Выбрать главу

»Wer bist du?« fragte Boots.

»Ich bin Lady Telitsia aus Asperiche!«

»Ha!« rief Boots schadenfroh und voller Triumph; er rieb sich die Hände.

»Ich verstehe nicht«, sagte Lady Telitsia.

»Komm mal mit der Fackel näher heran«, sagte Boots zu Chino.

»Oh!« rief Lady Telitsia empört, als ich sie unsanft auf die rechte Seite drehte und ihren linken Oberschenkel enthüllte.

»Aha!« rief Boots triumphierend.

»Man hat mir niemals den Kragen angelegt!« rief sie. »Ich habe noch nie den Kragen getragen!«

»Das kann man nachholen«, belehrte Boots sie.

»Ich bin keine Sklavin!«

Ihr Oberschenkel strafte ihre Worte allerdings Lügen. Er wies deutlich und unmißverständlich ein Brandmal auf, das gewöhnliche Kajira-Mal. Es stach förmlich aus der Haut heraus. Wie es schien, hatten die Straßenräuber sie zur Sklavin gemacht.

»Es ist nur ein Mal!« rief sie.

»Ich glaube, es ist etwas mehr als das«, sagte Boots. »Es ist ein Sklavenbrandmal.«

»Es bedeutet nichts!«

»Es bedeutet sogar eine ganze Menge, und ich bin sicher, daß du mir früher oder später zustimmen wirst.«

»Nein!«

»Du bist eine Sklavin«, sagte Boots.

»Befreit mich«, bettelte sie. »Ich bitte dich, befrei mich!«

»Du wirst der erste Gegenstand auf meiner Beuteliste sein, Lady Telitsia, wie ich dich eine Zeitlang nennen werde.«

»Du machst wohl Scherze!«

»Sehe ich aus wie ein Narr?« fragte Boots.

»Nein!« erwiderte sie hastig.

»Nur Narren befreien Sklavinnen«, sagte Boots. »Das Sprichwort ist dir doch sicherlich bekannt.«

»Ich gehöre zu einer hohen Kaste und bin reich!« sagte Lady Telitsia.

»Früher vielleicht einmal, aber beides trifft nicht mehr zu. Bei der ersten Berührung des Brandeisens hast du aufgehört, eine legale Person zu sein. Du bist jetzt ohne Kaste und besitzlos. Du, Sklavin, bist jetzt ein Besitztum wie jeder andere Gegenstand auch.«

»Nein!« schrie sie und wand sich in ihren Fesseln. Das machte sie sehr attraktiv. Natürlich kam sie nicht frei.

»Wir werden im Mädchenwagen schon ein paar Ketten für dich finden«, sagte Boots. »Vielleicht werde ich dir bei Gelegenheit befehlen, in meinen Wagen zu kommen.«

»Nein, nein, nein!« schluchzte sie.

Boots sah sie strahlend an.

»Sicherlich wirst du mich nicht behalten wollen!«

»Jetzt, da du nackt bist und dein Körper nicht länger von dem lästigen, störenden und verhüllenden Gewand der Schriftgelehrten verborgen wird, könnte ich mir durchaus vorstellen, daß er für einen Mann reizvoll sein könnte.«

Lady Telitsia starrte ihn voller Entsetzen an. Allerdings hatte Boots leicht untertrieben. Ich bezweifelte keinen Augenblick lang, daß sie auf dem Sklavenmarkt einen hohen Preis erzielen würde.

»Außerdem bin ich davon überzeugt, daß du sehr klug bist«, fuhr Boots fort. »Und wenn ich mich nicht irre, hast du uns auf dem Jahrmarkt ein paar zarte, aber durchaus deutliche Hinweise gegeben, daß du sehr talentiert bist.«

»Ich verstehe nicht«, stammelte sie.

»Alle mal herkommen!« rief Boots.

Petrucchio, Andronicus und Lecchio kamen herüber

und gesellten sich zu Boots, Chino und mir.

»Meine Freunde«, verkündete Boots, »darf ich euch Lady Telitsia vorstellen, wie ich sie nenne, solange es mir gefällt.«

»Ich grüße dich«, sagte Lecchio.

»Ich grüße dich«, erwiderte sie flüsternd.

»Vielleicht erinnert ihr euch an sie vom Jahrmarkt her.«

»Ja«, sagte Chino. »Wir erinnern uns – sehr gut sogar.«

Die Sklavin erschauerte.

»Wir können es als großen Glücksfall ansehen, daß sie in unseren Besitz übergegangen ist«, sagte Boots.

»Wieso?« fragte Lecchio.

»Sie kommt zu einem besonders günstigen Zeitpunkt zu uns, in einem Augenblick, da wir erbittert gegen das Schicksal ankämpfen, in einem Augenblick verzweifelter Not.«

»Tatsächlich?« fragte Lecchio, an dessen Hals eine goldene Kette funkelte, die er sich aus der Beute der Straßenräuber genommen hatte.

»Jawohl!« sagte Boots.

»Aha!« meinte Chino nachdenklich.

»Ich habe mich bereit erklärt, daß Lady Telitsia Mitglied unserer Truppe wird«, verkündete Boots.

»Nein!« schrie sie,

»Aber ja!« bekräftigte Boots. »Sie kommt gerade rechtzeitig zu uns, um eines unserer dringendsten Probleme zu lösen.«

»Ja, stimmt«, nickte Andronicus.

»Ich verstehe nicht«, sagte Lecchio.

»Ist es nicht offensichtlich?« fragte Boots.

»Nein«, sagte Lecchio.

»Seht her, Freunde«, sagte Boots und deutete auf Lady Telitsia. »Wir haben unsere neue Brigella gefunden!«

»Nein!« schrie die Frau.

Die Schauspieler applaudierten Boots bewundernd, während sie sich auf goreanische Weise auf die linke Schulter klopften.

»Sie ist sogar noch hübscher als die letzte«, sagte Lecchio.

»Ich glaube, sie ist dafür wie geschaffen«, sagte Chino.

»Eine ausgezeichnete Wahl«, lobte Andronicus.

»Ich weigere mich!« schrie Lady Telitsia. »Allein die Vorstellung! Die Peinlichkeit! Wie kannst du es wagen, so etwas auch nur zu denken? Ich gehöre einer hohen Kaste an! Ich bin eine Schriftgelehrte! Warte, bis ich diese Angelegenheit vor die Magistrate bringe!«

»Meine Liebe, wie ich dich vielleicht erinnern darf«, erwiderte Boots geduldig, »gehörst du nicht länger deiner Kaste an und bist auch keine Schriftgelehrte mehr. Außerdem hast du, wie du sicher nach einigem Nachdenken einsehen wirst, vor dem Gesetz keine Rechte mehr. Du bist für die Magistrate, was ihre öffentlichen Pflichten angeht, von keinem größeren Belang als beispielsweise ein Urt oder ein Sleen.«

Sie starrte ihn furchterfüllt an.

»Die Tage, da du dich zu einem Ärgernis gemacht hast, sind vorbei«, sagte Boots.

Er zog sie auf die Füße und packte sie im Nacken. Ihre Hände waren noch immer auf dem Rücken gefesselt. »Lecchio, Andronicus, Petrucchio, seid so nett und nehmt die anderen Sachen, die wertvoll aussehen.«

Kurze Zeit später ging Boots zum Lager voraus, Lady Telitsia stolperte neben ihm her. Dann folgten seine Männer, beladen mit verschiedenen Kisten und Ballen, die sie aus dem Lager der Räuber mitgenommen hatten.

Ich ging zum Schluß. Lady Yanina, das andere Opfer der Räuber, hatte ich mir über die Schulter geworfen.

9

»Wie ist es zu dem Unfall gekommen?« fragte ich.

»Zu welchem Unfall?«

Auf dem Brett lagen vierzehn Steine, sechs gelbe und acht rote. Ich spielte Rot.

Ich war nun bereits seit einigen Wochen Mitglied von Boots Tarskstücks reisender Theatertruppe. In dieser Zeit waren wir in zahllosen Dörfern und Städten aufgetreten, manchmal auch vor ihren Mauern, wenn man uns den Zutritt verwehrt hatte. Wir hatten unsere Bühne vor Mühlen, Gasthäusern, Zollstellen und Handelsposten aufgestellt, eben dort, wo sich ein Publikum einfand; selbst an den Kreuzungen vielbereister Straßen und an bestimmten Tagen in der Nähe ländlicher Märkte. Ich war unter dem Namen Kamchak, Ubar-San der Wagenleute, als Messerwerfer aufgetreten; ich war sicher, daß mein alter Freund Kamchak nichts gegen die Verwendung seines Namens einzuwenden gehabt hatte. Lady Yanina hatte zu ihrem blanken Entsetzen und Unwillen und zur allgemeinen Freude der Zuschauer als Zielobjekt meiner Wurfkünste herhalten müssen. Die ganze Zeit über waren wir stetig nach Nordwesten gereist, immer auf die Küste und das Thassa – das Meer – zu.

»Wenn ich es recht verstanden habe, war es ein Feuer«, sagte ich.

Er sah mich an.

»Du trägst eine Maske.«

»Ja, und?« sagte er.

»Der Unfall, der dein Gesicht zerstört oder entstellt hat, der es, wie ich gehört habe, so gezeichnet hat, daß Frauen schreiend vor dir die Flucht ergreifen und Männer angewidert aufschreien und dich mit Stöcken und Keulen wie eine gefürchtete, widerwärtige Bestie aus ihrem Revier vertreiben.«

»Versuchst du, mich von meinem Spiel abzulenken?« fragte er.