Выбрать главу

»Hättest du Lust auf einen Ringkampf?« fragte ich.

»Nein«, antwortete er durchaus höflich.

»Das Ubara-Opfer war in Wirklichkeit gar kein schlechter Zug, oder?«

»Nein, das war er wirklich nicht. Er war sogar ziemlich gut.«

»Das dachte ich mir.« Ich sah ihm zu, wie er die Spielsteine in dem Beutel verstaute. Er war guter Stimmung. Wie ich mir gedacht hatte, war das Ubara-Opfer alles andere als offensichtlich gewesen. Das erfüllte mich mit einer gewissen Befriedigung.

Dieser Augenblick schien gut geeignet zu sein, mit dem Spieler zu sprechen. Ich hatte schon seit einigen Tagen mit ihm sprechen wollen und nur auf die passende Gelegenheit gewartet, bei der ich das gewünschte Thema ganz zwanglos ansprechen konnte, ohne sein Mißtrauen oder seine Neugier zu erregen. Er zog die Riemen des Beutels zu und verknotete sie. Ja, dieser Augenblick schien wie geschaffen für ein Gespräch zu sein, ich würde es ganz unverfänglich anfangen; es wäre ganz einfach.

»Ich wünschte, ich hätte das Spiel niedergeschrieben«, machte ich den Anfang.

»Ich kann dir die Züge sagen, wenn du willst«, sagte er.

»Aus der Erinnerung?«

»Natürlich. Das ist nicht schwer.«

Ich zog ein paar Seiten Papier und einen Stift aus meiner Gürteltasche. Unter diesen Papieren, auf denen ich die Züge scheinbar notieren wollte, befanden sich die Dokumente, die ich vor so langer Zeit Lady Yanina entwendet hatte.

»Ah, ich verstehe«, sagte der Spieler.

»Was?«

»Muß ich jetzt nicht fragen: ›Was hast du da?‹ Oder kommt das erst später?«

»Ich verstehe nicht.«

»Wir haben bis jetzt ungefähr hundert Partien gespielt. Du warst noch nie daran interessiert, sie niederzuschreiben. Jetzt aber schon. Also frage ich mich nach dem Grund dafür. Jetzt ziehst du Papiere aus deiner Gürteltasche. Auf einigen dieser Seiten sind offensichtlich irgendwelche Kaissa-Spiele notiert worden. Soll ich mich nicht neugierig zeigen? Und willst mir dann nicht, eher beiläufig, ein paar Fragen stellen, die dich beschäftigen?«

»Vielleicht«, sagte ich zögernd.

»Willst du wirklich etwas über das Spiel erfahren?«

»Ich interessiere mich tatsächlich dafür«, versicherte ich. »Aber wie du schon ausgeführt hast, ist es durchaus möglich, daß mich ein anderes Thema bewegt.«

»Es wurden folgende Züge gemacht«, sagte der Spieler und wiederholte sie, wobei er gelegentlich sogar ein paar zusätzliche, hilfreiche Kommentare gab. Bei dem Spiel waren dreiundvierzig Züge gemacht worden. Ich bedankte mich, als er fertig war.

»Keine Ursache«, sagte er. »Und was hat es nun mit den anderen Papieren auf sich?«

Ich reichte sie ihm.

Er blätterte sie durch und sah sie sich kurz an. Anscheinend waren auf ihnen Kaissa-Spiele festgehalten worden, und zwar mehrere Partien oder zumindest Fragmente davon.

»Hast du bestimmte Fragen dazu?«

»Nein, ich habe mir so allgemein meine Gedanken darüber gemacht.«

»Ich nahm an, du hättest sie mir in Zusammenhang mit bestimmten Fragen zum Spiel gegeben«, sagte der Spieler. »Vielleicht hinsichtlich der Analyse einer bestimmten Position oder der Variation einer weniger bekannten Eröffnung. Ich dachte, es würde sich vielleicht um Kaissa-Rätsel handeln, in denen die Gefangennahme des Heimsteins mit einer Anzahl bestimmter Züge gelöst werden muß.«

Ich schwieg, denn ich wollte sehen, was er zu sagen hatte.

»Worum handelt es sich deiner Meinung nach?« fragte er.

»Ich möchte deine Meinung wissen.«

»Ich verstehe.«

»Sind das bestimmte Partien oder nur Teile von Partien?« fragte ich.

»So hat es zumindest den Anschein, oberflächlich betrachtet.«

»Genau.«

»Zweifellos hast du die Positionen rekonstruiert?«

»Ja, das habe ich getan«, gab ich zu.

»Und zu welchem Ergebnis bist zu gekommen?«

»Ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, daß es sich um vollständige oder auch nur Teile von Partien handelt.«

»Da stimme ich dir zu«, sagte er. »Es scheint sich nicht um bestimmte Spiele zu handeln. Es scheint im Gegenteil sogar ziemlich unwahrscheinlich zu sein. Das allgemeine Niveau wäre nicht nur unzumutbar, das meiste scheint blanker Unsinn zu sein.«

»Ich verstehe.«

»Es tut mir leid«, sagte er. »Ich kann dir nicht helfen.«

»Das macht nichts.«

»Woher hast die Papiere?«

»Ich bin zufällig darauf gestoßen.«

»Ich verstehe.«

»Du weißt also nicht, womit man es hier zu tun hat?«

»Es ist ziemlich offensichtlich, worum es sich hierbei handelt.«

»Worum denn?«

»Um einen Kaissa-Code.«

»Was ist ein Kaissa-Code?« fragte ich. Ich hatte natürlich keinen Augenblick lang bezweifelt, daß die Seiten verschlüsselte Botschaften enthielten. In Anbetracht der Wichtigkeit, die Lady Yanina aus Brundisium und ihr Kamerad Flaminius, der vermutlich ebenfalls aus Brundisium kam, ihnen zugemessen hatten, schien dies eine offensichtliche, wenn nicht sogar zwangsläufige Annahme zu sein. Ich hatte natürlich gehofft, daß der Spieler mir helfen könnte, daß ihm der Code oder der Schlüssel vertraut seien.

»Es gibt eine Unzahl von Kaissa-Codierungen«, sagte er. »Die Spielerkaste benutzt sie oft für private Botschaften, aber natürlich kann sie jeder benutzen. Erfunden hat sie wohl die Spielerkaste. Wegen des Gebrauchs von Vielfachen und Nullen sowie mehreren Spielbrettern sind sie oft außerordentlich schwer zu entschlüsseln.«

»Wieso denn mehrere Spielbretter?« fragte ich.

»Siehst du diese Zahlen hier?«

Er deutete auf kleine Zahlen, die bei einigen Seiten am linken Rand notiert worden waren und die anscheinend die Züge aufteilten. Als ich die Seiten das erste Mal studiert hatte, hatte ich sie einfach als Hilfsmittel interpretiert, um die Partien oder Partienfragmente voneinander zu trennen.

»Damit werden vermutlich die einzelnen Bretter angezeigt«, sagte er. »Fangen wir beispielsweise mit einem Kaissa-Brett an, es hat einhundert Felder, die in zehnmal zehn Reihen geordnet sind. Kannst du schreiben?«

»Ja«, sagte ich, obwohl mein alter Freund Torm der Schriftgelehrte bei der unqualifizierten Schnelligkeit und Dreistigkeit meiner Behauptung sicher seine Zweifel zum Ausdruck gebracht hätte. Ich war nie besonders gut darin gewesen, die aufeinanderfolgenden Zeilen der goreanischen Schrift sauber niederzuschreiben, aber ich konnte Goreanisch lesen und es auch – mit leichten Schwierigkeiten – schreiben. Einem Sprichwort zufolge wird das Goreanische so geschrieben, wie der Ochse pflügt. Die erste Zeile wird von links nach rechts geschrieben, die zweite von rechts nach links, die dritte wiederum von links nach rechts und so weiter. Mein Freund Torm hatte mir einmal gesagt, daß die ganze Geschichte im Prinzip ganz einfach sei, man schriebe einfach vorwärts, nur beim Reihenwechsel ›eben in die andere Richtung‹.

»Fang also auf dem ersten Quadrat mit dem ersten Buchstaben eines Wortes oder eines Satzes an«, sagte der Spieler. »Du kannst auch willkürlich ausgesuchte Buchstaben nehmen. Schreib dann weiter wie sonst auch, benutze dabei alle zur Verfügung stehendem Felder. Wenn du zum Ende der Nachricht kommst, listest du alle unbenutzten Buchstaben des Alphabetes nacheinander auf, benutze dabei wieder alle zur Verfügung stehenden Felder. Wenn du damit fertig bist, fängst du wieder mit dem ersten Buchstaben des Alphabetes Al-Ka an und schreibst es immer wieder vollständig nieder, bis du das letzte Quadrat des Brettes erreicht hast. Wenn du dies getan hast, ist ein Brett vollendet, und du nimmst das nächste.«

»Ich glaube, ich verstehe«, sagte ich. »Kommt in einer Botschaft beispielsweise der Satz ›Ubar nach Ubaras-Tarnkämpfer zwei‹ vor, könnte das bedeuten, daß auf dem fraglichen Brett, sagen wir dem siebten von zehn Brettern, das Feld Ubaras-Tarnkämpfer zwei von Bedeutung ist. Auf diesem Brett steht dann dieses Feld beispielsweise für den Buchstaben Eta. Sowohl der Sender als auch der Empfänger können das leicht herausfinden, da beide über den Schlüssel verfügen, um die entsprechenden Bretter zu konstruieren.«