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Sie erreichten eine Brücke, die ein trockenes Flußbett überspannte, und stolperten müde hinüber. Ohne den Wagen, der sie hätte befördern können, ermüdeten sie schnell. Fast die Hälfte jener, die mit in die Stadt gekommen waren, um Padishar zu befreien, waren bereits tot. Mehrere jener, die übriggeblieben waren, waren so schwer verwundet, daß sie nicht mehr kämpfen konnten. Föderationssoldaten kamen von überall her auf sie zu. Sie wurden von den Toren herangerufen, wohin die Kunde von der Flucht getragen worden war. Die kleine Gesellschaft kämpfte tapfer um ihr Vorwärtskommen, aber die Zeit wurde knapp. Bald würden zu viele Soldaten da sein, als daß sie ihnen noch aus dem Weg gehen konnten. Auch der Dunst und der Regen würden sie dann nicht verbergen können.

Eine Gruppe von Reitern drang aus dem Dunst hervor, erschien so schnell, daß keine Chance zum Entkommen blieb. Morgan sah, wie sich Matty zur Seite warf, und versuchte, es ihr gleichzutun. Einige von ihnen wurden beiseite gestoßen, als die Geächteten überrannt wurden. Die Pferde stolperten und gingen in dem Handgemenge zu Boden, und auch ihre Reiter fielen. Schreie und Rufe erhoben sich aus der kämpfenden Masse. Chandos war verschwunden, unter einem Berg von Körpern begraben. Padishar sprang zur Seite und fiel auf die Knie. Morgan erhob sich und stand auf einmal ganz allein mitten auf der Brücke und schwang das Schwert von Leah auf alles zu, was in seine Reichweite gelangte. Er stieß den Schlachtruf seiner Familie aus: »Leah! Leah!« Er suchte Kraft in seinem Klang und kämpfte darum, jene, die geblieben waren, um ihm zur Seite zu stehen, wieder um sich zu versammeln.

Eine Sekunde lang dachte er, sie wären verloren.

Dann kam Chandos wieder in Sicht. Er blutete und war in furchtbarem Zustand, aber er stieß Föderationssoldaten beiseite wie totes Holz, während er zu der Stelle stolperte, an der Padishar an der Brückenmauer lehnte, und den Anführer der Geächteten wieder hochzog. Damson rief ihnen von irgendwo vor ihnen etwas zu und drängte sie vorwärts. Matty Roh erschien erneut, schoß auf den letzten noch stehenden Föderationssoldaten zu, tötete ihn mit einem einzigen Schlag und eilte weiter. Morgan und die Geächteten folgten ihr und glitten dabei auf der blutigen Nässe, die die Oberfläche der Brücke bedeckte, aus.

Am unteren Ende des Dammes sahen sie Damson in den geöffneten Toren eines großen Lagerhauses stehen und ihnen bedeuten, sie sollten sich beeilen. Sie kämpften darum, zu ihr zu gelangen, hörten Verfolgungsgeräusche – Stiefel, die durch den Schlamm gezogen wurden, Waffen, die gegen Rüstungen stießen, Flüche und Wutschreie. Sie betraten eilig das düstere Gebäude, und Damson schlug die Tore hinter ihnen zu und verriegelte sie. Der Maulwurf streckte seinen Kopf aus einer Falltür, die in den Schatten der Rückseite des Gebäudes fast verloren war, und verschwand wieder.

»Hinab in die Tunnel!« befahl Damson und deutete hinter dem Maulwurf her. »Schnell!«

Die Geächteten beeilten sich, dem nachzukommen, und jene, die dazu in der Lage waren, ließen den Verwundeten alle erdenkliche Hilfe zuteil werden. Chandos ging als erster, Padishar halbwegs ziehend und halbwegs tragend, und verschwand außer Sicht. Die Schreie ihrer Verfolger erreichten die Tore des Lagerhauses, und ein wütendes Hämmern begann. Spieße und Speere schlugen gegen die Barriere und ließen das Holz splittern. Morgan hielt auf halbem Wege zum Tunnel inne. Matty Roh stand allein vor dem drohenden Angriff und hielt das Schwert bereit.

»Matty!« rief er aus.

Der letzte der Geächteten verschwand durch die Falltür. Streitäxte zerteilten den Riegel, der den Eingang des Lagerhauses versperrt hatte, und die schweren Tore gaben nach. Matty Roh wich langsam zurück. Selbst jetzt noch gab sie nur widerwillig Boden ab. Sie schien klein und verwundbar vor dem Zusammenstoß, der ihr sicherlich bevorstand, aber sie hielt sich, als sei sie aus Eisen gemacht.

»Matty!« rief Morgan erneut und eilte dann zu ihr zurück. Er packte ihren Arm und zog sie gerade auf den Tunneleingang zu, als die Tore aufsprangen und Föderationssoldaten in den Raum strömten. Zuerst kamen Sucher, mit Umhängen mit Kapuze bekleidet, auf deren Uniformen das Wolfskopf-Emblem schimmerte. Ihre Schreie bei seinem Anblick verrieten Schadenfreude.

Morgan stand bereits vor dem Tunneleingang, wandte sich jetzt aber um und trat ihnen entgegen. Es war zu spät zu fliehen. Wenn er es versuchte, würden sie ihn von hinten niedermachen und die anderen ebenfalls erwischen. Wenn er blieb, konnte er den ersten Ansturm aufhalten, und die anderen würden einige wenige wertvolle Augenblicke gewinnen. Matty Roh kauerte an seinem Ellenbogen. Er dachte kurzzeitig daran, ihr zu sagen, sie solle weglaufen, aber ein verstohlener Blick auf ihr Gesicht sagte ihm, daß er damit nur Zeit verschwenden würde.

Der Ansturm kam von drei Seiten, aber Morgan und das Mädchen kämpften mit dem Mut der Verzweiflung und schlugen ihn zurück. Das Schwert von Leah wurde zu blauem Feuer, während es dem Angriff der Sucher begegnete, hämmerte an der Abwehr der Schattenwesen vorbei und verwandelte die dunklen Wesen zu Asche. Einige der Föderationssoldaten sahen, was geschah und wichen mit geflüsterten Rufen und Flüchen zurück. Matty Roh griff beim ersten Anzeichen eines Zurückweichens in den Reihen an. Ihr schmales Schwert schoß so schnell hervor, daß es kaum zu sehen war, und ihre Bewegungen waren flüssig und wirkungsvoll, während sie mit ihrer Waffe die Angreifer zurückdrängte. Morgan ging mit ihr, kämpfte, um ihr den Rücken freizuhalten, und fühlte sich durch den plötzlichen Ansturm der Magie vorwärtsgetrieben, die aus dem Talisman von Leah in seine Glieder drang. Er heulte erneut seinen Schlachtruf heraus: »Leah, Leah« und warf sich auf die Männer vor ihm. Die Sucher starben sofort, und die Soldaten, die ihnen gefolgt waren, stolperten und fielen bei ihrer entsetzten Flucht übereinander. Matty Roh schrie auch auf, und ihr Schrei durchdrang die Kakophonie der Schreie der Toten und Verwundeten. Morgan fühlte sich benommen, aller Gedanken beraubt, aller Bedürfnisse und Wünsche beraubt, fühlte nichts anderes mehr als das Feuer der Magie.

Dann brach der Angriff der Föderation plötzlich ganz ab, und die letzten von ihnen, die noch lebten, flohen durch die Tore des Lagerhauses wieder zurück auf die Straßen von Tyrsis. Morgan wirbelte zornig herum, er wurde von der Magie getrieben, und das Schwert von Leah strahlte Feuer aus. Er schwang den Talisman wie eine Sense, schnitt in die aufrecht stehenden Balken, die die Deckenträger stützten, schnitt so tief hinein, daß er sie zerteilte und das ganze Gebäude zusammenzubrechen begann.

»Genug!« schrie Matty, packte seinen Arm und zog ihn fort.

Er kämpfte einen Moment lang gegen sie an, erkannte dann, was geschah, und gab nach. Sie eilten auf die Falltür zu und taumelten gerade in dem Moment in Sicherheit, als die Decke einbrach und alles mit donnerndem Krachen unter sich begrub.

Unten liefen sie durch die Dunkelheit der Tunnel und eilten einfach voran, ohne darauf zu achten, wohin sie gingen. Schwach und lockend schimmerte in der Ferne ein Licht, und sie stürzten wild voran, um es zu erreichen. Die seltsame Ganzheit, die Morgan empfand, wenn er die Magie des Schwertes einsetzte, begann zu verblassen und öffnete eine Grube in ihm, die sich zu einem Hunger ausweitete, zu einem vertrauten Gefühl des Verlusts, zu den Anfängen eines verzweifelten Bedürfnisses, die Magie wieder zu erleben. Er kämpfte dagegen an, warnte sich selbst, daß er nicht zulassen dürfe, daß die Magie ihn beherrsche, wie sie es schon zuvor getan hatte, rief Bilder von Par und Walker und schließlich auch von Quickening herauf, um seine Entschlossenheit zu stärken. Er streckte die Hand nach Matty aus und nahm ihre Hand. Ihr Griff festigte sich um den seinen, als spüre sie seine Angst, und sie hielt ihn fest.