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»Mach meine Zofen zu Sklavinnen«, sagte sie. »Sie sind sowieso zu nichts anderem zu gebrauchen. Aber ich bin eine freie Frau!«

»Glaubst du, du bist etwas Besseres als sie?« fragte Samos.

»Ja.«

»Du unterscheidest dich nicht von ihnen«, sagte er. »Auch du bist nur eine Frau.«

»Nein!« rief sie.

»Nimm den Schleier ab.«

»Ich bin zu schön, um eine Sklavin zu sein.«

»Den Schleier«, sagte Samos leise. Schließlich war sie trotz allem eine freie Frau.

Einige der Sklavinnen, die dürftig bekleidet oder ganz nackt waren, sahen sich an. Wären sie einem Befehl mit der gleichen Langsamkeit nachgekommen, statt sofort und bedingungslos zu gehorchen, hätten sie zweifellos eine ernste Bestrafung empfangen. Allerdings waren sie ja auch nur einfache Sklavinnen.

»Bitte, nein«, sagte Lady Rowena.

»Du bist meine Gefangene«, sagte Samos. »Zweifellos bist du dir darüber im klaren, daß es nur eines Wortes von mir bedarf, daß man dich splitternackt auszieht.«

Rowena griff zum Schleier, hakte ihn ganz langsam los und ließ ihn zur Seite fallen.

»Schlag die Kapuze zurück.«

Sie gehorchte, legte den Kopf in den Nacken, griff nach hinten und befreite lange blonde Zöpfe, die sie vorn über die Schultern legte; das Haar reichte ihr beinahe bis zu den Knien.

»Öffne das Haar.«

Sie entflechtete die Zöpfe, neigte den Kopf, schüttelte das Haar lose und strich es glatt. Dann hob sie den Kopf wieder.

»Leg das Haar auf den Rücken«, befahl Samos.

Rowena tat es und stand dann vor uns, jeder Zoll eine Frau.

»Wie sieht mein Schicksal aus?« fragte sie.

Samos und ich betrachteten sie voller Bewunderung. Einige der Männer taten es uns nach. Ein paar von ihnen kamen sogar näher heran, um besser sehen zu können. Mehr als nur ein Sklavenmädchen stieß leise Schreie der Bewunderung aus. Auch sie waren beeindruckt. Rowena richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Sie konnte nicht widerstehen, sich in unserer Bewunderung zu sonnen.

Ich sah zur Seite.

Ein blondes Sklavenmädchen in einer enthüllenden kurzen Tunika kroch auf den Knien näher an Samos heran. Es war Linda, ein Mädchen von der Erde und eine von Samos’ bevorzugten Sklavinnen. Sie sah die dort stehende Frau voller Furcht und Wut an. Dann streckte sie die Hand aus und legte sie an Samos’ Ärmel. Er zog den Arm weg und befreite sich von ihrer Berührung.

Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder Lady Rowena zu.

»Wie du siehst, bin ich zu schön für eine Sklavin«, sagte sie.

Ich hatte Tausende von Sklavenmädchen gesehen, die noch schöner als sie gewesen waren, aber es stimmte: sie war eine wirkliche Schönheit.

Samos schwieg.

»Wie sieht mein Schicksal aus?« fragte Rowena erneut.

»Du bist zu schön, um keine Sklavin zu sein«, sagte Samos.

»Nein!« schrie sie. »Nein!«

»Bringt sie nach unten und macht sie zur Sklavin«, befahl Samos einem der beiden Wächter, die die Frau flankierten. »Zeichnet sie am linken Oberschenkel, mit einem ganz normalen Kajira-Mal. Und gebt ihr einen ganz normalen Hauskragen, ich glaube, der wird fürs erste reichen.« Rowena starrte ihn entsetzt an. Dann ergriffen die beiden Männer sie bei den Armen. Damit war die Angelegenheit erledigt. Samos richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Spielbrett. »Du bist am Zug«, sagte er. Ich widmete mich ebenfalls wieder dem Spiel. Die Wächter brachten die sich sträubende Frau weg.

»Ich hatte meinen Heimstein gesetzt«, sagte Samos. »Es ist dein Zug.« Das war richtig. Es handelte sich um meinen elften Zug. Ich betrachtete das Brett und den Standort seines Heimsteins. Ein Angriff wäre verfrüht gewesen. Ich wollte meine Stellung vorerst weiter ausbauen und versuchen, die Mitte zu sichern. So konnte ich die Beweglichkeit und die anderen Möglichkeiten weiter ausbauen, die die Kontrolle dieser entscheidenden Routen gewöhnlich mit sich brachten. Wer die Straßen kontrolliert, kontrolliert auch die Städte, heißt es. Das entspricht natürlich nicht unbedingt der Wahrheit, nicht auf einer Welt, wo sich die meisten Waren auf dem Rücken eines Mannes transportieren lassen, einer Welt, wo es Tarns gibt.

Ich schob den Ubaras-Tharlarionreiter nach Ubaras-Schriftgelehrter drei. Dies verstärkte nicht nur mein Zentrum, sondern öffnete auch eine Linie und unterstützte den Ubars-Hausbauer. »Du bist am Zug«, sagte ich. Samos stützte das Kinn auf die Fäuste und studierte das Brett. Dann lehnte er sich zurück und sah in die Runde. Die Musikanten zupften an ihren Instrumenten. Zwei Männer steckten die Köpfe zusammen und tuschelten.

»Tula!« rief der eine. »Tula soll tanzen!«

Mehrere Männer stimmten begeistert zu. Samos nickte. Eine langbeinige Brünette wurde in die leere Saalmitte gestoßen. Sie hatte hohe Wangenknochen, war braungebrannt und trug einen goldenen Kragen. Ansonsten war sie nackt.

»Tula!« erscholl der Ruf, und sie hob langsam die Arme und wartete in aufregender Pose auf die ersten Takte der Musik. Sie würde den Männer zeigen, wie man richtig tanzte.

Die Musik setzte ein, und Tula tanzte. Ich sah, wie andere Mädchen näher an die Tische rückten, verstohlen auffälligere Haltungen einnahmen, vielleicht in der Hoffnung, auf diese Weise den Männern aufzufallen. Tula war Samos’ beste Tänzerin. Die Mädchen wetteiferten darum, den zweiten Platz hinter ihr einzunehmen. Meine beste Tänzerin war ein Mädchen namens Sandra.

»Du bist am Zug«, sagte ich zu Samos.

»Ich weiß.«

Er schob seinen Ubaras-Tharlarionreiter auf Ubaras-Hausbauer drei. Es schien ein schlechter Zug zu sein, denn er schuf eine Lücke in der Diagonale von Ubaras-Wissender. Mein Ubaras-Tharlarionreiter war ausreichend geschützt. Ich nahm Ubars-Schriftgelehrter-Speerträger und bewegte ihn drei Felder weiter, wie es ihm beim ersten Zug zustand. Beim nächsten Zug würde ich Ubars-Hausbauer auf Ubars-Schriftgelehrter eins stellen und so Druck auf die Linie von Samos’ Ubars-Schriftgelehrter ausüben. Samos schien anders als sonst zu spielen. So hatte er beispielsweise schon mit einer ziellosen Eröffnung begonnen. Er hatte wichtige Spielsteine zu früh vorrücken lassen und dann Zeit verloren, als er sie zurückziehen mußte. Es war, als hätte er einen bedeutsamen Zug machen wollen oder das Gefühl gehabt, es tun zu müssen, sich dann aber nicht dazu durchringen können.

Er nahm einen Speerträger und versetzte ihn ziellos.

»Das scheint ein schwacher Zug zu sein«, sagte ich.

Er zuckte mit den Schultern.

Ich stellte Ubars-Hausbauer auf Ubars-Schriftgelehrter eins. Samos’ Eröffnung hatte mich gezwungen, bei meiner Eröffnung bestimmte Spielsteine mehr als einmal zu bewegen.

Tula wiegte sich mittlerweile mit sinnlichen Bewegungen vor dem Tisch. Linda, die ein Stück hinter Samos kniete, sah sie wütend an. Sklavinnen wetteifern für gewöhnlich schamlos um die Gunst ihres Herrn. Tula war sehr schön mit ihren langen Beinen, den hohen Wangenknochen, dem ungebändigten schwarzen Haar und dem goldenen Kragen. Aber Samos würdigte sie kaum eines Blickes. Sie warf den Kopf in den Nacken und wirbelte herum. Sie würde die Nacht in den Armen eines anderen Mannes verbringen.

Samos tat den nächsten Zug; ich reagierte dementsprechend .

Er schien sich heute abend nicht richtig auf das Spiel konzentrieren zu können.

Ich fragte mich, ob etwas nicht in Ordnung war.

»Warum wolltest du mich sehen?« fragte ich. Es war ungewöhnlich für Samos, mich bloß wegen einer Partie Kaissa in sein Haus einzuladen.

Er antwortete nicht, sondern studierte weiterhin das Brett. Samos war ein guter Spieler, doch das Spiel bedeutete ihm nicht viel. Er hatte mir einmal erzählt, er ziehe ein anderes Kaissa vor; sein Spiel seien die Politik und der Einfluß auf andere.

»Ich glaube nicht, daß du nur Kaissa mit mir spielen wolltest«, sagte ich.

Er gab keine Erwiderung.

»Schütze deinen Ubar«, sagte ich.

Er zog den Spielstein zurück.

»Weißt du etwas Neues über die Kurii?« fragte ich.

»So gut wie nichts.«

Unsere letzte gut unterrichtete Informationsquelle in dieser Angelegenheit war eine blonde Sklavin namens Sheila gewesen. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie sie vor uns gekniet hatte, nur mit einem Sklavengeschirr bekleidet, das ihre Schönheit noch vergrößert hatte. Sie hatte gehorsam und willig gesprochen, uns jedoch alles in allem nur wenig helfen können. Die Kurii überließen ihren menschlichen Agenten nur wenige wichtige Informationen, vermutlich aus Sicherheitsgründen. Sheila war einst die Tatrix von Corcyrus gewesen. Jetzt gehörte sie Hassan von Kasra, der auch oft Hassan der Sklavenjäger genannt wird. Ich war einmal in Kasra gewesen. Es ist eine Hafenstadt am Lauf des unteren Fayeen, ein wichtiger Ort für den Salzhandel der Tahari.