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»Knie nieder.« befahl mein Entführer.

Ich kämpfte mich hoch auf meine Knie. Mein Körper fühlte immer noch den Teppichboden. Taurog war nicht gerade sanft zu mir gewesen. Ich konnte immer noch den Druck seines Fußes auf meinem Rücken fühlen. Ich nahm an, dass ich kein Ding war, mit dem man Geduld haben müsste.

Ich sah meinen Entführer an.

»Es interessiert dich vielleicht, dass du schon einige Zeit auf unserer Liste stehst.« bemerkte er.

»Liste?« entgegnete ich.

»Ja«, sagte er, »Liste, tatsächlich. Du standest ein Jahr auf unserer Aufklärungsliste, sechs Monate auf unserer Erwägungsliste und drei Monate auf unserer aktiven Liste.«

»Ich bin keine Sklavin.« schluchzte ich.

Langsam kam der Mann näher und ich schrak zurück. Er packte mich an den Oberarmen und zog mich von meinen Knien hoch, bis ich halb stand.

»Im Gegenteil«, sagte er, »meine abscheuliche kleine Schmeichlerin, du bist es. Ich garantiere dir das. Da gibt es nicht den geringsten Zweifel. Wir kennen unsere Arbeit. Für ein erfahrenes, kritisches Auge, das darin geübt ist, so etwas zu erkennen, bist du ganz offensichtlich eine Sklavin. Den Zustand einer Frau wie dich erkennen wir völlig klar, magst du dich auch noch so winden und versuchen, es abzuleugnen.«

»Nein, nein.« wimmerte ich und drehte meinen Kopf von ihm weg.

»Glaubst du, ich erkenne eine Sklavin nicht?« fragte er. »Das ist schließlich mein Job.«

Ich stöhnte nur. Er schüttelte mich, mein Kopf flog nach hinten und ich schrie meine Not heraus.

»Sieh mich an.« befahl er.

Ich tat es voller Angst.

»Ich, wie viele andere«, sagte er, »kann Sklaven erkennen und dich habe ich als Sklavin erkannt.«

»Nein«, wimmerte ich, ohne ihn anzusehen, »nein.«

»Schon vor Monaten«, sagte er, »als ich in deine Augen blickte und du in deiner albernen Kleidung hinter deinem blöden Schreibtisch saßt, bemerkte ich, unter all der Baumwolle war eine nackte Sklavin.«

»Nein.« weinte ich.

»Und wenn ich dir jetzt in die Augen sehe«, urteilte er, »sehe ich, dass das wahr ist.«

»Nein, nein, nein!« schluchzte ich und drehte meinen Kopf weg.

Ich wagte es nicht, diesen leidenschaftlichen Augen zu begegnen, die mich so erschreckten, die mich irgendwie zu durchschauen schienen, sich wie Feuer in mich einbrannten, mit unerträglichen Fackeln mein geheimstes Dunkel erhellten und zu meinen tiefsten und am besten geschützten Geheimnissen vordrangen, die im geheimsten Winkel meines Herzens versteckt waren.

»Soll ich dich wieder vor Männern tanzen lassen?« fragte er.

»Nein«, wimmerte ich, »nein!«

»Keine Sorge«, sagte er, »du wirst wieder vor ihnen tanzen und zwar so, wie sich nie eine Frau hätte träumen lassen, dass sie vor Männern tanzen könnte.«

»Nein«, schluchzte ich, »nein, nein!«

Er ließ mich los und ich sank kraftlos vor ihm auf meine Knie. Es schien, dass man wenig anderes tun konnte, als vor einem solchen Mann zu knien. Dann stopfte er ärgerlich das Stück Seide, das ich vorhin ausziehen musste, als Knebel in meinen Mund. Ich war zum Schweigen gebracht.

»Auf alle vier.« befahl er grob.

Ich ging vor ihm auf alle vier. Eine Stück der Kette hing mir etwa einen Fuß vom Hals herunter und lief dann zu seiner Befestigung. Ich konnte ihr Gewicht fühlen, es zog meinen Kragen etwas nach rechts.

Die Männer sprachen dann einige Augenblicke miteinander. Ich konnte ihre Sprache nicht verstehen. Sie schien ausdrucksstark und komplex zu sein. Der Anführer wandte sich mir zu. Ich sah, wie er die Peitsche aus seinem Gürtel zog. Ich legte meinen Kopf auf den Boden und biss in die Seide, die meinen Mund ausfüllte. Ich wusste, dass ich sie nicht ohne Erlaubnis herausnehmen durfte. Er hatte sie mir hineingestopft. Ich sah den blanken Riemen der Peitsche herunterhängen. Ich wimmerte mit der Seide in meinem Mund. Ich wimmerte, um nicht ausgepeitscht zu werden.

»Erkennst du die Peitsche, du Schlampe?« fragte er.

Ich wimmerte flehend.

»Das ist eine der wenigen Dinge, die ein kleines Tier wie du eindeutig versteht.« sagte er nachdenklich.

Ich wimmerte.

»Sieh sie dir an«, sagte mein Entführer Teibar zu seinem Gefährten Taurog, der meine Kette hielt, »sie hat sie noch nie gespürt und doch fühlt sie, wie es ist, sie zu spüren, was sie ihr antun kann.«

»Ja.« antwortete Taurog.

»Aber ich glaube« fuhr Teibar fort, »alle Frauen verstehen die Peitsche, oder, wenn sie dumm sind und es nicht tun, werden sie sehr schnell dazu gebracht, sie gut zu verstehen.«

»Ja.« stimmte Taurog zu.

Dann fühlte ich den Riemen der Peitsche leicht über meinen Rücken streichen. Ich schauderte. Ich wollte schreien, aber ich konnte nur klagend wimmern.

Die Peitsche schien mir seltsamerweise nicht fremd. Es war, als würde ich sie kennen. Ich fragte mich plötzlich, ob ich sie in einem früheren Leben schon gespürt hatte. Irgendwie regten sich schreckliche Erinnerungen in mir. Ich fragte mich, ob das Erinnerungen von einer sonnigen Sandbank in Memphis waren, von einer Terrasse in Athen, von einer Säule in Rom oder einer Fessel, die meine Handgelenke in einem Frauengemach in Bokara, Basra, Samarkand oder Bagdad zusammenschnürte? Hatte ich so etwas schon einmal gefühlt, irgendwo, an vielen Plätzen und es auch durch eine Reihe gelebter Leben nicht vergessen? Nein, das wäre ziemlich unwahrscheinlich, sagte ich mir. Andererseits hatte ich wenig Zweifel daran, dass in der Vergangenheit an solchen Plätzen und tausenden anderen das Benehmen vieler Frauen durch solche Instrumente und ihre Verwandten, wie die Rute, den Riemen, die Bastonade bis zur Vollendung verbessert worden war. Irgend etwas in mir schien die Peitsche zu kennen und fürchtete sie schrecklich.

Ich glaubte, das konnte nur aus meiner aufgeschreckten Phantasie herrühren, die mich lebhaft daran erinnern wollte, wie so ein Schlag sich anfühlen würde, aber trotzdem hatte ich den Verdacht, dass mehr dahinter steckte. Ich vermutete, es gab eine Seelenverwandtschaft zwischen der Peitsche und mir, dass wir in mancherlei Hinsicht vielleicht füreinander geschaffen waren, dass ich sie, auch wenn ich sie noch nie gefühlt hatte, als etwas anerkannte, das mir und dem, was ich in meinem geheimsten Herzen war, etwas Respekteinflößendes, Vertrautes und Wichtiges antat.

Ich fühlte, wie der Peitscheriemen zum zweiten Mal meinen Rücken streichelte. Er schien es irgendwie nachdenklich und grübelnd zu tun. Ich wimmerte leise und biss in die nasse Seide. Von meinen Augen tropften Tränen auf den Teppichboden. Ich wimmerte leise, in einem bittenden, um Erbarmen bettelnden Ton. Der Mann kümmerte sich nicht darum.

Ich war sicher, dass ich eine moderne Frau im 20. Jahrhundert war. Aber genauso gut könnte ich nur eine üppige, schöne, barbarische Dienerin in Epidaurus sein oder ein persisches Tanzmädchen, dass in der Gewalt der Kreuzfahrer, in den Zelten der Mongolen gehalten wurde, es interessierte ihn nicht. Er wollte mich buchstäblich schlagen. Wir waren alle Frauen. Ich hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass er mich schlagen würde, wenn ihm der Sinn danach stand. Ich fühlte, dass er mit mir tun würde, was immer er wollte.

»Nein, kleine Schlampe«, sagte er dann aber, nahm die Peitsche weg und befestigte sie wieder an seinem Gürtel, »besser später.«

Ich zitterte vor Erleichterung. Ich schluchzte befreit auf. Ich sollte nicht gepeitscht werden! Ich sollte nicht gepeitscht werden! Dann aber schauderte ich plötzlich zusammen. Was könnte er gemeint haben mit »besser später«? Ich sah zu ihm hoch.

»Du köstliches, bedeutungsloses, durchtriebenes, klebriges, abscheuliches Ding.« knurrte er.

Ich konnte diese Feindseligkeit, diesen scheinbaren Hass auf mich nicht verstehen.

»Bring sie mir aus den Augen«, sagte er zu Taurog, »sonst könnte ich in Versuchung geraten, sie umzubringen.«

»Komm, kleine Schlampe.« befahl Taurog darauf.

Er trat vor mich und ich fühlte den Druck der Innenseite des Kragens hinten an meinem Hals, dann links und dann ruckte die Kette. Durch die Bewegung verschob sich der Kragen an meinem Hals. Anscheinend war die Kette doch nicht an einem Ring befestigt, sondern fest an den Kragen angeschweißt. Der Punkt, an dem die Kette befestigt war und ihre Kraft ausübte, befand sich jetzt rechts unter meinem Kinn.