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»Dafür mußt du schon mein Wort nehmen«, sagte sie schnippisch. »Schließlich bin ich eine freie Frau.«

»Mit allem nötigen Respekt, meine Lady«, sagte Boots. »Bei einem solch folgenschweren Handel ist es nur gerecht, daß man mir gewichtigere Versicherungen gewährt.«

»Was also wünschst du?«

»Wie wäre es mit einem Beweis deiner angeblichen Nacktheit?«

»Aber Kaufmann, ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich dir deinen flüchtigen Blick gestatte oder nicht, diesen Augenblick unaussprechlicher Wonne, für den du mir aus freiem Willen den wunderbaren Schleier überlassen wirst.«

»Bitte mißversteh mich nicht!« rief Boots entsetzt. »Ich dachte da an einen Beweis der indirekten Art.«

»Und was könnte das sein?« fragte sie verzweifelt.

»Ich wage es nicht, darüber nachzudenken«, lamentierte der Theaterdirektor.

»Ich weiß es!« rief sie.

»Was denn?« fragte er und blinzelte dem Publikum zu.

»Ich könnte dir meine Kleidung zeigen!«

»Und was bewiese dies?« fragte Boots unschuldig.

»Wenn du entdeckst, daß ich nicht darin stecke, könntest du dir dann nicht mit etwas Wagemut vorstellen, daß ich nackt bin?«

»Oh, welch eine Idee, welch kühner Streich!« rief er. »Wer hätte je gedacht, daß unser Problem auf so geschickte Weise gelöst würde?«

»Ich werde meine Kleidung zu einem Bündel schnüren und unter dem Schleier hindurchschieben, damit du sie sehen kannst.«

Dieses scheinbar so unschuldige Vorhaben erntete wieder lautes Gelächter, denn wenn auf Gor eine Frau ihre Kleidung zu Füßen eines Mannes niederlegt, dann verkündet sie damit, daß sie sich ihm unterwirft. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie die Kleidung trägt, etwas anderes angezogen hat oder gar nackt ist. Boots hatte das Mädchen trickreich dazu gebracht, die Kleidung zu seinen Füßen abzulegen.

»Halt den Schleier fest«, sagte er.

»Warum denn das?«

»Ich muß die Kleidungsstücke zählen«, verkündete er mit gewichtiger Stimme.

»Also gut«, erwiderte sie. »Oh, der Schleier ist aber leicht!«

»Es fühlt sich tatsächlich an, als hielte man gar nichts in der Hand«, gab Boots ihr recht.

»Genau.«

Boots tat so, als würde er gewissenhaft die Kleidungsstücke zählen. Brigella wandte sich dem Publikum zu, wobei sie sich den unsichtbaren Schleier vor den Körper hielt.

»Er ist so mißtrauisch und hat einen solch logischen Verstand«, klagte sie. In der Zwischenzeit packte Boots die Kleider in seinen Rucksack.

»Ich gehe davon aus, daß alles in Ordnung ist«, meinte das Mädchen.

»So scheint es«, erwiderte Boots. »Es sei denn, es gibt ein zweites Gewand, das geschickterweise unter dem ersten verborgen lag.«

»Ich versichere dir, das ist nicht der Fall!«

»Ich nehme an, daß selbst bei solch gewichtigen Dingen die Zeit kommt, da Vertrauen angebracht ist.«

»Genau!« sagte Brigella. Sie wandte sich wieder dem Publikum zu. »Ich sehe meine Kleider nicht, aber zweifellos verbirgt der Schleier sie.«

»Also ist es nun soweit!« rief Boots.

»Ja«, erwiderte sie, »Wenn es dein Wunsch ist, kannst du dir vorstellen, daß ich hinter diesem undurchsichtigen Tuch völlig nackt bin.«

»Oh, beherztes Vorstellungsvermögen!« rief Boots. »Ich kann kaum an mich halten!«

»Dann mußt du darum kämpfen, die Beherrschung nicht zu verlieren.«

»Halt den Schleier ein Stück höher«, sagte Boots. »Noch höher, damit ich nicht in Versuchung komme, einen Blick über den wogenden, schimmernden Rand zu werfen, einen Blick auf die Freuden wage, die dahinter verborgen liegen. Höher, sage ich!«

»Ist es so gut?«

»Ausgezeichnet!« sagte Boots.

Sie stand jetzt mit weit ausgebreiteten Armen da, den Schleier hoch über den Kopf gehalten. Diese Pose brachte die Vollkommenheit ihrer Brüste noch mehr zur Geltung.

»Ah!« rief Boots. «Ah!«

»Die Laute, die du von dir gibst, edler Herr, könnten mich beinahe glauben machen – wenn ich sie sehen könnte, was mir ja verwehrt ist –, daß deine Züge und gewisse Körperteile die eines Mannes sind, der mich mit Blicken auffrißt.«

»Ja«, rief Boots, »es ist meine lebhafte Vorstellungskraft, die das Bild der unverhüllten Schönheit heraufbeschwört, die sich hinter der undurchdringlichen Barriere des herzlosen Schleiers befinden muß.«

»Dabei bin ich eine freie Frau«, sagte das Mädchen ans Publikum gewandt, »und nicht einmal eine Sklavin.« Alles lachte. Sie trug jetzt nur noch ihren Sklavenkragen, der von einem durchsichtigen Tuch verhüllt wurde.

»Ah!« rief Boots.

»Ich sollte ihm nur einen ganz kurzen Blick erlauben«, sagte das Mädchen zum Publikum. »Sonst verliert er vor Verzückung noch die Sinne.«

Boots schlug sich auf die Schenkel.

»Stellt euch vor, was wäre, wenn er mich tatsächlich sehen könnte!«

»Meine Lady, laß mich wieder den Schleier halten«, sagte Boots. »Auch wenn er so gut wie nichts wiegt, müssen deine Arme doch langsam müde werden, und sei es nur durch ihre Haltung.«

»Vielen Dank, edler Kaufmann«, erwiderte sie. »Hast du ihn?«

»Aber natürlich«, antwortete Boots und tat so, als wäre er über die Frage erstaunt. Dann starrte er plötzlich entsetzt in Richtung Straße, riß den Schleier weg und stopfte ihn sich im Rücken hinter den Gürtel.

»Oh!« kreischte Brigella, kauerte sich zusammen und versuchte in mädchenhafter Bedrängnis, sich so gut wie möglich zu bedecken. »Was hast du da getan? Erklär es mir, sofort!«

»Ich fürchte, da nähern sich Straßenräuber«, sagte er und starrte mit wildem Blick die Straße entlang. »Sieh nicht hin! Sie dürfen den wunderbaren Schleier nicht entdecken! Sicher würden sie ihn mir rauben!«

»Aber ich bin nackt!« rief sie.

»Tu so, als wärst du eine Sklavin«, meinte Boots.

»Ich soll so tun, als wäre ich eine Sklavin?« keuchte sie entsetzt.

»Ja!«

»Aber ich weiß nicht, was man als Sklavin zu tun hat«, sagte Brigella, in völliger Unschuld ans Publikum gewandt.

Die Zuschauer lachten.

»Du weißt höchstens nichts darüber, wie es ist, eine freie Frau zu sein, du Schlampe«, sagte Lady Telitsia.

»Möchtest du lieber von den Räubern belästigt werden?« wandte sich Boots an das Mädchen. »Vermutlich wären sie ganz begeistert, eine freie Frau in Fesseln zu legen.«

»Nein!« schrie sie.

»Dann knie nieder, schnell, und den Kopf in den Staub!«

Brigella gehorchte aufstöhnend.

»So halten sie dich vielleicht für eine einfache Sklavin, nicht der Mühe wert, ihr eine Schlinge um den Hals zu legen und zur nächsten Auktion zu bringen; und mich für einen armen Kaufmann, der nichts Stehlenswertes hat. Da kommen sie. Es sind wilde Kerle.«

»Oh«, jammerte sie.

»Sieh nicht auf«, warnte er.

»Nein.«

»Nein und weiter, Sklavin?« fragte er streng.

»Nein, Herr.«

Gelächter ertönte. Er hatte sie dazu gebracht, nackt zu seinen Füßen zu knien und ihn als Herr anzusprechen. In der goreanischen Kultur ist das eine bedeutsame Angelegenheit. In einigen Städten ist das bereits die legale Voraussetzung für die Versklavung.

Das Gelächter wurde lauter, als Tarskstücks Lecchio und Chino in der Kleidung von Wissenden auf die Bühne kamen, etwas vor sich hinmurmelten, was wohl archaisches Goreanisch darstellen sollte, und einen Augenblick später die Bühne auf der anderen Seite wieder verließen.

»Das waren ja gar keine Räuber«, rief Brigella wütend und sah auf. »Das waren Wissende!«

»Es tut mir leid«, entschuldigte Boots sich. »Ich habe sie für Briganten gehalten.«

Das Mädchen sprang auf, wobei es sich wieder so gut wie möglich mit den Händen bedeckte. »Gib mir den Schleier zurück!«

»Aber du hast mir noch keinen Blick gestattet«, protestierte Boots.

»Oh!« fauchte sie empört.

»Überleg einmal, wie du dasteht«, sagte Boots. »Halb von mir abgewendet, zusammengekrümmt, die Beine so verdreht, Hände und Arme dort, wo sie nun sind, das erscheint mir nun wirklich nicht gerecht. Du wirst doch sicher begreifen, daß eine solche Haltung Hindernisse schafft, die einen vernünftigen Blick in Frage stellen.«