Müssen alle Frauen so sein? Konnte es sein, dass es nur eine einzige Art von Frauen gab und solche Gedanken die groteske Projektion ihrer weiblichen Unzulänglichkeiten, ihres Elends und ihres Hasses waren? Sicherlich war ihr Status doch ein anderer als unserer und unsere Unterwürfigkeit machte ihn doch gerade vornehmer und gehobener. Vielleicht hasste sie die Männer und dieser Versuch, uns schlecht zu machen und zu verderben, uns träge und ihr ähnlich zu machen, war ein heimtückischer, halbausgegorener Weg, die Männer anzugreifen.
Die Angelegenheit schien kompliziert zu sein. Auf jeden Fall schien es keine objektive Begründung dafür zu geben, dass sie uns dazu bringen könnte, dass wir sie mögen. Was war den so großartig und erstrebenswert an ihrem Unglück, ihrer Härte und ihrer Frustration, dass wir untergeordnete Frauen danach streben sollten? Warum hasste sie uns so? Widersprachen unsere Natur und unsere Schwäche ihren Ansichten so sehr, entlarvten sie sogar als falsch? Vielleicht fühlte sie sich auf eine seltsame, unbegreifliche Weise von uns und unseren Gefühlen angegriffen und bedroht. Ich fragte mich, ob es vielleicht für sie, in ihrem Krieg mit den Männern, in ihrem Verlangen nach Macht, wichtig war zu behaupten, dass sie mit ihrem Hass, ihrem Ehrgeiz, ihrem Neid und ihrer Begrenztheit für ein ganzes Geschlecht stand? Wie lächerlich! Aber wenn es so wäre, könnte man leichter verstehen, warum sie uns hassen musste, weil unsere bloße Existenz als natürliche, liebevolle Frauen, entsprechend der natürlichen Ordnung unseren Herren unterworfen, ihre Lügen unterminierte.
›Wie furchtbar wäre es‹, dachte ich, ›wenn solche Frauen mit all ihrem Hass und ihrer Frustration durch Lügen, Propaganda, Verdrehung, Manipulation, Verzerrung, Täuschung und mit dem Gesetz einer ganzen Spezies und einer ganzen Welt ihre grotesken Perversionen aufbürden würden.‹
Dann wurde mir bewusst, wie wenig ich über diese bestimmte Frau, zweifellos eine Frau, die auf dieser Welt geboren war, wusste. Meine Reflektionen waren in Wirklichkeit von der Realität einer weit entfernten Welt gefärbt. Ihr Ärger hatte vielleicht seine Ursache in einer so kleinen, so natürlichen Sache wie dass irgendein Mann an Frauen wie uns Interesse zeigte und nicht an ihr. Wer wusste das schon? Es war sicher plausibler, wenn ich davon ausging, dass sie sich dann eher an uns als an einem Mann rächen würde. Vielleicht hatte er ihr einfach den Rücken zugekehrt und hatte sie verlassen. Vielleicht hatte er sie mit einem Klaps zum Schweigen gebracht. Wer wusste das schon?
Ich zog ein bisschen an den Fesseln, die meine Hände hinter meinem Rücken festhielten. Meine Handgelenke wurden von ihnen umschlossen. Ich hatte schon früher bemerkt, dass sie extra für Frauen gemacht waren und was das über diese Kultur aussagte. Es schien, dass Sklaverei und Fesseln ein wesentlicher Bestandteil dieser Kultur waren, der nicht in Frage gestellt wurde und wenn doch, dann war diese Frage schon vor langer Zeit entschieden worden. Und zwar war sie zugunsten des Kragens entschieden worden und das war eine Sache der institutionalisierten Tradition, in gesetzliche Strukturen gegossen. Auch konnte es in einer solchen Kultur, überlegte ich, in der es solche Männer gab, keine Gefahr der Anfälligkeit für den schwächenden, antibiologischen Einfluss der Erde geben. Ich schauderte. In dieser Kultur hatten Frauen wie ich nichts und alles zu fürchten.
Dann versuchte ich, die Frau aus meinem Kopf zu verbannen. Was auch immer mit ihr los war, es schien, dass sie ziemlich anders als ich war.
Plötzlich fürchtete ich mich. Ich hatte meine Knie einige Zeit eng aneinandergepresst! Ich glaubte nicht, dass ein Mann bei uns hier drinnen war. Ich war sicher, der Mann, der uns in den Käfig hochgehoben hatte, war vom Wagen abgestiegen. Ich konnte wegen meiner Sklavenhaube natürlich nicht sicher sein, ob vielleicht nicht doch ein Mann mit im Käfig war oder vielleicht auch eine Sklavin ohne Haube, zum Beispiel eine der Instrukteurinnen, um uns zu überwachen. Aber ich glaubte das nicht. Außerdem war ich sicher, dass der Käfig abgedeckt war, ich hatte das Herunterziehen und Festzurren des Segeltuchs gehört, aber sicher konnte es eine Klappe, ein Guckloch oder so etwas geben, vielleicht hinter dem Wagenkasten, durch das wir vielleicht von Zeit zu Zeit beobachtet wurden.
Ich begann zu schwitzen. Ich war früher schon einmal wegen meiner mangelhaften Haltung auf die Rückseite meiner Waden geschlagen worden. Ich hoffte, jetzt nach Anhalten des Wagens, nicht wieder wegen einer ähnlichen Verletzung des Anstands bestraft zu werden. Ich zog an den Handfesseln und wehklagte leise in die Sklavenhaube. Ich war entschlossen, ab jetzt meine Knie immer weit geöffnet zu halten und bemühte mich, möglichst gerade und auch aufreizend an der Halskette zu knien. Ich wusste nicht, ob Männer das sehen konnten oder nicht.
Dann hielt der Wagen plötzlich an. Über die Kette an meinem Hals fühlte ich die unwillkürlichen Bewegungen der anderen Mädchen und das Rasseln, die Vibrationen, diese kleinen physischen Übertragungen über den Boden des Metallkäfigs, die ihre Regungen verrieten. Ich glaube, sie waren alle genau so verängstigt wie ich.
Wir waren irgendwo angekommen. Die Mädchen korrigierten ihre Haltung. Ich versuchte ebenfalls, meine Haltung noch zu verbessern. Wir hörten Stimmen. Der Fahrer schien vom Wagenkasten abzusteigen. Wir warteten.
Es gab jetzt sehr wenig zu hören. Wir waren sehr still. Es gab nur gelegentlich leises Rasseln der Kettenglieder unserer Halsketten. Ich bewegte mich ein wenig, um das kleine Metallschild zu fühlen, das an meiner Halskette an meinem Kragen befestigte war und sich leise und leicht auf meiner Haut unterhalb meines Halses bewegte. Es hatte etwas mit dem Transport oder meiner vorgesehenen Verwendung zu tun. Wir alle hatten jetzt solche Schilder an unseren Kragen.
Wir hörten, wie das Segeltuch in der Nähe der Tür hochgeschoben wurde.
»Ihr dürft euch setzten oder hinlegen, wie ihr wollt, ihr Schlampen.« sagte eine Männerstimme.
Es war einer der Männer aus dem Hause. Ich erkannte seine Stimme. Die Plane wurde dann wieder heruntergezogen. Es schien, als würden wir hier eine Weile bleiben. Wir änderten, so gut es ging, unsere Haltung. Ich legte mich auf meine Seite. Meine Knie waren wund vom Metallfußboden und den Bewegungen des Fahrzeugs.
Der Geruch nach salziger Luft war hier sehr stark. Wir warteten, in bequemeren Haltungen. Ich nahm an, die anderen waren genauso dankbar wie ich, die Haltung ändern zu dürfen.
Es schien nichts zu passieren. Natürlich geschah außerhalb des Wagens etwas, wenn auch nur so etwas wie die Überprüfung von Papieren, das Ausstellen einer Bescheinigung, eine Überprüfung von Anordnungen. Wir warteten innerhalb des Wagens. Ich musste wieder an die Frau denken, die geschrien und an den Wagen geschlagen hatte.
Ich bewegte den Lederball in meinem Mund ein bisschen. Er wurde von Riemen gehalten, die zwischen meinen Zähnen zur Rückseite meines Halses führten und dort verschlossen waren. Ich fühlte den Ball hinter zwischen meinen Lippen und hinter meinen Zähnen, wie er meine Mundöffnung verschloss. Ich konnte nicht sprechen und überhaupt nur sehr wenige Geräusche machen. Ich drückte mit meiner Zunge gegen den Knebel. Ich bewegte meine Lippen und Zähne, konnte ihn aber natürlich nicht loswerden. Es war ein sicheres und effektives Ding. Es erledigte seine Aufgabe, für die es gemacht war, gut.
Mein Kopf in der Sklavenhaube lag jetzt auf dem Metallboden des Käfigs. Ich konnte den Boden durch das Leder fühlen. Ich fürchtete mich, wenn ich an die Frau dachte, die an den Wagen geschlagen hatte. Ich dachte, dass ich und Frauen wie ich von solchen Frauen wahrscheinlich einiges zu befürchten hatten. Ich dachte nicht mehr, dass sie, wie ich gehofft hatte, eine Einzelerscheinung war. Wer konnte mich vor solchen wie sie schützen? Nur Männer konnten das. Sie machte mich deshalb, egal was sie eigentlich wollte, nur noch mehr von der Gnade meiner Herren, der Männer, abhängig. Ich fürchtete sie und solche wie sie. Wie schrill und hässlich sie geklungen hatte! Ich wusste es natürlich nicht, vermutete aber, dass sie grobschlächtig war und eher flach. Sie hatte richtig hässlich geklungen. Ich war hübsch. Das machte mich noch ängstlicher vor ihr und ihrer Art. Ich denke, sie könnte sich über mich ärgern und mich hassen, nur weil ich hübsch war. Außerdem war ich der Typ Frau, klein, mit wohlgeformten Beinen und schönen Brüsten, den die Männer dieser Welt attraktiv fanden. Das konnte auch gegen mich zählen.