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»Aber sie ist kein Kriegsschiff«, antwortete Serena aufgebracht. »Wenn wir dieses Schiff angreifen, werden wir alle sterben!«

Das ist aber eine sehr interessante Information, dachte Mike bei sich. Serena sprach sehr selten über ihre Vergangenheit und ihr Leben als letzte Prinzessin von Atlantis

-das ja immerhin zehntausend Jahre zurücklag. Und noch weniger wußten sie im Grunde über ihr Volk oder auch über dieses Schiff. Sie alle hatten dies bisher stillschweigend akzeptiert, denn jeder konnte sich vorstellen, welchen Schmerz es bedeuten mußte, in einer Welt aufzuwachen, die nichts, aber auch rein gar nichts mehr mit der zu tun hatte, in der man geboren und aufgewachsen war. Es war Serenas Art, damit fertig zu werden, indem sie einfach nicht darüber sprach und wahrscheinlich auch die Gedanken daran beiseite schob.

»Also hattet ihr Kriegsschiffe«, sagte Ben. Serena wich seinem Blick aus.

»Und Waffen, von denen wir nicht einmal zu träumen wagen«, fuhr Ben fort. »Deine Leute waren nicht ganz so friedliebend und weise, wie du uns immer glauben machen wolltest, habe ich recht?« »Das spielt jetzt keine Rolle«, sagte Trautman. »Tut es doch!« fuhr Ben auf. »Ich will nicht in einen zehntausend Jahre alten Krieg hineingezogen werden!« Für einen Moment machte sich betretenes Schweigen breit.

Alle -auch Trautman und Mike -sahen Serena betroffen an, und auch sie sah für eine oder zwei Sekunden sehr verlegen drein. Aber dann schüttelte sie entschieden den Kopf.

»Es war kein Krieg«, sagte sie. »Mein Volk ist ein paarmal auf die Fremden von den Sternen gestoßen, aber es gab niemals Krieg. «

»Für jemanden, der nichts weiß, weißt du aber eine ganze Menge«, grollte Ben. »Laß sie endlich in Ruhe!« sagte Mike scharf. Ben wandte mit einem Ruck den Kopf in seine Richtung. In seinen Augen blitzte es auf. »Nein«, sagte er böse. »Sie verschweigt uns etwas. Aber hier geht es um Leben und Tod, für andere und vielleicht auch für uns! Wir haben ein Recht zu erfahren, was es mit diesen Fremden wirklich auf sich hat!« Aber sie sagt die Wahrheit. Astaroth sprang mit einem eleganten Satz auf den Tisch und machte es sich mitten auf Trautmans Seekarte bequem. Sie weiß wirklich nicht mehr, als sie euch gesagt hat. Mike übersetzte Astaroths Worte, worauf sich alle dem Kater zuwandten.

»Und wieso rückt sie dann nur häppchenweise mit der Wahrheit heraus?« fragte Ben.

Weil es ihr unangenehm ist, daran zu denken, Blödmann, antwortete Astaroth. Mike übersetzte weiter, wobei er den Blödmann vorsichtshalber wegließ. Es ist nur eine alte Legende. Wie eure Märchen. Aber es ist auch eine Legende voller Schrecken und Furcht, an die sich niemand gerne erinnert. Den Trick habt ihr auch drauf. Bei euch heißt es Verdrängen. Aber das Ergebnis ist dasselbe. »Das klingt einleuchtend«,sagte Trautman, als Mike mit der Übersetzung zu Ende war. »Ich glaube ihr. Aber wir sind noch immer in der gleichen brenzligen Lage. Wir müssen dieses Ding einholen, bevor es auf eine von Menschen bewohnte Insel trifft. « »Fahren wir schon mit Höchstgeschwindigkeit?« fragte Chris.

Trautman verneinte. »Aber schneller können wir nicht«, fügte er hinzu. »Wir würden sonst Gefahr laufen, die Spur zu verlieren. «

Ben deutete auf die Karte. »Und wenn wir dem Kurs einfach folgen und versuchen, es zu überholen?« Trautman schüttelte abermals den Kopf. »Es gibt Hunderte von kleinen Inseln dort«, sagte er entschieden. »Die Chance, die richtige zu erwischen, ist zu klein. Nein. Wir können nur so weitermachen wie bisher und beten, daß wir nicht zu spät kommen. Es stehen Menschenleben auf dem Spiel. Möglicherweise Hunderte. «

Falsch, sagte Astaroth. Es muß heißen: Zehntausende. Mike starrte den Kater betroffen an. Aber das übersetzte er vorsichtshalber nicht.

Die nächsten beiden Tage blieb die Stimmung an Bord angespannt und gereizt. Es kam immer wieder zu kleineren Reibereien und mit Ben auch das eine oder andere Mal zu offenem Streit; was letztendlich dazu führte, das sie sich gegenseitig aus dem Weg gingen, so gut sie konnten.

Es wurde ziemlich einsam. Mikes einziger Gesprächspartner war schließlich nur mehr Astaroth, aber auch der Kater war -ganz gegen seine normale Art -äußerst einsilbig und lag fast die ganze Zeit auf Mikes Bett, um zu schlafen; oder sich zumindest schlafend zu stellen. Währenddessen folgte die NAUTILUS beharrlich der Spur des Todes, die das Sternenschiff hinterlassen hatte. Mike begann die Stunden hinter dem Ruder bald zu hassen, die er wie alle anderen im Wechsel zubringen mußte, denn die Bilder, die im bleichen Licht der Scheinwerfer auftauchten, verfolgten ihn noch bis in den Schlaf: eine endlose Kette versteinerter, für alle Zeiten erstarrter Fische und anderer Meereslebewesen, die den Boden bedeckte, mal in einer dichten, nach Tausenden zählenden Schicht, wenn der Todesbote von den Sternen den Weg eines größeren Schwarmes gekreuzt hatte, mal nur vereinzelt, so daß sie die Geschwindigkeit drosseln und in größer werdenden Kreisen über den Meeresboden fahren mußten, um die Spur wiederzufinden.

Am Morgen des dritten Tages brach sie ab. Trautman rief sie alle in den Salon. Auf dem Weg dorthin traf Mike auf Serena und Chris. Beide wirkten so müde und lustlos wie er, aber ihm fiel trotzdem auf, wie nervös die Atlanterin wirkte. Sie hatte in den vergangenen beiden Tagen kaum ein Wort mit ihm gesprochen. Wie alle anderen hatte sie sich in jeder freien Minute in ihre Kabine zurückgezogen, aber bei Serena traf ihn dieser Umstand ganz besonders. Serena war bei allen an Bord sehr beliebt, aber ihre Beziehung zueinander war immer ganz besonders innig gewesen. Sie waren mehr als Freunde. Seit Mike sie aus ihrem gläsernen Sarg befreit hatte, in dem sie seit zehntausend Jahren geschlafen hatte, verband sie etwas, was tiefer ging als eine normale Freundschaft. Keiner von ihnen konnte es in Worte fassen, aber sie spürten es beide.

Trautman erwartete sie schweigend und mit sehr ernstem Gesichtsausdruck im Salon. Das erste, was Mike auffiel, war die Stille. Das gleichmäßige Stampfen und Dröhnen, das den mechanischen Herzschlag der NAUTILUS bildete, war verstummt. Die Motoren liefen nicht mehr.

»Was ist passiert?« fragte Juan, der hinter ihnen als letzter den Salon betrat.

»Wir haben die Spur verloren«, antwortete Trautman ernst. »Schon vor einer Stunde. « Für eine kurze Zeit wurde es sehr still. Alle sahen sich betroffen an, bis Ben schließlich in das bedrückte Schweigen hinein sagte: »Vielleicht ist es weg. « »Natürlich ist es weg«, sagte Juan gereizt, aber Ben schüttelte nur den Kopf und fuhr in unerwartet ruhigem Ton fort:

»Ich meine wirklich weg. Gar nicht mehr hier, sondern auf dem Weg zurück nach Hause. « »Das wäre natürlich gut«, sagte Trautman. »Aber wir können uns nicht darauf verlassen. « Er seufzte. »Ich fürchte, uns bleibt keine andere Wahl, als bis an den Punkt zurückzufahren, an dem wir die Spur verloren haben, und dort den Meeresboden abzusuchen. Wenn es sein muß, Meter für Meter. Ich hoffe nur, daß wir dabei nicht zu viel Zeit verlieren. « »Und wo ist das Problem?« fragte Ben. Hastig fügte er hinzu: »Außer der Zeit. «

»Das Problem ist, daß das Meer an dieser Stelle so tief ist, daß wir das Schiff nicht verlassen können«, antwortete Singh an Trautmans Stelle. »Die Taucheranzüge halten dem Druck in dieser Wassertiefe nicht stand. « »Geht jetzt wieder in eure Quartiere«, sagte Trautman. »Ich wollte euch nur informieren, das ist alles. Singh und ich werden die NAUTILUS bis zu der betreffenden Stelle zurückfahren und dort mit der Suche beginnen. Ruht euch inzwischen noch aus, so gut ihr könnt. Die