Solche Dinge sind natürlich nicht so ungewöhnlich. Zum Beispiel wird jemand, der nicht stark ist, Stärke insgesamt herabsetzen und meinen, sie sei nicht wichtig. Wirklich könnte man sich groteskerweise über solche Dinge bei anderen ärgern und früher oder später die zu hassen beginnen, die schön oder attraktiv sind. Auf der Erde wurden Menschen, die solche exzentrischen und paradoxen Ansichten hatten, ignoriert oder gemieden, es sei denn, sie bekamen politische Macht. Hier aber, fürchtete ich, könnten die Schönen und Attraktiven von der Gnade solcher Menschen abhängen. Der Schrecken der Situation hatte mir auch klargemacht, dass es wahrscheinlich eher die Schönen und Attraktiven waren, die hilflos versklavt werden würden. Sie wären der Preis. Ich, das wusste ich irgendwie, war solch ein Preis.
Teibar hatte mir gesagt, dass er dafür bezahlt wurde, »erstklassige Frauen« herbeizuschaffen. Ich war also, aus der Sicht dieser Welt, eine »erstklassige Frau«. Ich erinnerte mich, dass er für mich solche Ausdrücke wie »kleine Schmeichlerin« und »anschmiegsame Schlampe« benutzt hatte. Diese Ausdrücke, obwohl sie wahrscheinlich dazu dienen sollten, mich als Frau zu demütigen, zu erniedrigen und an meinen Platz zu verweisen, bestätigten nichtsdestoweniger sein echtes sexuelles Interesse an mir. Sicher, er hatte mich nicht behalten wollen. Ulrick hatte mich aber, und ich denke wahrheitsgemäß, meiner Attraktivität versichert und war sogar so freundlich gewesen, mit Skepsis auf Teibars Urteil in dieser Sache zu reagieren. Er hatte mich auf jeden Fall als hübsch genug für Teibars Kragen gehalten. Auch hatte mehr als einmal einer der Wächter wütend die Sicherheit meines Eisengürtels getestet und, da er sich als sicher erwiesen hatte, mich beiseite gestoßen und ein anderes Mädchen, eins ohne Gürtel, zur Befriedigung seiner wilden Begierden genommen.
Ich hörte Stimmen draußen, aber sie schienen nichts mit uns zu tun zu haben. Wir mussten warten.
Ich hatte wirklich Angst vor Frauen wie der, die gegen den Wagen geschlagen hatte. Ich hatte nicht einmal ein Tuch, um meinen Körper vor ihr zu bedecken. Ich wäre nackt vor ihrem Stock. Und sogar die Instrukteurinnen waren barfuss gewesen und hatten nur kurze Kittel getragen. Ich fürchtete, Frauen wie ich, selbst wenn sie angezogen wären, wären auf eine unverwechselbare Art gekleidet, die uns charakterisierte, die auffällig war, die keinen Zweifel an unserem Status lassen würde und überhaupt würde unsere Kleidung vermutlich so knapp und freizügig wie die der Instrukteurinnen sein, alles zur Freude der Männer.
Wir warteten, geknebelt, ausgezogen, in Sklavenhauben und gefesselt.
Vielleicht unterschied sich die Frau, die an den Wagen geschlagen hatte, doch nicht so sehr von uns, überlegte ich weiter. Vielleicht war der Unterschied nur der, dass sie noch nicht in Besitz genommen, gebrandet und in einen Kragen gesteckt worden war. Vielleicht war sie auf eine Weise eifersüchtig auf uns und wollte wie wir sein, eine Frau, an der Männer interessiert waren. Vielleicht steckte irgendwo in ihr auch eine wahre Frau. Vielleicht steckte irgendwo in ihr auch eine Sklavin, die sich danach sehnte, zu Füßen ihrer Herren zu dienen. Ich dachte nicht, dass es etwas ausmachen würde, wenn sie zu flach wäre.
›Männer sind manchmal Narren‹, dachte ich, ›die solchen Oberflächlichkeiten, wenigstens am Anfang, zu viel Bedeutung beimessen.‹
Ich war sicher, man musste nicht schön sein, um eine liebevolle Sklavin zu werden. Aber egal, was in dieser Sache stimmte oder nicht, ich war sicher nicht begierig darauf, jetzt die Bekanntschaft mit solchen Frauen zu machen. Mir wäre es, wenn überhaupt, früh genug, nachdem sie ausgezogen, gefesselt waren und sich mit gebrandeten Schenkeln, ihren Hals im Kragen, ängstlich zusammenkauerten, die Peitsche der Männer fürchtend.
Bisher jedenfalls wussten wir nichts darüber, was die grundlegenden Unterschiede dieser verschiedenen Arten von Frauen sein könnten. Soziale Abgründe trennten uns, soziale Abgründe, die durch nichts als durch Brandzeichen und Kragen zu überbrücken waren.
Wir warteten. Ich fragte mich wieder, warum wir in den Sklavenhauben steckten und schwere Ballknebel im Mund hatten. Ich glaubte nicht, dass die Hauben unsere Schönheit vor zufälligen Männerblicken verbergen sollten. Männer wie diese, hatte ich bemerkt, waren selten abgeneigt, die Schönheit ihrer Schmuckstücke an der »Sklavenkette« zu zeigen. Außerdem wurden wir ausgezogen und, da war ich sicher, in einem abgedeckten Käfig gehalten. Ich nahm an, zum Teil lag das Motiv für die Sklavenhauben darin, uns daran zu erinnern, dass wir Sklavinnen waren und Männer solche Dinge mit uns tun konnten, aber ich vermutete, es geschah auch deshalb, um uns in »Sklaven-Unwissen« zu halten, eine Auflage, die auf versklavte Frauen angewandt wurde. Keine von uns wusste etwas darüber, wo wir waren. Wir wussten nicht einmal den Namen des Hauses, in dem wir ausgebildet worden waren, oder den Namen seines Herren. Wir wussten nicht einmal, wem wir gehörten. Die goreanischen Mädchen hatten versucht, bei anderen den Kragen zu lesen, aber die Markierungen auf ihnen schienen aus verschlüsselten Symbolen zu bestehen, die sie nicht verstanden. Das erschien mir merkwürdig.
Obwohl ich Goreanisch sprechen gelernt hatte, konnte ich es doch nicht lesen. Soweit ich wusste hatten weder ich noch andere Erdenmädchen meiner Gruppe, trotz der Intensität und Häufigkeit unserer Unterrichtsstunden, Unterricht im Lesen erhalten, nicht einmal in den Grundbegriffen. Wir waren Analphabeten und ich vermutete, das würde auch so bleiben. Trotzdem, der Grad des »Sklaven-Unwissens«, in dem wir gehalten wurden und der uns zum Beispiel sogar den Namen unseres Herrn vorenthielt, schien extrem, wenn nicht sogar absurd zu sein. Er entsprach, folgerte ich, durchaus den Sicherheitsvorkehrungen. Dies schien auch die Knebel zu erklären, die nicht einfach die Art und Weise waren, in der Männer uns zeigten, dass wir ihnen unterworfen waren und sie uns knebeln, die Augen verbinden, anketten, fesseln oder schlagen konnten, wenn sie Vergnügen daran fanden. Sie sollten uns auch davon abhalten, uns zu unterhalten, besonders mit den goreanischen Mädchen, um vielleicht Informationen oder Vermutungen auszutauschen, oder um uns auch daran zu hindern, andere außerhalb des Wagens anzusprechen, vielleicht Passanten zu foppen, Späße mit ihnen zu treiben oder sie um Informationen anzubetteln.
Ich änderte meine Haltung ein wenig. Der Metallboden an meiner Schulter und meinem Schenkel war hart. Ich wünschte, ich hätte meine Decke aus meiner Hundehütte mit dem Wasserbottich. Sie hatte die Härte des Zementfußbodens der Hundehütte sehr gemildert. Ich drehte mich auf den Rücken. Ich spürte den Käfigboden unter meinen Schulterblättern. Ich zog meine Handgelenke in ihren miteinander verbundenen Ringen an und nutzte den kleinen Spalt meines Hohlkreuzes aus.
Wir warteten, eingesperrt, gefesselt und in unseren Sklavenhauben. Ich musste wieder an die Frau denken, die mich so erschreckt hatte, als sie an die Wagenseite geschlagen hatte. Ich war mir bis jetzt sicher, dass wir auf jeden Fall völlig unterschiedliche Frauen waren.
Ich fragte mich, warum es diese Verzögerung gab und was das sein könnte, auf das wir warteten. Natürlich waren wir keine Fahrgäste, die sich ungeduldig nach dem Grund einer Verzögerung erkundigen und vielleicht sogar Erklärungen fordern konnten, wir waren nur Tiere, die ausgeliefert wurden, wir waren nur Fracht.