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Par keuchte und wich zurück. Er sah es jetzt, sah alles. Glaube es lange genug, und es wird geschehen. Glaube, daß es so sein könnte, und es wird so sein. Das war es, was er sich selbst angetan hatte, während er in Magie eingehüllt war, die von nichts vernichtet werden konnte, wenn er es nicht zuließ. Er war in seinen eigenen Ängsten und Unsicherheiten vor der Wahrheit gefangen gewesen. Felsen-Dall hatte das gewußt. Er hatte erkannt, daß Par von sich aus mit den Möglichkeiten ringen würde, die der Erste Sucher ihm anbot. Laß ihn glauben, daß er seinen Bruder mit seiner Magie getötet hat. Laß ihn glauben, daß die Magie des Schwertes von Shannara niemals die seine sein kann. Laß ihn glauben, daß er wegen dem, was er sein könnte, scheitern wird. Solange er den Wunschgesang einsetzt, um die Magie des Schwertes in Schach zu halten, welche Chance hatte er da, den Konflikt in sich selbst zu lösen? Par würde sowohl der Retter der Druiden als auch das Faustpfand der Schattenwesen sein, und das würde ihn auseinanderreißen.

»Aber ich muß nicht einer von ihnen sein«, hörte er sich sagen. »Ich muß es nicht!«

Er erschauerte unter dem Gewicht seiner Worte. Colls Lächeln wärmte ihn wie Sonne. Wie es für seinen Bruder gewesen war, als die Wahrheit des Schwertes die Lüge des Spiegeltuchs fortgerissen hatte, wurde die Erkenntnis auch jetzt zu einem Weg, auf dem Par nun zu sich selbst zurückkehren konnte. Hatte Allanon gewußt, daß es so sein würde, fragte er sich, während er sich aus dem Licht zu erheben begann. Hatte Allanon erkannt, daß dies der Zweck des Schwertes von Shannara war?

Als die Magie erlosch und er seine Augen öffnete, stellte er überrascht fest, daß er weinte.

35

Schatten und Nebel drehten und wanden sich das Tal von Rhenn hinab wie ein Meer der Bewegung, das über die Körper der Toten hinwegrollte und den Überlebenden die finstere Einladung zuwinkte, sich ihm anzuschließen. Wren Elessedil stand mit den Befehlshabern der Elfenarmee und ihren neuen Verbündeten am Eingang des Tales und erwog, der Verlockung seines Rufs zu folgen. Von den Körpern, die noch immer dort unten verstreut lagen, überwiegend Südländer, die von ihren Kameraden zurückgelassen worden waren, erhoben sich Arme und zuckten im Tode wie Wegweiser zur Unterwelt. Das Blutbad breitete sich südwärts bis auf die Ebenen aus, bis die Dunkelheit es verschluckte, und es schien der Königin der Elfen, als ob es sich endlos erstrecken könnte. Ihr war, als hätte sie einen kurzen Blick auf eine Zukunft geworfen, die darauf wartete, sie zu beanspruchen.

Sie stand abseits von den anderen – von Triss und Barsimmon Oridio, von dem Anführer des Geächteten, Padishar Creel, und seinem rauhen Freund Chandos und von Axhind, dem geheimnisvollen Befehlshaber der Trolle. Sie schauten alle zum Tal hinunter, als denke jeder von ihnen über dasselbe Rätsel nach, dieses Gewirr aus Nebel und Schatten und Tod. Niemand sprach. Sie standen dort, seit sie die Nachricht erhalten hatten, daß sich die Föderation erneut auf dem Vormarsch befand. Die Dämmerung war noch nicht angebrochen, und das Licht wartete im Osten noch unter dem Rand des Horizonts. Der Himmel war dicht bewölkt und die Welt ein Ort der Schwärze.

Verzweiflung tobte tief in Wren. Sie spürte sie bis in die Knochen, und sie schien kein Ende nehmen zu wollen. Sie hatte gedacht, sie hätte zum letzten Mal weinen müssen, als Garth gestorben war, aber der Verlust von Faun hatte die Tränen und den Kummer erneut heraufbeschworen, und jetzt glaubte sie, daß sie vielleicht niemals wieder davon befreit werden würde. Sie fühlte sich, als sei ihr die Haut vom Körper gezogen worden, so daß das Blut darunter frei fließen konnte und die Nervenenden bloßgelegt waren. Sie fühlte sich, als habe sich der Sinn ihres Lebens zu einer Prüfung ihres Willens und ihrer Ausdauer entwickelt. Sie fühlte sich im Herzen elend und in der Seele leer.

»Es war nur ein Baumschreier«, hatte Stresa ihr wenig überzeugend zugezischt, als er sie gegen Mitternacht gefunden hatte. Sie hatte ihm von Fauns Tod erzählt, aber der Tod war für Stresa nichts Neues. »Sie wachsen auf, um zu sterben, Wren von den Elfen. Zerbrich dir nicht den Kopf darüber.«

Die Worte sollten sie nicht verletzen, aber sie fühlte sich dennoch durch sie herausgefordert. »Du wärst mit deinen Bemerkungen nicht so schnell bei der Hand, wenn ich um dich trauern müßte.«

»Phhffft. Eines Tages wirst du das.« Der Stachelkater hatte die Achseln gezuckt. »So sind die Dinge eben. Der Baumschreier ist gestorben, um dich zu retten. So hat er es gewollt.«

»Niemand will sterben.« Die Worte klangen verbittert und rauh. »Nicht einmal ein Baumschreier.«

Und Stresa hatte erwidert. »Es war seine Wahl, nicht wahr?«

Dann war er wieder gegangen. Er war in die Wälder weit im Westen gezogen, um darauf zu achten, was aus dieser Richtung kommen würde, um die Elfen zu warnen, wenn es notwendig war. Sie entfernten sich voneinander, spürte Wren. Stresa war ein Wesen der Wildnis, und sie war es nicht. Er würde eines Tages fortgehen und nicht mehr zurückkommen, und ihre letzte Verbindung zu Morrowindl wäre verloren. Alles wäre dann der Erinnerung anheimgegeben, der Anfang dessen, wer sie jetzt war, und das Ende davon, wer sie gewesen war.

Sie wunderte sich, daß sich das Leben so vollkommen verändern konnte und sie sich dennoch noch genauso fühlte wie früher.

Aber vielleicht belog sie sich in dieser Beziehung selbst, wenn sie vorgab, unverändert zu sein, während sie tatsächlich doch verändert war und es nur einfach nicht zugeben konnte. Sie blickte stirnrunzelnd in die Dunkelheit, suchte den von Toten übersäten Talboden ab und fragte sich, wieviel von ihrem Selbst Morrowindls Schrecken überlebt hatte und wieviel verlorengegangen war. Sie wünschte, sie hätte jemanden, dem sie diese Frage stellen konnte. Aber die meisten jener, die sie hätte fragen können, waren tot, und jene, die noch lebten, würden die Antwort zurückhalten. Sie würde sich die Frage selbst beantworten und hoffen müssen, daß ihre Antwort richtig war.

Padishar Creel schaute suchend in ihre Richtung, aber sie ging nicht darauf ein. Sie hatte seit dem Morgen mit niemandem mehr gesprochen, nicht einmal mit Triss, und hatte sich mit ihrer Einsamkeit umgeben wie mit einer Rüstung. Schließlich waren die Geächteten gekommen und hatten Axhind und seine Felsentrolle mit sich gebracht, die Verstärkung, die sie herbeigesehnt hatte. Aber plötzlich war es ihr schwergefallen, das alles für wichtig zu halten. Sie wollte nicht, daß die Elfen ausgerottet würden, aber das Töten machte sie krank. Der gestrige Kampf hatte unentschieden geendet, nichts war geklärt worden, und der Kampf des heutigen Tages versprach kein neues Ergebnis. Die Föderation hatte innegehalten und sich neu formiert und kam wieder heran. Sie würden immer wieder herankommen, dachte sie. Sie waren so viele, daß sie es immer wieder wagen konnten. Die zusätzliche Hilfe der Geächteten und der Trolle stärkte die Überlebenschance der Elfen, gab aber keinen Grund zu der Hoffnung, daß die Föderation aufgehalten werden könnte. Von den Städten im Süden und von Tyrsis würde den Föderierten Verstärkung gesandt werden. Ein endloser Strom, wenn notwendig. Die Invasion würde weitergehen, der Vorstoß ins Elfenwestland, und allein die Frage, wie lange die Zerstörung weitergehen würde, war noch nicht entschieden.

Sie drängte die Verbitterung und die Verzweiflung zurück und ärgerte sich über ihre Schwäche. Die Königin der Elfen konnte es sich nicht erlauben, einfach aufzugeben, schalt sie sich. Die Königin der Elfen mußte immer an die Rettung glauben.

Ach, aber was war noch geblieben, woran sie glauben konnte?