Vage nahm ich einen wohlgefälligen Ruf aus der Menge wahr. Ich hatte den Übergang zwischen zwei Sklavenposen mit der erschreckenden, sinnlichen Gewandtheit einer Tänzerin vollführt. Es schien die Tänzerin zu sein im Sägemehl, auf dem Block, die einen Rock trug und einen BH und Glöckchen. Wie schön sie sie zu finden schienen! Wie sie sich bewegte! Sie hörte lobende Zurufe. Der Auktionator stand verblüfft im Hintergrund, die Peitsche gesenkt.
»Nein.« schluchzte ich.
Dann war ich plötzlich wieder ein Erdenmädchen, linkisch und furchtsam, elend, verwirrt und erschrocken, im Sägemehl eines Sklavenblocks auf einer fremden Welt kriechend.
»Was ist los?« fragte der Auktionator.
»Nichts, Herr.« flüsterte ich, hündisch vor ihm auf allen Vieren kriechend.
Eine Geste seiner Peitsche befahl mich wieder auf meinen Rücken. Ich gehorchte. Er drehte sich um, stand teilweise über meinem Körper, der Menge gegenüber. Eines seiner Füße stand zwischen meinen Beinen.
»Zwei«, wurde ihm von unten zugerufen, »zwei.«
»Zwei.« wiederholte der Auktionator, zwei Finger hochhaltend. »Zwei!«
Er klang nicht unzufrieden über dieses Gebot. Ich dagegen war erschrocken. Vorher waren die Gebote bei achtzig gewesen. Jetzt, so schien es, hatten sie sich auf nur zwei reduziert.
Ich lag keuchend auf dem Rücken. Der Auktionator ging ein Stück weg von mir, drehte sich um und sah mich an. Es schien, als könnte ich mich kaum bewegen. Ich erschrak. Ich hoffte, er würde mich nicht schlagen, weil die Gebote jetzt auf zwei heruntergegangen waren.
Er sah verblüfft zu mir hinunter. Ich glaube, ich wirkte auf ihn jetzt völlig anders als noch vor wenigen Augenblicken. Ich glaube nicht, dass er das verstand. Es war für ihn fast, als hätte er nicht eine, sondern zwei Frauen auf dem Block, als hätte er zwei unterschiedliche Frauen zu verkaufen. Ich erhob mich auf meine Ellenbogen, aber er stieß mich mit seiner schuhartigen Sandale zurück in das Sägemehl. Dann drehte er mich damit auf den Bauch.
»Knie nieder.« befahl er.
Ich kniete. Er befestigte die Manschetten wieder an meinen Handgelenken. Er drehte mich um, so dass ich der Menge gegenüber kniete. Er zog die kurze Kette von der horizontalen herunter.
»Aufstehen.« befahl er.
Ich gehorchte.
»Was stimmt mit ihr nicht?« rief ein Mann.
Die Kette zwischen meinen Manschetten war über den unteren Haken der kurzen Kette geworfen. Ich konnte kaum stehen. Ich war erschrocken. Ich blickte zu den Männern. Jeder von ihnen, begriff ich, könnte mich besitzen. Ich war eine Sklavin! Ich konnte besessen werden. Ich konnte ihnen gehören! Sie konnten mit mir machen, was immer sie wollten, ohne Einschränkungen. Sie würden totale Macht über mich haben.
Aber ich war eine Frau von der Erde! So etwas konnte mit mir nicht geschehen!
Dann, als die obere Kette, der Strang der Doppelkette, sich wieder straffte, wurden meine Handgelenke wieder hochgehoben, hoch über meinen Kopf. Wieder konnte ich den Block gerade noch mit meinen Zehen berühren.
Am Ende war ich nicht so gewesen, wie Ulrick es gewollt hatte. Ich hatte mich zu sehr gefürchtet. Ich war nicht frisch und gefügig gewesen. Ich hatte meinen Atem nicht unter Kontrolle gehabt. Ich fürchtete, ich hatte nicht schön ausgesehen. Ich hatte zu viel Angst gehabt, zu viel Angst um wirklich schön zu sein. Ich war zu plump gewesen. Ich hatte es nicht gut gemacht!
Merkwürdigerweise hatte ich Ulrick nicht enttäuschen wollen, der mich, glaube ich, gemocht hatte. Auch wollte ich nicht dafür bestraft werden, dass ich nicht gut gewesen war. Bestimmt hatten sie mit mir mehr Geld verdienen wollen als »zwei«, zwei was auch immer. Ich sah hinunter in die Gesichter. Sie waren Herren und ich war eine Sklavin.
Meine Augen trafen die eines Mannes, eines großen, korpulenten Mannes, mit nacktem Oberkörper, stark behaart, mit gekreuzten Gurten über seiner Brust. Er hatte einen herunterhängenden Schnauzbart und eine lange Narbe auf der linken Seite seines Gesichts. Er war einer der ungehobeltesten, erschreckendsten und hässlichsten Männer, die ich jemals gesehen hatte. Er sah zu mir hinauf und grinste. Auf der rechten Seite seines Munds fehlte ein Zahn.
Ich sah hoch, weg von ihm, zu den Manschetten an meinen Handgelenken. Sie taten wieder weh, mein Körper streckte sich bis zu den Zehenspitzen und wurde angehoben. Meine Zehen und die Rückseite meiner Beine schmerzten. Ich sah hoch zu den Manschetten und zur Kette. Ketten sind so stark. Wir können sie nicht zerbrechen. Der Auktionator war jetzt links hinter mir.
»Gibt es ein weiteres Gebot?« fragte er.
Ich glaube, die Ambivalenz meines Auftritts, wenn er so gewesen war, hatte einige in der Menge verblüfft, genauso wie den Auktionator. Das Haus war still. Ich sah wieder nach unten. Wieder trafen meine Augen die des großen, korpulenten Mannes. Er grinste. Er schien nicht verblüfft. Ich fürchtete, dass er trotz seiner Ungeschlachtheit, seiner Hässlichkeit ein scharfsichtiger Herr war, vor dem ein Mädchen keine Geheimnisse haben könnte. Hastig sah ich weg.
»Werden hier wirklich nur zwei geboten«, forschte der Auktionator, »für diese köstliche Ware?«
Ich fühlte, wie die Peitsche meine Flanke und Taille auf der linken Seite berührte. Dann trat er links neben mich. Er drehte sich und berührte mich zweimal mit der Peitsche.
»Beachtet die Flanke und diesen Bauch.« sagte er.
Ich versuchte, völlig bewegungslos zu bleiben. Die leichten Berührungen der Peitsche hatten mich doch furchtbar unruhig gemacht. Er ging wieder links hinter mich.
»Es sind zwei geboten worden«, sagte er, »für diese reizvolle barbarische Vergnügungssklavin. Höre ich mehr? Sicher, sie ist nur halb ausgebildet und vielleicht noch nicht vollständig in den Kragen gebrochen. Das leugne ich nicht. Aber sie ist vielversprechend. Ja, das denke ich. Einige von euch, da bin ich sicher, ahnen, dass sie vielversprechend ist.«
Ich wusste nicht, was er damit meinte.
»Höre ich ein höheres Gebot?« fragte er. »Soll ich meine Hand schließen?«
Eine Welle des Zorns fegte plötzlich über mich. Ich, eine Vergnügenssklavin! Absurd! Wie entwürdigend! Wie erniedrigend! Plötzlich wollte ich ihnen beweisen, dass ich keine Vergnügungssklavin war. Ich war eine gebildete, verfeinerte, zivilisierte Erdenfrau! Ich war eine moderne Frau, wenigstens etwas in der Art! Ich war keine Vergnügungssklavin!
Aber wenn ich in die Gesichter unter mir sah, wusste ich, wenn mich irgendeiner von diesen Männer besitzen würde, müsste ich sie vollständig zufrieden stellen. Ich würde dafür alles einsetzen, all meine Schönheit, mein Charme, meine Anmut, mein Wissen, meine Intelligenz, mein Takt, alles was ich war und hoffen konnte, jemals zu sein. Ich würde ihnen eine perfekte Vergnügungssklavin sein müssen. Und was mich am meisten daran entsetzte, war, glaube ich, dass ich das wollte. Ich wollte Männern dienen und ihnen Vergnügen schenken, um wertvoll für sie zu sein, um geliebt und geschätzt zu werden, um sie glücklich zu machen. Was war ich doch für eine schreckliche Frau, weil ich Männer glücklich machen wollte.
Dann wieder versuchte ich, kalt und hart zu sein, gefühllos wie Stein oder Leder. Ich durfte mir keine Gefühle erlauben! Aber was, fragte ich mich, wenn ich nicht meine eigene Herrin sein durfte? Was, wenn Männer einfach Dinge mit mir machen, mich zwingen würden zu fühlen, weil es sie erfreute, mich gegen meinen Willen zum Nachgeben und zum Zerschmelzen zu bringen? Was, wenn diese Erfahrungen, diese Dinge, von denen ich auf der Erde nicht einmal geträumt hatte, mich dazu brächten, zu sein, was ich am meisten fürchtete, mir keine Wahl ließen, eine Frau in der natürlichen Ordnung?
Dann wappnete ich mich wieder. Ich war keine Vergnügenssklavin. Es gab keine Vergnügenssklavin in mir! Ich stand über solchen Dingen. Ich war meine eigene Herrin. Kein Mann konnte das ändern!
»Au!« schrie ich plötzlich erschrocken, mich wild windend auf, zappelte an den Handgelenksmanschetten, drehte mich mit einer Bewegung der Ketten; dann hing ich mit meinem ganzen Gewicht an ihnen, die Ketten strafften sich, meine Knie waren fast bis zum Bauch angezogen, meine Augen waren geschlossen, ich biss die Zähne zusammen.