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Aber er würde sich dennoch um sie kümmern.

Und selbst wenn alle seine Bemühungen fehlschlügen, selbst wenn er nicht mehr tun konnte als sie zu vernichten, sie zu verfolgen wie ein Hund seine Beute, so würde es dennoch genügen, wenn Par Ohmsfords Seele letztendlich ihm zufiele. Er brauchte nur das, um allen Hoffnungen seiner Feinde ein Ende zu bereiten. Nur das. Es war ein kurzer Weg zum Abgrund, und der Talbewohner bewegte sich bereits darauf zu. Sein Bruder würde der vorausstolzierende Ziegenbock sein, der ihn bringen würde, der ihn anziehen würde wie einen Wolf bei der Jagd. Coll Ohmsford stand bis jetzt tief unter dem Einfluß des Zaubers des Spiegeltuchs. Er war ein Sklave der Magie, aus der der Umhang geformt worden war. Er hatte ihn gestohlen, um sich zu verhüllen, und hatte niemals geahnt, daß Felsen-Dall genau das beabsichtigt hatte, und hatte niemals geargwöhnt, daß es eine tödliche Falle sein könnte, die ihn dem eigenen, schrecklichen Zweck des Ersten Suchers zuführen sollte. Coll Ohmsford würde seinen Bruder aufspüren und eine Konfrontation herbeiführen, weil der Umhang ihn nichts anderes tun lassen und einen Zorn in ihm verbreiten würde, gegen den nur der Tod seines Bruders Linderung versprechen würde. Par würde gezwungen sein, zu kämpfen. Und weil ihm die Magie des Schwertes von Shannara fehlen würde, weil seine konventionellen Waffen nicht ausreichen würden, um die Schattenwesenart, zu der sein Bruder jetzt gehörte, aufzuhalten, und weil er Angst haben würde, daß dies nur ein weiterer Trick sein könnte, würde er die Magie des Wunschgesangs gebrauchen.

Vielleicht würde er seinen eigenen Bruder töten, und ihn dieses Mal wirklich töten, und dann erkennen – wenn es zu spät war, die Dinge rückgängig zu machen –, was er getan hatte.

Und vielleicht auch nicht. Vielleicht würde er seinen Bruder entkommen lassen – und seinem Untergang zugeführt werden.

Der Erste Sucher zuckte die Achseln. In jedem Falle wäre das Ergebnis dasselbe. In jedem Falle wäre der Talbewohner erledigt. Der Gebrauch der Magie und der Schock, der ihn durch diese Handlungsweise überwältigen mußte, würden ihn aus dem Gleichgewicht bringen. Sie würden die Magie aus seiner Kontrolle befreien, und dann würde er Felsen-Dalls Werkzeug werden. Felsen-Dall war sich dessen sicher. Er konnte es sein, weil er die Elfenmagie, anders als die Nachkommen von Shannara und ihr Mentor, verstand, sie war seine Magie nach Blut und Recht. Er verstand, was sie war und wie sie wirkte. Er wußte, was Par nicht wußte: Was mit dem Wunschgesang geschah, warum er sich so verhielt, wie er es tat, wie er seiner Leine entkommen war, um ein wildes Wesen zu werden, das nach seinem eigenen Gutdünken jagte.

Par war nahe. Er war sehr nahe.

Die Gefahr, mit der Bestie zu kämpfen, liegt darin, daß man zu dieser Bestie werden wird.

Er war fast einer von ihnen.

Bald würde es geschehen.

Es bestand allerdings auch die Möglichkeit, daß der Talbewohner die Wahrheit über das Schwert von Shannara vorher entdeckte. War die Waffe, die er trug, diejenige, die Felsen-Dall so bereitwillig aufgegeben hatte? War sie wirklich der Talisman, wie er annahm, oder eine Fälschung? Par Ohmsford wußte es noch immer nicht. Das Risiko blieb, daß er es herausfinden würde. Aber selbst wenn es ihm gelänge, was würde es ihm nützen? Schwerter hatten zwei Schneiden und konnten in beide Richtungen schneiden. Die Wahrheit würde Par vielleicht mehr schaden als nützen...

Felsen-Dall erhob sich und trat erneut zum Fenster: ein Schatten in der Schwärze der Nacht, gegen das Licht faltig und eingedreht. Die Druiden verstanden nicht; das hatten sie niemals gekonnt. Allanon war schon ein Anachronismus gewesen, bevor er auch nur geworden war, was Bremen aus ihm hatte machen wollen. Druiden – sie benutzten die Magie, wie Narren mit Feuer spielten: verwundert über ihre Möglichkeiten, aber auch erschreckt über ihre Risiken. Kein Wunder, daß die Flammen sie so oft verbrannt hatten. Aber das hinderte sie nicht daran, ihre geheimnisvolle Gabe abzulehnen. Sie urteilten so schnell über andere, die die Macht handhaben zu können suchten – die Schattenwesen allen voran –, sahen sie als ihre Feinde an und vernichteten sie.

Wie sie sich selbst vernichtet hatten.

Aber es lag Ausgewogenheit und Bedeutung in der Lebensauffassung der Schattenwesen, und die Magie war kein Spielzeug, mit dem sie spielten, sondern das Herz dessen, wer und was sie waren, umarmt, beschützt und verehrt. Keine halbherzigen Maßnahmen oder selbstdienliche Vorsichtsmaßregeln, die verkündet wurden, um sicherzustellen, daß niemand an ihrer Benutzung teilhaben würde. Keine Belehrungen oder Warnungen. Keine Spielerei. Die Schattenwesen waren einfach das, zu was die Magie sie machte, und die Magie würde sie, wenn sie sie so akzeptierten, zu allem machen können.

Die Baumspitzen der Wälder und die Klippen des Runne waren dunkle Höcker vor der flachen, silbern geränderten Oberfläche des Regenbogensees. Felsen-Dall schaute über die Welt hinweg, und er sah, was die Druiden niemals hatten sehen können.

Daß sie jenen gehörte, die stark genug waren, sie zu halten, zu besitzen und zu formen. Daß sie dazu gedacht war, benutzt zu werden.

Seine Augen glühten in der Farbe des Blutes.

Es war reine Ironie, daß die Ohmsfords den Druiden so lange gedient hatten, ihre Aufgaben ausgeführt hatten, ihre Suche auf sich genommen hatten, ihren Visionen zu Wahrheiten gefolgt waren, die niemals welche gewesen waren. Die Geschichten waren Legende. Shea und Flick, Wil, Brin und Jair und jetzt Par. Es war alles umsonst gewesen. Aber hier würde es enden. Denn Par würde den Schattenwesen dienen und damit den OhmsfordDruiden-Verbindungen für immer ein Ende bereiten.

»Par. Par. Par.«

Felsen-Dall flüsterte der Nacht seinen Namen beruhigend zu. Es war eine Litanei, die seinen Geist mit Visionen der Macht erfüllte, der nichts widerstehen würde.

Lange Zeit stand er am Fenster. Er erlaubte sich, von der Zukunft zu träumen.

Dann wandte er sich plötzlich abrupt um und stieg in die Tiefen des Turmes hinab, um sich zu nähren.

2

Der Keller unter der Kornmühle war erfüllt von Schatten, und die schwachen Lichtbänder, die durch Spalten in den Bodenbrettern drangen, verschwanden schnell im Zwielicht. Nachdem er aus seinem sicheren Versteck durch die leeren Katakomben gejagt worden war und schließlich an der blockierten Falltür, durch die er hatte entkommen wollen, festgehalten wurde, kroch Par Ohmsford wie ein gefangenes Tier umher, hielt das Schwert von Shannara schützend vor sich umklammert, als der Eindringling, der ihn bis hierher verfolgt hatte, abrupt stehenblieb und nach oben griff, um die Kapuze aus seinem Gesicht zu streifen.

»Junge«, flüsterte eine vertraute Stimme. »Ich bin es.«

Die Kapuze des Umhangs lag um die Schultern des anderen, und ein dunkler Kopf war freigegeben. Aber dennoch waren die Schatten zu dicht...

Die Gestalt trat zögernd vor und ließ die Hand mit dem langen Messer sinken. »Par?«

Die Gesichtszüge des Eindringlings wurden im grauen Licht plötzlich sichtbar, und Par atmete hörbar aus.

»Padishar!« rief er erleichtert aus. »Bist du es wirklich?«

Das lange Messer verschwand wieder unter dem Umhang, und tief und unerwartet erklang das Lachen des anderen. »Höchstpersönlich. Schatten, ich dachte, ich würde dich niemals finden! Ich suche dich schon seit Tagen in ganz Tyrsis, von einem Ende zum anderen, in jedem noch so verborgenen Versteck und in jedem Erdloch, und jedes Mal erwarteten mich nur die Sucher der Föderation und die Schattenwesen!«

Er trat zum Fuß der Treppe vor, breit lächelnd und die Arme ausgestreckt. »Komm her, Junge. Laß mich dich ansehen.«

Par senkte das Schwert von Shannara und kam erschöpft und dankbar die Stufen herab. »Ich dachte, du wärst... Ich hatte befürchtet...«

Und dann legte Padishar seine Arme um ihn und drückte ihn an sich, schlug ihm auf den Rücken und hob ihn dann vom Boden hoch, als bestünde er nur aus Sackleinen.

»Par Ohmsford!« grüßte er ihn und ließ den Talbewohner schließlich wieder zu Boden. Seine Hände hielten Pars Schultern umfaßt, während er ihn auf Armeslänge von sich hielt und ihn betrachtete. Das vertraute Lächeln war strahlend und sorglos. Er lachte erneut. »Du siehst wie ein Wrack aus!«