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Dalton Campbell veränderte die Körperhaltung in einer Weise, daß Meister Drummond die Worte in der Kehle steckenblieben, bevor sie noch ganz ausgesprochen waren. Die edel wirkenden dunklen anderischen Augen des Adjutanten nahmen ein gefährliches Funkeln an. Er wirkte plötzlich größer, seine Schultern breiter, und die Muskeln unter seinem dunkelblauen Wams und dem gesteppten Koller traten unvermittelt deutlicher hervor.

Sein lässiger, zerstreuter, beiläufiger und manchmal geradezu biederer Tonfall war verschwunden. Er hatte etwas Bedrohliches bekommen, das ebenso tödlich schien wie die Waffe an seiner Hüfte.

»Erlaubt, daß ich es für Euch auf andere Weise formuliere, Meister Drummond. Wir werden dergleichen unter diesem Dach nicht durchgehen lassen. Ich erwarte, daß Ihr Euch meinen Wünschen fügt. Sollte mir jemals wieder zu Ohren kommen, daß Ihr jemanden aus dem Personal mit absichtlich beleidigenden Namen ruft, werde ich einen neuen Küchenmeister einstellen und Euch hinauswerfen lassen. Ist das klar?«

»Ja, Sir. Vollkommen klar, vielen Dank, Sir.«

Campbell wollte gehen, drehte sich jedoch noch einmal um. Seine gesamte Person vermittelte den Eindruck von Bedrohlichkeit. »Und noch etwas. Minister Chanboor erteilt mir Befehle, die ich unfehlbar ausführe. Das ist meine Pflicht. Ich erteile Euch Befehle, die Ihr unfehlbar ausführt. Das ist Eure Pflicht, Ich erwarte, daß der Junge seine Arbeit macht oder hinausgeworfen wird, werft Ihr ihn jedoch hinaus, dann solltet Ihr besser auch begründen können, warum; mehr noch, solltet Ihr ihm aufgrund meiner Befehle das Leben schwermachen, dann werde ich Euch nicht etwa bloß hinauswerfen, sondern Euch die Eingeweide herausreißen und Euch an jenem Spieß dort drüben rösten lassen. Nun, habe ich mich jetzt vollkommen klar ausgedrückt, Meister Drummond?« Snip hatte gar nicht gewußt, daß Meister Drummond seine Augen so weit aufreißen konnte. Seine Stirn war schweißbedeckt; er mußte schlucken, bevor er antwortete.

»Ja, Sir, völlig klar. Es wird geschehen, wie Ihr verlangt. Ihr habt mein Wort darauf.«

Dalton Campbell schien wieder auf seine normale Größe zu schrumpfen, die auch nicht gerade unerheblich war. Der freundliche Ausdruck kehrte auf sein Gesicht zurück, sein höfliches Lächeln eingeschlossen.

»Danke, Drummond. Weitermachen.«

Während des gesamten Wortwechsels hatte Dalton Campbell Snip kein einziges Mal angesehen, und er tat es auch jetzt nicht, als er kehrtmachte und die Küche verließ. Wie Meister Drummond und die Hälfte aller in der Küche Anwesenden atmete Snip hörbar aus.

Als er sich das Geschehene noch einmal durch den Kopf gehen ließ und ihm zum erstenmal wirklich bewußt wurde, daß Meister Drummond ihn nicht mehr ›Schnapp‹ rufen würde, bekam er vor Verwunderung weiche Knie. Dalton Campbell war mit einem Schlag sehr in seinem Ansehen gestiegen.

Als er sein Handtuch aus dem Gürtel zog und sich die Stirn abtupfte, gewahrte Meister Drummond, daß die Leute ihn ansahen. »Zurück an die Arbeit, alle miteinander.« Er steckte das Handtuch wieder an seinen Platz. »Snip«, rief er mit seiner normalen Stimme, so wie er alle anderen in der Küche rief.

Snip trat rasch zwei Schritte vor. »Ja, Sir?«

Er fuchtelte mit den Händen. »Wir brauchen noch etwas Eichenholz. Nicht so viel wie letztes Mal, nur ungefähr die Hälfte. Beeil dich, lauf.«

Snip rannte beflissen zur Tür, um das Holz herbeizuschaffen, ohne auch nur an die Splitter zu denken, die er sich dabei einhandeln konnte.

Nie wieder würde er mit diesem verhaßten Namen gedemütigt werden, niemand würde ihn mehr deswegen auslachen. Und das hatte er alles Dalton Campbell zu verdanken.

Hätte Dalton Campbell es von ihm verlangt, Snip hätte in diesem Augenblick mit bloßen Händen glühende Kohlen geschleppt und die ganze Zeit dabei noch gelächelt.

17

Den obersten Knopf an seinem Wams öffnend, stieß Dalton Campbell mit seiner anderen Hand leicht gegen die hohe Mahagonitür zu ihrem Gemach, bis er spürte, wie der Schnappriegel mit einem leisen Klicken ins Schloß sprang. Die Stille des Raums hatte augenblicklich eine beruhigende Wirkung auf ihn. Der Tag war lang gewesen und längst noch nicht vorbei; da war immer noch das Fest, das es zu besuchen galt.

»Teresa«, rief er quer durchs Wohnzimmer bis nach hinten ins Schlafgemach, »ich bin es.«

Er wünschte, sie könnten zu Hause bleiben, zu Hause bleiben und sich lieben. Seine Nerven konnten etwas Ablenkung gebrauchen. Nun ja, vielleicht später; falls nichts Geschäftliches dazwischenkam.

Er löste einen weiteren Knopf und riß gähnend an dem offenen Kragen; der Duft von Flieder füllte seine Lungen. Die schweren blauen Moirévorhänge an den gegenüberliegenden Fenstern waren gegen den dunkler werdenden Himmel zugezogen und überließen den Raum dem sanften Licht der Duftlampe und dem flackernden Schein des niedrigen Feuers im Kamin, das eher der Behaglichkeit wegen brannte, die es verströmte, denn wegen des Bedürfnisses nach Wärme.

Er bemerkte den dunkelvioletten Teppich, dessen weizenfarbige Fransen frisch gekämmt aussahen. Die vergoldeten Stühle waren so neben den eleganten Tischen mit den üppigen Sträußen frischer Blumen plaziert, daß sie ihre protzigen gelbbraunen Ledersitze und -rücken herzeigten. Die samtenen Decken und Kissen waren nach einer genauen Ordnung über die Sofas verteilt, deren wohlüberlegte Präzision das Gefühl beiläufiger Vertrautheit mit Luxus vermitteln sollte.

Dalton erwartete von seiner Frau, das Personal zu beaufsichtigen und dafür Sorge zu tragen, daß die Gemächer sowohl für geschäftliche Zusammenkünfte als auch für den Empfang von Gästen vorzeigbar waren, was ein und dasselbe war, wenn auch von einer anderen Warte aus betrachtet. Teresa sollte sich darüber im klaren sein, daß in Anbetracht der Festlichkeit am Abend die Wahrscheinlichkeit noch größer war, daß er jemanden in ihre Wohnräume bat – jemand Wichtigen. Das konnte jeder sein, von einem Würdenträger bis hin zu einem Paar völlig unauffälliger Augen und Ohren.

Sie alle waren auf ihre Art bedeutend, sie alle verflochten sich zu jenem Spinnennetz, an dem er unablässig arbeitete, in dem er lauschte und Ausschau hielt nach jedem kleinen Rucken. Feste mit vielen Menschen waren ein geballtes Durcheinander, wo getrunken wurde, wo man sich unterhielt, wo innere und äußere Bewegung herrschten. Oft bot sich auf ihnen die Gelegenheit, Allianzen zu schmieden, Ergebenheiten zu bekräftigen oder Loyalitäten zu erzwingen – und so sein Spinnennetz zu pflegen.

Teresa steckte den Kopf zur Tür herein und zeigte ihre Freude, ihn zu sehen, mit einem Lächeln. »Mein Geliebter!«

Trotz der gelösten Stimmung, die ihn nach dem Schließen der Tür überkommen hatte, mit dem er die alltäglichen Sorgen – wenn auch nur für den Augenblick – ausgesperrt hatte, blickte er hilflos lächelnd in ihre geheimnisvoll funkelnden Augen.

»Tess, mein Liebling. Dein Haar sieht wundervoll aus.«

Ein goldener Kamm schmückte die Vorderpartie ihres vollen Schopfes. Der Reichtum der herabbaumelnden dunklen Locken wurde von einem Übermaß an mit Ziermünzen besetzten Goldbändern zusammengehalten, die ihr Haar verlängerten und beinahe so etwas wie einen Kragen bildeten. Wenn sie sich vorbeugte, teilten sich die glitzernden Streifen und entblößten neckisch ihren grazilen Hals.

Sie war mit ihren zwanzig Jahren fast zehn Jahre jünger als er. Dalton hielt sie für ein über jeden Vergleich erhabenes, entzückendes Geschöpf – ein willkommenes Extra zu ihrem Auftreten, das darauf abzielte, mit allen Mitteln ihre Ziele durchzusetzen. Er konnte kaum glauben, daß sie vor kaum sechs Monaten endlich seine Frau geworden war. Andere hatten zur Debatte gestanden, manche von höherem Stand, keine jedoch von größerem Ehrgeiz.

Einen Dalton Campbell wies man nicht zurück. Jeder, der ihn auf die leichte Schulter nahm, würde seinen Tag der Abrechnung erleben, an dem er lernte, ihn nicht zu unterschätzen, und an dem ihm schließlich Gelegenheit gegeben wurde, seinen Fehler zu bedauern.