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Außerdem ist es eine große Ehre, dem Herrscher beizuwohnen, Dalton. Alle werden jetzt eine noch höhere Meinung von dir haben.«

»Ja. Ich bin sicher, du hast Recht.«

»Dann komm ins Bett.« Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Lass mich dir zeigen, wie glücklich ich dich machen kann.«

Dalton kratzte sich an der Stirn. »Nun, nichts täte ich lieber als das, wirklich, aber auf mich wartet ein ganzer Stapel dringender Arbeiten. Soeben sind die Ergebnisse der Abstimmung eingetroffen…«

»Ich weiß. Bertrand hat es mir gesagt.«

»Bertrand.«

Sie nickte. »Der Herrscher, Dummer. Er hat es mir erzählt. Ich bin ja so stolz auf dich, Dalton. Ich weiß, du warst auch daran beteiligt. Es war nicht allein Bertrands Werk. Ich weiß, dass du ihm bei seinem Sieg zur Hand gegangen bist.«

»Zur Hand gegangen. Es ist ein überaus freundlicher Zug des Herrschers, von meinem Beitrag Notiz zu nehmen.«

»Er spricht in hohen Tönen von dir, Dalton.«

»Freut mich zu hören.« Dalton räusperte sich. »Äh, schau, Tess, ich muss wieder – wieder an meine Arbeit. Dringende Angelegenheiten warten auf mich.«

»Soll ich aufbleiben?«

Dalton winkte ab. »Nein. Nein, Liebling, ich muss kurz nach Fairfield und mich um einige Angelegenheiten kümmern.«

»Heute Abend noch?«

»Ja.«

»Du darfst nicht so hart arbeiten, Dalton. Versprich mir, dir ein wenig Zeit für dich selbst zu nehmen. Versprichst du mir das? Ich mache mir Sorgen um dich.«

»Das solltest du nicht. Es geht mir ausgezeichnet.«

Sie setzte ihr innigstes Lächeln auf. »Versprichst du mir, dass du dir Zeit nimmst, mich zu lieben?«

Dalton lächelte zurück. »Natürlich. Ich verspreche es.« Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht, Liebling.«

Die Frau mit der Phiole in der Hand runzelte die Stirn. »Kenne ich dich nicht?«

»Nein«, erwiderte Kahlan und senkte das Gesicht, damit es im Schatten der Lampe lag. »Ich wüsste nicht, woher. Ich komme von weit her. Ich bin allein aus diesem Grund nach Fairfield gekommen.«

Kahlan hatte ganz gewöhnliche Kleider an, wie sie sie auf Reisen trug, dazu eine Art aus einem Kopftuch gebundenen Turban, damit ihr Haar bedeckt war. Den Turban hatte sie erst nach Verlassen des Lagers angelegt. Richard war irgendwohin fortgegangen, daher hatten die Soldaten darauf bestanden, sie beim ›Luftschnappen‹ zu begleiten. Sie hatte ihnen barsch befohlen, sie allein zu lassen und auf ihre Posten zurückzukehren.

Gegenüber Cara hätten solche Befehle niemals etwas genützt, Cara hätte sie einfach ignoriert. Die Soldaten waren weder so furchtlos noch so verwegen oder klug wie Cara.

Die Alte seufzte. »Nun, verstehe schon, Schätzchen. Schon viele Frauen haben aus diesem Grund weite Reisen auf sich genommen.«

Sie hielt ihr die verkorkte Phiole hin, sichtlich in der Erwartung, erst bezahlt zu werden. Kahlan gab ihr einen Goldsouvereign.

»Ihr könnt alles behalten. Als Gegenleistung erwarte ich Euer Schweigen.«

Die Frau neigte den Kopf. »Dafür habe ich vollstes Verständnis. Danke, Schätzchen. Sehr großzügig von dir. Vielen Dank.«

Kahlan nahm die Phiole, legte sie in ihre Handfläche und betrachtete die klare Flüssigkeit durch das milchige Glas. Dann merkte sie, dass ihre Hand auf ihrem Bauch lag. Sie ließ den Arm sinken.

»Also«, erklärte die Frau, auf das billig gearbeitete Fläschchen zeigend, »es wird über Nacht frisch bleiben, denn ich habe es gerade erst für dich angesetzt. Du kannst es einnehmen, wann immer es dir beliebt, aber wenn du bis morgen früh wartest, ist es wahrscheinlich nicht mehr stark genug. Ich schlage vor, du nimmst es heute Abend vor dem Schlafengehen.«

»Wird es wehtun?«

Das Gesicht der Frau legte sich besorgt in Falten. »Wahrscheinlich nicht mehr als ein normaler Zyklus, Schätzchen. Nicht in diesem frühen Stadium. Es wird nur ein wenig bluten, sei darauf also vorbereitet.«

Kahlan hatte eigentlich gemeint, ob es dem Ungeborenen wehtun würde. Sie brachte es nicht über sich, die Frage zu wiederholen.

»Trink es einfach ganz aus«, fuhr die Alte fort. »Der Geschmack ist gar nicht mal so übel, trotzdem solltest du vielleicht etwas Tee dazu trinken.«

»Danke.«

Kahlan wandte sich zur Tür.

»Warte«, rief die Frau. Sie kam ganz nahe heran und ergriff Kahlans Hand. »Tut mir Leid, Schätzchen. Du bist noch jung. Du kannst wieder eins bekommen.«

Dann kam Kahlan ein Gedanke. »Es wird doch nicht meine Fähigkeit beeinträchtigen…«

»Nein, nein, ganz und gar nicht. Du wirst keine Schwierigkeiten haben.«

»Danke«, erwiderte Kahlan und ging zur Tür. Plötzlich konnte sie es kaum erwarten, das kleine Haus zu verlassen und hinaus in die Dunkelheit zu treten, und zwar allein, falls ihr die Tränen kamen.

Die Frau ergriff Kahlans Arm und drehte sie herum. »Normalerweise halte ich jungen Frauen keine Vorträge, denn wenn ihr erst einmal zu mir kommt, ist es für Vorträge längst zu spät, trotzdem hoffe ich sehr, du findest einen Mann und heiratest, Schätzchen. Ich helfe, wenn ich gebraucht werde, aber ich würde dir lieber helfen, das Kind zur Welt zu bringen, anstatt es abzutreiben, das kannst du mir glauben.«

Kahlan nickte. »Mir geht es ebenso. Danke.«

Die Straßen Fairfields lagen im Dunkel, trotzdem waren noch immer Menschen unterwegs, die ihren Geschäften nachgingen. Kahlan wusste, wenn erst die Imperiale Ordnung Einzug hielt, würde ihr ganzes Leben bald völlig auf den Kopf gestellt werden.

In diesem Augenblick jedoch fiel es ihr schwer, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.

Sie beschloss, es zu tun, bevor sie wieder im Lager war, denn sie befürchtete, Richard könnte die Phiole finden, und sie müsste ihm alles erklären. Richard würde das niemals zulassen. Da er von ihrem Zustand nichts wusste, hatte sie in Erfahrung bringen können, was er wirklich wollte und fühlte.

Er hatte ja Recht. Sie mussten sich um die anderen Menschen kümmern, durften nicht zulassen, dass wegen ihrer persönlichen Probleme alle anderen zu Schaden kamen. In einer solchen Angelegenheit würde Shota Wort halten, und dann wären sie nicht mehr imstande, ihre Pflicht zu tun. Es wäre das Beste.

Auf dem Weg hinaus aus der Stadt sah sie Dalton Campbell zu Pferd die Straße heraufkommen, daher bog sie in eine dunkle Seitenstraße ein. Der Mann schien stets genau zu überlegen, was er tat. Als er vorüberritt, kam es Kahlan so vor, als befände er sich in einer anderen Welt. Sie wunderte sich, was er in einem für seinen schlechten Ruf bekannten Stadtviertel tat.

Kahlan wartete, bis er vorüber war, dann machte sie sich wieder auf den Weg.

Als sie die zum Anwesen des Ministers führende Straße erreichte, wo ihre Soldaten ihr Lager aufgeschlagen hatten, sah sie in der Ferne das Gestänge des Gepäckträgers einer Kutsche im Mondschein blinken. Es würde noch eine Weile dauern, bis die schwerfällige Kutsche sie erreicht hätte, trotzdem verließ sie die Straße. Sie wollte unterwegs niemandem begegnen, erst recht niemandem, der sie womöglich erkennen konnte.

Der Kloß in ihrem Hals drohte sie fast zu ersticken, als sie in das Weizenfeld hineinlief. Sie weinte lautlos vor sich hin. Ein Stück abseits der Straße sank sie schließlich auf die Knie und überließ sich ihren Tränen.

Als ihr Blick auf die Phiole in ihrer Hand fiel, wusste sie nicht mehr, ob sie sich jemals erbärmlicher gefühlt hatte. Sie erstickte einen Klagelaut, unterdrückte ihre Tränen und ermahnte sich, dass es so für alle am besten war. Denn das war es, davon war sie fest überzeugt.

Sie zog den Stöpsel heraus und ließ ihn durch die Finger gleiten, hielt die Phiole in die Höhe, versuchte sie im Mondschein zu erkennen. Ihre andere Hand legte sie auf ihrer beider Kind – ihres und Richards.

Tapfer schluckte sie ihre Tränen hinunter und setzte das Fläschchen an die Lippen. Sie hielt inne, wartete, bis sie ihren Atem unter Kontrolle hatte, denn sie wollte es nicht in den Mund gießen, nur um es dann nicht hinunterschlucken zu können.