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»Ich hätte gedacht, daß eine Gruppe Schauspieler nur wenig Verdacht erregen würde«, meinte ich.

»Das ist richtig«, sagte er lächelnd. »Aber einer unserer Agenten hat sich eine eurer Vorstellungen angesehen.«

»Man hat mich erkannt?«

»Nein. Man hat Lady Yanina erkannt.«

»Ich verstehe.« Ich hätte natürlich Boots’ Rat befolgen und ihr in dieser Nähe zu Brundisium die Haube aufsetzen sollen. Doch ich war der Überzeugung gewesen, noch weit genug von der Stadt entfernt zu sein, um so etwas berücksichtigen zu müssen. Ich fragte mich, aus welchem Grund hier so sehr auf die Sicherheit geachtet wurde.

»Wieso hat man sie erkannt?« fragte ich verwirrt. »Sind in Brundisium alle freien Frauen so bekannt?«

»Das nun nicht«, sagte Flaminius. »Glücklicherweise war der betreffende Agent einer der Männer, die einst in Lady Yaninas Diensten standen. Er ist ein lüsterner Bursche, der sie ohne ihr Wissen in ihrem Zelt beobachtet hat wenn sie ohne Schleier ging.«

Ich lächelte. Es amüsierte mich, daß man Lady Yanina auf diese Weise beobachtet hatte. Wie wütend und beschämt wäre sie gewesen, hätte sie erfahren, daß man sie heimlich beobachtete.

»Es war natürlich Lady Yanina, die uns deine Anwesenheit bei den Schauspielern verraten hat«, sagte Flaminius.

»Natürlich.«

»Unser Agent, der nun zu meinen Männern gehört, hat berichtet, daß sie gut aussah, als sie halbnackt an die Wurfscheibe gefesselt wurde.«

»Das tut sie«, stimmte ich ihm zu.

»Ich weiß«, sagte Flaminius. »Nachdem sie uns so eifrig von deiner Anwesenheit berichtet hat, war ich neugierig, und so habe ich dafür gesorgt, daß sie sich uns in ihrem Kostüm zur Schau stellt.«

»Es muß dir gefallen haben, sie auf diese Weise zu sehen, mit ausgebreiteten Armen an das Brett gefesselt.«

»Ja«, meinte er. »Es war beinahe so schön, wie sie im Sklavenkragen zu sehen.«

»Wo ist sie jetzt?«

»Sie wartet im Lager«, sagte Flaminius. »Es war eine glänzende Idee von dir, der stolzen Lady Yanina einen Getreidesack zum Anziehen zu geben.«

»Vielen Dank.«

»Übrigens trägt sie ihn jetzt wieder; sie hat auch die Hände auf den Rücken gefesselt und ein Seil um den Hals.«

»Warum?«

»Ich glaube, es wird Belnar erfreuen, sie auf diese Weise zu sehen.«

»Das verstehe ich nicht. Hat sie dich denn nicht sofort über meine Anwesenheit bei der Schauspielertruppe informiert?«

»Das schon, aber im Augenblick steht sie bei Belnar nicht gerade in hohem Ansehen.«

»Warum nicht?«

»Dafür gibt es viele Gründe«, sagte er. »Zum Beispiel hatte sie Bosk aus Port Kar in ihrer Gewalt und ließ ihn entfliehen. Sie hat sich wichtige diplomatische Papiere abnehmen lassen. Ich habe sie in der Nähe des Sardar-Jahrmarktes sogar wie eine Sklavin unter einem Tisch angekettet gefunden. Und jetzt finde ich sie als hilflose Gefangene des Bosk aus Port Kar, die nur mit einem Sack bekleidet ist!«

»Ich verstehe.«

»Sie ist tief in seiner Gunst gefallen. Ich bin davon überzeugt, daß man ihr in Brundisium gerade eben erlaubt, eine Sklaventunika zu tragen. Genauso wie ich davon überzeugt bin, daß man ihr Schuhe und Schleier verweigert.«

»Ausgezeichnet«, sagte ich.

»Belnar hat schon oft mit dem Gedanken gespielt, mit ihr kurzen Prozeß zu machen, ihr den Kragen anzulegen und sie einfach zu verkaufen.«

»Wirklich ausgezeichnet«, sagte ich. Es hatte den Anschein, als würde Lady Yaninas Aufstieg in Brundisium lange Zeit in Anspruch nehmen, falls er überhaupt jemals zustande kam.

»Wir kehren jetzt ins Lager zurück«, sagte Flaminius selbstzufrieden. »Dann reisen wir nach Brundisium. Da wir es eilig haben, wirst du auf dem Weg auf einem Tharlarion festgekettet. Wenn wir die Stadttore erreichen, werden du und Lady Yanina natürlich zu Fuß gehen, hilflos und in Ketten.«

»Natürlich«, sagte ich.

»Übrigens«, fragte Flaminius, »was hast du mit den Dokumenten gemacht, die du Yanina abgenommen hast?«

»Sie waren wertlos«, sagte ich. »Da standen nur verwirrende Notizen über irgendwelche Kaissa-Spiele drauf. Ich habe sie weggeworfen.«

»Das überrascht mich nicht«, sagte Flaminius. »Genau, wie ich es erwartet habe. Das habe ich auch Belnar gesagt.«

»Ich hatte gehofft, es würde sich um verkäufliche Botschaften handeln.«

»Wäre das der Fall gewesen«, lachte Flaminius, »hättest du dich zweifellos nicht umherreisenden Schauspielern anschließen müssen.«

»Das ist wahr.«

Dann hatte Flaminius sein Tharlarion langsam angetrieben, und ich war ihm notgedrungen gefolgt. Ich umklammerte die Gitterstäbe des kleinen Zellenfensters und sah auf den Hof hinaus. Dort gab es etwa eine zehn Meter durchmessende, nicht sehr tiefe Grube, die von einem Eisengeländer umgeben war. Um die Grube herum erhob sich eine mehrstöckige runde Tribüne mit hellen Holzbänken, auf denen buntgekleidete, lautstark brüllende Zuschauer saßen. Ich blinzelte in die Sonne. Von den Hofmauern zurückgeworfen, war der Lärm schier ohrenbetäubend. Ich habe für solche Spektakel nicht viel übrig. Einige Männer haben an so etwas ihren Spaß; außerdem laden derartige Unternehmungen zum Wetten ein.

»Sehen dürfen, sehen dürfen«, quiekte der Urtmann, der hinter mir auf dem Stroh hockte. Er scharrte in dem Stroh herum, während er zu mir hochsah.

Ich wandte mich um und streckte ihm die Hand entgegen. Er huschte gelenkig über den steinernen Zellenboden und sprang auf den Tisch. Dann klammerte er sich an meinem Arm fest, griff mit meiner Hilfe nach den Gitterstäben, schob die Unterarme an ihnen vorbei und hielt sich so an ihnen fest

Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder dem Geschehen in der Arena zu.

Die drei Sleen, die sich in der Grube befanden, schlichen knurrend und mit peitschenden Schwänzen kaum dreißig Zentimeter über dem Boden in Kreisen um das Objekt ihrer Begierde herum. Das Ungeheuer stand aufrecht und mit jeder Faser seines Seins angespannt in der Mitte der Grube, angekettet an einen Pfahl.

In Port Kar war ein Anschlag auf mein Leben erfolgt. Die Spur dieses Attentatsversuchs führte auf nicht näher zu bestimmende Weise nach Brundisium. Diese Vermutung hatte sich bei meiner ersten Begegnung mit Lady Yanina und Flaminius ausreichend bestätigt. Ich war zu dem Schluß gekommen, daß zwischen Brundisium und den Priesterkönigen oder den Kurii eine Verbindung bestand. Im Verlauf der letzten Wochen war es mir immer unwahrscheinlicher erschienen, daß es die Priesterkönige waren. Ich war anhand der Umstände zu dem Schluß gekommen, daß es die Kurii sein mußten. Nun mußte ich gezwungenermaßen die einst so überzeugende Hypothese fallen lassen.

Der angreifende Sleen stieß einen schrillen Schrei aus, der in einem plötzlichen panischen Quieken endete, als er fast in zwei Stücke gebissen zur Seite geschleudert wurde. Auch die beiden anderen Sleen griffen an und verbissen sich wie zwei Aale in der angeketteten Bestie. Die Zuschauer tobten. Der Bestie lief das Blut in Strömen an Armen und Beinen hinunter. Sie wälzte sich im blutigen Sand, kämpfte und wand sich, doch die Sleen ließen nicht los. Die Ketten klirrten, die Menge tobte, die Sleen jaulten auf.

»Schön! Schön! Wetten! Wetten!« rief der Urtmann neben mir und klammerte sich an dem Gitter fest.

Mir war klar geworden, daß in Brundisium weder Priesterkönige noch Kurii ihren Einfluß ausübten oder gar besondere Privilegien hatten.

Die Bestie in der Grube packte den Sleen, der sich in ihr Bein verbissen hatte, und brach ihm mit einem Prankenschlag das Genick. Dann pflückte sie sich den anderen Sleen vom Arm und stieß ihm die krallenbewehrte große Pranke in den geifernden Rachen, wühlte sich immer tiefer, bis sie die Lungen erreicht hatte, und brachte eine Handvoll davon ans Tageslicht. Dann schleuderte sie den Sleen zu Boden, warf den Kopf in den Nacken, öffnete die Schnauze mit den Reißzähnen, auf denen frisch vergossenes Blut glänzte, und schrie der mittäglichen Sonne, den Türmen Brundisiums und der Menge ihre Verachtung entgegen.