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Wren klammerte sich mit einer Hand an Tiger Ty, um Halt und Kontakt zu haben. Der Flugreiter saß sicher und fest auf seinem Platz, blieb während des Fluges vornübergebeugt und hatte das Gesicht abgewandt. Keiner von ihnen sprach.

Als sie so nahe herangekommen waren, wie sie wagen konnten, ohne gesehen zu werden, begannen die Rocks auf die Erde hinunterzugleiten. Die Körbe wurden hinabgelassen und die Bänder gelöst. Die Bürgerwehr strömte aus den Transportbehältnissen aus und verschwand in die Nacht. Die Rocks erhoben sich erneut, Wren noch immer hinter Tiger Ty, und schwebten in weitem Bogen hinaus und davon. Triss blieben wenige Minuten, um sich der Wachen zu entledigen, und dann war es soweit.

Die Rocks beschrieben erneut einen Bogen zurück, richteten sich aus und strebten dann direkt auf das Föderationslager zu. Immer schneller wurden sie dabei. Dies war der gefährlichste Teil der Aktion – so gefährlich, daß es Tiger Ty verboten war, mehr zu tun, als die Königin der Elfen als Beobachter mit sich zu führen. Was auch immer sonst geschehen würde, sie mußte sicher davonkommen. Sie eilten auf das Lager der Föderation zu und gingen ungefähr fünfzig Fuß über dem Boden, als sie über die ersten der Feuer hinwegflogen, in einen Gleitflug über.

Dann stießen sie abwärts wie dunkle Pfeile aus der Nacht. Alle außer Spirit. Eine Macht von elf Rocks stürzte in das Föderationslager und strich auf die Wachfeuer zu. Sie wurden erst im letzten Moment entdeckt, und überraschtes Heulen stieg von den Männern unter ihnen auf. Aber die Warnung kam zu spät. Mit ausgebreiteten Flügeln löschten die Rocks die Wachfeuer, wobei sie sich jene aussuchten, die schon fast verglüht waren, und ergriffen mit ihren schwieligen Klauen Klumpen der glühenden Kohlen. Warum sollte man Feuer für einen Brand mit sich führen, wenn bereits welches zur Verfügung stand, hatte Erring Rift argumentiert. Schnell verschwanden die Rocks wieder und drehten nach rechts und nach links zu den Sturmböcken ab. Die Föderationssoldaten kamen in Schwärmen aus ihren Decken und Betten hervor und versuchten aus dem Gewirr von Worten, die ihnen von den bereits Wachgewordenen zugerufen wurden, schlau zu werden. Inzwischen hatten die Rocks die Sturmböcke und die Wagen mit den Vorräten erreicht. Sengende Glut stürzte aus ihren Klauen auf das trockene, verwitterte Holz. Der Wind entfachte die Kohlen im Fall, und das Holz brach sofort in Flammen aus. Einige der glühenden Kohlen wurden über staubigem, geteertem Segeltuch abgeworfen, einige über den schindelgedeckten Dächern auf den riesigen Feuertürmen, einige über den Pechbottichen, die dafür bestimmt waren, die Geschosse der Katapulte zu bestreichen.

Feuer brüllte von einem Dutzend Stellen auf und leckte hungrig empor. Die Rufe verwandelten sich in Schreie des Zorns und Schreie nach Wasser, aber die Flammen waren überall gleichzeitig. Die Rocks schössen zu jenen hinab, die die Flammen sofort zu ersticken versuchten und trieben sie fort.

Dann griff die Bürgerwehr aus der Nacht an. Die Langbogen sandten Pfeilhagel in die verwirrten Föderationssoldaten hinein und ließen sie zu Boden gehen, während sie darum kämpften, ihre Waffen zu ziehen. Sie töteten sie, bevor sie wußten, was geschah. Schwertkämpfer erschienen, tauchten plötzlich überall an den Rändern des Lagers entlang auf, schnitten Kampfpferde und Packtiere los und trieben sie in die Nacht hinaus, schütteten säckeweise Getreide aus, kippten Wasserfässer um und erschlugen jeden, der ihnen im Weg stand.

Das Föderationsheer geriet in völliges Durcheinander. Männer rannten wild umher, schlugen auf jeden und alles ein, was ihnen begegnete, häufig auch aufeinander. Offiziere versuchten die Ordnung wiederherzustellen, aber niemand war sich sicher, wer wer war, und die Bemühungen wurden in der aufbrandenden Verwirrung fortgeschwemmt.

Und dann griffen Desidios Elfen-Jäger von vorne an, die Bogenschützen zuerst, und ließen Pfeile auf das Lager regnen, eine Salve nach der anderen. Gleich darauf stürzte die Kavallerie mit erschreckendem Geheul aus der Nacht hervor. Von hoch über ihnen beobachtete Wren, wie die Elfenpferde eine Schneise in die vorderen Reihen der Föderation schlugen, tief in das Lager vordrangen und dann wieder hinausstürmten, Wachfeuer und Männer verstreuten und Soldaten und Zwangsverpflichtete in die Dunkelheit fliehen ließen.

Aber die Föderationsarmee war riesig, und die Angriffe berührten kaum ihre Ausläufer. In ihrer Mitte, wo noch Ruhe vorherrschte, formierten sich bereits Reihen von Männern und begaben sich auf den langsamen, stetigen Marsch nach außen, auf die Quelle der Schwierigkeiten zu. Hunderte von Fußsoldaten mit Schilden und Kurzschwertern strömten durch den Tumult. Ihre eigenen Männer schoben sie beiseite oder trampelten sie nieder, denn sie suchten die Eindringlinge. Im Handumdrehen waren sie an den Rand des Lagers gelangt, und der Schein der brennenden Wagen und Sturmböcke strahlte von ihren in Rüstungen steckenden Körpern ab wie Blut.

Wren suchte die Dunkelheit ab, um festzustellen, was aus ihren Elfen geworden war. Die Rocks flogen bereits wieder gen Süden, und Tiger Ty hatte auch Spirit gewendet, um ihnen zu folgen. Sie betrachtete das Lager über ihre Schulter hinweg, während sie in die Dunkelheit davoneilten, aber es war keine Spur mehr von Desidios Jägern oder der Bürgerwehr zu erkennen. Die Föderationssoldaten drangen aus dem Feuerschein vorwärts und suchten vergeblich nach einem Feind. Der war bereits wieder verschwunden. In der Ferne standen alle Kriegsgerätschaften und der gesamte Packzug in Flammen. Ihre Feuerpyramiden brannten Hunderte von Fuß hoch in den Nachthimmel und gaben eine so intensive Hitze ab, daß Wren sie sogar dort spüren konnte, wo sie entlangflogen. Der Geruch von Rauch stieg ihr dicht in die Nase, und die Schreie der Verletzten erfüllten ihre Ohren. Überall lagen Männer, blutbefleckt und still.

Wir haben unseren Sieg, dachte sie, aber sie spürte, daß die Intensität ihrer anfänglichen Befriedigung schwand.

Sie flogen davon, Spirit kurze Zeit hinter den anderen, bis er sie dann einholte. Weit auseinandergezogen, stiegen sie zu den wartenden Körben hinab, fanden die Bürgerwehr bereits an ihrem Platz vor, ergriffen die Halteriemen, hoben die Körbe in die Luft und eilten westwärts auf die Wälder zu. Das alles dauerte nur wenige Augenblicke, und dann glitten sie über die Bäume hinweg, weit von dem Wahnsinn des Föderationslagers fort, wieder hinein in die Sicherheit, aus der sie gekommen waren.

Als sie wieder im Wald gelandet waren, rief Wren ihre Befehlshaber zu sich, um das Ausmaß ihrer eigenen Verluste festzustellen. Die Rocks waren unversehrt aus dem Angriff hervorgegangen, und bis auf einen Angehörigen war die ganze Bürgerwehr sicher zurückgekehrt. Nur drei der Elfen-Jäger waren gefallen, Kavalleristen, die von ihren Pferden gezogen worden waren. Es gab eine Reihe von Verletzungen, aber nur eine war ernster Natur. Der Angriff war ein vollständiger Erfolg gewesen.

Wren dankte Triss, Desidio und Errig Rift und befahl der Vorhut, sich bereitzuhalten. Sie sollten jetzt sofort gen Norden ziehen, bevor die Föderation versuchen konnte, nach ihnen zu suchen, und einen neuen Platz in den Westlandwäldern als Versteck auswählen. Sobald der Morgen graute, würden sie auskundschaften, welchen Schaden sie dem Feind zugefügt hatten und entscheiden, was als nächstes zu tun wäre. Diese Nacht war ein guter Anfang gewesen, aber das Ende war noch immer weit entfernt.

Eilig bereiteten sich die Elfen darauf vor, hinauszuziehen. Zufriedenes Flüstern und Händedrücken eilten von einem Mann zum anderen, während sie arbeiteten. Die Elfen hatten ihren ersten Kampf in ihrer Heimat in mehr als hundert Jahren bestritten und hatten ihn gewonnen. Morrowindls lange Nacht lag endlich hinter ihnen, und ein kleiner Teil des Zorns und der Enttäuschung, die ihr Leben ausgemacht hatte, war erlöst worden. Viele wußten, daß ihre Befreiung einen Sinn gehabt hatte.