Выбрать главу

»Was machst du hier?« fragte der kleine Mann den Gefangenen.

Er blieb stumm. Die Bestie hinter ihm gab ein Knurren von sich.

»Er sucht mich.« sagte Tupita kühn.

»Nein.« widersprach der Mann und sah sie an.

»Was dann? Was dann?« fragte der kleine Mann.

»Ich verfolgte dieses Ding.« sagte er und rieb sich den Arm, wo die Bestie ihn gepackt hatte.

»Er ist aus Pietro Vacchis Lager«, sagte der Anführer, »ich habe ihn dort vor zwei Tagen gesehen.«

»Ja«, bestätigte der kleine Mann, »ich habe ihn auch dort gesehen, da bin ich sicher.«

»Er ist einer von Vacchis Männern.« sagte einer der Begleiter des kleinen Mannes.

»Es müssen noch mehr von ihnen in der Nähe sein.« sagte der andere beunruhigt. »Sie suchen sicher nach den zwei Frauen.«

»Ich bin nicht in Pietro Vacchis Diensten.« widersprach der Mann.

»Wie bist du hierher gelangt?«

»Ich folgte dem da«, antwortete der Mann und wies auf die Bestie, »wie ich schon sagte.«

Die Bestie knurrte bedrohlich. Ich nehme an, es gefiel ihr nicht, dass ein Mann fähig sein könnte, ihr zu folgen.

»Bist du Jäger?« fragte einer der Männer des Bärtigen.

»In gewisser Weise schon.«

»Du bist ein mutiger Mann« bemerkte einer der Männer des Bärtigen, »solch einer Bestie zu folgen.«

»Ich war nicht an ihr interessiert.«

»Wieviele seid ihr?« fragte einer der Begleiter des kleinen Mannes.

»Ich bin allein.« antwortete er stolz.

»Was machst du hier?« fragte der kleine Mann noch einmal. »Was suchst du?«

»Ich suche das Blut einer Sklavin.« antwortete der Mann und betrachtete mich.

Ich senkte den Kopf. Tupita schluchzte auf.

Er hielt sich sicher schon für verloren. Anders war der Stolz und die Würde, mit der er sprach, nicht zu deuten. Er hatte alles riskiert und alles verloren. Er stand mit verschränkten Armen da. Für mein Blut hatte er es sogar gewagt, solch einer schrecklichen Bestie zu folgen. Dies zeigte, wie sehr er mich hasste und wie verbissen er sich rächen wollte. Er sah sich mit Verachtung um. Er verbarg seine Entschlossenheit nicht und was sein Ziel war. Es schien, als hätte er in seiner Verbissenheit alles andere vergessen. Er war gefangen. Ich zweifelte nicht daran, dass sie in ihrer Art auch Jäger waren.

»Töte es.« sagte die größte der Bestien, ihr Anführer.

Tupita schrie protestierend auf, doch die Bestie, die dem Gefangenen am nächsten stand, schlug ihn mit der Rückseite ihrer Pfote nieder. Es gab ein widerwärtiges Geräusch, als der Kopf des Gefangenen zur Seite flog. Die andere Bestie beugte sich hinunter, hob die Gestalt auf und legte sie zu dem Fleischvorrat an der Seite.

»Nein, nein«, schluchzte Tupita, »nein, nein, nein!«

»Da sind vielleicht noch mehr«, bemerkte der Anführer der Männer, »wir sollten die Gegend absuchen.«

»Verstehst du?« fragte der kleine Mann die größten Bestie.

Sie sah ihn an und ihre lange, dunkle Zunge kam seitwärts aus ihrem Maul hervor und leckte über das blutige Fell neben ihrem Kiefer. Dann sah sie sich mit aufgestellten Ohren um.

»Er will sich umsehen.« sagte der kleine Mann und machte eine große, die ganze Wiese umfassende Handbewegung. »Er will sich umsehen. Da sind vielleicht noch andere.«

Die Bestie richtete ihren Blick auf den kleinen Mann, der ängstlich zurückwich.

»Ja«, antwortete sie, »wir werden uns umsehen.«

»Schwärmt aus«, befahl der kleine Mann seinen Begleitern und den anderen, »wir treffen uns hier wieder.«

Ich sah Mirus von Brundisium an. Sein Kopf war an der Seite blutig.

»Es ist alles deine Schuld.« weinte Tupita, die ihren Kopf mit den Seilen um den Hals zu mir gedreht hatte.

»Verzeih mir, Tupita.« weinte ich.

»Jetzt kann dir nichts mehr passieren«, schluchzte sie, »freue dich! Wenn ich dich in meine Hände bekommen könnte, würde ich dich umbringen!«

»Bitte, Tupita!« flehte ich. »Ich bin auch traurig! Er war gut zu mir gewesen!«

»Genau das hast du doch gewollt!« rief sie.

»Nein.« sagte ich. »Niemals, niemals!«

»Du hast ihn umgebracht!« schluchzte sie. »Du warst es, die ihn wahnsinnig gemacht hat! Du hast ihn verändert, du hast aus ihm eine blutdürstige Bestie gemacht! Du bist dafür verantwortlich! Du hast ihm das angetan!«

»Nein!« weinte ich. »Nein!«

Dann begann sie, mit zurückgeworfenem Kopf unkontrolliert zu weinen.

»Verzeih mir, Tupita«, schluchzte ich, »verzeih mir!«

»Du hast ihn umgebracht!« jammerte sie.

»Nein! Nein!« sagte ich.

Dann begann ich in meiner Trauer auch zu weinen. Weil die Männer uns gefesselt hatten, konnten wir unsere Tränen nicht abwischen. Sie flossen an unseren Wangen hinunter, die salzigen Tropfen fielen auf unsere Körper und flossen dort weiter hinunter. Ich sah auf die blutige, stille Gestalt, die auf die Leichen und das Tarskviertel geworfen worden war.

»Tupita!« sagte ich plötzlich.

Sie reagierte nicht, so versunken war sie in ihren Kummer.

»Tupita«, flüsterte ich wieder, »ich glaube, er ist nicht tot.«

»Was?« schrie Tupita.

»Sieh doch«, fuhr ich fort, »er blutet immer noch.«

»Oh, Herr«, rief sie plötzlich erschrocken.

»Er ist sehr stark.« sprach ich weiter. »Ich glaube nicht, dass er tot ist.«

»Nein«, schluchzte sie da, »er ist am Leben! Mein Herr ist am Leben! Er lebt!«

Sie sah mich wild an. Sie lachte und schluchzte. Ihre Tränen waren nun Freudentränen. Dann stockte sie plötzlich und blickte wieder zu mir. Sie schien sehr erschrocken.

»Oh, Tuka«, sagte sie, »du bist in schrecklicher Gefahr!«

Ich zerrte schaudernd an meinen Fesseln.

»Vielleicht kommt er nicht wieder zu Bewusstsein, bevor wir weggebracht werden.« sagte ich. »Vielleicht merken die Bestien nicht, dass er am Leben ist. Vielleicht kann er flüchten.«

Plötzlich machte Tela zu meiner Linken erschrocken ein Geräusch.

»Dort«, sagte sie, »dort, neben dem Brunnen!«

»Was ist das?« fragte Mina.

Ich konnte nichts sehen. Ich versuchte, meinen Kopf zu recken, doch gefesselt, wie ich war, mit dem Hals an das Geländer gebunden, gelang mir das nur ein winziges Stück. Ich weinte vor Enttäuschung.

»Was ist das?« fragte Mina mit Nachdruck.

»Du kannst es jetzt nicht sehen.« sagte Tela. »Ich glaube, es ist hinter dem Brunnen.«

»Was war es?« fragte Mina.

»Dort!« rief Tela verängstigt. »Ein Sleen!«

Ein Schrecken durchfuhr uns.

»Es ist wahrscheinlich nicht auf unserer Spur«, sagte Tupita, »bewegt euch nicht!«

Wir konnten das Tier jetzt neben dem Brunnen sehen, wie es seinen Kopf über das Gras hob. Es sah uns an.

»Bewegt euch nicht.« sagte Tupita.

Ich wusste nicht, ob wir uns überhaupt bewegen könnten, so ängstlich waren wir. Der Kopf des Sleen blieb für mehr als zwanzig Sekunden unbeweglich. Wenn wir ihn nicht gesehen und gewusst hätten, dass er dort war, wir hätten ihn nicht bemerkt, obwohl er nur wenige Yard entfernt war. Es ist unglaublich, wie ruhig sich solche Tiere verhalten können. Dann bewegte er sich plötzlich. Er umkreiste den Brunnen. Dann legte er seltsamerweise die vorderen seiner sechs Pfoten auf die Brunnenumrandung, reckten seinen Kopf darüber und spähte anscheinend hinein. Schließlich zog er seinen Kopf wieder zurück und glitt zurück ins Gras.

Mirus, der auf den zwei Leichen lag, rührte sich. Er stöhnte.

»Oh, Herr«, klagte Tupita leise, »wach noch nicht auf. Mach keinen Lärm!«

»Er blutet.« sagte Cara. »Das Tier wird hierher kommen.«

»Es darf nicht hierher kommen«, entgegnete Tupita, »es könnte den Herrn verletzen.«

»Und was ist mit uns?« fragte Cara.

Ihre Handgelenksketten rasselten leise. Bestimmt konnte das Tier das hören!

»Wir sind nicht wichtig«, erwiderte Tupita, »wir sind doch nur Sklavinnen.«

Cara stöhnte auf.