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Die drei standen in einem der Korridore, die unter der Arena verliefen, unterhielten sich und warteten auf ihren Auftritt. Bei ihnen waren die anderen Gladiatoren, die heute kämpfen würden, Rolf, der Barbar und der Rote Minotaurus. Über sich hörten sie das gelegentliche Aufbrüllen der Menge. Caramon wünschte, daß es endlich Zeit für den Start wäre. Selten war er so nervös gewesen.

Auch die anderen spürten die Spannung. Sie war offensichtlich in Kiiris Lachen, das zu schrill und zu laut war, und im Schweiß, der über Pheragas’ Gesicht lief. Aber es war eine gute Spannung, vermischt mit Aufregung. Und plötzlich erkannte Caramon, daß er sich darauf freute.

»Arak hat unsere Namen aufgerufen«, sagte Kiiri. Sie, Pheragas und Caramon traten vor – der Zwerg hatte entschieden, daß sie als Gruppe kämpfen sollten, da sie gut zusammengearbeitet hatten.

Die Arena, in der Caramon in den vergangenen Monaten so hart gearbeitet und geübt hatte, war plötzlich ein fremder Ort. Sein Blick ging zu den riesigen kreisförmigen Reihen der Zuschauertribünen, die die Arena umgaben; alle schrien, stampften und tobten.

Die Farben verschwammen vor seinen Augen – farbenfroh flatternde Banner, die einen Spieltag verkündeten, silberne Banner aller vornehmen Familien Istars und die Fähnchen der Verkäufer, die je nach Jahreszeit alles von Fruchteis bis hin zu tarbäischem Tee anboten. Und alles schien sich in Bewegung zu befinden, ließ ihn schwindelig werden und verursachte ihm plötzlich Übelkeit. Dann spürte er Kiiris kühle Hand auf seinem Arm. Er drehte sich um und sah ihr beruhigendes Lächeln. Er sah die vertraute Arena hinter ihr, er sah Pheragas und seine anderen Freunde.

Er hielt die Augen auf seine Partner und die Arena gerichtet, ignorierte den Lärm und die Menge, nahm seinen Platz ein und wartete auf den Beginn des Kampfes. Die Arena sah irgendwie anders aus. Dann wurde ihm klar, daß nicht nur sie im Kostüm waren, sondern daß der Zwerg auch die Arena geschmückt hatte. Es waren die gleichen mit Sägemehl bestreuten Plattformen, auf denen er jeden Tag gekämpft hatte, aber nun waren sie mit Symbolen verziert, die die vier Enden der Welt darstellten.

Um diese vier Plattformen brannten heiße Kohlenstücke, toste das Feuer, kochte das Öl. Holzbrücken spannten sich über den Totengruben und verbanden die vier Plattformen. Diese Gruben hatten Caramon anfangs beunruhigt. Aber er hatte schon früh bei den Proben erfahren, daß sie nur Eindruck machen sollten. Die Zuschauer liebten es, wenn ein Krieger von der Arena auf die Brücken zurückgedrängt wurde. Sie waren nicht mehr zu zügeln, wenn der Barbar Rolf an den Füßen über das kochende Öl hielt. Da er alles bei den Proben gesehen hatte, konnte Caramon mit Kiiri über den verängstigten Ausdruck auf Rolfs Gesicht und seine hektischen Anstrengungen lachen, die er unternahm, um sich zu retten, und die wie immer damit endeten, daß der Barbar von Rolfs kräftigen Armen am Kopf getroffen wurde.

Die Sonne erreichte ihren Zenit, und ein goldenes Aufblitzen lenkte Caramons Augen zur Mitte der Arena. Dort stand der Freiheitsturm – ein hohes Bauwerk aus Gold, so zerbrechlich und verziert, daß es in so rauher Umgebung fehl am Platze zu sein schien. An seiner Spitze hing ein Schlüssel, der das Schloß eines jeden Eisenbandes aufschloß. Caramon hatte den Turm schon oft genug bei seinen Übungen gesehen, aber niemals den Schlüssel, der in Araks Büro verschlossen gehalten wurde. Allein der Blick darauf ließ das Eisenband um seinen Hals ungewöhnlich schwer werden. Seine Augen füllten sich plötzlich mit Tränen. Freiheit... Am Morgen zu erwachen und in der Lage zu sein, aus der Tür zu gehen, sich auf dieser weiten Welt zu bewegen, wohin man nur wollte. Es war so einfach. Wie sehr er sich jetzt danach sehnte!

Dann hörte er Arak seinen Namen aufrufen. Caramon umklammerte seine Waffe und wandte sich zu Kiiri, immer noch an den goldenen Schlüssel denkend. Am Jahresende konnte jeder Sklave, der sich bei den Spielen bewährt hatte, um das Recht kämpfen, den Turm zu erklimmen und den Schlüssel in die Hand zu bekommen. Caramon hatte darüber noch nie nachgedacht – seine einzige Sorge hatte seinem Bruder und Fistandantilus gegolten. Aber nun, so wurde ihm klar, hatte er ein neues Ziel. Mit einem wilden Aufschrei hob er grüßend sein falsches Schwert hoch in die Luft.

Bald begann Caramon sich zu entspannen. Er genoß den Beifall der Menge. Von ihrer Aufregung angesteckt, entdeckte er, daß sie unterstützend wirkte, so wie Kiiri es ihm vorhergesagt hatte. Die wenigen Wunden, die er bei den Anfangskämpfen erhielt, waren nicht der Rede wert, lediglich Kratzer. Er spürte nicht einmal den Schmerz.

»Sie mögen dich«, sagte Kiiri und lächelte ihn während einer Ruhepause an. Wieder einmal glitten ihre Augen bewundernd über Caramons muskulösen, fast nackten Körper. »Ich kann es ihnen nicht verübeln. Ich freue mich schon auf unseren Ringkampf.«

Kiiri lachte über sein Erröten, aber Caramon sah in ihren Augen, daß sie nicht gescherzt hatte, und wurde sich plötzlich ihrer Weiblichkeit bewußt – etwas, was ihm bei den Übungen entgangen war. Vielleicht war es ihr eigenes knappes Kostüm, das alles enthüllen sollte und dennoch alles verbarg, was am begehrenswertesten schien. Caramons Blut wallte auf, sowohl vor Leidenschaft als auch vor Freude, die er immer in der Schlacht empfunden hatte. Erinnerungen an Tika tauchten auf, und er sah eilig von Kiiri weg, sich bewußt werdend, daß er schon viel mehr mit seinen Augen gesagt hatte, als ihm lieb war.

»Wir sind wieder dran.« Kiiri stieß ihn an, und Caramon kehrte in den Ring zurück.

Er grinste den Barbaren an, als dieser nach vorne schritt. Dies war ihre große Nummer, und er und Caramon hatten sie viele Male geübt. Der Barbar blinzelte Caramon zu, als sie sich gegenübertraten, ihre Gesichter in wildem Haß verzerrt. Knurrend wie Tiere, nahmen beide Männer eine geduckte Haltung ein und stolzierten eine Zeitlang im Ring herum, um Spannung aufzubauen. Caramon ertappte sich beim Grinsen und mußte sich daran erinnern, daß er niederträchtig auszusehen hatte. Er mochte den Barbaren. Dieser Mann aus den Ebenen erinnerte ihn in vielerlei Hinsicht an Flußwind – hochgewachsen, dunkelhaarig, obgleich nicht ganz so ernst und streng.

Auch der Barbar war ein Sklave, aber das Eisenband um seinen Hals war alt und wies Kratzer von unzähligen Schlachten auf. Er würde einer der Auserwählten sein, die in diesem Jahr um den goldenen Schlüssel kämpfen würden, das stand bereits fest.

Caramon stieß ihm sein zusammenklappbares Schwert entgegen. Der Barbar wich ihm mühelos aus, bekam Caramon am Fuß zu fassen und stellte ihm ein Bein. Caramon stürzte brüllend zu Boden. Die Zuschauer stöhnten auf, aber es gab auch viel Applaus für den Barbaren, der ein Publikumsliebling war. Er sprang mit einem Speer auf den hingestreckt liegenden Caramon zu. Die Frauen schrien vor Entsetzen auf. Im letzten Augenblick wälzte sich Caramon zur Seite, ergriff einen Fuß des Barbaren und riß ihn nach unten auf die Sägemehlplattform.

Ein Beifallssturm setzte ein. Die zwei Männer kämpften auf dem Boden der Arena. Kiiri stürzte herbei, um ihrem gestürzten Kameraden zu helfen, und der Barbar wehrte zum Entzücken der Menge beide ab. Dann befahl Caramon Kiiri, sich zurück in die Linie zu stellen. Es war für die Menge offensichtlich, daß er sich allein um diesen unverschämten Gegner kümmern wollte.

Kiiri tätschelte Caramon am Hinterteil (das stand nicht im Drehbuch und ließ Caramon beinahe seinen nächsten Schritt vergessen), dann lief sie davon. Der Barbar sprang Caramon an und zückte dabei seinen zusammenklappbaren Dolch. Das war der letzte Teil der Vorführung – wie sie es geplant hatten. Caramon duckte sich in einem geschickten Manöver unterhalb der erhobenen Arme des Barbaren und stieß den falschen Dolch direkt in den Bauch des Barbaren, wo eine Blase Hühnerblut unter dem Brustharnisch versteckt war.