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»Könnte es sein, daß Cos den Plan verfolgt, Ar auf dem Land herauszufordern?«

»Das wäre Wahnsinn«, sagte Samos.

Ich nickte. Ar ist die mächtigste Landmacht Gors. Falls die cosische Infanterie den Streitkräften aus Ar in offener Feldschlacht entgegenträte, würde sie vernichtet werden.

»Also wollen sie allem Anschein nach die Infanterie gegen Port Kar einsetzen«, sagte Samos.

Ich nickte. Cos würde Ar niemals auf dem Land herausfordern. Das war undenkbar.

»Bereitet dir das Sorgen?« fragte ich.

»Was?«

»Die Möglichkeit, daß Cos und Tyros gegen Port Kar marschieren könnten?«

»Nein.«

»Was macht dir denn dann Sorgen?«

»Nichts.«

Ich setzte meinen Ubaras-Hausbauer, um Samos’ Ubar zu bedrohen. Dieser Zug machte den versteckten Angriff meines Ubaras-Wissenden auf seinen Heimstein erkennbar. Er verlegte den Weg mit seinem Ubars-Hausbauer, den ich im Gegenzug mit dem Wissenden wegnahm, einem weniger wichtigen Spielstein. Der Wissende bedrohte natürlich weiterhin den Heimstein, und Samos schlug ihn mit seinem Ubaras-Hausbauer, während ich daraufhin mit meinem Ubaras-Hausbauer seinen Ubar vom Spielfeld nahm.

Samos wandte sich Linda zu. »Tanze!« befahl er. Sie sprang auf die Füße und eilte in die Mitte des gefliesten Saals. Susan landete in den Armen eines Keleustes. Das ist der Mann auf einem Schiff, der den Ruderern auf einer Trommel oder einem Holzblock die Schlagzahl vorgibt. Bei einigen Seestreitkräften wie auch einigen Privatlinien heißt der Keleustes einfach der Antreiber. Er untersteht direkt dem Rudermeister; Rudermeister sind zu jeder Zeit zu zweit im Dienst, da die meisten goreanischen Schiffe mit zwei Reihen Ruderern bestückt sind, und berichten direkt dem Kapitän. Das gleiche gilt übrigens auch für den Steuermann.

Wir sahen uns Lindas Tanz an. Es schien, als hätte sie allein für Samos Augen. Ihre Finger spielten aufreizend an dem Verschlußbändchen des linken Trägers herum.

»Zieh dich aus, Sklavin«, sagte Samos.

Sie zog an dem Bändchen. Es gab goreanischen Beifall. Linda tanzte gut. Sie hatte nur noch wenig von einer irdischen Frau. Wie glücklich und erfüllt sie doch auf Gor war.

Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder dem Spielbrett zu, genau wie Samos.

»Noch vier Züge bis zur Gefangennahme des Heimsteins«, sagte ich.

Er nickte, nahm den Heimstein vom Brett und gab sich damit geschlagen.

Dann sah er wieder zu Linda hinüber. »Sie ist hübsch.«

»Ja.«

»Glaubst du, daß ich ihr Freund bin?« fragte er.

»Ja.«

Sie wand sich gekonnt.

»Warum hast du mich heute abend eingeladen? Doch bestimmt nicht nur wegen einer Partie Kaissa.«

Er stellte die Spielsteine wieder auf. Diesmal würde er Gelb nehmen.

»Ubars-Speerträger auf Ubar fünf.«

Mit diesem Zug greift man das Zentrum an und öffnet für die Ubara eine Diagonale. Außerdem ermöglicht er die Plazierung des Ubars-Tarnkämpfers. Ich machte den gleichen Zug, stellte mich Samos im Zentrum gegenüber, unterbrach den Vorstoß auf diese Linie und sicherte mir die Möglichkeit, Ubaras und Ubars-Tarnkämpfer zu setzen. Das ist eine der konventionellsten Eröffnungen des Kaissa.

An diesem Abend spielten wir noch zwei Partien. Ich gewann beide Spiele ohne große Anstrengung, zuerst mit einem Ansturm aus Speerträgern und Tharlarionreitern auf die Linie des Ubars, dann mit einer Kombination aus Ubaras-Schriftgelehrter, Ubaras und Ubars-Tarnkämpfer, die in der Mitte angriffen. Es war spät geworden. Linda lag zusammengerollt an Samos’ Seite auf den Fliesen, nackt bis auf den Sklavenkragen. Sie war wunderschön und kurvenreich, und sie gehörte ihm.

»Kapitän«, sagte einer der Wächter, die vor den Tisch traten. Es waren die Männer, die zuvor Lady Rowena aus Lydius gebracht hatten. Diese Frau kniete nun zwischen ihnen, wandte uns das Gesicht zu und streckte die Arme in die Höhe. Jeder der Wächter hielt ein Handgelenk fest. Man hatte sie zur Sklavin gemacht.

»Du bist nun eine Sklavin, richtig?« fragte Samos.

»Ja, Herr«, antwortete sie gehorsam.

»Ich werde dich Rowena nennen.«

»Danke, Herr.« Es liegt eine gewisse Sicherheit darin, wenn ein Sklave einen Namen hat. Die meisten Besitzer machen sich nicht die Mühe, einem Sklaven, den sie dem Tod überlassen wollen, einen Namen zu geben. Damit würde man nur den Namen verschwenden. Natürlich unterliegt die Namensgebung der Laune des Besitzers; er kann ihn dem Sklaven genauso schnell wieder nehmen.

»Bringt sie in mein Gemach.«

»Ja, Kapitän«, sagte der erste der Wächter.

»Herr!« protestierte Linda.

Samos sah sie an, und sie senkte den Kopf. »Vergib mir, Herr«, sagte sie.

»Ich werde versuchen, meinen Herrn zu erfreuen!« versicherte Rowena ängstlich. Sie hatte ihre Lektion offensichtlich gelernt.

Dann packten die beiden Männer sie und brachten sie fort.

»Sie ist fett«, sagte Linda. Das war nicht gerecht. Die Sklavin Rowena war nicht fett. Ihr Körper war wohlgerundet. Bald würde sie sich natürlich einer strengen Lebensweise mit Diät und Körperertüchtigung unterziehen müssen. Die goreanische Sklavin ist keine freie Frau. Und aus diesem Grund muß sie ihre Schönheit bewahren.

»Gefällt dir Linda nicht mehr?« maulte sie.

»Doch, du gefällst mir noch immer.«

»Linda kann dich besser erfreuen als Rowena.«

»Vielleicht.«

»Ich kann, und ich will!«

»Geh in dein Gemach!« sagte Samos.

»Ja, Herr«, sagte sie, nahm ihre Tunika vom Boden und stand mit Tränen in den Augen auf.

»Sklavin«, sagte Samos.

»Ja, Herr?« sagte sie, drehte sich um und ließ sich auf die Knie fallen.

»Morgen nacht wirst du an meinen Sklavenring gekettet werden.«

»Danke, Herr!« rief sie aus und eilte glücklich aus dem. Saal.

»Was willst du mit der Sklavin Rowena anfangen?« fragte ich.

»Sie gehört zu einer hundert Köpfe zählenden Gruppe, die auf dem Jahrmarkt von En’Kara verkauft werden soll.«

Ich stand auf. Das lange Sitzen hatte mich steif gemacht.

Samos erhob sich ebenfalls. Wir sahen uns um. Die Männer und die Sklavinnen hatten den Raum verlassen. Wir waren allein.

Unsere Blicke trafen sich. Ich las in seinen Augen, daß er mir etwas sagen wollte, aber er tat es nicht.

»Deine Männer und das Boot warten«, sagte er.

Samos begleitete mich nach draußen zu der kleinen Anlegestelle.

Ich stieg in das Langboot und rüttelte Thurnock, den blonden Riesen, an der Schulter, bis er aufwachte. Er weckte die Ruderer. Ich nahm meinen Platz am Steuerruder ein. Einer von Samos’ Männern machte die Leine los.

»Ich wünsche dir alles Gute«, sprach Samos den traditionellen goreanischen Gruß.

»Ich wünsche dir alles Gute«, sagte ich.

Wir stießen das Boot ab. Einen Augenblick später glitten wir mit langsamen Ruderschlägen den Kanal entlang und fuhren in Richtung meines Hauses. Der Kanal war dunkel. In zwei Tagen würde er von Laternen erhellt sein, die an Stangen befestigt wären und aus den flaggengeschmückten und girlandenbehangenen Häusern ragten. Dann war die Zeit der Zwölften Passage-Hand gekommen, die Zeit des Karnevals.

Am Arsenal wurde die Zeitstange geschlagen. Es war die zwanzigste Ahn, die goreanische Mitternacht.

Ich zerbrach mir den Kopf, warum Samos mich eingeladen hatte. Ich war mir sicher, daß er mit mir hatte sprechen wollen. Doch dann hatte er es nicht getan.

Ich verscheuchte diese Gedanken. Wenn Samos seine Absichten für sich behalten wollte, so war das seine Sache und ging mich nichts an.

Ich hatte heute abend ein paar gute Partien Kaissa gespielt. Allerdings lag Samos wie bereits erwähnt nicht viel an dem Spiel. Er zog ein anderes Kaissa vor; sein Spiel waren die Politik und die Einflußnahme auf andere.