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Das Nächste, was Beata mitbekam, war, dass sie auf dem Boden saß. Ihr Gesicht brannte heftig.

»Halt dich da raus«, meinte die Frau mit frostiger Stimme. »Es ist nicht nötig, dass du verletzt wirst. Tu dir selber einen Gefallen und bleib, wo du bist.«

Sie heftete ihre blauen Augen auf Snip. »Mach schon, Junge. Gib es her, oder tu etwas.«

Snip tat etwas. Er schwang das Schwert. Beata konnte die Spitze durch die Luft sirren hören.

Die Frau wich elegant einen Schritt zurück und stieß im selben Augenblick mit dem schwarzen Fläschchen zu. Das Schwert zerschmetterte es zu tausend Splittern, die wie eine dunkle Wolke in der Luft zu stehen schienen.

»Ha!«, rief die Frau triumphierend.

Sie grinste böse.

»So, und jetzt hole ich mir das Schwert.«

Ein kurzes Zucken ihres Handgelenks, und ein roter, mit einem goldenen Kettchen daran befestigter Lederstab schnellte in ihre Hand. Anfangs wirkte sie zuversichtlich und außer sich vor Freude, doch dann starrte sie auf das Ding in ihrer Hand, während dieser Blick erst in Verwirrung und schließlich in Bestürzung überging.

»Aber es müsste funktionieren«, murmelte sie bei sich. »Es müsste doch funktionieren.«

Als sie den Kopf hob, sah sie etwas, das sie wieder zur Besinnung brachte.

Die Frau packte die Schultern von Beatas Uniform und zog sie auf die Beine. »Schaff deine Leute fort von hier. Und zwar auf der Stelle!«

»Was? Snip hatte Recht. Ihr seid…«

Sie streckte den Arm aus und zeigte. »Sieh doch, Närrin!«

Die Gardisten der anderischen Sondereinheit kamen untereinander schwatzend auf sie zugeritten. »Das sind unsere Leute. Von denen haben wir nichts zu…«

»Schaff deine Leute fort von hier, oder ihr werdet alle sterben.«

Beata war beleidigt, dass eine dahergelaufene Verrückte sie wie ein Kind behandelte.

»Corporal Fauvel«, rief Beata.

»Ja, Sergeant?«, fragte die Anderierin.

»Lasst diese Männer dort warten, bis wir das hier geklärt haben.« Beata stemmte die Fäuste in die Hüften und wandte sich zu der Frau in Rot.

»Zufrieden?«

Mit den Zähnen knirschend packte die Frau abermals Beatas Schultern. »Du kleine Närrin! Du und diese anderen Kinder, macht, dass Ihr von hier verschwindet, sonst werdet ihr allesamt getötet!«

Allmählich wurde Beata wütend. »Ich bin Offizier der anderischen Armee, und diese Männer dort…« Beata drehte sich um und wollte auf sie zeigen.

Soeben trat Marie Fauvel vor die Männer, um ihnen mit erhobener Hand zu erklären, dass sie warten sollten.

Einer der drei zog ohne viel Aufhebens sein Schwert und schwang es mit beiläufiger, aber beängstigender Wucht. Begleitet von dem Übelkeit erregenden Geräusch, wenn eine Klinge auf Knochen trifft, zerteilte diese Marie sauber in zwei Hälften.

Beata stand bestürzt da und traute ihren Augen nicht.

Während ihrer Arbeit für den Metzger war sie so oft beim Schlachten dabei gewesen, dass es kaum lohnte, zweimal hinzusehen. Sie hatte so viele Tiere ausgenommen, dass der Anblick von Eingeweiden für sie etwas ganz Natürliches hatte. Eingeweide konnten Beata nicht im Geringsten erschrecken.

Marie dort auf dem Boden liegen zu sehen, während die Eingeweide aus der oberen Körperhälfte quollen, schien auf gewisse Art nichts weiter als eine Merkwürdigkeit zu sein – die Eingeweide eines menschlichen Wesens, ganz ähnlich denen der anderen Tiere, nur eben menschlich.

Marie Fauvel, von Hüfte und Beinen getrennt, krallte sich schwer atmend mit weit aufgerissenen Augen ins Gras, während ihr Gehirn das schockierende Unheil zu begreifen suchte, das ihrem Körper soeben widerfahren war.

Es war ein so lähmender, grauenerregender Anblick, dass Beata außerstande war, sich zu rühren.

Marie zerrte am Gras, versuchte sich von den Soldaten fortzuziehen, hin zu Beata. Ihre Lippen bewegten sich, doch es kamen keine Worte heraus, nur ein leises, heiseres Grunzen. Ihre Finger erschlafften, sie brach zusammen, zuckend wie ein frisch geschächtetes Schaf.

Oben auf der Dominie Dirtch schrien Estelle und Emmeline.

Beata zog ihr Schwert blank und reckte es in die Höhe, damit alle es sehen konnten. »Soldaten! Attacke!«

Beata sah wieder nach den Männern. Sie kamen näher und näher.

Und dann geriet die Welt endgültig aus den Fugen.

64

Norris stürmte nach vorn, wie man es ihnen in der Ausbildung beigebracht hatte, und warf sich gegen die Beine eines der Männer, doch der Mann trat Norris ins Gesicht. Norris wich zurück und hielt sich die Hände vors Gesicht; durch seine Finger sickerte Blut. Der Mann hob Norris’ heruntergefallenes Schwert auf, rammte es ihm durch den Unterleib, nagelte ihn damit am Boden fest und ließ ihn schreiend vor Schmerzen und sich windend liegen, sodass er sich die Finger an der scharfen Klinge in Fetzen schnitt.

Karl und Bryce stürzten mit blankgezogenen Waffen herbei, Carine kam mit einem Speer in der Hand aus der Kaserne gerannt, dicht gefolgt von Annette.

Ein Gefühl der Gewissheit durchflutete Beata: Die Männer würden eingekreist werden. Ihre Soldaten waren für den Kampf Mann gegen Mann ausgebildet worden. Mit drei Soldaten würden sie fertig werden.

»Sergeant!«, rief die Frau in Rot. »Zurück!«

Beata erschrak, trotzdem ärgerte sie sich noch immer über diese Frau, die offenkundig keinen blassen Schimmer vom Soldatsein hatte. Außerdem schämte Beata sich für die Feigheit dieser Frau. Beata und ihre Soldaten würden nicht weichen, sondern kämpfen – sie würden diese nutzlose Frau in Rot beschützen, die sich davor fürchtete, gerade mal drei Gegnern die Stirn zu bieten.

Auch Snip, wie Beata nicht ohne Stolz bemerkte, stürmte kampfbereit mit seinem Prachtschwert vor.

Während sie alle zum Angriff übergingen, hatte erst jener eine Soldat, der Marie niedergemetzelt hatte, sein Schwert gezogen; die Waffen der beiden anderen steckten noch immer in der Scheide. Beata war wütend, dass sie ihren Trupp so auf die leichte Schulter nahmen.

Beata, mehr als die anderen daran gewöhnt, Fleisch mit einer Klinge zu durchstoßen, griff den Mann siegessicher an. Wie er es anstellte, sah sie nicht, er wich ihr jedoch mühelos aus.

Verwirrt musste sie erkennen, dass dies etwas völlig anderes war, als Strohpuppen oder an einem Haken hängende Tierkadaver zu durchbohren.

Als Beatas Klinge ins Leere stieß, eilte Annette herbei, um ihm von hinten ins Bein zu stechen. Er wich auch Annette mit einem Schritt zur Seite aus, packte sie jedoch bei ihren roten Haaren. Er zückte ein Messer und schlitzte, Beata dabei unverschämt anlächelnd, Annette mit einer mühelosen, gemächlichen Bewegung die Kehle auf, ganz so, als schlachte er ein Schwein.

Ein anderer packte Carines Speer, brach ihn mit einer Hand entzwei und rammte ihr das mit einem Widerhaken versehene Ende in den Unterleib.

Karl schwang sein Schwert tief gegen den Mann, den Beata verfehlt hatte, versuchte ihn durch Zerschneiden der Kniesehnen zu lähmen und bekam stattdessen einen Tritt ins Gesicht. Das Schwert des Mannes senkte sich auf Karl herab; Beata sprang vor und blockierte den Schlag.

Die Wucht des klirrenden Hiebs von Stahl auf Stahl schlug ihr die Waffe aus der Hand. Ihre Hände brannten so sehr, dass sie die tauben Finger nicht mehr beugen konnte. Sie gewahrte, dass sie auf den Knien lag.

Der Mann schlug mit voller Wucht auf Karl ein. Karl hielt sich die Hände schützend vors Gesicht. Das Schwert durchtrennte sie in der Mitte der Handflächen, bevor es ihm das Gesicht bis zum Kinn spaltete.

Dann drehte der Mann sich wieder zu Beata um, sein blutglänzendes Schwert senkte sich auf ihr Gesicht herab. Beata sah es kommen und konnte nichts als schreien.

Eine Hand griff in ihr Haar und riss sie brutal zurück. Die Schwertspitze verfehlte sirrend ihr Gesicht und bohrte sich zwischen ihren Beinen in den Boden. Soeben hatte die Frau in Rot Beata das Leben gerettet.

Im gleichen Augenblick erregte etwas anderes die Aufmerksamkeit des Mannes. Beata schaute ebenfalls hin und sah Reiter kommen. Vielleicht an die hundert, noch mehr Gardisten der anderischen Sondereinheiten, genau wie diese drei.