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Des weiteren hatten die Botschafter berichtet, Lord Rahl sei ein offenkundig unbescholtener Mann von großer innerer Überzeugung, ein Mann, der sich dem Frieden und der Freiheit für all jene verschrieben habe, die sich ihm angeschlossen hatten.

Zudem sei er ein Mann, der ihre Kapitulation vor dem zunehmend größer werdenden d’Haranischen Reich verlange, und zwar sofort.

Solche Männer neigten zur Unvernunft. Ein solcher Mann konnte endlosen Ärger bedeuten.

Dalton zog ein Hemd heraus und zeigte es Teresa. Sie war einverstanden und nickte. Er entkleidete sich bis zur Hüfte und schob seine Arme, den Geruch von Sauberkeit genießend, in das frische, reine Hemd.

»Stein überbringt uns Kaiser Jagangs Angebot über einen Platz in seiner neuen Weltordnung. Wir werden uns anhören, was er zu berichten hat.«

Wenn Stein ein Anzeichen war, dann verstand sich die Imperiale Ordnung auf die Feinheiten der Macht. Allen Anzeichen aus Aydindril zum Trotz war man dort bereit, eine Reihe von Punkten zur Diskussion zu stellen, die Dalton und dem Minister wichtig waren.

»Und die Direktoren? Was haben sie zu unserem Schicksal anzumerken?«

Dalton äußerte seine Unzufriedenheit mit einem Brummen.

»Die Zahl der Direktoren, die sich den alten Sitten verpflichtet fühlen, der sogenannten Freiheit der Völker der Midlands, schrumpft zusehends. Die Stimmen jener Direktoren, die darauf bestehen, daß wir beim Rest der Midlands bleiben – und uns Lord Rahl anschließen –, werden immer seltener. Die Menschen sind es leid, sich ihre überholten Ansichten und wenig inspirierten Lehren anzuhören.«

Teresa legte ihre Bürste fort. Sie runzelte besorgt die Stirn. »Wird es zum Krieg kommen, Dalton? Auf wessen Seite werden wir kämpfen? Werden wir in einen Krieg hineingezogen werden?«

Dalton legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. »Der Krieg wird zu einem langen, blutigen Kampf ausarten. Ich habe nicht die Absicht, mich oder unser Volk da hineinziehen zu lassen. Ich werde tun, was ich muß, um Anderith zu schützen.«

Vieles hing davon ab, welche Seite die Oberhand behielt. Es erschien wenig sinnvoll, sich auf die Seite der Verlierer zu schlagen.

»Wenn es sein muß, können wir die Dominie Dirtch einsetzen. Keine Armee, weder die Lord Rahls noch die des Kaisers Jagang, ist imstande, einer solchen Waffe standzuhalten. Bevor es dazu kommt, wäre es jedoch das beste, sich jener Seite anzuschließen, die die besten Bedingungen und Erfolgsaussichten bietet.«

Sie ergriff seine Hand. »Aber dieser Lord Rahl ist ein Zauberer. Du hast selbst gesagt, er besitzt die Gabe. Niemand vermag zu sagen, wie sich ein Zauberer verhalten wird.«

»Das könnte ein Grund sein, sich auf seine Seite zu schlagen. Andererseits hat die Imperiale Ordnung geschworen, die Magie auszumerzen. Vielleicht verfügen sie über Möglichkeiten, seinen Fähigkeiten entgegenzuwirken.«

»Aber wenn dieser Lord Rahl ein Zauberer ist, wäre dies eine schreckliche Magie – genau wie die Dominie Dirtch. Wenn wir uns ihm nicht ergeben, entfesselt er womöglich seine Kraft gegen uns.«

Er tätschelte ihre Hand und ging daran, sich weiter anzuziehen. »Sei unbesorgt, Tess. Ich werde dafür sorgen, daß Anderith nicht in Schutt und Asche fällt. Und wie gesagt, die Imperiale Ordnung behauptet, sie werde der Magie ein Ende machen. Stimmt das, dann hat ein Zauberer nichts gegen uns in der Hand. Wir werden einfach abwarten müssen, was Stein uns zu sagen hat.«

Er hatte keine Ahnung, wie die Imperiale Ordnung es schaffen wollte, der Magie ein Ende zu machen, schließlich existierte die Magie ebenso lange wie die Welt. Vielleicht meinte die Imperiale Ordnung in Wirklichkeit, sie wolle all jene eliminieren, die die Gabe besaßen. Das wäre keine neue Idee und hätte, in Daltons Überlegungen, Aussicht auf Erfolg.

Da gab es einmal jene, die bereits dafür eintraten, alle, die die Gabe besaßen, abzufackeln. Anderith hatte mehrere der radikaleren Anführer in Ketten gelegt, darunter auch Serin Rajak. Charismatisch, fanatisch und besessen wie ein tollwütiger Hund, galt Serin Rajak als unbezähmbar und gefährlich. Wenn er überhaupt noch lebte, denn er lag bereits seit Monaten in Ketten.

Rajak war der Überzeugung, die ›Hexen‹ – so nannte er die mit der Gabe – seien böse. Er verfügte über eine Reihe von Gefolgsleuten, die er vor seiner Verhaftung zu wüstem und alles zerstörendem Mob aufgewiegelt hatte.

Solche Männer waren gefährlich. Dalton hatte sich dennoch dafür eingesetzt, ihn nicht hinzurichten. Männer wie er konnten durchaus auch nützlich sein.

»Oh, und das wirst du einfach nicht für möglich halten«, meinte Teresa gerade. Sie hatte wieder von dem Tratsch angefangen, den sie aufgeschnappt hatte. Da ihm gerade Serin Rajak durch den Kopf ging, hörte er nur halb hin. »Diese Frau, von der ich sprach, die eine so hohe Meinung von sich hat, Claudine Winthrop, nun, sie erzählte uns, der Minister habe ihr Gewalt angetan.«

Dalton hörte noch immer nur halb zu. Ihm war bekannt, daß der Tratsch der Wahrheit entsprach. Claudine Winthrop war besagte ›verwirrte Frau‹ aus der Nachricht im Geheimfach seines Schreibtisches, jene Frau, für die er eine Entschädigung zu finden hatte. Sie war es auch, die Direktor Linscott den Brief geschrieben hatte – den Brief, der nie angekommen war.

Wann immer sich Claudine Winthrop die Gelegenheit bot, scharwenzelte sie um den Minister herum, flirtete mit ihm, lächelte ihn an, zwinkerte ihm zu. Was glaubte sie wohl, was passieren würde? Sie hatte bekommen, was sie bekommen mußte, und das wußte sie. Und jetzt beschwerte sie sich?

»Daher ist sie so erzürnt darüber, vom Minister auf derart rohe Weise behandelt zu werden, daß sie nach dem Abendessen vor Lady Chanboor und sämtlichen Gästen verkünden will, der Minister habe ihr auf derbste Weise Gewalt angetan.«

Dalton spitzte die Ohren.

»Es sei eine Vergewaltigung gewesen, so nennt sie es, und als Vergewaltigung werde sie es der Gattin des Ministers zutragen.« Teresa drehte sich auf ihrem Hocker und fuchtelte ihm mit einem kleinen Pinsel aus Eichhörnchenhaar vor dem Gesicht herum. »Und den Direktoren des Ministeriums für kulturelle Zusammenarbeit, vorausgesetzt, es sind welche anwesend. Falls der Herrscher tatsächlich anwesend sein sollte, könnte daraus ein häßlicher Streit entstehen, Dalton. Der Herrscher ist verpflichtet, die Hand zu heben und Ruhe zu befehlen, damit sie sprechen kann.«

Dalton war mittlerweile ganz bei der Sache. Die zwölf Direktoren würden bei dem Fest anwesend sein. Jetzt wurde ihm klar, worum es im Fall Claudine Winthrop ging.

»Das hat sie gesagt, ja? Hast du gehört, wie sie es sagte?«

Teresa stemmte eine Hand in die Hüfte. »Aber ja. Ist das nicht ein Ding? Dabei sollte sie doch wissen, wie Minister Chanboor ist, daß er mindestens die Hälfte aller Frauen auf dem Anwesen in sein Bett gelockt hat. Und jetzt will sie Ärger machen? Das dürfte eine ziemliche Sensation werden, möchte ich meinen. Eins sage ich dir, Dalton, sie führt etwas im Schilde.«

Als Teresa schwatzend zu einem anderen Thema übergehen wollte, unterbrach er sie und fragte: »Was hatten die anderen Frauen dazu zu sagen? Zu Claudines Plänen?«

Teresa legte den Eichhörnchenpinsel fort. »Nun, wir alle sind der Meinung, daß es einfach fürchterlich ist. Immerhin gilt der Minister für Kultur als wichtiger Mann. Eines Tages könnte er sogar Herrscher werden – der jetzige Herrscher ist schließlich kein junger Mann mehr. Der Minister könnte jeden Augenblick berufen werden, den Herrscherthron zu besteigen. Das ist eine schreckliche Verantwortung.«

Sie richtete ihren Blick wieder auf den Spiegel und machte sich mit einer Haarnadel zu schaffen. Dann wandte sie sich abermals um und drohte ihm damit. »Der Minister ist schrecklich überarbeitet und hat ab und zu das Recht auf eine harmlose Zerstreuung. Die Frauen sind willig. Das geht niemanden etwas an – es ist ihr Privatleben – und hat keinerlei Auswirkung auf die öffentlichen Geschäfte. Außerdem ist es schließlich nicht so, als hätte die kleine Schlampe nicht geradezu darum gebeten.«