Als das Geräusch ertönte, das der Mann mit dem Schlag seiner Hand gegen unsere Wagenseite gemacht hatte und dazu noch sein schallender Ruf, war das so unerwartet und laut, dass einige der Mädchen sich unwillkürlich in ihren Ketten bewegt hatten. Ich war auch zusammengeschreckt. Wir zweifelten nicht daran, dass das da draußen ein starker Mann war, viel mächtiger als wir, und dass wir Sklavinnen waren. Ich hörte dann mit noch größerem Erschrecken, wie ein Stock brutal an die Wagenseite schlug. Danach hörte man den schrillen Schrei einer Frau. Es klang sehr hässlich. Ich konnte nicht alles verstehen, was sie schrie, doch es war bestimmt nicht schmeichelhaft. Unter anderem nannte sie uns »Sleen« und »Urts«. Ich wusste nicht, was Sleen sein könnten, aber ich wusste, was ein Urt war.
Als wir unsere Ausbildung begonnen und gerade gebrandet und in den Kragen gesteckt worden waren, wurden wir in einer der unteren Etagen des Hauses gehalten, einem feuchten, dunklen, kalten, modrigen Bereich, der aus vielen engen Korridoren und Zellen zu bestehen schien. Es gab dort feuchte, kalte Steinwände, Schatten und Wasserbassins und wir wurden in einer großen Gemeinschaftszelle in Ketten gelegt. In dieser Zelle lagerten wir auf feuchtem, auf den Steinfußboden geworfenem Stroh. Unsere Nahrung wurde uns aus Eimern hingeworfen, vielleicht war es Abfall, Reste von Mahlzeiten anderer, und wir durften beim Essen im Licht von zeitweise entzündeten Laternen unter Strafandrohung unsere Hände nicht benutzen. Wie wir bald entdeckten, waren wir nicht die einzigen Bewohner der Zelle. Oft huschten Urts, winzige, glatte, verstohlene Nagetiere, die in ihrer Vertrautheit mit diesem Ort besondere Privilegien zu genießen schienen, zur Nahrung, erreichten sie oft genug vor uns, schnappten sie vor unserer Nase weg und trippelten zurück in ihre Löcher und engen Spalten. Sie kamen auch nachts. Man konnte schlecht schlafen, wenn sie einen plötzlich über den Körper huschten. Manchmal wachte auch das eine oder andere Mädchen auf und schrie hysterisch wegen der Geräusche, der Bewegungen oder der Berührungen der kleinen Bestien in der Dunkelheit. Einige Mädchen wurden gebissen.
Wir mühten uns mächtig in unserem Unterricht, um für wert befunden zu werden, in ein höheres Stockwerk aufzusteigen. Das schien fast symbolisch zu sein, war aber sicher beabsichtigt. Natürlich konnte keine von uns in ein höheres Stockwerk gelangen, bevor nicht alle Mädchen die Minimalforderungen erfüllten. Das übte großen Druck auf uns aus, alle anderen zu übertreffen.
Eines der Mädchen war etwas widerspenstig. Sie wurde nachts von ihren Kettennachbarinnen hart diszipliniert, als wären sie gnadenlose, wütende Katzen. Am nächsten Morgen verbesserten sich ihre Leistungen beträchtlich. Es schien, als hätte sie nur noch diese Entschuldigung, diesen Trost für ihren Stolz gebraucht, um Männern künftig eifrig und mit Vollkommenheit zu dienen. Sie wurde bald eine der Besten von uns. Tatsächlich wurden viele von uns ziemlich eifersüchtig auf sie, wenn sie die Wachen beschwatzte und ihnen manchmal ein Bonbon abbettelte. Nach einer Woche waren alle aus unserer Klasse auf der höheren Etage. Dann, etwa eine weitere Woche später, hatten wir unsere eigenen winzigen Hundehütten, zwar klein und eng, aber trocken und oberhalb der Urts.
Diese Dinge halfen uns zu verstehen, wie stark wir erstens aufeinander angewiesen waren und zweitens wie grundlegend, und zwar kollektiv wie individuell, wir von der Gnade der Männer abhingen.
Nach ein oder zwei Minuten war das Geschrei der Frau und das heftige, grausame Prügeln ihres Stockes vorüber. Wir hatten währenddessen nicht gewagt, uns zu bewegen. Ich denke, alle von uns waren schrecklich verängstigt und vielleicht die goreanischen Mädchen noch mehr als die von der Erde, denn sie wussten sicher mehr darüber, was da vor sich ging als wir naiven Erdenmädchen, für die unsere Kragen und Ketten noch so neu waren. Aber auch wir fühlten die schreckliche, angsteinflößende Feindseligkeit, die Hysterie und die Wut der Frau da draußen.
Teibar, überlegte ich, musste natürlich gewusst haben, dass es hier solche Frauen gab. Ich fragte mich, ob der Gedanke daran ihn amüsiert hatte, dass er mich, seine verachtete »moderne Frau«, als hilflose Sklavin hierher gebracht hatte, hierher, wo ich solch einer Wut wehrlos ausgeliefert war. Ich konnte außerhalb des Wagens verschiedene Leute hören, weil wir uns jetzt langsamer bewegten. Es schien, als fuhren wir über hölzerne Balken. Es klang hohl unter den Rädern.
Ich merkte plötzlich, dass meine Knie eng zusammengepresst waren. Das war passiert, als die Frau geschrieen und auf unseren Wagen eingeschlagen hatte. Es war eine defensive Geste, ich hatte meine Knie unwillkürlich zusammengepresst, weil ich mich gefürchtet hatte. Vielleicht auch, weil ich annahm, genauso, wie ein Mann das Spreizen der Knie einer Frau als ehrerbietig oder besänftigend empfindet, so bevorzugt eine solche Frau vielleicht das Schließen der Knie als respektvoll oder beschwichtigend. Vielleicht könnte sie durch solch vordergründige Sittsamkeit besänftigt werden. Ich wusste es nicht. Immer noch an mir heruntersehend, dachte ich, dass sie davon wahrscheinlich getäuscht worden wäre. Ich dachte aber nicht, dass sie dumm war. Sie würde wahrscheinlich wissen, was wirklich mit mir war. Das war wahrscheinlich nicht schwer zu erraten. Schließlich waren wir sehr unterschiedliche Frauen. Ich wusste es nicht.
Ich vermutete, dass solche Frauen in all ihrer Frustration und ihrem Ärger wahrscheinlich wollen würden, dass ich wie sie bin. Dieser Gedanke entsetzte mich. Ich fand ihn erschreckend. Es wäre, als müsse ich zur Sterilität, Nacktheit und Pathologie der Erde zurückgehen. Tränen sammelten sich unter der Sklavenhaube in meinen Augen. Was sollte ich tun? Ich erinnerte mich, dass Ulrick mir gesagt hatte, dass bestimmte Sklaven, Haussklaven, »Turmsklaven«, mit geschlossenen Knien knien durften, aber mir war auch gesagt worden, ich und die anderen Mädchen wären nicht solche Sklavinnen. Wir wären eine andere Art Sklavin, doch welche Art genau, war nicht ganz klar.
»Deine Herren werden dir es beibringen.« hatte Ulrick gelacht.
Für uns schien auf jeden Fall, welche Art Sklavin wir auch waren, die Stellung mit geöffneten Knien obligatorisch. Außerdem fühlte ich, dass diese Stellung wenigstens für mich die richtige war. Ich entschied dann, dass Beste für mich wäre, vor Frauen wie der, die an die Wagenseite geschlagen hatte, so zu tun, als wäre ich asexuell und bescheiden, aber vor Männern, da sie es zweifellos von mir fordern würden, zu knien, wie man es mich gelehrt hatte: mich schamlos zu zeigen, verletzbar, köstlich, reizvoll und glücklich, zu ihren Füßen zu sein.
Ich fühlte, wie das Knie des Mädchens neben mir mein Knie berührte. Ich nahm an, dass sie auch über den Vorfall nachgedacht hatte. Zweifellos war ich nicht allein in meinen Ängsten und Sorgen. Gloria war auch ein Erdenmädchen. Sie war aus Fort Worth in Texas. Sie war vor mir an der Kette. Sie hatte ihre Knie jetzt gespreizt, die schamlose Schlampe! Ich bewegte mich etwas nach links, zur Käfigtür und spreizte auch meine Knie, zweifellos genauso schamlos. Ich empfand große Befriedigung dabei. Es war wie ein Akt der Rebellion oder Missachtung der Frau gegenüber, die auf dem Wagen und damit auch auf mich eingeschlagen hatte. Sicher, sie mit ihrem Stock konnte mich nicht sehen. Ich wäre bestimmt nicht so mutig, wenn sie hier wäre. Aber ich freute mich trotzdem daran, so zu knien. Ich wollte auf diese Art knien und ich nahm mir vor, auch vor freien Frauen, wenn ein Mann zugegen war, so zu knien, es sei denn, der Mann würde mir etwas anderes befehlen. Es waren schließlich Männer, denen ich gehörte, nicht Frauen! Sollten sie doch toben! Sollten sie doch ihre Wut herausschreien! Ich war stolz darauf, Männern zu gehören, Männer wie die von dieser Welt! Ich würde vor ihnen rechtmäßig und freudig knien als die, die ich war: eine Frau und ihre Sklavin.
Was hatten Frauen wie die, die an den Wagen geschlagen hatte, für ein Problem? Ich fragte mich, ob sie sich in ihrem Herzen nicht wünschte, auch so zu knien und einem Mann zu gehören? Dann aber tat ich diesen Gedanken ab, er war zweifellos töricht. Doch nicht solch eine Frau! Solch eine Frau niemals! Aber warum war sie sie dann so feindselig? Glaubte sie, dass mit unserem Dienen und unserer Schönheit, unserem Nachgeben gegenüber der Stimme unseres Herzens sie herabgesetzt oder irgendwie erniedrigt würde? Was für eine merkwürdige, absurde Schlussfolgerung! Was für ein grotesker, höhnischer Gedanke wäre das!