Er atmete tief ein und stieß den Atem dann langsam wieder aus. Sollte er es wagen? Er biß die Zähne zusammen. Er hatte Föderationssucher und Schattenwesen von einem Ende Callahorns bis zum anderen bekämpft und überlebt. Er war kein unreifer, unerfahrener Junge. Er würde tun, was er tun mußte.
Die Reiter zogen vorüber, und der Wagen donnerte vorbei und gelangte zu der Engstelle des kleinen Tals. Morgan erhob sich lautlos und geschmeidig und hob das Schwert von Leah an. Sei schnell. Sei sicher. Zögere nicht.
Er verließ seine Deckung und folgte den letzten Reitern. Die Vorausreitenden und der Wagen waren an die Engstelle gelangt. Er erwischte die letzten Reiter als erste, führte seine Klinge in einem Bogen herum und legte dabei seine ganze Kraft hinein. Er durchschlug ihre Taillen. Sie stürzten von den Pferden wie gefällte Baumstämme und waren nach einem kleinen überraschten Grunzen still. Sie waren sofort tot. Ihr Blut lief grünlich und dickflüssig über ihre Gewänder, als sie hinabfielen, und einiges davon blieb an Morgans Händen kleben. Die Pferde scheuten und zogen in verschiedene Richtungen, als Morgan vorbeidrängte und auf den Wagen zusprang. Vor ihm war das kleine Tal schattig und dicht mit Gestrüpp und Bäumen bewachsen, und der Zug behielt seinen Schritt bei. Morgan erreichte den Wagen, sprang zu den Segeltuchplanen hoch und zog sich hinauf. Er durchschnitt die Schnüre und sprang hinein. Im schwachen Licht der Dämmerung sah er nur eine einzige, regungslos auf dem Boden des Wagens liegende Gestalt mit gefesselten Händen und Füßen. Er eilte an ihr vorbei und sah, daß sich die dunklen Gestalten vorn auf dem Wagen bereits umzuwenden begannen. Sein Schwung trug ihn blitzschnell zur Vorderseite des Wagens, und sein Körper drehte sich, als er sein Schwert zurückführte. Jemand rief einen Warnruf, aber da brach er schon wütend durch das Segeltuch hindurch, zerriß es, als sei es nicht vorhanden, und schlug auf die Sucher ein, als sie ihre Waffen freizubekommen versuchten. Sie schrien und stürzten zur Seite, und in Morgans Händen begann das Schwert von Leah wie Feuer zu glühen.
Er stieß durch die zerrissenen Lappen hindurch zum Wagensitz vor und trat dort die Überreste eines Suchers beiseite. Dann riß er die Zügel an sich, brüllte wütend einen Befehl und peitschte auf das Gespann ein. Die Pferde schrien und schössen vorwärts, galoppierten in die Vorausreitenden hinein, die sich gerade hatten umwenden wollen, um zu sehen, was vor sich ging. Der Wagen donnerte auf sie zu, und da sie noch immer an der Engstelle waren, konnten sie nirgendwohin ausweichen. Sie versuchten sich wieder nach vorn zu wenden, versuchten aus dem Weg zu springen, schössen vorwärts und wanden sich in dem engen Spalt wie Schlangenmenschen, während ihre schwarzen Gewänder flogen. Aber der Wagen prallte in sie hinein, riß zwei sofort nieder, zerquetschte einen Sucher unter seinen Rädern und schleuderte den anderen in die Bäume. Der Wagen sprang und bäumte sich auf, und gleichzeitig scheuten die Pferde. Morgan erhob sich auf dem Sitz, als er an den verbliebenen zwei Reitern vorüberjagte, das Schwert von Leah erhoben, um die drohenden Schläge abzublocken.
Er donnerte aus dem kleinen Tal heraus und auf die dahinterliegenden Ebenen zu, riß an den Zügeln und lenkte das Gespann herum, wobei der Wagen fast umkippte. Die Räder rutschten auf dem feuchten Gras, und Morgan ließ sein Schwert in den Wagen fallen, um beide Hände frei und das Gespann unter Kontrolle zu bekommen. Hinter ihm kamen die beiden letzten Reiter heran, und ihre dunklen Umrisse materialisierten sich aus dem Nebel. Einer der beiden Reiter, die herabgefallen waren, erschien ebenfalls wieder, doch jetzt zu Fuß. Morgan peitschte das Gespann mit zunehmender Geschwindigkeit auf sie zu. Schweiß rann sein Gesicht herab, und seine Sicht war getrübt. Er griff in den Wagen nach dem Schwert von Leah und nahm es hoch, während die Magie die Klinge hinablief wie Feuer. Die berittenen Sucher erreichten ihn zuerst, teilten sich zu beiden Seiten auf und hoben ihre Klingen. Er schob sich so weit nach rechts wie möglich, konzentrierte sich auf den nächstgelegenen Reiter, donnerte an der Abwehr des anderen vorbei und zerschmetterte dessen Schädel. Er spürte eine rotheiße Verbrennung an seiner Schulter, als der andere Reiter von seinem Pferd auf den Wagensitz sprang und ihm einen Schlag versetzte, der ihn beinahe das Gleichgewicht kostete. Er wirbelte herum, fiel beinahe hinunter und trat dann mit seinem Stiefel zu, um den anderen zurückzustoßen. Der Wagen schwankte stark und richtete sich dieses Mal nicht wieder von selbst auf. Er löste sich aus seiner Spur und der Deichsel und kippte um, wodurch die Kämpfer zu Boden geschleudert wurden. Morgan landete hart, und roter Nebel legte sich über seine Sicht, Schmerz schoß durch seinen Körper, aber er stand sofort wieder auf.
Der Sucher, der ihn verwundet hatte, wartete, und der andere kam schnell heran. Beide nahmen ihre Gestalt als Schattenwesen an, erhoben sich als Nebel der Dunkelheit aus ihren schwarzgekleideten Körpern, und ihre Augen glühten rot und kalt. Sie hatten das Feuer an seinem Schwert hinablaufen sehen und wußten, daß Morgan die Magie besaß. Sie legten ihre Sucherverkleidung ab und riefen ihre eigene Magie herauf. Karmesinrotes Feuer schoß von ihren Waffen auf Morgan zu, aber er blockte es ab und griff sie mit zielstrebiger Entschlossenheit an. Er überlegte nicht mehr lange, sondern handelte jetzt aus der Notwendigkeit heraus. Er prallte in den ersten hinein und warf ihn um. Das Schwert von Leah fuhr herab, zerschmetterte die Waffe des anderen, und das Feuer brannte von der Kehle bis zum Leib durch ihn hindurch. Das Schattenwesen schrie auf, erschauerte und wurde still.
Morgan stürzte auf das andere zu, ohne seinen Schritt zu verlangsamen. Jetzt war er von der Essenz der Magie völlig vereinnahmt und wurde von Kräften getrieben, die nicht mehr unter seiner Kontrolle standen. Das Schattenwesen zögerte, sah sein Gesicht und erkannte zu spät, daß es ihm überlegen war. Es warf das Feuer hoch, und es zersplitterte an Morgans Klinge. Dann war Morgan über ihm, schlug einmal zu, zweimal und dreimal, und dabei eilte die Magie den Talisman als plötzliche weiße Hitze hinauf und hinab. Das Schattenwesen schrie und wollte sich befreien, und dann explodierte das Feuer als greller Lichtblitz durch es hindurch, und es war fort.
Morgan wirbelte herum und suchte die Dämmerung nach allen Seiten ab, aber das Land war still und leer. Im Osten überstieg die Sonne in einem Ausbruch silbrigen Goldes den Horizont, Licht strömte durch die Bäume und durchdrang die Schatten und den Nebel. Das kleine Tal war ein dunkler Tunnel, in dem sich nichts mehr bewegte. Die Schattenwesen lagen leblos um ihn herum. Nur ein Pferd war noch geblieben, es war als dunkler Fleck in ungefähr fünfzig Fuß Entfernung zu sehen. Seine Zügel schleiften am Boden, während es den Kopf schüttelte und aufstampfte, weil es unsicher war, was es tun sollte. Morgan betrachtete es, beruhigte seine schweißnassen Hände und richtete sich langsam auf. Die Magie des Schwertes verblaßte, und die Klinge wurde wieder unergründlich schwarz.
Nah bei ihm rief eine Drossel. Morgan Leah lauschte darauf, ohne sich zu regen, und sein Atem klang in seinen Ohren wie ein scharfes Pfeifen. Die Schattenwesen in der Südwache werden es gehört haben. Sie werden dich angreifen. Geh!
Er steckte das Schwert von Leah in die Scheide und eilte zu dem umgestürzten Wagen hinüber. Plötzlich fiel ihm Par wieder ein, und er wollte nachsehen, ob es dem Talbewohner gutging. Es war Par dort drinnen, sagte er sich. Er mußte es sein. Morgan war benommen und blutete, seine Kleidung war zerrissen und verschmutzt und die Haut von Staub und Schweiß bedeckt. Er fühlte sich schwindelig, aber gefährlich unbesiegbar.
Natürlich war es Par!
Er kletterte auf den umgestürzten Wagen hinauf und trat zu der gefesselten Gestalt, die gegen eine der zerbrochenen Seitenwände gesunken war und zu ihm aufschaute. Schatten verbargen das Gesicht des anderen, und er beugte sich hinunter, blinzelte und schaute.