Wieder war da eine Bewegung unter meinen Knien. Es war unverkennbar eine Bewegung. Wir waren auf einer schwimmenden Fläche.
»Welche von diesen sind von weißer Seide?« fragte ein Mann.
Ich hörte, wie ein langes, schweres Brett über Holz gezogen wurde. Dann wurde es, so schien es, irgendwo rechts von mir abgelegt.
»Überprüfe ihre Schilder.« sagte ein anderer Mann.
»Hier ist eine.« verkündete ein Mann und hob mein Schild an.
Irgendwo links von mir und vor mir ertönte ein gutmütiger Protestschrei.
»Hier ist noch eine.« sagte ein weiterer Mann links von mir.
»Wir brauchen drei.« sagte irgendwo jemand.
Ich fühlte, wie mein Schild ein zweites Mal hochgehoben wurde.
»Als würdest du das nicht wissen.« brummte ein Mann.
Dann ließ er das Schild zurück auf meine Haut unter dem Kragen fallen.
Ich hörte, dass Seile an Bord gezogen wurden und ein Geräusch, als wenn Holz auf Holz stieß. Wir bewegten uns, schienen nach links zu schaukeln. Ich hörte, wie ein Gegenstand aus Metall neben mir auf das Holz gestellt wurde. Männer riefen einander etwas zu. Holz knarrte. Dann hörte ich etwas, was klang, als würden ein Pfosten durch Holz gesteckt.
»Knie hoch«, sagte ein Mann, »höher, weg mit den Fersen. Spreize diese hübschen Knie weit. Halt still.«
Dann fühlte ich, wie sich ein Metallring um meine Taille schloss und ein anderes Metallstück sich zwischen meine Beine legte. Die beiden Stücke wurden rechts und am unteren Teil wie eine Haspel über eine Klammer an der linken Seite des Ringes geschoben. Das Ganze wurde an meiner Rückseite mit einem Vorhängeschloss verschlossen. Ich trug wieder einen Eisengürtel.
Über mir hörte ich das Fallen und Entfalten von Segeltuch. Einen oder zwei Augenblicke später, nach kurzem Flattern und Schlagen, war es unter Kontrolle. Dann fühlte ich es an den Brettern unter mir, mit seiner pressenden Wucht und Sanftheit, seiner Stärke, seiner Unmittelbarkeit und ehrfurchtgebietenden Macht, war es erregend die Kraft des Windes zu spüren, wie sie die Segel füllte und gegen diese große, ausgebreitete Segeltuchfläche drückte, wie sie durch die Takelage, die Seile und den Mast übertragen wurde.
Ich war unbeschreiblich erregt. Ich wollte so gern etwas sehen. Ich wünschte, dass ich nicht in der Sklavenhaube wäre. Dann hörte ich ein Geräusch wie das Schlagen eines Hammers auf Holz, langsam, regelmäßig, alle paar Sekunden. Die Ruder tauchten offenbar ins Wasser. Es mussten mehrere Ruderer sein. Ich nahm an, zum Rudern waren starke, ausdauernde Männer erforderlich. Ich wand mich unruhig in der Sklavenhaube, im Eisengürtel. Von irgendwoher erklang eine Glocke. Vielleicht eine Boje, die eine Schifffahrtsrinne im Hafen markierte.
Wir, die goreanischen und die Erdenmädchen, wurden irgendwohin gebracht. Ich bin sicher, keine von uns wusste wohin.
»Du kannst dich zurück auf deine Fersen lehnen.« sagte ein Mann.
Ich tat es sofort. Er war wahrscheinlich derjenige, der mir den Gürtel angelegt hatte.
»Willst du die Haube loswerden?« fragte er.
Ich wimmerte.
»Wimmere einmal für ›Ja‹ und zweimal für ›Nein‹.« sagte er.
Ich wimmerte einmal.
»Wir werden bald den Hafen verlassen haben.« bemerkte er. »Bist du hübsch?«
Ich antwortete nicht sofort. Ich wollte weder eingebildet klingen, noch war ich mir sicher, hübsch genug zu sein, um als »hübsch« bezeichnet zu werden. Das hing natürlich auch immer von der Meinung der Männer ab. War es denn nicht eigentlich an ihnen, zu entscheiden, ob ich hübsch war oder nicht? Ich wusste, dass ein Mädchen, das für den einen Mann attraktiv war, es für einen anderen nicht unbedingt auch sein musste. Ich wollte als Antwort schon zweimal winseln, doch dann befürchtete ich, was wäre, wenn er oder jemand anderer mir die Sklavenhaube abnehmen würde. Früher oder später würde sie jemand abnehmen und sei es auch nur, um mich zu füttern und mir zu trinken zu geben. Ich fürchtete, dann wegen der negativen Antwort als Lügnerin bestraft zu werden. Ich erinnerte mich, dass Ulrick und andere mich für hübsch gehalten hatten. Auch hatte der Wächter vor ein paar Minuten zu jemandem gesagt, ich sei »wunderschön«. Auch wenn das eine Übertreibung gewesen wäre, und vielleicht sogar völlig absurd, so fühlte ich mich dadurch doch berechtigt, mich selbst als »hübsch« anzusehen. Außerdem erinnerte ich mich daran, dass Teibar, offensichtlich widerwillig und mit sich selbst grollend, trotz seiner Wut und Abscheu auf das, was er als meine Natur betrachtete, mich äußerst attraktiv gefunden hatte. Sicher, er hatte mich nicht behalten. Auch musste ich den sexuellen Geschmack dieser Männer bedenken, der mich manchmal erschreckte. Ich wurde offenbar als ungewöhnlich begehrenswert und attraktiv angesehen. Es schien, als würde ich auf dieser Welt wirklich, ob zu Recht oder nicht, als »wunderschön« zählen. Selbstverständlich war ich besorgt, wenn ich bedachte, was auf dieser Welt und unter diesen Männern die Folgen davon waren, schön und eine Sklavin zu sein.
Ich wimmerte einmal. Ich verkrampfte mich und befürchtete, wegen vermeintlicher Eitelkeit geschlagen zu werden. Aber ich wurde nicht geschlagen.
»Später, in einer Ahn oder so«, sagte er, »werden wir euch eure Knebel und Hauben abnehmen. Dann wird es etwas angenehmer für dich werden.«
Ich wimmerte einmal, um meine Freude und meine Dankbarkeit zu zeigen und hoffte, dass ihn das bestärken würde, sein Versprechen zu halten.
»Weißt du, wann wir das tun werden?« fragte er.
Ich wimmerte zweimal.
»Wenn das Land außer Sicht ist«, erklärte er, »vollständig außer Sicht.«
Ich hob meinen Kopf mit der Sklavenhaube zum Klang seiner Stimme empor.
»Verstehst du?« fragte er.
Ich wimmerte einmal.
7
Brundisium
»Das ist Brundisium«, rief eines der Mädchen, die aus dem Wagen spähten, »ich bin ganz sicher.«
»Hier möchte ich verkauft werden.« sagte eine andere sehnsüchtig.
»Das hängt von den Marktbedingungen ab.« bemerkte die nächste.
»Ich glaube, wir haben den Sklavenmarkt schon passiert.« sagte eine.
»Wir sind immer noch innerhalb der Mauern.« sagte ein Mädchen.
»Es ist einer der größten Häfen.« erklärte jemand.
»Hier landete die Flotte von Cos.« erinnerte sich eine.
Wir waren nackt im Sklavenwagen, unsere Knöchel waren an einen Mittelbalken gekettet. Der hohe, quadratische Aufbau des Wagens war mit blauer und gelber Seide bedeckt, darunter war gewöhnliches Segeltuch. Die Seide wird bei schlechtem Wetter oft entfernt. Wir hatten Segeltuch und Seide an Ende des Wagens ein oder zwei Zoll hochgeschlagen, uns umgedreht und spähten kniend, manche halb sitzend oder halb liegend, eifrig und neugierig, unsere Ketten verdrehend, hinaus.
»Da sind immer noch Soldaten und Seeleute aus Cos.« bemerkte eines der Mädchen.
»Hier ist einer.« sagte eine andere.
»Er sieht gut aus«, sagte die nächste, »ich würde nicht ungern ihm gehören.«
Diese Bemerkung empfand ich plötzlich als aufwühlend und beängstigend. Ich hatte es akzeptiert, dass wir besessen werden konnten und es ja auch schon waren, aber es erschreckte mich immer noch, wenn so offen davon gesprochen wurde, besessen, von einem persönlichen Herrn!
»Da sind Banner von Cos und auch welche von Brundisium.« fiel einer auf.
»Ja.« stimmte eine andere zu.
»Wir müssen von Cos gekommen sein.« sagte eines der Mädchen.