Ich wollte diese Gruppe nicht bedienen. Seit Tagen hatte ich mich davor gedrückt. Dann war letzte Nacht ein Mädchen plötzlich weggebracht worden. Ich vermutete, sie sollte ihren Platz für mich freimachen. Ich wusste nicht, warum, aber so war es gewesen.
»Wasser, Herr?« fragte ich.
Die Männer waren nur am Fuß zusammengekettet. Ihre Hände waren frei. Sie hatten Werkzeuge.
»Ja.« sagte der Mann.
Ich kniete mit gesenktem Kopf im Sand vor ihm nieder. Ich streifte die Metalltasse an ihrer Schnur über meinen Kopf. Mein Hals war vor ihm entblößt. Ich füllte die Tasse und verschloss den Wassersack wieder. Ich hatte Angst, dass der Mann mich in den Sand stoßen würde. Ich küsste die Tasse, hielt sie mit beiden Händen und bot sie ihm mit erhobenen Armen und gesenktem Kopf an. Er nahm sie, trank und gab sie mir zurück.
»Ich danke dir, Herr.« flüsterte ich.
Ich lebte noch!
Ich ging zum nächsten Mann und zum nächsten. Je weiter ich in der Reihe kam, umso dankbarer und erleichterter wurde ich. Jeder der Männer nahm Wasser von mir. Es schien, als wäre ich für sie wie jedes andere Wassermädchen auch. Es war unmöglich, meine Erleichterung zu beschreiben. Es schien, als würden die Männer mir nicht nachtragen, dass ich bei ihrer Entführung beteiligt gewesen war. Vielleicht wussten sie, dass ich hilflos gewesen war, dass ich als goreanische Kajira keine Wahl gehabt hatte, als zu gehorchen. Wie erstaunlich es war, dass sie keinen Groll gegen mich hegten! Wie dankbar ich ihnen für ihr Verständnis war!
Dann kniete ich vor dem letzten Mann der Kette, den ich am meisten fürchtete und doch am Besten kannte, der in Brundisium so freundlich zu mir gewesen war und den ich in Argentum so geschickt hereingelegt und in seine derzeitige Lage gebracht hatte.
»Wasser, Herr?« fragte ich.
»Ja.« sagte er.
Ich goss ihm das Wasser ein und bot ihm die Tasse auf die gleiche Art wie den anderen vor ihm an. Er nahm sie, trank aber nicht, sondern sah mich mit Hass in den Augen an, drehte die Tasse und schüttete das Wasser langsam in den Sand. Ich erschrak. Es schien eine Art Signal für die anderen zu sein. Ich fand mich plötzlich in der Mitte der Männer wieder, kniend, zitternd, klein, in der Mitte eines unerbittlichen Kreises.
»Ihr Herren?« fragte ich verängstigt.
Sicher kam jetzt die Wache schon den Hügel hinunter, um sie zu schlagen und zurückzupeitschen. Aber wie ich so in ihrer Mitte kniete, konnte ich keine Wache sehen.
»Ihr Herren?« fragte ich wieder.
Sie sagten nichts. Wo war die Wache?
»Bitte, ihr Herren«, sagte ich, »ich bin nur eine Sklavin. Bitte seid freundlich zu einer Sklavin.«
»Sie täuscht ihr Erschrecken gut vor.« sagte einer der Männer.
»Sie ist eine gute Schauspielerin.« kommentierte ein anderer.
»Bitte, ihr Herren!« flehte ich.
Der, vor dem ich kniete, warf die Tasse zur Seite in den Sand. Der Wassersack wurde mir abgenommen und neben die Tasse geworfen. Ich wagte es nicht, mich von meinen Knien zu erheben. Ich war eine Sklavin. Es war mir nicht erlaubt worden.
»Du warst ein ausgezeichnetes Ködermädchen.« bemerkte einer der Männer.
»Ich danke dir, Herr.« wisperte ich.
Selbst wenn ich gewagt hätte, aufzustehen, ich wusste nicht, ob ich in meinem Schrecken überhaupt die Kraft dazu gehabt hätte. Aber auch wenn ich die Kraft gefunden hätte, ich hätte ihnen nicht entkommen können. Sie waren überall um mich herum. Außerdem konnte ich, gefesselt wie ich war, nicht rennen.
»Sie hat mich raffiniert getäuscht.« stellte ein Mann fest.
»Und mich.«
»Und mich.«
»Verzeiht mir, ihr Herren!« flehte ich.
Die Wache erschien nicht.
»Hilfe!« schrie ich. »Hilfe! Hilf mir, Herr! Bitte hilf! Hilf, Herr!«
Aber nur Stille antwortete auf meine Schreie.
»Ist es dir erlaubt zu sprechen?« fragte ein Mann.
»Nein, Herr.« flüsterte ich. »Verzeih mir, Herr.«
Der Mann, vor dem ich kniete und ein anderer, muskulöser Mann hoben mich an den Armen hoch. Ein anderer Mann schlug mich zweimal. Dann wurde ich zurück auf den Sand geworfen, auf alle vier, eine bestrafte Sklavin.
»Lasst sie versuchen, wegzulaufen.« sagte der Mann, vor dem ich gekniet hatte.
Ich sah wild um mich. Ich schmeckte Blut in meinem Mund. Der Mann hinter mir trat zu Seite und machte eine Gasse zum Hügel frei. Ich sah den an, vor dem ich gekniet hatte. Ich erhob mich auf die Füße, kauerte mich halb zusammen und kroch vorsichtig rückwärts weg von ihm, bis ich die Kette hinter mich gelassen hatte. Dann drehte ich mich wild um und versuchte, zu rennen. Ich fiel wieder und wieder hin und begann dann, den sandigen Abhang zu erklimmen. Immer wieder rutschte ich zurück, behindert durch meine Ketten. Dann war ich oben.
Hier war nicht nur der Wächter und die andere Arbeitssklavin, die jetzt mit dem Kopf im Sand kniete, sondern auch der Aufseher und eine Sänfte mit acht Trägern und einem Mann in Seidenroben, fett und kahl, der darin zurückgelehnt saß, ein kurzstieliges Lorgnon in seiner rechten Hand haltend. Schnell kniete ich vor der Sänfte nieder, mit Sand bedeckt, in meinen Ketten und erwies meine Ehrerbietung.
»Sieh hoch.« befahl der Aufseher.
Der Mann betrachtete mich durch das Lorgnon.
»Das«, sagte der Aufseher, »ist das Mädchen, Tuka, das deinem Lieferanten, Tyrrhenius aus Argentum, diente. Wir haben sie deinem Befehl gemäß gekauft, für ein Tarsk-Stück über ihrem früheren Verkaufspreis. Wir haben sie zur Schwarzen Kette hergebracht, weil wir dachten, das würde dich erfreuen. Wir freuen uns, dass das so gut mit deiner Inspektionsreise zusammengepasst hat.«
Der Aufseher machte eine Geste zum Wächter, der meine Tunika öffnete und sie zurückschlug. Ich sah, wie sich das Lorgnon etwas hob.
»Wie du sicher schon vermutest«, sagte der Aufseher, »war sie ein ausgezeichnetes Ködermädchen. Sie war an der Entführung von dreiundzwanzig Gefangenen dort unten beteiligt.«
Ich zitterte und kniete in dem weichen, warmen Sand, der meine Schenkel bedeckte.
»Begrüße deinen Herrn.« sagte der Aufseher zu mir.
»Ich grüße dich, Herr.« sagte ich.
Der Mann in der Sänfte machte eine winzige Bewegung mit dem Lorgnon. Der Wächter griff von hinten an meine Oberarme und schleuderte mich nach hinten, so dass ich den sandigen Abhang hinunterrutschte und rollte, bis ich wieder am Fuß des Hügels lag. Dort packten mich zwei muskulöse Männer an den Armen, schleppten mich durch den Sand und zwangen mich vor dem, den ich am meisten fürchtete, auf die Knie. Ich sah wild hinter mich nach oben, doch dort sah ich nur die Gruppe, die mich ohne eine Bewegung beobachtete.
Jetzt begriff ich, warum mir die Wache vorhin nicht geholfen hatte. Ich begriff auch, warum die Gruppe gerade hier arbeitete, wo sie vom Hügel beobachtet werden konnte, außerhalb der Sicht der anderen Gruppen. Ich warf mich vor dem, den ich am meisten fürchtete und der der Letzte an der Kette der fünfzig Männer war in den Sand auf meinen Bauch. Ich wäre auf dem Bauch zu seinen Füßen gekrochen, um meine blutigen Lippen darauf zu pressen, aber meine Füße wurden festgehalten.
»Herr«, schluchzte ich, »verzeih mir!«
Aber als ich hochsah, mit Sand bedeckt, mit Sand im Haar, sah ich keine Vergebung in seinen Augen. Auf eine Handbewegung von ihm, der der Anführer der Männer zu sein schien, wurde ich auf meine Knie gezogen. Ich wollte meine Tunika schließen, doch einer der Männer zog sie wütend wieder auf.
»Lasst sie uns töten.« forderte einer der Männer.
Ich schauderte.
»Töte sie.«