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Cara schloß hinter ihm die Tür. »Wenn es ein Tier gibt, das dümmer ist als ein Huhn«, meckerte sie, »dann hab ich es noch nicht gesehen.«

»Was soll dieser Lärm?« war eine altbekannte Stimme zu vernehmen.

Sie gehörte Zedd, der aus der in die hinteren Zimmer führenden Tür trat. Er war größer als Kahlan, allerdings nicht so groß wie Richard – in etwa so groß wie Cara, wenn auch sein dichter Schopf aus krausem, weißem Haar, das wirr in sämtliche Richtungen abstand, den Anschein nicht vorhandener Größe vermittelte. Ein schweres, kastanienbraunes Gewand mit schwarzen Ärmeln und von einer Kapuze bedeckten Schultern verstärkte den Eindruck, daß sein knochendürrer Körper massiger wirkte, als er tatsächlich war. Drei Silberbrokatstreifen säumten die Manschetten seiner Ärmel. Schwererer Goldbrokat lief um den Kragen herum und an der Vorderseite herunter. Ein roter, mit einer Goldschnalle besetzter Samtgürtel raffte sein Gewand an der Hüfte.

Früher hatte Zedd stets bescheidene Kleidung getragen; für einen Zauberer seines Ranges und seiner Machtbefugnis war dieser Aufzug äußerst bizarr. Auffällige Kleidungstücke kennzeichneten jemanden, der die Gabe besaß, als Anfänger. Jemanden, der die Gabe nicht besaß, wiesen solche Kleider mancherorts als Angehörigen des Adels aus, und praktisch überall als reichen Kaufmann, daher hatten sie sich, obwohl Zedd grelle Kleidung zuwider war, als wertvolle Tarnung erwiesen.

Richard und sein Großvater umarmten sich herzlich. Die beiden lachten vor Freude darüber, wieder vereint zu sein; sie hatten lange darauf warten müssen.

»Zedd«, sagte Richard, den anderen auf Armeslänge von sich haltend und offenbar über den Aufzug seines Großvaters noch erstaunter als Kahlan, »wo hast du nur diese Kleider her?«

Zedd drehte die goldene Schnalle mit Hilfe seines Daumens so, daß er sie prüfend betrachten konnte. Seine haselnußbraunen Augen funkelten. »Es ist die goldene Schnalle, hab ich recht? Wirkt sie vielleicht ein wenig übertrieben?«

Ann schob das schwere Fell zur Seite, das vor der Tür hing, und tauchte darunter hindurch. Sie wirkte klein und etwas untersetzt und trug ein schmuckloses dunkles Wollkleid, das kennzeichnend war für ihre Machtbefugnis als Führerin der Schwestern des Lichts – Hexenmeisterinnen aus der Alten Welt, unter denen sie allerdings die Illusion geschürt hatte, sie sei getötet worden, um so die Freiheit zu haben, wichtigen Angelegenheiten nachzugehen. Sie wirkte genauso alt wie Zedd, Kahlan wußte jedoch, daß sie sehr viel älter war.

»Schluß mit deiner Angeberei, Zedd«, meinte Ann. »Wir haben zu tun.«

Zedd warf ihr einen finsteren Blick zu. Kahlan sah, wie ein ebenso finsterer Blick zu ihm zurück wanderte, und fragte sich, wie die beiden es geschafft hatten, gemeinsam zu reisen, ohne daß mehr als nur verbal die Funken geflogen waren. Kahlan hatte Ann erst tags zuvor kennengelernt, Richard allerdings schätzte sie sehr, trotz der Umstände, unter denen er sie kennengelernt hatte.

Zedd musterte Richards Anzug. »Ich muß schon sagen, Junge, du siehst selber auch ziemlich prächtig aus.«

Richard war Waldführer gewesen und hatte stets einfache Kleidung getragen, daher hatte Zedd ihn noch nie in seinem neuen Gewand gesehen. Den Anzug seines entfernten Vorgängers hatte er größtenteils in der Burg der Zauberer gefunden. Offenbar hatten früher nicht alle Zauberer schlichte Gewänder getragen, möglicherweise als Vorwarnung.

Die Schäfte von Richards schwarzen Stiefeln waren mit Lederriemen umwickelt, in denen mit geometrischen Mustern verzierte Silberembleme steckten, darunter verbargen sich schwarze Wollhosen. Über einem schwarzen Hemd trug er einen schwarzen, an den Seiten offenen Waffenrock, der mit Symbolen verziert war, die sich entlang eines goldenen, um den gesamten, rechtwinklig ausgesparten Saum herumlaufenden Bandes zogen. Sein breiter, mehrlagiger Ledergürtel raffte den prunkvollen Waffenrock an der Hüfte. Der Gürtel war mit weiteren Silberemblemen besetzt und besaß an jeder Seite einen golddurchwirkten Lederbeutel; am Gürtel war auch eine kleine, lederne Geldbörse eingehakt. An beiden Handgelenken trug er breite, ledergepolsterte Silberreifen aus miteinander verbundenen Silberringen, auf denen sich weitere jener seltsamen Symbole befanden. Auf seinen breiten Schultern prangte jenes Cape, das an nichts so sehr erinnerte wie an gesponnenes Gold.

Auch ohne sein Schwert wirkte er auf den ersten Blick edel und furchteinflößend. Königlich und tödlich. Er sah aus wie jemand, der Königen Befehle erteilte, und wie eine Verkörperung jenes Namens, der ihm in den Prophezeiungen gegeben worden war: der Bringer des Todes.

Trotz alledem wußte Kahlan, daß er noch immer jenes gütige und großzügige Herz besaß, das ihm schon als Waldführer eigen gewesen war. Statt alles andere seiner Wirkung zu berauben, unterstrich seine ungekünstelte Ernsthaftigkeit dies noch.

Sein furchteinflößendes Aussehen war ebenso begründet wie in vielerlei Hinsicht irreführend. Richard zeigte sich zwar zielstrebig und leidenschaftlich im Kampf gegen ihre Feinde, Kahlan kannte ihn aber auch als durch und durch liebenswürdigen, verständnisvollen und freundlichen Menschen. Nie war sie einem faireren oder geduldigeren Mann begegnet; sie hielt ihn für einen einzigartigen Menschen.

Ann bedachte Kahlan mit einem breiten Lächeln und berührte ihr Gesicht wie eine freundliche Großmutter das eines geliebten Kindes. Kahlan spürte, wie herzerwärmend ehrlich die Geste gemeint war. Mit funkelnden Augen wiederholte Ann die Geste bei Richard.

Sie band ihr graues Haar zu einem lockeren Knoten zusammen, drehte sich um und legte ein kleines Scheit aus gebündeltem Gras aufs Feuer. »Ich hoffe, der erste Tag eurer Ehe verläuft angenehm?«

Kahlan und Richard sahen sich kurz an. »Wir waren vorhin bei den Quellen und haben gebadet.« Sowohl Kahlans als auch Richards Lächeln verschwand. »Dabei kam einer der Jägerposten ums Leben.«

Ihre Worte trugen ihnen die volle Aufmerksamkeit von Zedd und Ann ein.

»Und wie?« erkundigte sich Ann.

»Er ist ertrunken.« Mit einer Handbewegung forderte Richard alle auf, Platz zu nehmen. »Der Bach war seicht, soweit wir es jedoch beurteilen können, ist der Mann weder gestrauchelt noch gestürzt.« Während die vier sich rings um die in der Zimmermitte in den Lehm geritzte Huldigung niederließen, deutete er mit dem Daumen über seine Schulter. »Wir haben ihn in eines der Gebäude dort hinten gebracht.«

Zedd warf einen Blick über Richards Schulter, fast so, als könnte er durch die Mauer blicken und Junis Leichnam in Augenschein nehmen. »Ich werde ihn mir ansehen.« Er blickte zu Cara auf, die mit dem Rücken zur Tür Wache stand. »Was ist Eurer Meinung nach passiert?«

Ohne Zögern antwortete Cara: »Ich glaube, Juni war zur Gefahr geworden. Als er nach Lord Rahl suchte, um ihm etwas anzutun, ist er gestürzt und ertrunken.«

Zedd zog erstaunt die Brauen hoch. Er wandte sich an Richard.

»Zu einer Gefahr! Warum sollte der Mann dir gegenüber plötzlich aggressiv werden?«

Richard warf der Mord-Sith einen finsteren Blick zu. »Cara täuscht sich. Er hatte nicht die Absicht, uns etwas anzutun.« Zufrieden, daß sie ihm nicht widersprach, richtete er sein Augenmerk wieder auf seinen Großvater. »Als wir ihn fanden – tot –, hatte er einen seltsamen Blick in den Augen. Er muß vor seinem Tod etwas gesehen haben, das diesen maskenhaften Ausdruck … ich weiß nicht … der Sehnsucht vielleicht, auf seinem Gesicht zurückließ. Nissel, die Heilerin, kam und untersuchte seinen Leichnam. Sie meinte, er weise keinerlei Verletzungen auf, sei aber zweifellos ertrunken.«

Richard stützte sich mit dem Unterarm auf dem Knie ab und beugte sich vor. »Ertrunken, Zedd, in sechs Zoll tiefem Wasser. Nissel meint, böse Seelen hätten ihn umgebracht.«