Ulrick hatte mir nicht einmal gesagt, welche Art Sklavin ich war. Er hatte gelacht und mir mitgeteilt, das würde ich von den Männern erfahren. Jetzt, auf dem Verkaufsblock, schien es soweit zu sein.
Ich warf meinen Kopf zurück und stöhnte. Die Kette wurde nach oben gezogen und ich ein kleines Stück mehr angehoben, so dass nur noch meine Zehen den Block berührten. Der Auktionator hob seine Peitsche, knallte damit und bat um das erste Gebot.
Meine Handgelenke schmerzten.
Er bat um ein Gebot für eine analphabetische Barbarin. Ich merkte plötzlich, dass ich genau das war. Auf meiner Welt war ich eine gebildete, zivilisierte, verfeinerte Frau. Hier war ich eine analphabetische Barbarin!
Ich hörte jemand von unten heraufrufen. Ich merkte, dass für mich geboten wurde. Ich wurde gerade verkauft! Und er bot nicht nur für einen Teil von mir, für meinen Körper. Er bot auf goreanische Art für alles von mir, für die ganze Sklavin. Das Gebot hatte über zwanzig Kupfer-Tarsks gelautet. Einen Moment später hörte ich zweiundzwanzig und siebenundzwanzig.
Auf meiner eigenen Welt war ich eine moderne Frau, unabhängig und frei, mit politischer Macht, besonders über furchtsame, duckmäuserische Männer. Aber die Männer hier waren nicht furchtsam und duckmäuserisch. Ich war von der Erde weggebracht, meiner Macht beraubt und hierher gebracht worden, um völlig machtlos zu sein, eine Sklavin, eine Vergnügungssklavin!
›Wie herabsetzend das ist‹, dachte ich, ›eine Vergnügungssklavin zu sein!‹
Jetzt wusste ich, wie es auf einer richtigen, natürlichen Welt war und was auf einer solchen Welt das Richtige für mich war.
»Nein, nein!« weinte ich auf englisch.
Ich hörte noch mehr Gebote. Der Auktionator ging um mich herum. Er berührte mich hier und da mit seiner Peitsche. Er drehte mich an der Kette, auf meinen Zehen, um mich zur Schau zu stellen. Dann stand ich den Männern wieder gegenüber. Es gab immer mehr Gebote. Ich dachte, wie amüsiert Teibar wäre, wenn er wüsste, dass ich, seine verhasste »moderne Frau« verkauft wurde, an diesem Ort verkauft wurde, einem Ort, der zu ihr passte, eine Verkaufshalle, wo Tarsks, vierbeinige und zweibeinige wie sie selbst, verkauft wurden. Ich fragte mich, ob Teibar wusste, dass ich an diesem Ort verkauft wurde. Zweifellos hatte er Einblick in die Unterlagen des Hauses. Aber er konnte aus ihrem Dienst ausgeschieden sein, bevor ich zu dem Großhändler außerhalb Brundisiums verschickt wurde. Andererseits konnte es sein, dass das ein gemeinsamer Sammelpunkt für ihre Sklaven war. Vielleicht hatte er noch Kontakt zum Haus und wusste sehr gut, dass ich hier war. Es hatte ihn vielleicht amüsiert, zu arrangieren, dass ich hier oder in einer ähnlichen Außenstelle verkauft wurde, indem er die Bestellungen dahingehend beeinflusst hatte. Vielleicht war das alles Bestandteil seiner Rache an mir: dass ich hier war, nackt in einer Verkaufshalle, meine Handgelenke über meinem Kopf gefesselt und Fremde für mich Gebote abgaben. Mindestens jedoch würde er wissen, dass das alles, oder irgendetwas Ähnliches mit mir gemacht werden würde!
Wie musste ihn der Gedanke doch amüsieren, dass seine stolze, anmaßende »moderne Frau«, die er so verachtete, zu ihrer Bestürzung und, ihrem Schrecken jetzt nackt auf einem Sklavenblock in die bedingungslose Sklaverei verkauft wurde!
Ich bemerkte, dass jemand, ein oder zwei Männer, gerade von unten etwas riefen. Es waren keine Gebote, die sie riefen. Ich versuchte, sie zu verstehen. Ich wusste nicht, ob es an ihrem Akzent lag oder ob ich einfach in meiner Verwirrung, meinem Elend und meiner Verzweiflung alle goreanischen Befehle plötzlich vergessen hatte. Ich konnte sie nicht richtig verstehen.
Die Kette über mir senkte sich etwas und meine Arme mit ihr. Der Auktionator steckte seine Peitsche in den Gürtel, umfasste mit seiner rechten Hand meinen linken Arm und hob mit seiner linken Hand die Kette zwischen meinen Handgelenksmanschetten und löste die kurze Kette mit ihren Haken, die mit der Doppelkette über mir verbunden war. Seine Hand an meinem Arm verhinderte, dass ich auf dem Sägemehl zusammenbrach. Meine Hände waren nach unten gesunken, die Kette an den Manschetten war jetzt vor meinen Schenkeln.
Er sagte etwas zu mir, aber ich verstand es nicht. Dann stellte er sich vor mich, nahm die Kette zwischen meinen Manschetten in seine Hand und hob meine Hände an. Er zog sie hinter meinen Kopf und ließ dann die Kette an den Manschetten hinter meinen Hals fallen.
»Leg deine Hände hinter den Kopf.« befahl er.
Ich verstand ihn jetzt.
»Lehn dich zurück.« forderte er. »Zeig dich.«
Ich gehorchte natürlich. Außerdem hatte er die Peitsche wieder in der Hand.
»Beuge deine Knie«, befahl er weiter, »und jetzt dreh dich. Vergiss nicht unsere Freunde auf der rechten Seite.«
Ich präsentierte mich auch der rechten Seite des Blocks. Wegen der Geschwindigkeit, mit der unsere Reihe vorgerückt war, glaubte ich nicht, dass die anderen Mädchen, oder jedenfalls nicht viele von ihnen, auch von der Kette genommen worden waren. Warum sollte ich in dieser Hinsicht bevorzugt werden?
Die Gebote waren bei achtundachtzig Tarsks stehen geblieben, was immer das zu bedeuten hatte. Ich wusste, dass es am mir, vielleicht leider, etwas gab, an dem viele goreanische Männer Interesse fanden. Ich glaubte nicht, dass das einfach eine Sache der Figur oder des Gesichts war, obwohl ich denke, dass sie den goreanischen Geschmack schon reizten, nein, es war etwas tiefer liegendes, das sie in mir fühlten, Möglichkeiten, Potentiale, etwas, das ich selbst nicht völlig verstand.
Der Mann berührte mich verschiedentlich mit der Peitsche, um die Aufmerksamkeit auf eine Kurve oder Flanke zu lenken.
›Teibars ›moderne Frau‹‹, dachte ich, ›präsentiert sich jetzt nackt goreanischen Käufern.‹
Der Mann ließ mich knien und bog mich dann schmerzhaft zurück, mein Haar hing im Sägemehl und zeigte mich den Käufern von links und von rechts. Dann ließ er mich aufstehen und meine Hände hinter dem Kopf hervornehmen. Die Kette hob er dabei über meinen Kopf nach vorne, sie hing zwischen meinen Handgelenken etwas unterhalb des Halses. Er ließ mich meine Hände herunternehmen, sie waren dann wieder an meinen Schenkeln, genau wie die Kette. So wie meine Hände gefesselt waren, konnte ich sie nicht beide auf meine Schenkel legen und gleichzeitig mit offenen Schenkeln knien. Ich sah aus dem Sägemehl zu ihm auf.
Männer riefen hinter der Absperrung und auch von den Rängen. Zu meiner Überraschung nahm der Auktionator einen Schlüssel von seinem Gürtel und entfernte meine Handgelenksmanschetten. Ich rieb meine Handgelenke. Sie hatten Abdrücke, wo sich die Manschetten eingeschnitten hatten, als ich auf den Block gehoben wurde.
Der Auktionator knallte mit der Peische. Ich sah aus dem Sägemehl zu ihm auf. Ich hatte verschiedene Sklavenposen einnehmen müssen. Ich versuchte zu begreifen, was mit mir gemacht wurde. Ich wollte zurück in die Bibliothek. Ich hatte Sägemehl im Haar, es bedeckte meine verschwitzten Körper.
›Ja‹, dachte ich, ›ich kann das Buch finden.‹
Ich lag nackt im Sägemehl auf dem Bauch.
›Ja‹, dachte ich, ›in der Bibliothek war die stille, scheue Doreen, die ruhig ihren Pflichten nachging, die herumlief, über diesen flachen Teppich von Informationsschalter zurückkam zum Schreibtisch, hinter den Kopierern.‹
Ich wälzte mich im Sägemehl.
Ja, da war sie, dort, in diesem einfachen Pullover, der glatten Bluse und dem dunklen Rock, den dunklen Strümpfen, den flachen, schwarzen Schuhen. Sicherlich konnte kein Mann Interesse an ihr finden. Dann bemerkte sie den Mann am Schreibtisch, der an einem hellen Nachmittag auf sie heruntersah, ein Mann, dessen Blick in ihr tiefstes Herz und ihren Bauch fuhr, sie entkleidete und die Sklavin dort sah. Und er hatte sie in ihrem Tanzkostüm gefangen, in dem sie noch nie zuvor ein Mann gesehen hatte und sie hatte mit wirbelndem Rock und scharlachrotem BH und mit Glöckchen in der dunklen Bibliothek getanzt, vor ihm und seinen Männern getanzt.