Der Tanz einer Sklavin ist tausendmal sinnlicher als der einer freien Frau, in ihm stecken reichhaltigere, explosivere Werte und das Wissen, dass sie, die da tanzt, von einem Herrn besessen wird und theoretisch von jedem Zuschauer besessen werden könnte. Außerdem ist die Tänzerin nackt und auf barbarische Art geschmückt. Das erzählt von Realität und Wildheit, von Temperament und Schönheit, von Dominanz und Unterwerfung, von Herr und Sklavin.
Der Tanz einer Frauen vor einem Mann, bei dem sie gefallen will und er Genuss sucht, ist eine der grundlegendsten Lektionen in menschlicher Biologie. Andere Lektionen laufen ab, wenn sie seine Füße küsst, wenn sie ihm ihre Ehrerbietung zeigt, wenn sie wahrhaftig weiß, dass sie unter seiner Peitsche lebt. Eine andere ist, wenn sie in seinen gebieterischen Armen liegt und von ihnen zermalmt wird.
Mein Tanz war auch, glaube ich, deshalb so gut, weil ich eine Frau mit tiefsitzenden weiblichen Bedürfnissen und tiefgreifenden Leidenschaften bin. Wie ich jetzt weiß, war ich zu dieser Zeit reif, mir von den unbarmherzigen Fackeln der Männer den Zunder in meinem Bauch entzünden und das Sklavenfeuer dort entfachen zu lassen, und daraus wurde, ob ich es wollte oder nicht, zu meiner Bestürzung oder meiner Freude, durch das Dienen, durch die Unterwerfung und die Liebe, durch meine Stellung als Sklavin, durch die Befehle und Berührungen von Männern eine offene Feuersbrunst. Außerdem glaube ich, dass ich einfach eine gute Tänzerin war, sogar schon zu dieser Zeit. Ich tanzte als die Sklavin, die ich war.
»Hier, Schlampe, hier!« rief mehr als einer der Männer.
Ich neckte sie, tanzte nahe bei ihnen, schwenkte meinen Bauch mit den klimpernden Metallstücken vor ihnen, die Fußkettchen streiften meine Knöchel, die Armbänder drehten sich um meine Handgelenke und dann, wenn sie nach mir griffen, drehte ich mich weg, und wirbelte mit peitschenden Perlen weg von ihnen. Ich wählte mir einen Mann nach dem anderen aus dem Publikum aus und schien jedem von ihnen im Tanz meine ganze Schönheit anzubieten. Vielleicht würde er es sein, der mich als Herr benutzte, ich wusste es nicht. Manche begannen, in ihre Hände zu klatschen.
»Sie ist keine Jungfrau.« sagte einer der Männer.
»Nein.« sagte ein anderer.
Ich tanzte zur anderen Seite des Tanzbodens. Dort waren Tupita und die anderen.
»Du bist gut.« sagte Tupita widerwillig zu mir.
»Ich bin großartig.« antwortete ich ihr wütend. Dann fügte ich hastig »Herrin« hinzu.
Ich sah zur Rückseite der Taverne, wo neben dem Perlenvorhang Hendow, mein Herr, stand und seine Arme verschränkt hatte. Ich wiegte mich vor ihm. Ich wollte ihn davon überzeugen, dass es kein Fehler gewesen war, mich zu kaufen. Ich sah in seinen Augen, dass ich noch viel zu lernen hatte. Ich bewegte mich etwas nach links und tanzte vor Mirus, der sich dort am Rand des Tanzbodens mit dem schweren Sack voller Tarskstücke an seinem Gürtel hingekauert hatte.
»Mach weiter so«, sagte er, »ich hätte aber gedacht, dass du mehr wie eine Jungfrau tanzen würdest.«
Ich wirbelte weg von ihm, nach rechts.
›Ja‹, dachte ich, ›was tust du nur, Doreen? Was ist in dich gefahren? Warum tust du das? Warum ist dein Bauch so erregt? Warum bist du so erregt? Warum ist dein Körper so heiß? Warum bewegt er sich auf diese Weise? Du tanzt wie eine käufliche Schlampe, wie ein gewöhnliches Mädchen vom Markt, ein Mädchen, das von Männern und von der Peitsche die Bedeutung ihres Kragens gelehrt bekommen hat, eine, die gelernt hat, hinter den Käfigstangen ihres Geheges zu wimmern und an seinen Wänden zu kratzen. Du tanzt wie eine Jungfrau, die ihr erstes Mal fürchtet und neugierig darauf ist.‹
»Seht nur.« sagte ein Mann.
»Großartig.« sagte ein anderer.
Ich glaubte nicht, dass Mirus sich daran störte, dass ich auf diese Weise tanzte, vor allem, wenn ich später zum spöttischen Glanz der erregten Frau zurückkehren würde und dann am Ende zum hilflosen Betteln der Frau, die sich letztlich in der Gnade ihrer Herren selbst erkennt. Schauspielerinnen müssen nur Schauspielerinnen sein. Sie müssen keine Tänzer sein. Aber die Tänzerin muss mehr als nur Tänzerin sein. Sie muss auch Schauspielerin sein.
»Ah, ja.« sagte ein Mann.
Plötzlich schien ich in meinem Tanz zur Jungfrau zu werden, widerstrebend und furchtsam, erschreckt von der Realität, in der sie sich wieder findet, aber wissend, dass sie auf die Musik reagieren muss, auf diesen berauschenden, sinnlichen Rhythmus, diese wilden Schreie der Flöte, den Schlägen der Trommel. Ich tanzte jetzt scheu, mit Abneigung und gehemmt und trotzdem eins mit den Kommandos der Musik. Ich tastete bestürzt nach den Perlen um meinen Hals, nach den Schnüren an meinen Hüften, nach meinen barbarisch geschmückten Knöcheln und Handgelenken. Ich berührte meine Schenkel und hob meine Arme, sah sie an und legte meine Hände auf meinen Körper, als könne ich nicht glauben, dass er unbekleidet war. Ich tat so, als wollte ich mich hinhocken um meine Nacktheit zu verbergen, doch dann richtete ich mich ängstlich wieder auf, als hätte ich den Befehl gehört, damit aufzuhören. Dann streckte ich meine Hände zur Seite aus als flehte ich um Gnade, als wollte ich von dieser unbarmherzigen Musik erlöst werden, sprang wieder zurück, als hätte ich Peitschen gesehen, die mir drohten. Der Kaskaspieler reagierte darauf, reduzierte die Lautstärke seines Trommelns und schlug dann fünfmal hart auf die gespannte Haut, was wie Peitschenhiebe klang. Ich sprang von einer Seite zur anderen, als ob mich die Peitsche verfolgen würde und tanzte dann, hilflos gegenüber dem Willen der Herren, weiter. Ich versuchte, meine Neugier und Faszination an den Dingen auszudrücken, die ich gezwungen wurde zu tun und die Antwort meines Körpers darauf, der sich jetzt mit der Realität auszusöhnen schien und hilflos der Musik gehorchte.
Eigentlich bin ich ein schüchterner Mensch. Aber jetzt tanzte ich solche Dinge wie Schüchternheit, Scheu, Furcht, Neugier und Faszination. Wie viele scheue Menschen konnte ich gut in Rollen schlüpfen und blühte in ihnen auf. Plötzlich schienen mich mein Ausdruck und meine Bewegungen, eine fast unfreiwillige Verdrehung meines Bauchs zu erschrecken, schienen mir meine Sexualität vor Augen zu führen.
»Ah.« sagte ein Mann anerkennend.
Ich tanzte zu ihm und dann weiter zu anderen, mein Bauch schien sich mit seinem klimpernden Schmuck bei ihnen anzuschmiegen. Jedes Mal schien ich dann vor ihnen zurückzuscheuen, aber mein Bauch und meine Hüften schienen mich immer wieder zu ihnen oder zum nächsten hinzutreiben. Ich fühlte meine Hüften, meine Schenkel, meine Brüste und meinen Bauch, sie schienen in dieser Musik zum Leben zu erwachen. Und dann, meinen Kopf zurückwerfend, tanzte ich unverfroren als erfahrene, erregte Sklavin, verspottete die Männer, reizte sie, entzückt von meiner Macht, aber dann war es wieder, als würde ich meine völlige Hilflosigkeit, meine endgültige Unfähigkeit wahrnehmen, sexuelle Erfüllung ohne meinen Herren und ohne Ergebenheit zu erreichen, die meinen Leidenschaften Bedeutung gab. Ich tanzte die erregte Sklavin, die Eigentum ihres Herren ist und um eine Berührung bettelt.
»Gut.« sagte ein Mann.
»Die Schlampe ist wirklich gut.« ein anderer.
Dann merkte ich plötzlich, dass ich wirklich erregt wurde. In meinen Schenkeln war es heiß. Mein Bauch, heiß und brennend, schien darum zu betteln, angefasst zu werden. Ich wusste wirklich nicht, ob ich wegen des Tanzes so erregt war, aber ich war erregt. Ich war eine hilflose, erregte Sklavin! Das war jetzt keine Rolle mehr. Es war, was ich war. Ich kehrte kläglich zum Hintergrund des Tanzbodens zurück und tanzte vor dem hässlichen, abscheuerregenden Hendow, der neben dem Perlenvorhang stand. Ich fühlte, dass er allein von allen in der Taverne, verstehen würde, was jetzt in mir vorging. Ich fühlte, dass ich vor ihm nichts verbergen konnte. Es schien, als könne er durch mich hindurchsehen und erkennen, was in mir war, egal ob ich es verbergen wollte. Aber das, was ich jetzt fühlte, wollte ich gar nicht vor ihm verbergen. Ich wollte sein Verständnis. Ich wollte, dass er mich tröstete oder mich vielleicht sogar vom Tanzboden errettete. In meinen Ängsten war es nur natürlich, dass ich zu ihm ging, so hässlich und abscheuerregend er auch war. Er war derjenige, der mich besaß. Er war mein Herr.