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»Was passiert, wenn ich zustimme?«

»Du mußt zustimmen«, lächelte er. »Du hast keine

Wahl, zumindest keine ehrenvolle Wahl.«

»Du würdest die Ehre eines Mannes dazu benutzen, ihn gefangenzunehmen?«

»Oder seine Habgier, seinen Ehrgeiz, und was sich sonst noch anbietet«, sagte Flaminius.

»Ich verstehe.«

»Beuge dich meinen Wünschen, und Petrucchio ist frei.«

»Und was wird aus mir?«

»Über dein Schicksal werden andere bestimmen«, sagte Flaminius. »Wer weiß? Vielleicht darfst du ja weiterleben, möglicherweise als gebrandmarkter, zungenloser Sklave, der an die Ruderbank einer cosischen Galeere gekettet ist.«

»Einer cosischen Galeere?« fragte ich.

»Vielleicht.« Er lächelte.

Ich zögerte.

»Petrucchio blutet«, sagte er. »Ich habe angeordnet, daß man ihn nicht verbindet. Er scheint nicht gerade von kräftiger Statur zu sein. Es ist fraglich, wie lange er ohne Hilfe überleben wird.«

»Ich verstehe.«

»Dein Schwert, Kapitän?«

Ich griff nach dem Schwert, um es ihm zu geben.

In diesem Augenblick klopfte es lautstark und befehlsgewohnt an der Tür.

»Ich habe doch Befehl gegeben, daß man mich nicht stört«, sagte Flaminius ärgerlich.

»Öffnet im Namen von Saphronicus, dem General aus Ar! Öffnet im Namen der Allianz!«

»Ein General aus Ar, hier?« fragte Flaminius.

Ich trat zurück, die Hand auf dem Schwertgriff.

Erneut wurde gegen die Tür gehämmert. Man gewann unwillkürlich den Eindruck, als werde jede Verzögerung beim Öffnen schlimme Konsequenzen nach sich ziehen.

Flaminius sah mich an. Ich zuckte mit den Schultern. »Vielleicht solltest du öffnen«, schlug ich vor.

Flaminius eilte zur Tür und schob den Riegel zurück. Eine hochgewachsene, eindrucksvolle Gestalt mit breiten Schultern stand auf der Schwelle. Sie trug einen stoffreichen Umhang, das Gesicht wurde von einem Helm verdeckt. »Ich bin Saphronicus, General aus Ar, Gesandter des Stadtstaates Ar«, verkündete der Mann. »Ich habe die Stadt erst vor einer Ahn betreten und sofort den Stadtkapitän zu mir befohlen. Ich finde hier getötete Ubars, Chaos und Brände vor! Ich habe das Kommando über die Stadt übernommen, bis der Hohe Rat einen neuen Ubar ernennt! Der Stadtkapitän hat mir berichtet, er bekomme seine Befehle von einem Mann namens Flaminius, und daß der hier sein könne. Wer ist dieser Flaminius?«

»Ich bin Flaminius, der Vertraute von Belnar«, sagte Flaminius. »Belnar hat mir den Befehl erteilt, mich um eine Ausnahmesituation zu kümmern und alles weitere an den Stadtkapitän weiterzudelegieren. Seine Autorität ist nun natürlich erloschen. Mein Schwert steht dir zur Verfügung.«

»Die Stadt steht in Flammen«, sagte der Fremde.

»Die Brände sind schwierig unter Kontrolle zu bringen«, sagte Flaminius. »Wir bekämpfen sie schon die ganze Nacht.«

»Ich habe gehört, daß Hunderte von Männern, die besser dazu abkommandiert worden wären, die Stadt zu schützen, sich auf die fruchtlose Suche nach einem Flüchtigen begeben mußten.«

»Das war keine fruchtlose Suche, General!« rief Flaminius. »Hier ist er! Ich habe ihn gefangengenommen!«

»Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher«, sagte ich. Ich war neugierig, wie die Ankunft des Fremden die Dinge verändern würde.

»Er scheint nicht in Ketten zu sein«, meinte der General. »Er trägt noch immer sein Schwert.«

»Er ist hilflos, General«, versichterte Flaminius. »Sein Freund ist in meiner Gewalt, und der wird sterben, wenn er sich nicht ergibt.«

»Handelt es sich da zufällig um den großen dünnen Burschen mit dem Holzschwert?« fragte der General.

»Ja, General!« sagte Flaminius.

»Ich habe ihn von meinen Männern in den Garten bringen lassen. Er war verwundet, und man hat sich nicht um die Wunde gekümmert, ein erstaunliches Beispiel unmenschlicher Barbarei. Meine Leute kümmern sich jetzt um ihn.«

Flaminius wurde blaß. »Wo sind dann meine Männer, General?« fragte er unbehaglich.

»Ich habe ihnen befohlen, sich zurückzuziehen, und sie dorthin abkommandiert, wo sie zu diesem Zeitpunkt sein sollten, bei der Bekämpfung der vielen Brände!«

»Und wo genau sind deine Leute?«

»Keine Angst«, sagte der General. »Die stehen vor der Tür.«

Flaminius entspannte sich sichtbar.

»Der eine jongliert mit Larmas«, sagte der General. »Der andere spaziert über den Tarndraht, der zwischen zwei Brücken gespannt ist.«

»Was?« stieß Flaminius entsetzt hervor.

Der General nahm den Helm ab.

»Publius Andronicus!« rief ich.

»›Der gebieterische General‹ gehört zu meinen besten Rollen«, sagte Publius Andronicus.

»Du bist ein wahrer Schauspieler«, sagte ich.

»Aber natürlich«, entgegnete er. »Hat Boots Tarskstück dir das nicht erzählt?«

»Doch, schon«, gab ich zu.

»Ich wähle meine Rollen stets mit großer Sorgfalt aus«, sagte Andronicus.

Ich packte Flaminius am Hals und drängte ihn gegen die Wand.

»O nein, meine Liebe«, sagte Andronicus, packte die fliehende Yanina am Arm und stieß sie zu Boden. »Du entwischst uns nicht.«

»Bringt Petrucchio herein«, sagte ich. »Wir müssen uns um ihn kümmern.«

»Ich sterbe!« schrie Petrucchio.

»Unsinn«, sagte ich. »Das ist bloß ein Kratzer.«

»Errichtet einen Scheiterhaufen aus Hunderten von Scheiten«, rief er.

»So ein Begräbnis steht dir überhaupt nicht zu«, sagte Chino. »Du bist bloß ein Schauspieler.«

»Du wirst Glück haben, wenn die Leute dich zum Unrat werfen«, sagte Lecchio.

»Es ist nur eine Schramme«, wiederholte ich.

»Oh?« machte Petrucchio.

»Ja«, sagte ich und legte einen Verband an. »Die würde nicht einmal einen verrückten Urt stören.«

»Hat man mein Schwert gefunden?« fragte Petrucchio.

Chino nickte. »Ja, wir haben es aufgehoben.«

»Es waren Hunderte«, versicherte Petrucchio mir. »Ich habe wie ein Larl gekämpft. Einmal habe ich elf Männer zugleich aufgespießt!«

»Das ist eine Menge«, bestätigte ich.

»Man wird sich noch lange daran erinnern, wie Petrucchio die Brücke gehalten hat«, sagte er.

»Davon bin ich überzeugt.«

»Und wie er am Ende doch fiel, blutüberströmt unter den Klingen wilder Feinde!«

»Ganz genau.«

Plötzlich sackte Petrucchio in meinen Armen zusammen.

»Er ist tot!« rief Chino.

»Petrucchio?« fragte ich.

»Ja?« Er schlug die Augen auf.

»Laß das.«

»Habe ich gut gespielt?« wandte sich Petrucchio an Andronicus, seinen Mentor in diesen Dingen.

»Hervorragend, alter Freund«, sagte Andronicus.

»Es war nett, daß ihr euch nach mir auf die Suche gemacht habt«, sagte Petrucchio.

»Das war doch selbstverständlich«, versicherte Andronicus ihm.

»Obwohl ich keine Hilfe gebraucht hätte.«

»Natürlich nicht.«

»Hätten die Aufzeichnungen über die genaue Haltung des Kopfes und der Hände in der Schauspielkunst, die Publius Andronicus dir gegeben hat, Flaminius’ Klinge nicht ein Stück abgelenkt, wäre es vermutlich anders ausgegangen«, informierte ich Petrucchio.

»Vielleicht«, räumte er großzügig ein. »Ich war immer der Meinung, daß solche Theorien eines Tages ihren Wert erweisen würden.«

»Petrucchio«, warnte Andronicus.

»Ihr müßt ihn hier wegschaffen«, sagte ich Andronicus. »In deiner Verkleidung als General müßte es dir eigentlich gelingen.«

»Ich fürchte, für dich wird es wesentlich schwieriger werden, die Stadt zu verlassen«, sagte er. »Anscheinend ist jeder Soldat auf der Suche nach dir. Und ich vermute, daß an jedem Tor ein Sklave oder ein Höfling steht, der dich erkennen könnte.«

»Ich werde die Stadt so verlassen, wie wir es ursprünglich geplant hatten«, sagte ich. »Es scheint die einzige Möglichkeit zu sein.«