Выбрать главу

Der Fremde bedeutete Callisthenes und Sempronius mit seinem Schwert, sich zueinander zu bewegen. Widerwillig taten sie es und achteten sorgfältig darauf, ihre Schwertklingen zwischen sich und ihm zu halten. Ihr Anführer war tot. Sie schienen nicht zu wissen, was sie jetzt tun sollten. Die Initiative schien bei dem Fremden zu liegen und nicht bei ihnen. Sie ließen ihn nicht aus den Augen.

Ich vermute, dass Fulvius ein sehr guter Schwertkämpfer gewesen war. Sempronius hatte sicher schon früher Fulvius’ Überlegenheit anerkennen müssen. Doch Fulvius hatte dem Fremden nicht widerstehen können. Außerdem dachten die beiden Männer sicher an das Schicksal ihre Freunde Alcinous und Portus im Wagen.

Ich sah mich um. Auch die anderen Mädchen waren sprachlos vor Erstaunen. Ich glaube, selbst sie, die Goreanerinnen und in einer Kultur aufgewachsen waren, in der Messer und Schwerter die üblichen Waffen waren, hatten so etwas noch nie gesehen. Sogar Mirus schien wie betäubt. Er hatte sein Schwert gesenkt. Tupita stand mit bleichem Gesicht bei ihm und hielt ihn.

Ich betrachtete den Fremden. Er war groß, sehr groß. Er war breitschultrig und hatte eine schmale Taille. Er hatte lange, bronzefarbene Arme. Seine Hände waren sehr groß.

Ich zitterte. Er hielt ein Schwert. Er war groß, wild und hart. Ich war sehr klein, weich und schwach. Lediglich die Schwerter von Callisthenes und Sempronius trennten uns noch. Ich sah, wie seine Augen hinter der Maske mich betrachteten. Ich sah die Spitze seines Schwertes. Er sah mich an und bewegte es leicht. Innerlich lachte ich vor Freude. Ich reagierte so schnell ich konnte auf seine Geste und spreizte meine Knie vor ihm.

Zuerst Callisthenes, dann Sempronius steckten ihr Schwert mit der Klinge vor sich in den Sand. Die Griffe sah man im Gras. Wir gehörten dem Fremden! Ich sah ihn wild an. Er dirigierte Callisthenes und Sempronius von ihren Waffen weg. Ich vermutete, dass Callisthenes kein besonders guter Schwertkämpfer war. Er hatte vorher schon eine Art Zufriedenheit zum Ausdruck gebracht, als sie den Fremden nicht gefunden hatten. Ich glaube, dass er nicht begierig darauf war, auf den, der Alcinous und Portus getötet hatte, zu treffen. Sempronius, der wahrscheinlich der bessere Kämpfer war, war verwundet.

Der Fremde befahl den beiden Männern, sich an die Seite zu stellen. Dann ging er zu Mirus. Der stieß Tupita hinter sich und hielt dem Fremden sein Schwert entgegen, bereit, sich und seine Sklavin zu verteidigen. Doch der Fremde steckte sein Schwert mit einer entschiedenen Bewegung in die Scheide. Mirus grinste und senkte sein Schwert. Dann setzte er sich ins Gras, seine Erschöpfung und der Blutverlust hatten ihn bezwungen. Der Fremde kam zum Geländer und prüfte Cara, dann Mina und dann Tela.

»Du bist wohlgerundet.« lobte er Tela.

»Ich danke dir, Herr.« antwortete sie.

Sofort fühlte ich Hass auf Tela in mir aufsteigen. Dann kam er und stellte sich vor mich.

»Du bist auch wohlgerundet.« sagte er.

»Ich danke dir, Herr.« entgegnete ich.

Ich warf Tela einen Blick zu.

»Und du siehst gut aus, so hilflos gefesselt.«

»Vielen Dank, Herr.«

Ich warf Tela noch einen Blick zu.

Er hatte zwei Dinge an mir gelobt und nur eines bei ihr! Aber als ich ihn wieder ansah, hatte er sich von mir weggedreht! Ich wand mich in meinen Fesseln. Ich wollte ihm »Herr« zurufen, aber ich wagte es nicht.

Ich wollte nicht gepeitscht werden. Dachte er wirklich, dass ich ihn in seiner Maske nicht erkennen würde? Erinnerte er sich nicht an mich?

Wir blieben noch einige Ahn gefesselt, bis weit nach Einbruch der Dunkelheit. In dieser Zeit war er, Callisthenes und Sempronius vor sich, in Richtung der Bäume gelaufen, wo scheinbar der Wagen stand. Dort schienen sie die drei Leichen begraben zu haben, Lucinius, der von Hendow erschlagen worden war, und Alcinius und Portus, die Opfer der Klinge des Fremden geworden waren. Außerdem brachten sie Essen mit zurück. Das wurde aber nicht gleich an uns verfüttert. Zuerst begruben Sempronius und Callisthenes unter Aufsicht des Fremden die herumliegenden Menschen. Die Bestien wurden für die Jards liegengelassen. Borko wurde aber neben Hendow begraben. Die Gräber der Männer wurden durch ihre in die Erde gesteckte Schwerter markiert. Mirus beschriftete ein Brett, das er aus den Ruinen des Gebäudes geholt hatte und befestigte es auf dem gemeinsamen Grab von Borko und Hendow. Ich konnte Goreanisch nicht lesen. Mirus sagte zu Tupita, dass auf dem Brett »Borko und Hendow, Hendow war aus Brundisium. Er war mein Freund.« stand.

Die meisten goreanischen Gräber werden nicht einmal auf diese einfache Art gekennzeichnet. Die Goreaner kümmern sich nicht um solche Dinge. Sie glauben, dass es die Taten eines Mannes sind, die nach seinem Tod weiterleben und dass ihre Größe und was er in der Welt bewirkt hat, wichtig ist. Ganz gleich wie unbedeutend jemand war, im goreanischen Glauben bleibt er Teil der Geschichte. Niemand kann ihm das nehmen. Die Goreaner glauben, dass dies besser ist als ein Holzschild oder ein behauener Stein.

Die Männer verbrannten die Leichen nicht auf einem Scheiterhaufen. Dass hätte die Aufmerksamkeit anderer Männer oder vielleicht von umherfliegenden Tarnkriegern erregen können, sogar so weit weg von Venna.

»Sollen wir jetzt noch zwei graben?« fragte Sempronius.

»Für wen?« fragte der Fremde.

»Für uns selbst.« antwortete Sempronius und zeigte auf sich und Callisthenes.

»Nein.« sagte der Fremde. »Wascht euch jetzt und führt dann die Zeremonie durch.«

Sempronius und Callisthenes sahen sich an.

»Also gut.« sagte Sempronius.

Nachdem sie sich gewaschen und die Begräbnisriten ausgeführt hatten wurden wir gefüttert. Von allen Sklavinnen bekam nur Tupita die Erlaubnis, selbst zu essen. Sie musste Mina und Cara füttern. Ich wurde von Sempronius gefüttert und Tela von Callisthenes. Ich glaube, der Fremde befahl ihnen das, um sie zu quälen, sie mussten dabei halbnackten Sklavinnen so nahe sein und es war ihnen verboten, sie anzufassen.

Nachdem wir gefüttert waren und Callisthenes und Sempronius auch etwas gegessen hatten, befahl ihnen der Fremde, uns, mit Ausnahme von Tupita, zu einer Sklavenkette zusammenzuketten. Er gab die Position jeder von uns innerhalb der Kette an. In dieser Reihenfolge wurden wir am Hals zusammengekettet. Mina, Cara und Tela wurden vom Geländer gelöst und unsere Knöchel wurden von den Fesseln befreit. Mina und Cara trugen natürlich immer noch ihre eisernen Fußringe. Obwohl es natürlich ein schönes Gefühl war, dass meine Handgelenke nicht mehr mit den Knöcheln zusammengebunden und ich endlich, wenn auch unter Schmerzen, aufstehen und meine Beine strecken konnte (meine Hände waren immer noch hinter dem Rücken gefesselt), bemerkte ich ärgerlich, welche Position ich an der Sklavenkette einnehmen sollte. Ich war die letzte! Die letzte! Glaubte er, ich hätte ihn wegen seiner Maske nicht erkannt? Erinnerte er sich nicht daran, dass Tela vor mir gewesen war, als sie eine viel größere Sklavenkette auf dem Weg zum Arbeitslager des Ionicus in der Nähe von Venna, das der Schwarzen Kette, angeführt hatte? Mina und Cara waren vor uns. Und Mina war die erste an der Kette! Wie stolz sie darauf zu sein schien! Sieh sie an, die Schöne, wie stolz sie ist, die erste zu sein!

Callisthenes und Sempronius stützten Mirus und halfen ihm auf dem Weg in den Wald. Tupita folgte gleich dahinter. Nach ihnen kam der Fremde. Er hielt kurz an, um die Schwerter von Callisthenes und Sempronius mitzunehmen. Er hatte auch die Decke, das Silber und die Geldbeutel an sich genommen. Auch den Leichen waren vor ihrem Begräbnis ihre Wertsachen abgenommen worden. Hendows Geld hatte der Fremde Mirus gegeben. Er war also wirklich ein Räuber. Ein maskierter Räuber! Aber wie er mit dem Schwert umgehen konnte! Wie er gekämpft hatte!