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Coll nickte, als er sich erinnerte. Es benutzen, um ihn zu retten. Für Par tun, was Par für ihn getan hatte. Par suchen und ihn, indem er die Magie des Schwertes von Shannara anrief, dazu zwingen, sich den Wahrheiten zu stellen, die der Wunschgesang vor ihm verbarg. Um ihn so zu befreien.

Aber wovon befreien?

Ein düsteres Unbehagen regte sich in ihm, als er sich an Pars Ängste erinnerte, als sich die Magie des Wunschgesangs entwickelt hatte. Felsen-Dall hatte beide Ohmsfords gewarnt, daß Par ein Schattenwesen sei, daß der Wunschgesang ihn dazu gemacht habe und daß er in Gefahr sei, von der Magie vereinnahmt zu werden, weil er nicht erkennen könnte, wie man sie kontrollieren konnte. Er hatte sie gewarnt, daß nur er den Talbewohner davor bewahren könnte, vernichtet zu werden. Natürlich gab es keinen Grund, dem Ersten Sucher irgend etwas zu glauben. Aber was war, wenn er auch nur ein kleines bißchen recht hatte? Das wäre sicherlich Grund genug für den Wunschgesang, die Wahrheit des Schwertes vor Par zu verbergen. Denn wenn Par wirklich ein Schattenwesen war...

Coll atmete zornig aus. Er würde sich nicht erlauben, diesen Gedanken zu beenden. Das war einfach unmöglich. Wie konnte Par ein Schattenwesen sein? Wie konnte er eines dieser Monster sein? Es gab einen Grund für das, was vor sich ging. Es mußte einen Grund geben.

Hör auf, die Angelegenheit zu erörtern! Du weißt, was du tun mußt! Du mußt Par finden!

Er erhob sich, stand dann da und schaute zerschlagen und erschöpft von seinem Kampf ums Überleben und von den Offenbarungen des Schwertes über den dunstigen See hinaus. Er dachte an die Jahre, in denen er sich um seinen Bruder gekümmert hatte, während sie aufgewachsen waren. Par war so wankelmütig und streitsüchtig gewesen, hatte darum gekämpft, die Magie in ihm zu verstehen und kontrollieren zu können, und Coll war der Friedensstifter gewesen, der mit seiner Größe und beruhigenden Art dafür sorgte, daß die Dinge nicht außer Kontrolle gerieten. Wie viele Male war er für Par aufgestanden, hatte er ihn vor Bestrafungen und Rache geschützt und ihn vor Schaden bewahrt? Wie oft hatte er seine eigenen Zweifel beiseite geschoben, um seinem Bruder beistehen und ihn beschützen zu können? Er konnte es nicht mehr zählen. Er wollte es auch nicht. Es war einfach etwas, was er hatte tun müssen. Es war etwas, was er jetzt erneut tun würde. Par und er waren Brüder, und Brüder standen einander bei, wenn es notwendig war. Die Wahl war bereits vor langer Zeit getroffen worden.

Finde Par und befreie ihn.

Bevor es zu spät ist.

Er schaute auf das Schwert von Shannara hinab und befühlte versuchsweise seinen Knauf. Er erinnerte sich an das Gefühl, das er empfunden hatte, als die Magie durch ihn hindurchgeströmt war. Seine Magie. Die Magie, von der er geglaubt hatte, daß er sie niemals besitzen würde. Es war ein seltsames Gefühl zu wissen, daß seine Macht ihm gehörte. Er erinnerte sich daran, wie sehr er sie einst ersehnt hatte. Er hatte sie nicht so sehr wegen dem gewollt, was sie tun konnte, sondern weil er geglaubt hatte, daß sie ihn Par näherbringen würde. Er erinnerte sich daran, wie einsam er sich nach dem Treffen mit Allanon gefühlt hatte – das einzige Mitglied der Ohmsfordfamilie, dem keine Aufgabe übertragen worden war. Er erinnerte sich daran, daß er gedacht hatte, er hätte genausogut nicht da zu sein brauchen. Die Erinnerung brannte auch jetzt noch in ihm.

Was würde er also aus der Chance machen, die ihm gegeben worden war? Er schaute sich an, zerrissen und zerschlagen, ohne Nahrung oder Wasser, ohne Waffen (bis auf das Schwert), ohne Geld oder Besitz, den er hätte eintauschen können. Er schaute erneut über den See hinaus, auf den Dunst, der sich zu zersetzen begann, als das Sonnenlicht stärker wurde.

Finde Par.

Sein Bruder war gewiß in der Südwache. Aber war er überhaupt noch sein Bruder? Coll glaubte, daß er Par erreichen konnte, daß er eine Möglichkeit finden würde, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, aber was würde inzwischen mit seinem Bruder geschehen? Würde das Schwert von Shannara gegen das helfen, was die Schattenwesen Par vielleicht angetan hatten? Würde die Magie ihm helfen, wenn Par einer von ihnen geworden war?

Die Fragen beunruhigten ihn. Wenn er intensiver darüber nachdachte, würde er seine Meinung über das, was er als nächstes zu tun hatte, vielleicht ändern.

Aber war es in irgendeiner Weise anders als damals, wo Par mich gesucht hat?

Hat er danach gefragt, ob ich noch immer sein Bruder bin?

Er schob die Frage beiseite, festigte seinen Griff um das Schwert von Shannara und brach auf.

Er ging in östlicher Richtung weiter und folgte dem Ufer auf die Mündung des Silberflusses zu. Nach Westen zu ziehen stand außer Frage, weil das bedeutet hätte, den Nebelsumpf durchqueren zu müssen, und er wußte es besser, als daß er das versucht hätte. Die Wolken zogen davon, die Sonne kam heraus, und das Land schmolz. Dampfende Feuchtigkeit stieg in Wogen von der durchnäßten Erde auf, und die Pfützen und Rinnsale, die das Unwetter geschaffen hatte, trockneten wieder ein. Reiher und Kraniche glitten im Sturzflug über den See und versahen das Wasser in ihrer Spur mit Silberspitzen.

Da er sich noch immer als ein Fremder in seinem neuen Leben fühlte, dachte er lange und intensiv über alles nach, was geschehen war, versuchte die einzelnen Gedanken in Einklang zu bringen, die aber noch immer nicht zusammenpassen sollten. Das wichtigste Teil war Felsen-Dalls Besessenheit bezüglich Par. Es war offensichtlich, daß der Erste Sucher besessen war. Zuviel Zeit und zu viele Bemühungen waren eingesetzt worden, als daß man etwas anderes hätte denken können. Zunächst war da sein wohldurchdachter Schwindel, der Par glauben machen sollte, daß Coll tot sei. Dann durfte Coll ins Leben zurückkehren, von dem Spiegeltuch verwandelt und ausgesandt, um Par zu finden. Und dann der Versuch, Par das Schwert von Shannara zu überlassen, obwohl Par es nicht gebrauchen konnte. Was sollte das alles? Warum war sein Bruder so wichtig für Felsen-Dall? Wenn er ein Hindernis im Weg des Ersten Suchers gewesen wäre, wäre er schon vor langer Zeit getötet worden. Statt dessen schien Felsen-Dall mit komplizierten Spielen zufrieden zu sein – mit der Suche nach dem Schwert von Shannara, mit der Inszenierung von Colls Tod und Verwandlung und mit wiederholten Hinweisen, daß Par möglicherweise derjenige sei, den er vernichten wollte. Was hatte Felsen-Dall vor?

Coll wußte, daß dies alles irgendwie mit der Aufgabe verbunden war, die Allanon seinem Bruder übertragen hatte: daß er das Schwert von Shannara zurückbringen sollte. Vielleicht sollte das Schwert die Wahrheit hinter all den Täuschungen offenbaren. Vielleicht war es für etwas anderes bestimmt. Was auch immer der Grund war, hier waren Machenschaften und Finten am Werk, die weder er noch Par jemals durchschaut hatten, aber irgendwie mußten sie sie enträtseln.

Am Mittag machte er Rast, trank Wasser aus einem Fluß und sehnte sich nach Essen. Er näherte sich dem Silberfluß und wollte sich dann nördlich dem Rabb zuwenden. Er war in der Südwache bei den Übungen mit Ulfkingroh stark geworden, aber seine Verwandlung durch das Spiegeltuch hatte ihn erheblich geschwächt. Sein Hunger nagte an ihm, und schließlich gab er nach. Er setzte sein Schwert dafür ein, aus einem Weidenstock einen Speer zu formen, und ging fischen. Er watete durch die seichten Stellen des Sees bis zu einer stillen Bucht, wo er knietief im klaren Wasser stehenblieb, bis ein Fisch vorbeischwamm und er zustechen konnte. Er mußte es ein dutzendmal versuchen, aber schließlich hatte er seinen Fang gemacht. Er trug ihn an Land und erinnerte sich dann daran, daß er keine Möglichkeit hatte, ihn zu kochen. Er konnte ihn nicht roh essen – nicht nach so langer Zeit in der Knechtschaft des Spiegeltuchs. Er suchte seine Kleidung nach Utensilien ab, mit denen er ein Feuer hätte entzünden können, fand aber nur die seltsame Scheibe, die er Par gestohlen hatte. Ärgerlich und enttäuscht warf er den Fisch in den See zurück und brach erneut auf.