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Die beiden starrten offenen Mundes hinaus zu den Herankommenden. Beata zitterten die Knie bei der Vorstellung, was um ein Haar passiert wäre. Sie drehte sich um und drohte den beiden mit der Faust. »Schließt dieses Ding wieder fort. Und wagt bloß nicht, der Dominie Dirtch auch nur nahe zu kommen! Habt ihr verstanden?«

Die beiden salutierten. Beata wandte sich um und lief die Treppe, zwei Stufen auf einmal nehmend, hinunter. Das hätte sie sich im Leben nicht träumen lassen!

Niemals hätte sie sich träumen lassen, der Mutter Konfessor persönlich zu begegnen. Offenen Mundes stand sie mit den anderen aus ihrem Trupp da, die neugierig hervorgekommen waren, als die Frau in dem langen weißen Kleid nach vorne ritt. Die Frau zu Fuß war schwanger. Der zu Fuß gehende Mann, links von der Mutter Konfessor, trug weite, unauffällige Kleidung. Er hatte ein Schwert bei sich, das er jedoch in der Scheide stecken ließ.

Der rechts von der Mutter Konfessor reitende Mann bot ein völlig anderes Bild. Einen solchen Mann hatte Beata noch nie zu Gesicht bekommen, ganz in Schwarz gekleidet, mit einem goldenen Cape, das sich hinter ihm blähte. Der Anblick raubte ihr den Atem.

Beata überlegte, ob dies der Mann sein konnte, der dem Vernehmen nach die Mutter Konfessor heiraten sollte: Lord Rahl. Er sah zweifellos aus wie ein Lord und war so ziemlich der beeindruckendste Mann, den Beata je zu Gesicht bekommen hatte.

Beata rief den beiden oben auf der Plattform zu, sie sollten herunterkommen.

Die beiden Frauen eilten die Stufen herab, und Beata reihte sie in die Übrigen aus ihrem Trupp ein. Corporal Marie Fauvel, Estelle Ruffin und Emmeline standen rechts von Beata, die beiden von der Plattform stellten sich zu den drei anderischen Männern links von ihr. Sie nahmen in gerader Linie Aufstellung und beobachteten die vier Personen, die genau auf sie zuhielten.

Als die Mutter Konfessor abstieg, fielen Beata und ihr gesamter Trupp, ohne dass irgend jemand einen Befehl hätte geben müssen, auf die Knie und senkten das Haupt. Im Niederknien hatte Beata einen Blick auf das wunderschöne weiße Kleid und den langen, prächtigen Haarschopf der Mutter Konfessor erhascht. Haar wie dieses, so lang und von solcher Eleganz, hatte Beata noch nie gesehen. Sie war das dunkle anderische Haar gewöhnt oder das rote der Hakenier, daher war Haar, das honigbraun in der Sonne leuchtete, ein überaus seltener Anblick, der der Frau fast etwas Übermenschliches verlieh.

Beata war froh, dass sie ihren Kopf gesenkt hatte, so groß war ihre Angst, der Mutter Konfessor in die Augen zu blicken. Nur eine tief greifende Furcht hatte Beata davor bewahrt, sie ehrfurchtsvoll anzustarren.

Ihr Leben lang hatte sie Geschichten über die Kraft der Mutter Konfessor gehört, über die magischen Bravourstücke, die zu bewirken sie imstande sei, wie sie Menschen, die sie nicht mochte, mit einem Blick in Stein verwandeln könne und noch weit Schlimmeres.

Beata, kurz davor, in Panik auszubrechen, verschluckte sich, keuchte. Sie war nichts weiter als eine junge Hakenierin und fühlte sich plötzlich völlig fehl am Platz. Nie hätte sie für möglich gehalten, plötzlich vor der Mutter Konfessor zu stehen.

»Erhebt euch, meine Kinder«, sprach eine Stimme von oben.

Allein der Klang, dieser sanfte, klare und offenkundig freundliche Klang minderte Beatas Angst beträchtlich. Sie hätte nie gedacht, dass die Mutter Konfessor eine so … frauliche Stimme hätte. Beata hatte stets angenommen, ihre Stimme müsse schrill klingen wie die einer gespenstischen Seele aus der Welt der Toten.

Beata erhob sich gemeinsam mit den Übrigen ihres Trupps, hielt das Haupt aber gesenkt, denn sie hatte noch immer Angst, der Mutter Konfessor unmittelbar in die Augen zu sehen. Für den Fall einer direkten Begegnung mit der Mutter Konfessor hatte man Beata keinerlei Anweisungen erteilt, schließlich hatte niemand für möglich gehalten, ein solches Ereignis könnte ihr, einem hakenischen Mädchen, widerfahren. Und nun war es einfach passiert.

»Wer hat hier das Kommando?« Es war die Stimme der Mutter Konfessor, nach wie vor durchaus freundlich, wenn auch ein unverkennbarer Unterton von Autorität mitschwang. Wenigstens hörte sie sich nicht so an, als hätte sie die Absicht, Blitze auf die Anwesenden herabzuwünschen.

Beata trat einen Schritt vor, hielt die Augen aber auf den Boden gerichtet. »Das bin ich, Mutter Konfessor.«

»Und wer seid Ihr?«

Beatas rasendes Herz weigerte sich, langsamer zu schlagen. Sie konnte sich nicht zwingen, mit dem Zittern aufzuhören. »Eure ergebene Dienerin, Mutter Konfessor. Ich bin Sergeant Beata.«

Beata wäre vor Schreck fast aus der Haut gefahren, als Finger ihr Kinn anhoben. Und dann blickte sie direkt in die grünen Augen der Mutter Konfessor persönlich. Es war, als hätte man eine große, wunderschöne, lächelnde, gütige Seele vor sich.

Gütige Seele oder nicht, Beata erstarrte zu neuerlichem Schrecken.

»Freut mich, Euch kennen zu lernen, Sergeant Beata.« Die Mutter Konfessor deutete nach links. »Das sind Du Chaillu, eine Freundin, und Jiaan, ebenfalls ein Freund.« Sie legte dem großen, kräftigen Mann neben ihr die Hand auf die Schulter. »Dies ist Lord Rahl«, sagte sie mit breiter werdendem Lächeln, »mein Gemahl.«

Endlich wanderte Beatas Blick hinüber zu Lord Rahl; auch er lächelte freundlich. Beata hatte noch nie erlebt, dass so bedeutende Persönlichkeiten sie auf diese Weise anlächelten. Und das alles nur, weil sie der anderischen Armee beigetreten war, um als eine verdorbene Hakenierin endlich Gutes tun zu können.

»Habt Ihr etwas dagegen, wenn ich hinaufgehe und mir die Dominie Dirtch einmal ansehe, Sergeant Beata?«, fragte Lord Rahl.

Beata räusperte sich. »Äh – na ja, nein, Sir. Ganz und gar nicht, bitte. Es wäre mir eine Freude, Euch die Dominie Dirtch zeigen zu dürfen. Eine Ehre, meine ich. Ich meine, ich würde mich geehrt fühlen, sie Euch zu zeigen.«

»Und unsere Soldaten«, beendete die Mutter Konfessor gnädigerweise Beatas Gestammel, »dürfen sie jetzt anrücken, Sergeant?«

Beata verbeugte sich. »Vergebt mir. Entschuldigt. Selbstverständlich dürfen sie, Mutter Konfessor. Selbstverständlich. Bitte verzeiht. Wenn Ihr erlaubt, werde ich mich darum kümmern.«

Auf ein Nicken der Mutter Konfessor hin rannte Beata vor Lord Rahl die Stufen hinauf und kam sich dabei vor wie eine Närrin, weil sie die Mutter Konfessor nicht gleich als Erstes in Anderith willkommen geheißen hatte. Beata schnappte sich das Horn und blies Entwarnung für die Trupps an den Dominie Dirtch zu beiden Seiten. Dann wandte sie sich den in der Ferne wartenden Soldaten zu und blies einen langen Ton, um ihnen mitzuteilen, es bestehe keinerlei Gefahr und man habe ihnen die Erlaubnis erteilt, sich der Dominie Dirtch zu nähern.

Lord Rahl kam die Treppe herauf. Beata setzte das Horn ab und trat zurück an das Geländer. Er hatte etwas an sich, dass ihr allein schon seine Gegenwart den Atem raubte. Nicht einmal der Minister für Kultur hatte ihr – vor seiner Untat – ein solches Gefühl der Ehrfurcht eingeflößt wie dieser Mann, Lord Rahl.

Es lag nicht allein an seiner Größe, an seinen breiten Schultern, an seinen durchdringenden grauen Augen oder seinem schwarz-goldenen Anzug mit dem breiten Gürtel und den golddurchwirkten Ledertaschen und den seltsamen Symbolen darauf – es war seine Gegenwart.

Er wirkte nicht korrekt und elegant wie die anderischen Beamten, wie Dalton Campbell oder der Minister für Kultur, stattdessen eher nobel, entschlossen und dabei gleichzeitig – gefährlich.

Tödlich.

Zwar war er durchaus freundlich und gut aussehend, trotzdem stand für sie außer Zweifel, dass sie allein von der Heftigkeit seines Blicks erschlagen werden konnte, sollte er sie jemals erzürnt aus diesen grauen Augen ansehen.

Wenn je ein Mann so ausgesehen hatte, als könnte er der Gemahl der Mutter Konfessor sein, dann dieser.

Die Schwangere kam die Stufen herauf, alles mit den Augen verschlingend. Auch diese dunkelhaarige Frau hatte etwas Nobles an sich. Sie und der andere Mann, beide dunkelhaarig, sahen aus wie Anderier. Sie trug das seltsamste Kleid, das Beata je gesehen hatte; überall an Armen und Schultern waren kleine bunte Stoffstreifen befestigt.