»Oh« sagte ich erschrocken.
Ein Mann hatte mich im Vorbeigehen getätschelt.
»Hier.« sagte mein Herr zufrieden.
Ich blinzelte in das Licht des offenen Platzes.
Markt von Semris ist keine große Stadt, sie ist hauptsächlich für ihren Tarskmarkt, für »vierbeinige« und »zweibeinige« Tarsks bekannt, aber wie in den meisten goreanischen Städten war ihr zentraler Platz, so klein er auch war, eine Quelle des Bürgerstolzes. Er war mit einem komplizierten Muster aus flachen Steinen belegt. An den Seiten befanden sich Läden. An jeder der vier Ecken sprudelte ein Springbrunnen. Der Tempel, ein geschlossener Tempel mit Säulen, einem Giebeldreieck und einem Fries war beeindruckend. Die öffentlichen Gebäude wie der Gerichtshof, das »Haus des Verwalters« und die öffentlichen Büros waren ähnlich angelegt und geschmückt. Gedenksäulen standen hier und da an den Rändern des Platzes.
Wir traten zwischen den senkrechten Pfosten hindurch und gingen an der Trägerstation vorbei. Ein geöffnetes Barbiergeschäft mit fünf Stühlen war an der einen Seite. Alle Stühle waren besetzt. Drei Männer ließen sich ihr Haar schneiden, einer wurde mit einem Rasiermesser rasiert und einer ließ sich den Bart stutzen. Anderes Volk stand wartend daneben. Ich folgte meinem Herrn an meiner Leine.
Ich war unglaublich begeistert davon, über diese Steine zu laufen. Es schien mir wie ein Wunder. Ich hatte von solchen Dingen nur geträumt. Es war, als wäre ich durch Zauberhand in die Vergangenheit transportiert worden, nur dass es hier, an diesem Platz, die Gegenwart war und ich war tatsächlich hier, wenn auch in einem Kragen. Ich wusste, dass ich an einem solchen Platz, zwischen diesen Leuten, perfekt gehorchen musste. Ich war eine Sklavin und ihrer Gnade kompromisslos ausgeliefert. Doch trotz dieser Tatsache hätte ich die schöne Welt von Gor gegen nichts eintauschen wollen, obwohl ich hier weniger als das niedrigste und bedeutungsloseste Tier galt.
An der Seite stand, vielleicht als Erinnerung an einen Sieg, eine Gruppe von fünf heroischen männlichen Skulpturen mit Schilden, Helmen und Speeren und zu ihren Füßen knieten, inmitten von Beutestücken, zwei nackte Frauen, vielleicht Gefangene oder Sklavinnen. Oberhalb des Sockels gab es einen umlaufenden gezeichneten Fries.
»Bitte, Herr!« bettelte ich. »Bitte lass mich das ansehen. Lass es mich ansehen!«
Er blickte zurück und sah mich an. Meine Augen bettelten. Ich wusste, dass ich seiner Entscheidung folgen müsste. Er war kein nachgiebiger Herr, aber er war intelligent und er konnte sehen, wie aufgeregt ich war. Solche Plätze erregten mich sehr. Er ließ mich dann, angeleint wie ich war, den umlaufenden Fries betrachten.
Es gab fünf Hauptabschnitte. Im ersten schienen wütende Herolde oder Botschafter vor einem Thron zu stehen, auf dem eine gelassene Tatrix ruhte, die sie vielleicht gerade beleidigt hatte. Im zweiten waren Armeen auf einer Ebene vor einer Stadt dargestellt. Im dritten Abschnitt war ein furchtbarer Kampf im Gange. Im vierten schienen demütige Vertreter der Verlierer vor dem Lagerthron des siegreichen Generals zu erscheinen. Sie überbrachten ihm scheinbar Friedens- und Versöhnungsgeschenke. Darunter waren exotische Bestien, Korngarben, Truhen gefüllt mit wertvollen Gaben und nackte, in Ketten gelegte Frauen. Außerdem kniete die Tatrix mit ihrer Tiara, vollständig bekleidet, aber in Ketten gelegt, vor dem Thron des siegreichen Generals. Im fünften Abschnitt sahen wir ein Siegesfest. Nackte Mädchen, zweifellos zu den Verlierern gehörend, bedienten an niedrigen Tischen und tanzten zwischen ihnen. An der Seite des siegreichen Generals saß als sein Gast die Tatrix, immer noch mit ihrer Tiara, aber bis zur Taille entblößt, als nächstes würde ihre Tiara zweifellos entfernt werden. Sklavenmädchen brauchten so etwas nicht. Sicher würde sie bald auch nackt sein und bedienen und tanzen und wie jede andere Sklavin hoffen, dass sie ihre Herren zufrieden stellen würde.
»Interessant«, bemerkte mein Herr, »dieses Denkmal feiert einen Sieg, mit dem Markt von Semris nur indirekt verbunden war. Es erzählt die Geschichte eines Krieges, der im Nordwesten stattfand, auf dem Olni, zwischen Port Olni und Ti, zweithundert Jahre vor der Vereinigung der Salarischen Konföderation. Ti war damals siegreich. Es gibt ein größeres Original dieses Denkmals in Ti. Dies hier ist eine Kopie. Es steht hier, weil Markt von Semris während der Zeit dieses Krieges ein wichtiger Verbündeter und eine Nachschubbasis Tis war.
»Ja, Herr.«
»Das meiste davon, was ich dir erzählt habe, steht auf der Plakette auf der rechten Seite.«
»Ja, Herr.«
Ich konnte nicht lesen.
»Komm weiter.« befahl er zum Klang der Kette, als er an der Leine ruckte.
»Eine kurvenreiche Sklavin.« stellte ein Mann anerkennend fest.
Ich wusste nicht, ob er mich damit meinte. Vielleicht. Ein Ta-Teera überlässt nur wenige Reize eines Mädchens der Phantasie. Ich eilte meinem Herrn hinterher, um die Leine nicht zu straff werden zu lassen. Ich konnte mich irren, doch ich fühlte, wie mir Männer hinterhersahen. Vielleicht hatten sie die Doppelflöte auf dem Rücken meines Herrn bemerkt und sie hatten einen zusätzlichen Blick auf mich geworfen, der mehr war als die übliche Abschätzung reizvollen Sklavenfleisches durch goreanische Herren und unabhängig davon, ob sie Interesse daran hatten, uns zu folgen oder nicht.
»Hier.« sagte mein Herr schließlich und hielt an einer schattigen Ecke des Platzes an.
»Ja, Herr.«
Es gab ein Haus dort. In der Wand waren einen Fuß über dem Boden vier oder fünf Sklavenringe eingelassen. So etwas ist auf goreanischen Plätzen sehr verbreitet. Sie ermöglichen den Herren, ihre Sklaven festzubinden. Manche Männer versammeln sich dort. Ich lockerte die Schnüre, mit denen die Matte auf meinen Rücken gebunden war, nahm sie ab und legte sie auf den Boden. Ich öffnete die Schnüre, die sie zusammengerollt hielten und rollte sie auseinander. Sie lag links vom nächsten Sklavenring. Ich nahm den Kupferkessel von meinem Hals und stellte ihn neben die Matte. Mein Herr zog sein Ende nun zu den nächsten zwei Sklavenringen und sicherte es dort, indem er ein schweres Vorhängeschloss durch die zwei Ringe zog. Dann wurde ich an den Sklavenring angebunden. Ich kniete neben dem Kessel nieder und senkte den Kopf. Mein Herr nahm die lange Doppelflöte vom Rücken. Ich machte mich bereit. Ich glaube, jeder auf dem Platz konnte die Musik hören.
Mein Herr spielte dann zwei oder drei Minuten lang sanfte, melodische Stücke, sinnliche und einladende Melodien. Männer begannen, sich in größerer Zahl um uns zu versammeln. Es war bald eine kleinere Menge. Ich hielt den Kopf gesenkt. Mein Herr würde entscheiden, wann die Menge groß genug war. Ich dachte an das Denkmal, an die heroischen Figuren und die Frauen zu ihren Füßen, die zweifellos erbeutet worden waren. Ich dachte auch an den Fries, der den Sockel bedeckte, besonders an die hochmütige Tatrix auf ihrem Thron am Beginn des Frieses und dann an die Prozession derer, die mit Friedens- und Versöhnungsgeschenken gekommen waren, mit Tieren, Kostbarkeiten, Frauen und solchen Dingen. Ich dachte an die Tatrix, wie sie vollständig bekleidet, in Ketten vor dem Sieger kniete. Und ich dachte auch an den letzten Teil des Frieses, wo sie neben dem Sieger saß, in ihrer Tiara und halb ausgezogen seine Siegesfeier verschönte, während die Frauen ihrer Stadt völlig nackt bedienten und tanzten.
Der Fries hatte mich erregt. Als Sklavin erregten mich auch die Männer um mich herum. In der Gegenwart von Männern wurde mir manchmal zu meiner Bestürzung und Verlegenheit warm und heiß zwischen meinen Beinen. Das war mir natürlich gestattet, weil ich nur eine Sklavin war. Die Frauen auf dem Fries waren, wenigstens zu dieser Zeit, wahrscheinlich freie Frauen gewesen. Ich zweifelte aber nicht daran, dass ihre Freiheit sich bald verflüchtigt hatte und sie unter den Siegern aufgeteilt oder mit Gewinn auf dem Sklavenmarkt verkauft worden waren. Ich fragte mich, wenn der General die Tatrix für sich beansprucht hatte, ob er sie verkauft oder für sich behalten hatte, vielleicht als die Geringste unter seinen Sklavinnen.