»Töte sie.«
»Ja.« stimmten die Männer zu.
Aber eine kleine Geste ihres Anführers, vor dem ich kniete, brachte sie zum Schweigen.
»Sind deine Hüften immer noch so beweglich?« fragte er. »Schwingst du sie immer noch so gut?«
Ich sah ihn wild an. Er hatte mir in Argentum dieselbe Frage gestellt, bevor er mich liebevoll in seinen Armen zurück zum Durchgang getragen hatte.
»Herr?« fragte ich.
Ich versuchte umsonst zu erraten, was er beabsichtigte zu tun. Er betrachtete mich.
»Mein gegenwärtiger Herr benutzt mich nicht als Tänzerin.« sagte ich.
Genauso hatte ich auch in Argentum geantwortet. Er machte eine Handbewegung, dass ich auf meine Füße gezogen werden sollte.
»Tanze.« befahl er.
»Herr?« fragte ich überrascht.
»Muss der Befehl wiederholt werden, Sklavenmädchen?«
»Nein, Herr.« rief ich.
Ich wickelte die Kette um meine Handgelenke, damit sie nicht so herunterhing. Ich konnte sie und ihre unterschiedliche Länge dann beim Tanzen einsetzen. Ich hob meine Hände über meinen Kopf, die Handrücken berührten einander. Ich beugte meine Knie. Manchmal wird einer Frau erlaubt, sogar einer freien Frau, zwischen den Feuern einer brennenden Stadt mit dem roten Glanz der Flammen auf ihrer Haut, vor den Herren als nackte Sklavin zu tanzen. Sie muss hoffen, ansprechend gefunden zu werden, damit ihr Schicksal nur das Brandzeichen, Ketten und der Kragen wird. Sie tanzt verzweifelt und hilflos. Sie hofft, dass sie den Herren gefällt. Sie tanzt um ihr Leben. Und er gab mir diese Chance! Er musste immer noch etwas für mich empfinden!
»Ich danke dir, Herr.« rief ich.
Diese Männer, das wusste ich, hatten schon lange keine Frau mehr gehabt, und sie waren Goreaner. Sie mussten vor Begierde halbverrückt sein. Und viele von ihnen hatten mich aufregend gefunden und mich haben wollen, sonst hätte ich sie nicht in die Falle locken können. Außerdem war ich als Tänzerin ausgebildet worden und ich war schön, jedenfalls hatte man mir das gesagt. Viele Männer dieser Welt würden mich attraktiv und begehrenswert finden und nicht zögern, mich dienen zu lassen, ohne Vorbehalte, wie man es mit einer Sklavin macht.
Ich tanzte. Ich sah in ihre Gesichter. Viele dieser Männer, wusste ich, meinten, dass sie noch eine Rechnung mit mir offen hatten. Ich hoffte, sie würden sie als beglichen ansehen, nicht mit meinem Blut, sondern mit einer so kleinen und unschuldigen Sache wie meiner Unterwerfung, meiner vollständigen Hingabe und Unterwerfung. Ich hoffte, dass sich diese Männer mit dieser Vergeltung zufrieden geben würden.
Sicher, ich hatte sie in eine Falle gelockt. Aber ich hatte das eigentlich nicht tun wollen. Bestimmt würden sie das verstehen! Aus eigenem Willen hätte ich so etwas nie getan! Und nun tanzte ich vor ihnen um mein Leben, hilflos, verzweifelt bemüht, ihnen zu gefallen, von Schrecken erfüllt. Was konnten sie mehr von mir wollen als diesen eifrigen Dienst, den eine Sklaventänzerin ihren Herren bieten kann?
Ich tanzte. Ich sah, wie sich Wut und Hass in Begierde verwandelte. Ich setzte die Ketten ein. Ich begann zu spüren, furchtsam und hoffnungsvoll und mit wachsendem Vertrauen und Stolz, dass die Männer Interesse an mir fanden.
»Hei!« schrie einer von ihnen, sich auf den Schenkel schlagend.
»Herr!« rief ich ihm dankbar zu und tanzte im Sand weg von ihm.
Andere hielten ihn davon ab, mir zu folgen und mich zu packen. Dann tanzte ich am Rand des Kreises. Mehr als einer der Männer streckten gierig ihre Hände nach mir aus.
»Du bist ganz sicher nicht von den Metallarbeitern!« lachte der Mann, der in dieser Kaste war.
»Nein, Herr.« versicherte ich ihm.
»Keine Frau meiner Kaste kann sich so bewegen!« schrie er.
»Sei da nicht so sicher, Herr.« dämpfte ich ihn.
Ich sah Schweiß auf seiner Stirn und seine Fäuste ballten sich, als er sich vielleicht an einige Frauen seiner Kaste erinnerte. Selbstverständlich konnten auch Frauen seiner Kaste lernen zu tanzen, zu lecken und zu küssen und zu dienen und das genauso großartig, so dass sie die Männer wild machten und mit Begierde erfüllten. Schließlich waren sie nur Frauen. Ich hatte zwei Sklavinnen gekannt, die einmal Mitglied seiner Kaste gewesen waren, Corinne, im Haus meiner Ausbildung, und Laura , in Hendows Taverne. Beide waren ausgezeichnete Sklavinnen. Selbstverständlich waren sie als Sklavinnen nicht mehr Mitglied seiner Kaste. Tiere haben keine Kaste.
Ich tanzte vor einem anderen Mann. Ich hoffte verzweifelt, den Zorn der Männer und ihren Wunsch nach Vergeltung in Interesse, Begierde und Leidenschaft umzuwandeln.
»Töte mich nicht, Herr«, bettelte ich einen anderen, »lass mich leben, ich bitte dich, um dir zu dienen und dich zu erfreuen, mit der ganzen Fülle meiner Weiblichkeit!«
»Vielleicht.« entgegnete er und leckte sich die Lippen.
Ich tanzte weiter. Es gibt viele Arten von Versöhnungstänzen, die von Sklavinnen getanzt werden. Manche haben feste Formen, die durch Sitte und Tradition vorgegeben werden, wie der »Reuetanz« aus Turia. Manche Arten der Versöhnungstänze erlernt eine Sklavin während ihrer Ausbildung. Ihr wird aber nicht gesagt, wann ein solcher Tanz notwendig werden könnte.
Obwohl ich für eine neue Sklavin relativ gute Fertigkeiten im Tanzen hatte, war meine Tanzausbildung in meinem Haus doch beschränkt gewesen. Aber das hatte ich wenigstens gelernt, dass die Form des Versöhnungstanzes, die ein Mädchen lernt, gewöhnlich von ihr selbst abhängt. Ich zum Beispiel hatte nie den prächtigen »Reutanz« aus Turia gelernt. Es wurde angenommen, dass mein Körper für einen verzweifelteren, begehrlicheren, lasziveren Tanz geschaffen war. Mir war zum Beispiel beigebracht worden, auf den Knien zu tanzen und noch flehentlicher auf dem Rücken und dem Bauch.
Die meisten Versöhnungstänze haben keine feste Form, sondern sind »freie« Tänze, in denen die Tänzerin auf die Situation reagiert, auf den einzelnen Herrn, die Art seiner Verärgerung, die Schwere ihres Vergehens und ähnlichem, in denen sie improvisiert und ihr Bestes gibt, um den Ärger ihres Herrn zu besänftigen, ihn um Verzeihung zu bitten, ihm ihre Reue zeigt und ihren Wunsch, sich zu bessern.
»Hier gibt es keinen Müll, auf dem du dein Bett aufschlagen könntest.« sagte einer der Männer. »Und ich habe gemerkt, dass du auf jeden Fall weniger wert als so etwas bist.«
»Ja, Herr.« entgegnete ich.
»Und ich habe jetzt auch keinen Mantel zum Unterlegen, um die Härte der Pflastersteine unter deinem Rücken zu dämpfen.«
»Heißer Sand tut es auch, Herr«, antwortete ich, »und Ketten, die meine Glieder umschließen.«
»Ja.« stimmte er zu.
Ich merkte, dass ich ihn nicht zu fürchten brauchte, außer in der Weise, in der jede Sklavin ihren Herrn fürchten muss. Ich tanzte dann zu denen, deren Augen am härtesten waren. Einige von ihnen waren nicht von mir in die Falle gelockt worden, sie hatten nur davon gehört, was ich getan hatte. Einige konnten so unschuldig sein wie die, die ich geködert hatte, andere konnten Mörder und Räuber sein, die ihre Strafe verbüßten und legal unter Ionicus’ Aufsicht standen, der für sie auf Verfügung eines Praetors die Gefangenengebühr bezahlt hatte.
Ich tanzte unterwürfig. Ich tanzte mitleiderregend. Ich tanzte bettelnd. Ich tanzte so gut, wie ich nur konnte. Ich konnte nicht mehr tun. Entweder erfreute ich sie oder nicht. Mein Schicksal lag in ihrer Hand.
»Sie ist hübsch.« sagte einer von ihnen.
»Ja.« stimmte ein anderer zu.
Hoffnung wurde in mir entfacht. Ich versuchte, den nächsten Mann mit der Hilflosigkeit und dem Flehen meines Körpers zu überzeugen.
»Bist du eine gute Sklavin?« fragte en Mann.
»Ich hoffe, dass ich dich erfreue, Herr.« antwortete ich. »Ich werde mich bemühen, eine zu sein.«
Er grinste.
»Sie sieht aus wie eine Hure, die gut in den Fellen ist.« lachte ein Mann.
Ich hörte, wie sich die Kette in der schweren Klammer an seinem Bein bewegte.
»Hier sind aber keine Felle.« lachte ein anderer.