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»Viel Glück mit den Sleen«, erwiderte er.

»Geh nicht!« bettelte sie. »Ich bin sogar dazu bereit, eine freie Gefährtenschaft mit dir einzugehen!«

Boots taumelte zurück, als wäre er überwältigt. »Es fiele mir im Traum nicht ein, ein solches Opfer von dir anzunehmen!«

»Ich werde es tun! Bestimmt!«

»Wie dem auch sei, du kannst doch nicht im Ernst von mir erwarten, eine freie Gefährtenschaft mit dir einzugehen.«

»Warum denn nicht?« fragte sie verblüfft.

»Eine nackte Frau«, gab er zu bedenken, »die am Rand der Landstraße steht.«

»Oh!« rief sie verzweifelt aus.

»Hast du eine ordentliche Mitgift? Eine große Garderobe, Reichtum? Ist deine Familie einflußreich?«

»Nein«, sagte sie.

»Und wenn du in dein Dorf zurückkehren würdest, fändest du nichts als den Kragen und die Reise in einem Sack zum nächsten Sklavenmarkt.«

»Weh mir!« klagte sie.

»Ich glaube, du bist doch eine Sklavin.«

»Nein!«

»Ich glaube, du hast in Wirklichkeit den erstaunlichen Schleier gar nicht gesehen.«

»Doch, ich habe ihn gesehen!«

»Wie war die Farbe?« fragte er in scharfem Tonfall.

»Gelb.«

»Nein.«

»Rot!«

»Nein.«

»Blau, Rosarot, Orange, Grün!« schluchzte sie.

»Offensichtlich bist du doch eine Sklavin«, sagte Boots. »Du hättest nicht versuchen sollen, dich als freie Frau zu maskieren. Darauf stehen strenge Strafen.«

Sie legte schluchzend das Gesicht in die Hände.

»Vielleicht sollte ich dich den Magistraten übergeben«, sagte er.

»Bitte nicht!«

»Es gibt noch eine Möglichkeit«, sagte er und griff nach hinten, zu der Stelle, wo er beim Herannahen der angeblichen Räuber den Schleier versteckt hatte. »Also?« fragte er und stieß die Hände nach vorn. »In welcher Hand halte ich ihn?«

»Rechts!« schluchzte Brigella.

»Nein!«

»Dann links.«

»Nein, ich halte ihn in keiner Hand. Ich habe ihn im Gürtel stecken lassen!«

»Weh mir«, schluchzte sie wieder.

»Auf die Knie, Sklavin!« befahl er streng.

Sie gehorchte weinend.

»Sei nicht traurig, Mädchen«, sagte Boots. »Du bist viel zu schön, um eine freie Gefährtin zu sein.«

»Tatsächlich?« fragte sie.

»Ja.«

»Ist das dein Ernst?« fragte sie und lachte plötzlich.

»Ja«, sagte Boots und kämpfte darum, keine Miene zu verziehen.

»Gut!« lachte Brigella. »Wenn ich denn nun eine Sklavin sein soll, dann sei es! Aber Herr, wenn ich nun deine Sklavin bin, möchte ich auch den Schleier haben! Bitte gib ihn mir!«

»Meine Gutmütigkeit wird noch einmal mein Untergang sein!« sagte Boots und griff nach hinten. »Hier ist er, aber da du jetzt eine Sklavin bist, wirst du ihn nicht sehen können.«

»Ich will ganz ehrlich sein, Herr«, erwiderte Brigella, »denn da ich jetzt deine Sklavin bin, wage ich nicht länger zu lügen: ich konnte ihn schon vorher nicht sehen.«

»Nein!« rief Boots erstaunt. »Trotzdem sehnst du dich noch immer nach dem Schleier?«

»Ja, Herr.« Brigella wandte sich wieder dem Publikum zu. »Und so komme ich doch noch zu meinem Willen. Am Ende bin ich es, die den Sieg davonträgt. Welche Rolle spielt es da, daß ich jetzt eine Sklavin bin? Ich erhalte den wunderbaren Schleier!«

»Hier«, sagte Boots.

Sie griff, noch immer auf den Knien, begierig nach dem Schleier. Doch Boots riß im letzten Augenblick die Hand zurück.

»Ich vergaß, daß ich dir den Schleier nicht geben kann.«

»Aber warum denn nicht?« jammerte sie,

»Du bist eine Sklavin. Du darfst nichts besitzen.«

»Oh!« rief sie wütend aus.

»Und jetzt komm, nimm meinen Rucksack und folge mir.«

Brigella gehorchte. Sie stolperte unter dem Gewicht des Rucksacks und schloß sich Boots an, der die Bühne verließ. Da blieb sie noch einmal stehen und wandte sich ans Publikum. »Ich frage mich, ob ich hereingelegt wurde«, sagte sie. Dann wandte sie sich um und verließ die Bühne.

Einen Augenblick später erschien der lächelnde Boots wieder auf der Bühne; hinter ihm kamen Chino, Lecchio und Brigella. »Edle freie Frauen und edle Bürger im Publikum«, sagte Boots. »Die Spieler von Boots Tarskstück, dem großen Theaterdirektor, präsentierten das Stück ›Der magische Schleier von Anango‹! Wir danken euch für eure Beteiligung!« Es gab lautstarken Applaus. Boots und die Männer verneigten sich lächelnd immer wieder. Brigella kniete sich auf ein Zeichen von Boots auf die Bühne. Sie nahm ihren Applaus auf den Knien entgegen, denn schließlich war sie eine Sklavin.

»Bina!« rief Boots und machte ein Zeichen in Richtung Bühnenrand. Bina kam ebenfalls auf die Bühne, noch immer im Gewand der Lady Tipa. »Zieh diese absurden Kleider aus, die deine Schönheit verhüllen!« befahl Boots überschwenglich. Sie entfernte den Schleier, schlug die Kapuze zurück und schüttelte ihr dunkles Haar frei. Sie war eine attraktive kleine Sklavin, konnte Brigella in bezug auf Schönheit jedoch nicht das Wasser reichen.

»Komm schon«, sagte Boots, ihr Herr. Sie zog das Gewand über die Schulter und dann weiter zur Taille hinunter. Sie hatte wohlgeformte kleine Brüste. Um ihren Hals lag ein Stahlkragen. »Zieh dich ganz aus«, sagte Boots und zeigte auf das Gewand, das jetzt an ihren Hüften festhing. »Knie nieder.« Sie schob das Gewand hinunter und kniete neben Brigella nieder.

»Unsere kleine Bina!« verkündete Boots. »Vielen Dank, edle freie Frauen und Männer! Seid großzügig zu dem armen Boots und seiner Truppe!« Ein paar Münzen regneten auf die Bühne herab, hauptsächlich Kupfermünzen. Ich gab ein paar Tarnscheiben aus Kupfer. Ich besaß wesentlich mehr Geld, das sich aus meinem ursprünglichen Kapital und dem zusammensetzte, was ich mir in Lady Yaninas Lager angeeignet hatte, bevor ich ihre Gefangenen befreit und das Lager in Brand gesetzt hatte, aber ich wollte das wahre Gewicht meines Geldbeutels nicht auf dem Jahrmarkt zur Schau stellen. Es ist eine Sache, dies in einer Stadt zu tun, in der man mitsamt seiner finanziellen Verhältnisse wohlbekannt ist, aber eine ganz andere, an einem fremden Ort vor Fremden so zu handeln.

»Danke, edle Leute, großzügige Förderer der Kunst«, rief Boots. »Vielen Dank!« Chino und Lecchio sammelten die Münzen auf und gaben sie Boots, der sie in seinem Gewand verschwinden ließ, vermutlich im Saum oder einer verborgenen Tasche. Hier auf dem Jahrmarkt gingen die Mädchen nicht mit Kupferschalen durch die Menge, vermutlich deshalb, weil sie beide in dem Stück aufgetreten waren.

»Schuft!« rief Lady Telitsia.

»Ja, edle Dame?« sagte Boots und trat vor.

»Deine Stücke beleidigen alle freie Frauen!« rief sie. »Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie derartig beleidigt worden!«

»Hast du sie alle gesehen?« fragte Boots. »Es sind mehr als fünfzig.«

»Nein, ich habe sie nicht alle gesehen!«

»Ohne vollständiges Ensemble können wir sie natürlich nicht aufführen«, sagte Boots. »Ich bin zur Zeit knapp an Personal. Ich habe nicht einmal mehr eine schöne Kurtisane. Natürlich ist unser Repertoire ständigen Veränderungen unterworfen. Wir lassen uns neue Stücke einfallen, und manchmal halten wir es für angebracht, alte Stücke auszumustern, Stücke, die nicht länger gut zu sein scheinen oder die das Publikum nicht länger schätzt. Zuerst ist da die Idee, dann improvisiert man, und Vorstellung für Vorstellung entsteht ein neues Stück. Natürlich bleibt vieles für neue Ideen, ständige Verbesserungen, Improvisationen und so weiter offen. Man muß selbstverständlich auch immer dazu bereit sein, sich örtliche Eigenheiten zunutze zu machen, an kürzlichen Geschehnissen anzuknüpfen, der derzeitigen politischen Situation, populären oder bekannten Leuten, den Vorurteilen eines Distrikts. Örtliche Anspielungen sind immer beliebt. Natürlich können sie einen gelegentlich in Schwierigkeiten bringen. Man muß vorsichtig sein. Es wäre wenig angenehm, gepfählt zu werden. Du scheinst sehr klug zu sein. Vielleicht könntest du uns helfen.«