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Und er hatte dem großen Mann sein Versprechen gegeben.

»Padishar«, hörte er Damson in sein Ohr flüstern, und er spürte, wie sie auf den großen Mann zueilen wollte.

Entschlossen ergriff er sie und zog sie den Weg zurück, den sie gekommen waren. Fort von dem Kampf. Er hatte seine Wahl getroffen. »Par!« schrie sie verärgert, aber er schüttelte abwehrend den Kopf. Sie erreichten die geschlossene Tür. Befanden sich hinter ihr die Schattenwesen? Par konnte nichts hören, aber er konnte über die Kampfgeräusche hinter ihm hinweg ohnehin nichts hören.

»Wir können ihn nicht zurücklassen!« schrie Damson.

Er zog sie nahe an sich heran. »Wir müssen es.« Vor ihm ragte die hölzerne Tür auf und verbarg drohend und schweigend was darunterlag. Er stützte sich ab und beschwor die Magie des Wunschgesangs herauf, denn dieses Mal hatte er keine Wahl. Die Magie regte sich eifrig.

Bitte, dachte er, nur dieses eine Mal möchte ich sie kontrollie- ren können!

Er riß die Tür auf und war bereit, die Magie weißheiß und tödlich den dahinterliegenden Gang hinabschießen zu lassen. Aber Stille empfing ihn, und Mondlicht floß durch Risse in dem zerschmetterten Stein herab. Schutt bedeckte den Boden. Der Gang war leer.

Er warf einen letzten Blick zu Padishar Creel zurück, der durch seinen erbitterten Kampf eine einsame Barriere gegen den Fluß von Föderationssoldaten errichtete, die durchzubrechen versuchten. Es gab keine Hoffnung für Padishar, das wußte er. Es war von Anfang an eine Falle gewesen. Und die Falle begann sich bereits zu schließen.

Es war jedoch immer noch Zeit, Damson zu retten.

Und sie hatten vereinbart, das zu tun, was auch immer es kosten würde.

Mit Damson, die noch immer an seinen Arm geklammert war, eilte er in den leeren Gang vor ihnen und ließ Padishar Creel zurück.

6

Innerhalb von Sekunden waren sie durch die Tür zur Treppe und auf das Podest hinausgelangt. Eine Welle aus Geräuschen und Wut erhob sich aus dem Gang hinter ihnen, in dem Padishar die Föderationssoldaten in Schach hielt.

Par wirbelte herum und trat die Turmtür zu.

Wo entlang?

Von unten konnte er das Poltern von Stiefeln und die Rufe von Männern hören, die die Treppe erklommen. Hinabsteigen konnten sie nicht mehr.

»Laß mich los!« schrie Damson wütend und riß sich von ihm los. Ihre grünen Augen glänzten vor Tränen und Zorn. »Du hast ihn im Stich gelassen!«

Par hörte kaum zu. Sie mußten aufwärts gehen, den Weg zurück, den sie gekommen waren, dorthin zurück, wo der Maulwurf wartete. Es sei denn, Padishar hatte recht gehabt, und der Maulwurf hatte sie tatsächlich verraten. Denkbar war es. Der Maulwurf war vielleicht vor Tagen, als die Föderation sie zuerst in seinem Lager gefunden hatte, gefangengenommen worden. Aber, nein, wenn er da gefangengenommen worden wäre, hätte er ihnen sicherlich nicht zur Flucht aus der Kornmühle verholfen. Er hätte zugelassen, daß die Föderation sie erwischt und es damit gutsein lassen. Aber was war, wenn er gefangengenommen worden war, als er dieses letzte Mal auf die Suche nach Damson gegangen war – gefangengenommen und bekehrt und in ein Schattenwesen verwandelt?

Damson zog an seinem Arm. »Wir müssen zurückgehen, Par! Er braucht uns! Er ist mein Vater!« Sie knirschte mit den Zähnen. »Er ist auch zu dir zurückgekommen!«

Par wirbelte zu ihr herum, packte ihre Arme und zog sie so nah an sich heran, daß er die Hitze ihres Atems auf seinem Gesicht spüren konnte. »Ich werde dies nur einmal sagen. Ich habe ihm mein Versprechen gegeben. Was auch immer geschehen würde, du solltest in Sicherheit gebracht werden. Er hat sich für dich aufgegeben, Damson, und das darf nicht umsonst gewesen sein! Jetzt lauf!«

Er wandte sie abrupt um und schob sie auf die Treppe zu. Sie rannten die Stufen hinauf und hörten, wie die Geräusche der Verfolger näherkamen. Pars Gesicht zeigte grimmige Entschlossenheit. Wenn der Maulwurf sie verraten hatte, waren sie erledigt, egal, wohin sie liefen. Wenn er es nicht getan hatte, bestand ihre einzige Chance darin, ihn zu finden.

Sie erreichten den nächsten Treppenabsatz, und Par hielt vergebens nach der verborgenen Tür Ausschau. Er konnte sich nicht daran erinnern, wo sie war, denn er hatte nicht gut genug aufgepaßt, als sie hindurchgegangen waren. Jetzt sah alles gleich aus.

»Maulwurf!« rief er verzweifelt.

Sofort teilte sich die Wand zu seiner Linken, und das pelzige Gesicht des Maulwurfs spähte daraus hervor. »Hier! Hier, liebliche Damson!« rief er aufgeregt.

Sie eilten durch die Öffnung hindurch, und der Maulwurf schob die Wand hinter ihnen zu. »Padishar?« fragte er ängstlich, und durch die Art, wie er dies sagte, und durch den Ausdruck, der in seine feuchten Augen trat, gelangte Par zu der Überzeugung, daß kein Verrat stattgefunden hatte, selbst wenn er es niemals würde erklären können.

»Sie haben ihn«, antwortete der Talbewohner und zwang sich, Damson direkt anzusehen. Sie wandte sich sofort ab.

»Dann kommt fort von hier«, drängte der Maulwurf. Mit der Kerze in der Hand eilte er ihnen voraus. »Beeilt euch.«

Sie kehrten in die Mauern des Turms zurück und bahnten sich ihren gewundenen Weg durch die Dunkelheit. Nur noch undeutlich konnten sie die Schreie der Soldaten hören, die in einer gedämpften Kakophonie durch den Stein drangen. Sie erreichten die Kammer und durchquerten sie eilig, um zu dem dahinterliegenden Gang zu gelangen. Draußen liefen Soldaten an den Barackenfenstern vorbei und eilten zu dem Wachturm und den Toren. Fackellicht spuckte und flackerte, als es gegen die Dunkelheit eingesetzt wurde, und der Lärm von Pfeilen, die abgeschossen wurden, und metallenen Riegeln, die hart einrasteten, war ohrenbetäubend. In einem Teich der Dunkelheit an die Mauer gepreßt, hielt der Maulwurf einen Moment lang inne und winkte sie dann erneut weiter. Sie rannten geduckt durch den leeren Gang zu der Tür, durch die sie hereingekommen waren, und hasteten durch den äußeren Hof.

Die Dunkelheit war hereingebrochen, und der Mond und die Sterne waren hinter tiefhängenden und düsteren Wolken über der Klippe verborgen. Feuer warf sein rauchiges Licht wirkungslos durch die Dunkelheit. Gestalten eilten überall umher, aber es war unmöglich, ihre Gesichter zu erkennen.

»Hier entlang!« flüsterte der Maulwurf rauh.

Sie drückten sich an der Mauer entlang und bewegten sich schnell, weil jedermann sonst sich ebenfalls hastig bewegte. Sie glitten durch die Dunkelheit und waren einfach drei weitere Körper in der allgemeinen Verwirrung.

Sie hatten die Tür fast erreicht, die wieder in den Untergrund der Stadt hinabführte, als sie bedroht wurden. Ein Ruf erklang, und eine dunkle Gestalt kam aus der Dunkelheit auf sie zu. Einen Moment lang dachte Par, Padishar sei wundersamerweise entkommen, aber dann sah er die Abzeichen eines Föderationshauptmanns auf dunkler Uniform. Alle drei gefroren bei seinem Herannahen an ihrem Platz und wußten nicht, was sie tun sollten. Der Hauptmann erreichte sie schließlich, und sein dunkles, bärtiges Gesicht kam ins Licht.

Da trat Damson auf einmal vor, weich und entspannt, und lächelte ihn an. Ein Ausdruck der Verwirrung erschien auf seinem Gesicht. Sie gab ihm noch einen Augenblick und schlug ihm dann mit der Handkante dreimal ins Gesicht. Ihre Schläge waren so schnell, daß Par sie kaum sehen konnte. Sie trat dicht an ihn heran, zog sich seine Arme über die Schultern und warf ihn zu Boden. Er keuchte und versuchte zu schreien, aber ein letzter Schlag auf seine Kehle brachte ihn für immer zum Schweigen.

Damson erhob sich und drängte an Par vorbei zu der Tür, durch die der Maulwurf bereits verschwand. Par erinnerte sich daran, wie leicht sie ihn in jener Nacht im Volkspark überwältigt hatte, als er geglaubt hatte, sie sei für die Falle der Föderation verantwortlich gewesen, die Padishar und die anderen erwischt hatte. Sie hätte dies in dem Wachturm erneut tun können, erkannte er. Sie hätte ihn zwingen können, zurückzugehen, wenn sie es gewollt hätte. Warum hatte sie es dann nicht getan?