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Beim Nahen seines Herrn zog Krif wütend ab. In der nun eintretenden Stille sah Hilvar den Roboter eine Weile an.

„Guten Abend, Alvin“, sagte er. „Ich freue mich über deine Rückkehr.

Oder bist du noch in Diaspar?“

Alvin fühlte, nicht zum erstenmal, eine neidvolle Bewunderung für die Schnelligkeit und Präzision von Hilvars Verstand.

„Nein“, sagte er, und staunte, daß der Roboter seine Stimme so deutlich wiedergeben konnte. „Ich bin in Airlee, nicht weit entfernt. Aber ich bleibe zunächst hier.“

Hilvar lachte.

„Ich glaube fast auch, daß das besser ist. Seranis hat dir verziehen, aber der Senat — nun das ist eine andere Sache. Zur Zeit findet hier eine Konferenz statt — die erste, die wir in Airlee erleben.“

„Willst du damit sagen“, meinte Alvin, „daß eure Räte tatsächlich hierhergekommen sind? Mit euren telepathischen Kräften habt ihr doch wirkliche Treffen gar nicht nötig.“

„Sie sind selten, aber manchmal glaubt man, ohne sie nicht auskommen zu können. Ich kenne die genaue Art der Krise nicht, aber drei Senatoren sind bereits erschienen, und die übrigen werden in Kürze erwartet.“

Alvin mußte über die Art lächeln, in der die Ereignisse in Diaspar hier widergespiegelt wurden. Wohin er auch ging, überall hinterließ er Verwirrung und Unruhe.

„Ich glaube, es wäre gut“, sagte er, „wenn ich zu diesem Senat sprechen könnte — solange meine Sicherheit garantiert wird.“

„Du könntest nur hierherkommen“, sagte Hilvar, „wenn der Senat verspricht, nicht wieder deine Gedanken zu beeinflussen. Im anderen Fall würde ich bleiben, wo du jetzt bist. Ich werde deinen Roboter zu den Senatoren führen — sie werden bestürzt sein, wenn sie ihn sehen.“

Wieder fühlte sich Alvin hochgestimmt und angenehm erregt, als er Hilvar ins Haus folgte. Er trat den Herrschern von Lys fast als gleichberechtigter Partner gegenüber; obwohl er keinen Groll gegen sie hegte, war es erfreulich, zu wissen, daß er die Situation beherrschte und Kräfte befehligte, die er noch nicht einmal völlig abzuschätzen versucht hatte.

Die Tür zum Konferenzraum war versperrt und Hilvar brauchte einige Zeit, um sich bemerkbar zu machen. Die Senatoren waren anscheinend sehr beschäftigt. Aber schließlich glitt die Wand zur Seite, und Alvin dirigierte seinen Roboter schnell in das große Zimmer.

Die drei Senatoren erstarrten, als er auf sie zuschwebte, aber Seranis schien nur wenig überrascht. Vielleicht hatte sie Hilvar schon vorbereitet, oder sie hatte erwartet, daß Alvin früher oder später zurückkehren würde.

„Guten Abend“, sagte er höflich, als sei sein Erscheinen das natürlichste Ereignis der Welt. „Ich habe mich entschlossen, zurückzukommen.“

Ihre Überraschung übertraf seine kühnsten Erwartungen. Einer der Senatoren, ein junger Mann mit grauen Schläfen, faßte sich als erster.

„Wie sind Sie hergekommen?“ stieß er hervor.

Der Grund für sein Erstaunen war offensichtlich. Wie Diaspar mußte auch Lys die Fließstraßenhöhle abgeschlossen haben.

„Nun, einfach wie beim letztenmal“, entgegnete Alvin, der sich diesen Spaß nicht verkneifen konnte.

Zwei der Senatoren sahen den dritten fest an, der seine Hände in verwirrter Resignation ausbreitete. Dann begann der junge Mann, der ihn vorher angeredet hatte, wieder zu sprechen.

„Hatten Sie keine — Schwierigkeiten?“ fragte er.

„Nicht im geringsten“, sagte Alvin, entschlossen, ihre Verwirrung noch zu vergrößern. Er sah, daß es ihm gelang.

„Ich bin aus freiem Willen zurückgekommen“, fuhr er fort, „und außerdem bringe ich wichtige Neuigkeiten. Im Hinblick auf unsere früheren Mißhelligkeiten halte ich mich jedoch zur Zeit verborgen. Versprechen Sie, keine weiteren Versuche zur Einschränkung meiner Bewegungsfreiheit zu unternehmen, wenn ich persönlich erscheine?“

Geraume Zeit schwiegen alle, und Alvin hätte wissen mögen, welche Gedanken jetzt ausgetauscht wurden. Dann sprach Seranis für alle. „Wir werden nicht mehr versuchen, Sie zu beeinflussen — obwohl ich nicht den Eindruck habe, als sei es uns beim letztenmal gelungen.“

„Sehr schön“, erwiderte Alvin. „Ich komme nach Airlee, so schnell ich kann.“

Er wartete, bis der Roboter zurückgekehrt war; dann gab er genaue Anweisungen und ließ sich diese wiederholen. Seranis würde ihr Wort nicht brechen, das wußte er; trotzdem zog er es vor, seinen Rückzug abzusichern.

Die Luftschleuse schloß sich leise hinter ihm, als er das Schiff verließ.

Kurze Zeit später hörte er das Schiff zischend aufsteigen. Einen Augenblick lang verdeckte ein dunkler Schatten die Sterne; dann war das Raumschiff verschwunden.

Erst dann fiel ihm ein, daß ihm einer jener kleinen, aber ärgerlichen Fehler unterlaufen war, die selbst den raffiniertesten Plänen zum Verhängnis werden. Er hatte vergessen, daß die Sinne des Roboters wesentlich schärfer waren als die seinen und daß die Dunkelheit seine Erwartungen übertraf. Mehr als einmal verlor er den Weg und manchmal vermied er es knapp, an einen Baum zu stoßen. Im Wald konnte man die Hand nicht vor den Augen sehen, und einmal kam etwas Großes durch das Unterholz auf ihn zu. Zweige knackten; zwei smaragdene Augen starrten ihn unverwandt an. Er rief leise, und eine unglaublich lange Zunge fuhr rauh über seine Hand. Einen Augenblick später rieb sich ein mächtiger Tierleib zutraulich an seinen Beinen und verschwand wieder geräuschlos. Er hatte keine Ahnung, was es gewesen war.

Bald darauf schimmerten die Lichter der Siedlung zwischen den Bäumen, aber er brauchte sie nicht mehr, denn der Pfad unter seinen Füßen war zu einem Strom aus blauem Feuer geworden. Das Moos leuchtete, und seine Fußstapfen hinterließen dunkle Flecke, die sich langsam hinter ihm auflösten. Als Alvin stehenblieb und eine Handvoll Moos aufhob, schimmerte es minutenlang in seiner Hand.

Hilvar wartete zum zweitenmal vor dem Haus auf ihn und stellte ihm zum zweitenmal Seranis und den Senatoren vor. Sie empfingen ihn mit vorsichtigem und widerwilligem Respekt.

„Ich bedaure außerordentlich“, begann Alvin, „daß ich Ihr Land auf so unwürdige Weise verlassen mußte. Es dürfte Sie interessieren, daß es beinahe ebenso schwierig war, aus Diaspar zu entkommen…“ Er wartete die Wirkung dieser Bemerkung ab und fügte dann schnell hinzu: „Ich habe meinen Mitbürgern alles über Lys berichtet und mein Bestes getan, um einen günstigen Eindruck zu vermitteln. Aber Diaspar will nichts mit Ihnen zu tun haben. Ungeachtet meiner Einwendungen möchte die Stadt jede Berührung mit einer niedrigeren Kultur vermeiden.“

Es war äußerst befriedigend, die Reaktion der Senatoren zu beobachten, und sogar Seranis verfärbte sich bei seinen Worten. Wenn er Lys und Diaspar ausreichend ärgerlich aufeinander machen konnte, dachte Alvin, war sein Problem halb gelöst. Jeder würde bemüht sein, den Vorrang seiner Lebensweise unter Beweis zu stellen, und dadurch unwillkürlich die Schranken zwischen beiden Kulturen niederreißen.

„Warum sind Sie nach Lys zurückgekommen?“ fragte Seranis.

„Weil ich Sie — und Diaspar — davon überzeugen will, daß man einen schweren Fehler gemacht hat.“ Er erwähnte den anderen Grund nicht — daß er in Lys den einzigen Freund besaß, auf den er sich verlassen konnte und dessen Hilfe er brauchte.

Die Senatoren schwiegen immer noch; sie warteten darauf, daß er fortfuhr, und er wußte, daß durch ihre Augen und Ohren viele andere unsichtbare Intelligenzen zusahen und zuhörten. Er war der Stellvertreter Diaspars, und ganz Lys beurteilte ihn nach seinen Worten. Auf ihm lag eine große Verantwortung. Er begann zu sprechen.

Sein Thema war Diaspar. Er zeichnete die Stadt so, wie er sie zuletzt gesehen hatte, träumend am Rand der Wüste, ihre Türme wie gefangene Regenbogen am Himmel glühend. Von der Schatzkammer der Erinnerungen rief er die Lieder herbei, die die alten Dichter zum Lob Diaspars gesungen hatten, und er sprach von den zahllosen Menschen, die ihr Leben der Verschönerung der Stadt gewidmet hatten. Niemand, so sagte er, könne jemals die Schätze der Stadt ausschöpfen, wie lange er auch leben mochte. Geraume Zeit beschrieb er einige der Wunder, die den Menschen Diaspars gelungen waren; versuchte, wenigstens einen kurzen Eindruck der Herrlichkeit zu vermitteln, die von den Künstlern der Vergangenheit zur ewigen Bewunderung durch die Menschen geschaffen worden war. Und er fragte sich etwas wehmütig, ob es wirklich der Wahrheit entsprach, daß die Musik Diaspars das letzte war, was die Erde jemals zu den Sternen sandte.