»Erleichtere dich.« befahl er.
Ich hockte mich über die Schüssel.
»Wie fühlst du dich?« fragte er.
Ich sah hoch. Es war Teibar, der aus Markt von Semris. Seine Stimme war freundlich. Er schien etwas besorgt zu sein. Das letzte Mal hatte er mich gesehen, als ich vor ihm und den anderen Männern im Ausstellungsbereich zusammengebrochen war, kurz nachdem meine Aktionsnummer auf meine Brust geschrieben worden war.
»Sehr gut, Herr.« antwortete ich. »Danke, Herr.«
Er drehte sich um. Wie die meisten goreanischen Männer und anders als der Teibar, der mich entführt hatte, schien er gegen mich keinen Widerwillen und keine Feindseligkeit zu hegen, weil ich von der Erde war. Vielleicht wusste er nicht mehr als die meisten Goreaner darüber, was dort vor sich ging. Für ihn war ich zweifellos nur ein hübsches Mädchen, ein weiteres reizvolles, tadellos hergerichtetes Weibchen.
Ich hockte immer noch über der Schüssel. Ich sah hoch und begegnete den Augen des Mannes, der die Schüssel zu mir zurückgeschoben und mir befohlen hatte, mich zu erleichtern. Er blickte streng.
»Ja, Herr.« sagte ich.
Schnell erleichterte ich mich. Mit bitterem Vergnügen dachte ich daran, wie Teibar, mein Teibar, lächeln würde, wenn er mich hier hocken sähe, seine »moderne Frau«, jetzt eine verängstigte Sklavin auf seiner Welt, die sich auf Befehl eines Mannes erleichterte. Zweifellos war er, ein Einheimischer dieser Welt, sich völlig darüber klar gewesen, dass solche Dinge von mir gefordert werden würden.
Die Schüssel ist übrigens keineswegs eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme. Sie wird vor dem Verkauf oft benutzt. Obwohl der Block normalerweise großzügig mit Sägemehl bestreut ist, geschieht das, glaube ich, weniger aus praktischen als vielmehr aus symbolischen Gründen, zum Beispiel um der Tradition gemäß die Tiernatur der verkauften Ware hervorzuheben. Dementsprechend konnte man das Sägemehl natürlich immer noch benutzen. Aber die Schüssel ist doch besser.
Ich stand von der Schüssel auf. Der Mann schob sie mit dem Fuß beiseite. Ich sah zur Vorderseite der Wartezone und erschrak. Ila und mindestens drei andere Mädchen hatten das Gatter schon betreten. Sie waren auf allen Vieren die Holzrampe empor gekrochen. Zwei Männer, die mit spitzen Stöcken außerhalb an der Begrenzung standen, trennten sie voneinander und sagten jeder von ihnen, wann sie sich vorwärts zu bewegen hatten. Dann wurden zwei andere Mädchen durch das verschlossene Tor am Ende des Gatters geschickt. Dort wurde ihnen, als das Tor sich öffnete, befohlen, auf alle vier zu gehen. Ich nehme an, dass Männer so etwas amüsiert. Auch war es wegen der Ausdehnung des Gatters angemessen. Es schien, wie die ganze Einrichtung hier, eher für den Handel mit vierfüßigen Tieren, in erster Linie mit Tarsks, gebaut.
Dann sah ich, dass die kleine Tutina durch das Tor in das Gatter gebracht wurde. Sie war klein, hatte aber zierliche, schöne Schenkel und war hübsch gerundet. Ich dachte, dass sie einen hohen Preis bringen könnte und fragte mich, wie teuer ich verkauft werden würde.
Ich wusste nichts über das hiesige Währungssystem, seinen Einheiten oder ihrem Wert. Auch nahm ich an, dass ich nie erfahren würde, für wieviel die anderen Mädchen verkauft worden waren. Vielleicht konnte ich von meinem Herrn erfahren, ob ich zu einem guten Preis weggegangen war oder nicht. Ich hoffte, dass er mich für solch eine Neugierde nicht schlagen würde. Mir war gesagt worden »Neugier steht einer Kajira nicht zu«. Andererseits vermutete ich, dass die bloße Existenz einer solchen Redensart die große Verbreitung genau dieser reizenden Schwäche dokumentierte. Zweifellos waren Frauen hier genauso neugierig wie woanders.
Ich hoffte, dass ich nicht in ein Bordell oder eine Taverne verkauft werden würde. Ich sah, wie Clarissa in das Gatter gebracht wurde. Das erschreckte mich. Wie konnte das sein? Sie war von der Erde! Wie konnte ihr so etwas angetan werden? Sie war anders! Aber sie war nicht anders. Sie war auch nur eine Frau.
Gloria vor mir stand am Tor. Sie war auch von der Erde. Wir waren Erdenmädchen. Das konnten sie doch mit uns nicht machen!
Ich wurde am Arm zum versperrten Tor geschubst. Ich sah, wie Clarissa mit einem Stoß eines spitzen Stocks in das Gatter getrieben wurde. Das Gattertor wurde hinter ihr geschlossen. Ich bemerkte, dass sie sich im Gatter genauso wie die anderen Mädchen, die goreanischen Mädchen bewegte, da gab es keinen Unterschied. Gloria wurde durch das versperrte Tor zum Gattertor gestoßen. Ich erinnerte mich an einen Abend in dem Haus, in dem wir ausgebildet worden waren, es war am Beginn der Ausbildung, als Clarissa so widerspenstig war, oder versuchte zu sein, und wie die anderen Mädchen ihr das ausgetrieben hatten. Das zeigte ihr die Bedeutungslosigkeit und Absurdität ihrer kleinen Rebellion und sie hatte in der Folge ihre Sklaverei akzeptiert und sogar Freude daran gefunden. Sie hatte gelernt, dass sie ganz und gar eine Sklavin war, und nur das. Ich war sicher, sie würde ein fabelhafter Kauf für einen Mann sein. Die Wachen, die nicht leicht zufrieden zu stellen waren, hatten ihr sogar Bonbons gegeben. Ich dachte, im Haus eines Mannes und in seinen Armen würde sie sich einfach wunderbar machen, die reizvolle Clarissa.
Dann fragte ich mich, wie ich an solche Dinge denken konnte. Sie war von der Erde! Doch ich merkte, dass solche Überlegungen ziemlich an der Sache vorbei gingen und völlig belanglos waren. Clarissa war keine freie Frau mehr und nicht mehr auf der Erde, jetzt war sie etwas völlig anderes, jetzt war sie nur ein Sklavenmädchen auf Gor.
Gloria wurde durch das versperrte Tor gestoßen und ich nahm ihren Platz ein.
›Tarsks werden an diesem Ort verkauft.‹ dachte ich.
Ich bemerkte einen langen, engen, tief in die Mauer eingelassenen hölzernen Gang, der nach oben und weiter vor verlief. Ich konnte nicht sehen, wo er endete. Tarsks wurden mit spitzen Stöcken durch ihn hindurch getrieben. Es war ein Tarskgatter. Tarsks wurden hier verkauft.
Die hübsche Gloria mit ihrem reizvollen roten Haar, war jetzt im Gatter, auf ihren Händen und Knien. Sie war ,wie Clarissa, von der Erde. Ich wurde vorwärts geschoben, bis vor das Gattertor. Es war hinter Gloria geschlossen worden. Ich konnte noch nicht weiter. Es war genau vor mir. Es ging mir ungefähr bis zur Taille. Ich blickte auf die schräge Holzrampe dahinter. Ich sah zu Gloria, die jetzt im Gatter kroch. Sie war ein großes Mädchen. Sie konnte es mit jeder von uns aufnehmen, sogar mit Ila. Selbstverständlich war so etwas nur für unsere kleinen zwischenmenschlichen Beziehungen in den Wagen oder den Käfigen wichtig. Ich sah, wie sie auf die Rampe hastete, angetrieben vom Stock eines Mannes.
Das Tor vor mir wurde geöffnet und schwang zurück in das Innere des Gatters. Ein Mann kontrollierte es, er stand hinter der Gattermauer an der Rückseite des anderen Tores, des langen, diagonalen Tores, das den Korridor geben das Gatter abschloss. Auf eine Bewegung einer der spitzen Stöcke ging ich auf der Holzrampe auf alle vier. Ich schrie auf, begehrte gegen den Stoß eines Stocks auf. Ich bewegte mich vorwärts, hörte, wie sich das Tor hinter mir schloss. Ich war im Gatter. Ich spürte wieder einen Stockschlag. Mit dem Kopf nach unten begann ich den Aufstieg. Wieder ein Schlag. Ich musste mich schneller bewegen. Ich tat es. Einige Augenblicke später war ich mehrere Yards weiter im Gatter und erreichte eine Ebene. Dort lehnte sich ein Mann über das Gatter. In seiner rechten Hand hatte er einen Stock. Er richtete sich auf und klopfte leicht an die Innenseite der Gattermauer. Ich eilte dorthin. Er hielt den Stock als Sperre vor mich und ich hielt an.
»Auf den Bauch.« befahl er.