»Gut«, sagte Fulvius, »also haben wir es mit einem Straßenräuber zu tun.«
»Er ist wahrscheinlich geflohen.« sagte der kleine Mann.
»Die Wunden wurden Alcinous und Portus von vorn beigebracht.« sagte Callisthenes.
»Warum sollte er nicht geflohen sein?« fragte der kleine Mann.
»Vielleicht ist er das«, antwortete Fulvius, »wir wissen es nicht.«
»Er ist vielleicht noch in der Nähe.« sagte der Mann mit dem verbundenen Arm. »Vielleicht will er noch mehr Gold.«
»Und vielleicht sind es doch mehrere«, befürchtete der kleine Mann, »vielleicht eine ganze Bande.«
»Möglich«, entgegnete Fulvius, »aber das glaube ich nicht.«
»Was sollen wir tun?« fragte der Mann mit dem verbundenen Arm.
»Kannst du dein Schwert benutzen?« fragte Fulvius.
»Ich glaube schon.«
»Callisthenes?« fragte Fulvius.
»Ja.«
»Die Bestie ist weg.« bemerkte der Mann mit dem verbundenen Arm plötzlich.
Sie war wirklich unbemerkt verschwunden.
»Wo ist sie?« fragte Fulvius den kleinen Mann.
»Ich weiß nicht.« antwortete der.
»Sie ist verwundet«, bemerkte Fulvius, »außerdem vermute ich, dass sie genug Blut für einen Tag gehabt hat.«
Der kleine Mann sah sich besorgt um.
»Unterstützt du uns?« fragte ihn Fulvius.
»Ich bin kein Krieger«, entgegnete er, »ich werde wohl auch verschwinden.«
»Deine Bestie hat dich alleingelassen.« stellte Fulvius fest.
»Ich war vorher allein unterwegs und kann es wieder sein.«
Er ging schnell zu seinem Gepäck neben der Decke.
»Lass die Decke und das Geld liegen.« sagte Fulvius.
»Nein!« rief der Kleine.
»Wirf deinen Geldbeutel dazu.« riet Fulvius.
»Nein!« rief der Kleine.
»Mach, was ich sage«, sprach Fulvius, »oder willst du lieber dein Gepäck und deine Kleider auf die Decke werfen und nichts mitnehmen als ein Stück Seil, das so lang wie dein Name ist und mit dem dir die Hände auf den Rücken gefesselt werden.«
Wütend warf der kleine Mann seinen Geldbeutel auf die Decke, schulterte sein Gepäck und eilte über die Wiese davon. Er ging in die entgegengesetzte Richtung, aus der Callisthenes gekommen war.
»Was ist, wenn die Bestie zurückkommt?« fragte der Mann mit dem verbundenen Arm.
»Das glaube ich nicht«, antwortete Fulvius, »und wenn doch, dann weiß ich eben nicht, wohin unser kleiner Freund gegangen ist, du etwa?«
»Nein.« lachte der Mann mit dem verbundenen Arm.
»Wenn die Bestie wütend wird, dann vermutlich auf ihn. Vielleicht glaubt sie sogar, dass er sie verlassen hat. Vielleicht sucht sie sogar nach ihm.«
»In diesem Fall wäre ich ungern an seiner Stelle.« bemerkte der Mann mit dem verbundenen Arm.
»Und wenn sie hierher zurückkommt«, fuhr Fulvius fort, »können wir uns vielleicht an seiner Stelle mit ihr verbünden.«
»Du vielleicht«, lehnte das der Mann mit dem verbundenen Arm schaudernd ab, »ich will mit so etwas nichts zu tun haben.«
»Wir müssen nur auf unsere Chance warten, die Bestie zu töten. Sie ist verwundet und wir sind zu dritt.«
»Mag sein.« zuckte der Mann mit dem verbundenen Arm die Schultern.
»Aber ich glaube nicht, dass sie zurückkommt.« wiederholte Fulvius.
»Ich hoffe nicht.« sagte der Mann mit dem verbundenen Arm.
»Ich wusste nicht, dass es solche Dinger gibt.« bemerkte Callisthenes.
»Ich auch nicht.« schloss sich der Mann mit dem verbundenen Arm an.
»Ich töte diesen Mann«, beschloss Fulvius, »dann gehen wir zum Wagen und sehen, ob wir die anderen finden können.«
Tupita schob ihren Körper wieder zwischen Mirus und Fulvius. Mirus saß jetzt mit dem Kopf in den Händen.
»Töte ihn später«, sagte der Mann mit dem verbundenen Arm, »es wird bald dunkel.«
»Also gut.« schloss Fulvius.
Sie gingen dann in die Richtung, aus der Callisthenes gekommen war, davon.
Es hätte nur einen Augenblick gedauert, Tupita beiseite zu stoßen und Mirus zu töten, aber ich spürte, dass der Mann mit dem verletzten Arm wenig Geschmack daran fand, einen hilflosen Feind zu töten. Fulvius, der in dieser Hinsicht rücksichtsloser, aber als kluger Taktiker erschien, hatte offenbar kein Interesse daran, jetzt etwas zu tun, das ihm Streit mit seinen Männern bringen konnte, deren Schwert er vielleicht bald brauchen würde. Außerdem konnte er Mirus später immer noch beseitigen. Er wollte schließlich, erinnerte ich mich, keine Feinde in seinem Rücken haben.
»Kannst du laufen, Herr?« flehte Tupita, die neben Mirus kauerte. »Kannst du rennen? Sie sind weg! Sie werden zurückkommen! Steh auf! Renne! Flieh!«
Mirus sah zu mir herüber, seine Augen waren glasig vor Schmerzen.
»Steh auf, Herr!« flehte Tupita. »Halt dich an mir fest! Ich will versuchen, dir zu helfen!«
Sie half ihm auf die Füße. Er stand schwankend da und sah mich an.
»Gut, Herr!« rief Tupita. »Halt dich an mir fest! Ich helfe dir!«
Wie stark Mirus sein musste, dachte ich, dass er sogar stehen konnte.
»Beeile dich, Herr«, drängte Tupita, »beeile dich!«
Doch er bewegte plötzlich seinen Arm und stieß sie zur Seite.
»Herr!« rief sie.
Er bückte sich, fiel fast hin und hob das Schwert auf, das der Mann fallen gelassen hatte, der von Fulvius gedrängt worden war, ihn zu töten und der von Hendow getötet worden war. Mit wilden Augen schwankte er auf mich zu und hob die Klinge mit beiden Händen über seinen Kopf. Ich schrie. Tupita sprang auf die Füße, warf sich zwischen uns und schützte mich mit ihrem Körper.
»Dumme Sklavin!« rief Mirus. »Geh mir aus dem Weg!«
»Du bist außer dir, Mirus!« schrie sie. »Du bist nicht der Herr, den ich kenne. Sie ist nur eine Sklavin. Tue ihr nichts!«
»Sie hat mich verraten!« schrie er und die Klinge hielt ein.
»Hendow, dein Freund, hat sie geliebt!« schrie Tupita. »Er hat sich um sie gesorgt! Er hat sie gesucht! Er hat dir das Leben gerettet! Willst du sie nun mit demselben Schwert umbringen, das dich gerettet hat?«
»Sie hat mich verraten!« knurrte er.
Ich war erschrocken, sie über Hendows Zuneigung zu mir reden zu hören. Er war so schrecklich, so heftig gewesen. Es schien, als hätte er mich wirklich nicht verfolgt, um mich wieder einzufangen und mich als entlaufene Sklavin schwer zu bestrafen. Ich erinnerte mich daran, wie zart er mich am Kopf berührt hatte. Ich weinte verwirrt, erschrocken und verwundert angesichts seiner Liebe. War ich wirklich so blind gewesen? Doch ich zweifelte nicht daran, dass er mich trotz dieser Liebe immer als hilflose Sklavin gehalten hätte. Er war diese Art von Mann. Und wie konnte ich, eine Frau, einen Mann von anderer Art wahrhaftig lieben?
Ich sah, dass Mirus Tupita nicht verletzen wollte. Ihre wilde und mitleiderregende Schönheit, ihre nackten Brüste, ihr Kragen und die Reste ihrer Tunika, waren zwischen uns.
»Ich habe doch versucht, dich zu warnen, Herr.« schluchzte ich. »Ich habe versucht, mich zurückzuziehen! Du hast mich nicht gehen lassen! Du wolltest nicht hören! Die Herren hatten uns beobachtet!«
»Was hätte sie tun können?« rief Tupita. »Verstehst du das denn nicht? Wir sind Sklavinnen, Sklavinnen! Was, denkst du, wäre ihr Leben noch wert gewesen, wenn sie nicht erfolgreich gearbeitet hätte? Und wäre das nicht selbst für ihre Herren gefährlich gewesen?«
»Geh aus dem Weg!« rief er.
»Du bist nicht du selbst«, schrie sie, »töte sie nicht!«
»Geh aus dem Weg«, schrie er, »oder du stirbst zuerst!«
»Geh, Tupita!« schluchzte ich. »Geh, renne!«
»Weg mit dir!« schrie Mirus.
»Nein«, sagte Tupita fest, »wenn das dein Wille ist, so sei es. Ich werde zuerst sterben.«
Ich sah die Klinge zaudern.
»Es ist mein Wunsch, den Herrn zufrieden zu stellen.« sprach sie weiter.
Die Klinge senkte sich. Mirus trat zurück.
»Bei der Liebe, die ich für dich empfinde, auch wenn du mich nicht liebst«, sagte sie, »verschone sie.«
Mirus sah mich hasserfüllt an. Dann aber kauerte er sich nieder, die Spitze des Schwertes im Staub, seine Hände an den Griff geklammert, suchte er Halt an der Waffe.