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»Zeigt euch«, sagte Boots zu Rowena und Lady Telitsia.

Rowena trat an den Rand der niedrigen Bühne. Sie warf den Kopf zurück, legte die Hände in den Nacken und drückte mit leicht gebeugten Knien den Rücken durch. Dann nahm sie die Arme herunter, drückte die Schultern nach hinten und streckte die Brüste heraus. »Wer will mich haben?« rief sie. Unter viel Gebrüll und Beifallskundgebungen eilten Männer nach vorn, hoben sie von der Bühne und brachten sie zu den Tischen. Lady Telitsia trat als nächste vor. Sie schob die Hüften nach links und streckte die Arme in die Luft. Auch sie wurde sofort von der Bühne geholt.

Die lächelnde Bina stand zwischen Petrucchio und Chino. Am linken Handgelenk trug sie ein Besitzerarmband. Der Spieler hatte es ihr angelegt. Ich sah, wie sich Temenides aus Cos zu dem Ubar beugte und etwas sagte. Belnar nickte. Temenides stand auf.

»Schauspieler!« rief er in verächtlichem Tonfall.

»Ja, Herr?« fragte Boots höflich.

»Was ist mit der da?« wollte Temenides wissen und zeigte auf Bina.

»Das ist Bina«, sagte Boots. Bina kniete sofort nieder.

»Gehört sie dir?«

»Ja, Herr.«

»Schick sie an meinen Tisch.«

»Das ist nicht so einfach.«

»Sofort«, sagte Temenides.

»Sie ist zwar meine Sklavin, aber ich habe sie dem Spieler gegeben, der sich meiner bescheidenen kleinen Truppe angeschlossen hat.«

Bina streckte sofort den Arm aus und zeigte das Armband.

»Ich will sie haben«, sagte Temenides.

»Aber Herr, bitte versteht, ich habe sie jemand anderem gegeben«, sagte Boots verzweifelt.

»Die Zeit ist gekommen, deine fehlgeleitete und bedeutungslose Höflichkeit zurückzunehmen«, sagte Temenides. »Ich befehle es dir.«

»Bitte, Herr«, sagte Boots. »Denkt an meine Ehre.«

»Denk lieber an etwas anderes«, erwiderte Temenides, der Spieler aus Cos. »Denk an dein Leben.«

»Herr?« fragte Boots und wurde bleich.

Ich fand die Dreistigkeit des Spielers von großem Interesse, schließlich befand er sich nicht in Cos. Es war sogar ziemlich seltsam, daß er überhaupt hier war und an Belnars Tisch saß. Brundisium war nicht einmal mit Cos verbündet – sondern mit Ar.

»Ich warte«, sagte Temenides. Belnar trank lustlos Paga, statt in seinem Haus Höflichkeit zu verlangen.

Plötzlich stand der maskierte Spieler, den man das Ungeheuer nannte, von seinem Platz am Tisch auf und stieg auf die Bühne. Er blickte sich verächtlich, fast schon majestätisch um, ein Verhalten, das überhaupt nicht zu seinem gesellschaftlichen Rang als Mitglied einer reisenden Schauspielertruppe paßte. Er drückte Boots Tarskstück eine goldene Tarnscheibe in die Hand. Boots starrte die Münze ungläubig an. Vermutlich hatte er in seinem Leben noch nicht viele derartiger Münzen zu Gesicht bekommen. Und ohne jeden Zweifel hätte er nie erwartet, eine solche von dem Spieler zu erhalten.

»Sie gehört mir nicht!« rief Boots plötzlich Temenides erleichtert zu. Er zeigte auf den maskierten Spieler. »Sie gehört ihm! Er hat sie gerade gekauft!«

Bina stieß einen ungläubigen Schrei aus und sah zu dem Spieler hoch.

Plötzlich kehrte Stille in den Saal ein. Anscheinend hatte jeder der Anwesenden begriffen, daß auf der Bühne etwas Bemerkenswertes geschah. Rowena und Lady Telitsia sahen keuchend auf, hielten inne in ihrem Tun und starrten zur Bühne. Selbst die zahllosen nackten Sklavinnen, die die Tische und nach Wunsch auch die Gäste bedienten, stellten ihre Arbeit ein und blickten zur Bühne.

Bina starrte den Spieler mit strahlendem Gesicht an. »Ich gehöre dir«, sagte sie.

»Ja.«

»Ich liebe dich«, sagte sie.

Er schwieg.

»Ich liebe deine Kraft und deine Männlichkeit«, sagte Bina.

Der Spieler nickte nur.

»Also gehört sie jetzt dir«, sagte Temenides. »Du bist ein Narr, für eine solche Frau eine goldene Tarnscheibe bezahlt zu haben. Aber das ändert nichts. Schick sie an meinen Tisch.«

Bina sah den Spieler unverwandt an. In ihren Augen funkelten Tränen. »Ich liebe dich«, sagte sie.

»Wie kannst du ein Ungeheuer lieben?« fragte er.

»Ich liebe dich insgeheim schon seit Monaten«, sagte sie. »Ich habe dich schon geliebt, als ich dich verabscheut und gehaßt habe und dich für schwach hielt. Jetzt liebe ich dich tausendmal mehr, da du stark bist.«

»Aber ich bin ein Ungeheuer«, erinnerte er sie.

»Mir ist es gleich, was du bist.«

»Aber was ist mit meinem Aussehen?«

»Dein Erscheinungsbild ist mir gleichgültig«, sagte Bina. »Mir ist es gleich, wie du aussiehst. Ich liebe dich, den Mann!«

Der Spieler wendete sich Temenides zu. »Sagtest du etwas?«

»Du sollst die Sklavin an meinen Tisch schicken«, verlangte Temenides wütend.

»Nein!«

»Ubar!« rief Temenides wütend und wandte sich an den fetten Belnar, der hinter dem niedrigen Tisch lümmelte und Trauben aß.

»Vielleicht kannst du sie ihm ja abkaufen«, schlug Belnar vor und schob sich eine Traube in den Mund.

»Er hat gerade eine goldene Tarnscheibe für sie bezahlt«, protestierte Temenides.

Belnar legte wortlos zwei Münzen dieses Wertes auf den Tisch.

»Ich danke dir, Ubar!« sagte Temenides. Er nahm die beiden Münzen. »Hier, du Narr«, sagte er und hielt das Geld in die Höhe. »Hier ist doppelt soviel dessen, was du bezahlt hast! Jetzt gehört sie mir!«

»Nein«, sagte der Spieler.

Temenides warf Belnar einen überraschten Blick zu. Der Ubar legte wortlos noch drei Tarnscheiben auf den Tisch. Ein Stöhnen ging durch den Saal. Dann hielt Temenides aus Cos, einer der Großmeister des Kaissa des mächtigen Inselubarats, fünf goldene, aus Ar stammende Tarnscheiben in der Faust.

»Nein«, sagte der Spieler,

»Nimm sie ihm ab«, verlangte Temenides von Belnar. »Gib deinen Soldaten den Befehl.«

Belnar sah sich um, bis sein Blick auf ein paar Wächter fiel, die am Saalrand standen.

»Ich bin Bürger Ars«, sagte da der Spieler. »Soweit ich weiß, sind die Städte Brundisium und Ar in Freundschaft miteinander verbunden, sie haben zusammen Wein getrunken und Salz und Feuer geteilt. Sie haben sich geschworen, in militärischen und politischen Dingen verbündet Seite an Seite zu stehen. Falls das nicht der Wahrheit entspricht, möchte ich darüber in Kenntnis gesetzt werden, damit Ar davon erfährt. Außerdem bin ich neugierig, warum ein Spieler aus Cos, der weder offizieller Botschafter noch Herold ist, am Ersten Tisch Belnars sitzt, des Ubars dieser Stadt. Wie kommt es, daß Temenides, der nur ein Spieler ist und noch dazu aus Cos stammt, dem sowohl Ar als auch Brundisium in Feindschaft gegenüberstehen, es wagt, so unverschämt zu sprechen? Hat sich soviel verändert, von dem ich nichts weiß, nehmen Ubars jetzt von ihren Feinden Befehle entgegen, und dann auch noch von Feinden, die nicht einmal einer hohen Kaste angehören?«

Belnar schüttelte kaum merklich den Kopf, und die Wächter entspannten sich.

»Ich habe eigene Soldaten«, sagte Temenides. »Mit deiner Erlaubnis, Ubar, werde ich nach ihnen schicken.«

Das war interessant. Es war nicht gerade allgemein üblich, daß Angehörige der Spielerkaste von einer Militäreskorte begleitet reisten.

Belnar zuckte mit den Schultern.

Temenides drehte sich triumphierend um und sah sich nach seinen Männern um.

»Ich kann nicht glauben, daß der große Belnar das ernst meint«, sagte der Spieler. »Halten sich innerhalb der Mauern Brundisiums Soldaten aus Cos auf, die die offizielle Erlaubnis haben, Bürger Ars zu bestehlen? Sieht so unser Bündnis aus?«

Belnar steckte sich die nächste Traube in den Mund.

»Ubar?« fragte Temenides.

»Ich habe eine bessere Idee«, sagte Belnar lächelnd. »Er ist ein Spieler. Du wirst um sie spielen.«