommen Sie.«

Kyle wich gebückt wieder ins Innere des Panzers zurück, als Hartmann und Net durch die Tür traten. Hartmann sah, daß Kyle fast sämtliche Instrumente des Panzers eingeschaltet hatte. Es wird ernst, dachte er. Noch wenige Handgriffe, und der Leopard würde sich in ein brüllendes Etwas verwandeln, das es ganz allein mit einer ganzen Moroniarmee aufnehmen konnte.