»Tess, mein Schatz, dein Haar wächst prächtig. Sollte dich je eine Frau von oben herab ansehen, weil es noch nicht länger ist, dann merke dir einfach ihren Namen, denn am Ende wird es länger sein als das aller anderen. Wenn es dann entsprechend gewachsen sein wird, kannst du dir die Dame noch einmal vornehmen und es ihr heimzahlen.«
Teresa hüpfte auf den Ballen ihrer Füße und schlang ihm die Arme um den Hals, sie jubelte vor übermütiger Freude.
Die Finger hinter ihrem Rücken ineinander verschlingend, sah sie ihn kokett von unten herauf an. »Gefällt dir mein Kleid?« Um ihre Absicht zu unterstreichen, schmiegte sie sich an ihn, während sie ihm in die Augen sah und ohne Hast verfolgte, wie sein Blick an ihr nach unten wanderte.
Statt einer Antwort beugte er sich über sie, schob ihr mit einer einzigen, raschen Bewegung die Hand unter den Seidenrock und an der Innenseite ihres Schenkels hinauf bis zur nackten Haut oberhalb ihrer Strümpfe. Sie stöhnte in gespielter Überraschung, als seine Hand ihre intimste Stelle berührte.
Dalton küßte sie abermals, während er sie befingerte. Er dachte längst nicht mehr daran, sie mit auf das Fest zu nehmen. Er wollte mit ihr ins Bett.
Als er sie Richtung Schlafzimmer drängte, wand sie sich aus seinem lüsternen Griff. »Dalton! Bring mich nicht in Unordnung, Liebling. Sonst sieht jeder die Falten in meinem Kleid.«
»Ich glaube kaum, daß irgend jemand auf die Falten in deinem Kleid achten wird. Ich glaube, sie werden alle darauf stieren, was daraus hervorquillt. Teresa, ich möchte nicht, daß du so herumläufst, außer um deinen Gatten bei seiner Rückkehr an der Tür zu empfangen.«
Sie versetzte ihm einen spielerischen Klaps auf die Schulter. »Laß den Unsinn, Dalton.«
»Es ist mir ernst.« Er stierte abermals auf ihren Busen. »Teresa, dieses Kleid ist … es ist zu offenherzig.«
Sie wandte sich ab. »Ach, hör auf, Dalton. Du redest dummes Zeug. Alle Frauen tragen heutzutage solche Kleider.« Sie wirbelte, den koketten Blick wieder im Gesicht, abermals um ihn herum. »Du bist doch nicht etwa eifersüchtig, oder? Weil du mit ansehen mußt, wie andere Männer deine Frau bewundern.«
Sie war das einzige gewesen, das er sich je mehr gewünscht hatte als Macht. Anders als bei allen anderen Dingen in seinem Leben hegte er, wenn es um Teresa ging, nicht das geringste Bedürfnis nach einvernehmlichen Regelungen. Die Seelen wußten, es gab auf dem Anwesen genügend Männer, die bewundert, ja sogar beneidet wurden, weil sie für sich selbst an Einfluß gewannen, indem ihre Gattinnen sich Minister Chanboor zur Verfügung stellten. Dalton Campbell gehörte nicht zu ihnen. Er gebrauchte sein Talent und seinen Verstand, um dorthin zu gelangen, wo er stand, nicht den Körper seiner Frau. Auch das verschaffte ihm einen Vorteil gegenüber anderen.
Seine Geduld schwand rasch dahin, was seinen Ton nicht gerade nachsichtig machte. »Und woher sollen sie wissen, daß du meine Frau bist? Ihre Blicke werden nie bis zu deinem Gesicht gelangen.«
»Hör auf, Dalton du wirst unerträglich langweilig. All die anderen Frauen werden Kleider wie dieses tragen. Das ist jetzt Mode. Du bist ständig so mit deiner neuen Arbeit beschäftigt, daß du nichts über die vorherrschenden Sitten weißt. Ich dagegen schon. Ob du es glaubst oder nicht, dieses Kleid ist konservativ im Vergleich zu denen, die andere tragen werden. Ich würde mich nicht trauen, ein so gewagtes Kleid zu tragen wie diese Frauen – ich weiß, wie du sein kannst –, aber ich möchte auch nicht fehl am Platze wirken. Niemand wird sich etwas dabei denken, höchstens vielleicht, daß die Frau der rechten Hand des Ministers ein wenig spießig ist.«
Kein Mensch würde sie für ›spießig‹ halten. Sie würden denken, sie wolle allen zeigen, daß sie für Verlockungen offen war.
»Du kannst ein anderes Kleid anziehen, Teresa. Das Rote mit dem VAusschnitt. Darin kann man immer noch genug … genug von deinem Busen sehen. Das Rote kann wohl kaum als spießig gelten.«
Sie drehte ihm den Rücken zu und verschränkte schmollend ihre Arme. »Vermutlich macht es dir Spaß, mich zu zwingen, ein häßliches Kleid zu tragen und mit ansehen zu müssen, wie alle anderen Frauen hinter meinem Rücken darüber tuscheln, ich kleidete mich wie die Gattin eines einfachen Gouverneursgehilfen. Das rote Kleid habe ich getragen, als du noch ein Niemand warst. Ich dachte, du würdest dich freuen, mich in meinem neuen Kleid zu sehen und so zu wissen, daß deine Frau mit der Mode der bedeutenden Frauen hier mithalten kann. Jetzt jedoch werde ich hier nirgendwo mithalten können. Ich werde die langweilige Gattin des Adjutanten des Ministers sein, kein Mensch wird auch nur mit mir sprechen wollen, ich werde nie Freunde finden.«
Dalton holte tief Luft und ließ sie langsam wieder ab. Er sah, wie sie mit dem Knöchel eines Fingers gegen ihre Nase tupfte. »Tess, werden die anderen Frauen auf dem Fest wirklich so etwas tragen?«
Sie wirbelte herum und strahlte ihn von unten herauf an. Ihm fiel auf, daß ihr Gesichtsausdruck sich gar nicht so sehr vom strahlenden Lächeln des hakenischen Mädchens unten in der Küche unterschied, als er sie aufgefordert hatte, den Minister kennenzulernen.
»Selbstverständlich werden die anderen Frauen so etwas tragen. Nur daß ich nicht so schamlos bin wie sie, deswegen ist es nicht ganz so offenherzig. Ach, Dalton, du wirst schon sehen. Du wirst stolz auf mich sein. Ich bin stolz auf dich. Nur auf dich, Dalton. Für einen so wichtigen Mann wie dich ist eine Gattin von ganz entscheidender Bedeutung. Ich wahre deine Stellung, wenn du nicht zugegen bist. Du hast keine Ahnung, wie Frauen sein können – kleinlich, eifersüchtig, ehrgeizig, intrigant, hinterhältig und treulos. Ein geschickt gewähltes, gehässiges Wort zu ihrem Gatten, und schon ist es in aller Munde. Ich werde dafür sorgen, daß eine solche gehässige Bemerkung, sollte sie gemacht werden, rasch verklingt und niemand wagt, sie weiterzuerzählen.«
Er nickte. Er wußte sehr wohl, daß Frauen ihren Gatten Informationen und Tratsch zutrugen. »Vermutlich.«
»Du hast stets behauptet, wir seien Partner. Du weißt, ich beschütze dich. Du weißt, wie hart ich dafür arbeite, daß du an jeden Ort paßt, an den wir uns begeben. Du weißt, ich würde nie etwas tun, um unsere Ziele zu gefährden. Du hast mir stets versprochen, mich an die besten Orte zu bringen, wo man mich als allen Frauen gleichgestellt akzeptieren wird. Und du hast dein Versprechen wahr gemacht, mein Gemahl. Das war mir stets klar gewesen, deshalb habe ich eingewilligt, dich zu heiraten. Ich habe dich zwar stets geliebt, aber ich hätte dich niemals geheiratet, hätte ich nicht an deine Zukunft geglaubt. Wir sind aufeinander angewiesen, Dalton. Habe ich mir je einen Fehltritt geleistet, wenn wir an einem neuen Ort ankamen?«
»Nein, Tess, niemals.«
»Glaubst du, ich würde es leichtfertig tun, jetzt, an einem so wichtigen Ort wie diesem? Wo du an der Schwelle zu wahrer Größe stehst?«
Teresa war die einzige, der er seine kühnen, ehrgeizigen Ziele und seine verwegensten Pläne anvertraute. Sie kannte seine Absichten, und sie verspottete ihn nie deswegen. Sie glaubte an ihn.
»Nein, Tess, das würdest du gewiß nicht alles aufs Spiel setzen. Dessen bin ich sicher.« Er wischte sich mit der Hand über das Gesicht und seufzte. »Zieh das Kleid an, wenn du der Meinung bist, es sei schicklich. Ich verlasse mich auf dein Urteilsvermögen.«
Nachdem die Angelegenheit geklärt war, schob sie ihn in Richtung Ankleidezimmer. »Jetzt komm, zieh dich um. Mach dich fertig. Du wirst der bestaussehende Mann dort sein, das weiß ich ganz sicher. Sollte irgend jemand Grund zur Eifersucht haben, dann ich, denn all die anderen Frauen werden grün vor Neid werden, weil ich den besten Fang bei Hofe gemacht habe, und du wirst es sein, dem man tuschelnd Angebote macht.«
Er drehte sie herum, packte sie bei den Schultern und wartete, bis sie ihm in die Augen sah. »Halte dich unbedingt von einem Mann namens Stein fern – Bertrands Ehrengast. Kokettiere mit deinem … deinem neuen Kleid nicht vor seinen Augen herum. Verstanden?«