»Hier entlang, meine Liebe.« sagte sie.
Sie zog mich an der Leine hoch. Sie hielt sie nur wenige Zoll von meinem Hals fest. Auf diese Weise konnte sie mir die Stufen hinaufhelfen.
16
Diebe
»Zeig sie uns.« sagte eine Stimme.
Ich lag mit dem Rücken auf einem Holztisch. Meine Füße waren gespreizt und festgebunden. Der Umhang wurde zurückgeschlagen.
»Ausgezeichnet.« sagte die Stimme eines Mannes.
Dann wurden die Schnüre des Umhangs an meinem Hals gelöst. Hände fingerten an den anderen Schnüren, die die Kapuze des Umhangs, die meinen gesamten Kopf verdeckte und mich so blind machte, an meinem Hals zuschnürten. Nach einem Moment waren auch sie gelöst und die Kapuze wurde zurückgeschlagen.
»Großartig.« sagte ein Mann.
Ich blinzelte im Fackelschein.
»Gewöhnliches Kajira-Brandzeichen.« bemerkte ein Mann.
»Ja.« stimmte ein anderer zu.
»In Ordnung, es ist Doreen, Hendows Schlampe.« sagte einer. »Ich habe sie tanzen gesehen.«
Ich hatte mich wild erschrocken halb aufgerichtet, aber eine Hand in meinem Haar zog mich von hinten zurück. Meine Hände waren immer noch hinter dem Rücken gefesselt. Ich hatte gesehen, dass fünf Männer in dem Zimmer waren und Tupita, die unauffällig lächelnd an der Seite stand.
»Seid ihr zufrieden?« fragte sie die Männer.
»Ja«, sagte einer, »wir sind zufrieden.«
In dem Augenblick, in dem ich mich aufgerichtet hatte, hatte ich gesehen, dass am Tischende zwei Ringe eingelassen waren, einer an jeder Seite. Ein grobes Seil lief durch sie hindurch, mit dem mittels zweier einfacher Knoten meine Knöchel rechts und links gefesselt waren.
»Sie ist schön.« sagte einer der Männer.
»Ja.« stimmte ein anderer zu. »Und sieh nur diese köstlichen Sklavenkurven.«
Ich wand mich erschrocken.
»Keine Angst, meine liebliche, kurvenreiche, brünette Kajira.« sagte ein Mann und lehnte sich über mich.
»Ihre Ohren sind durchstochen.« bemerkte ein anderer.
»Großartig.«
»Ich frage mich, wie vital sie ist.« sagte einer.
»Ihre Ohren sind durchstochen.« erinnerte ihn ein anderer.
»Wir werden sehen.«
Ich wand mich und wimmerte. Meine Knöchel zerrten an dem Seil und verbrannten sich daran. Es gab ein metallisches Geräusch, als die Handschellen gegeneinander stießen. Metall schabte über den Tisch. Meine Finger verdrehten sich hilflos. Meine Handgelenke schmerzten durch den Druck der Handschellen. Ich war der Gnade dieser Männer vollständig ausgeliefert. Ich war völlig hilflos.
»Sie ist vital.« kommentierte einer der Männer.
Tupita lachte.
»Wie herrlich, dass es Sklavinnen gibt.« bemerkte ein anderer.
»Bezahlt mich.« forderte Tupita.
»Deinen Kragen brauchen wir nicht, meine Liebe«, sagte einer und lehnte sich über mich, »wir werden ihn abnehmen müssen.«
Natürlich konnte ich mir den Kragen nicht selbst abnehmen. Goreanische Sklavenkragen sind nicht so gebaut, dass das Mädchen ihn abnehmen kann. Es musste mit Werkzeug gemacht werden.
»Aber hab’ keine Angst, meine Liebe«, sprach der Mann weiter und tätschelte mein Brandzeichen, »das hier bleibt.«
Ich sah ihn wild an, mit Tränen in den Augen.
»Ärgere dich nicht«, fuhr er fort, »du wirst nicht lange einen nackten Hals haben. Wir mögen an Kajiras keinen nackten Hals. Er wird bald in einem anderen Kragen stecken.«
Tupita schob sich zwischen die Männer. Sie stand rechts von mir. Sie spuckte mir ins Gesicht.
»Jetzt«, sagte sie, »habe ich mich an dir gerächt! Du glaubst, du wärst schöner als ich, aber das bist du nicht! Du denkst, dass du ein leichtes Leben haben wirst und unter Hendows Mädchen am begehrtesten wärst, aber das wird nicht passieren! Ich werde dafür sorgen! Du glaubst auch, du hättest mir Mirus weggenommen, ich werde ihn aber bald zurückbekommen! Mich liebt er, nicht dich! Wegen dir ist er nicht mehr in Hendows Haus! Außerdem warst du es, die mich bei den Mädchen und dem Herrn angeschwärzt hat und wegen dir ist Aynur, die dumme Aynur, heute Nachmittag Erstes Mädchen geworden! Ich hasse dich und alle außer Sita, die als einzige zu mir gehalten hat! Aber ich werde nicht in Hendows Haus bleiben, ohne Mirus oder als Zweites Mädchen! Ich bin weggelaufen und habe mich gleichzeitig an dir gerächt!«
Ich schüttelte meinen Kopf, nein, nein, nein!
»Du hast mich sogar verraten, als ich so freundlich war, dir eine Pastete zu bringen«, sprach so weiter, »und ich bin dafür geschlagen worden!«
Ich schüttelte wild den Kopf, nein!
»Aber jetzt habe ich dafür gesorgt, dass du nicht länger Hendows Schutz und Gunst genießt, den du verhext hast.«
Ich sah sie erschrocken an.
»Jetzt lernst du auch die Peitsche kennen, wenn Männern danach ist!«
Ich schauderte.
»Und während du Sklavin bleibst, Erdenschlampe«, fuhr sie fort, »werde ich frei sein! Und du, meine hübsche Feindin, wirst mir meine Freiheit verschaffen! Denke immer daran, Schlampe! Solch eine Rache ist süß!«
Ich wimmerte und sah mitleidheischend zu Tupita hoch.
»Wie leicht es war, dich hereinzulegen, dumme Sklavin.« lachte sie.
Tränen stiegen mir in die Augen. Sie spuckte mir noch einmal ins Gesicht und drehte sich dann weg von mir.
»Bezahle mich.« forderte sie von dem, der der Anführer der Männer zu sein schien. »Ich muss vor dem Morgen eine Tarnpassage von Brundisium bekommen.«
Er sah sie an.
»Bezahle mich.« forderte sie wieder, ihre Hand ausstreckend. »Ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt und dir die Ware geliefert.«
Der Mann öffnete seinen Geldbeutel.
»Nein«, sagte Tupita, »wir haben fünf Silber-Tarsks vereinbart, fünf!«
Er hatte einen einzelnen Silber-Tarsk in der Hand.
»Unsere Vereinbarung war fünf«, sagte sie, »fünf!«
»Denkst du tatsächlich, sie wäre fünf wert?« fragte der Mann.
Tupita sah ihn wütend an. Offensichtlich wollte sie nicht zugeben, dass ich überhaupt einen Wert hatte, besonders nicht einen Wert von fünf Silber-Tarsks. Sie selbst würde vielleicht nicht soviel bringen.
»Wieviel sie wert ist oder was ich denke, wieviel sie wert ist«, antwortete Tupita, »ist unwichtig. Vielleicht ist sie nicht einmal ein Tarsk-Stück wert. Wie soll ich das wissen? Ich bin kein Mann. Aber wir hatten uns auf fünf Silber-Tarsks geeinigt!«
»Ich dachte, es wäre eins gewesen.« grinste der Mann.
»Vielleicht hast du es ja schriftlich.« bemerkte ein anderer, als ob er helfen wolle.
Tupita konnte natürlich, wie viele Sklaven und ich selbst auch, nicht lesen und schreiben. Und selbst wenn sie es könnte, hätte sie, eine hochintelligente Frau und eine Sklavin, es nie gewagt, in solch einer geheimen Angelegenheit, etwas schriftlich festzuhalten.
»Ja«, sagte sie plötzlich, mit einem Blick zu mir, »jetzt erinnere ich mich. Es war eins.«
Ich sah, dass sie vor mir ihr Gesicht wahren wollte. Außerdem ist ein Silber-Tarsk immer noch eine Münze von beträchtlichem Wert. Obwohl das von Stadt zu Stadt unterschiedlich ist, kann ein Silber-Tarsk gewöhnlich in hundert Kupfer-Tarsks getauscht werden, jeder zwischen vier bis zehn, normalerweise acht Tarsk-Stücke wert. Die einzigen goldenen goreanischen Münzen, die ich gesehen habe, waren sehr klein, fast wie Tröpfchen, und in den dekorativen Schmuck von Tanzkostümen eingearbeitet. Brundisium war bekannt für seine goldenen Stater, aber ich hatte noch nie einen gesehen. Tupita nahm den Silber-Tarsk von dem Mann entgegen und hielt ihn triumphierend fest in ihrer Faust. Es war mehr als genug, um eine Reise von Brundisium zu bezahlen. Sie kam noch einmal zum Tisch.
»Danke, liebliche Doreen«, sagte sie, »ich bin dir sehr dankbar. Ich habe mich nicht nur an dir gerächt und dich neuen Demütigungen ausgeliefert, was mich sehr erfreut, du warst auch noch das Mittel für meine Flucht und meine Freiheit.«