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»Ich könnte es dir zeigen. Ich könnte dich in meinen Geist gelangen lassen, dich sehen lassen, wie die Magie in mir funktioniert. Ich könnte dir Zugang zu den Arten geben, wie ich sie blockiere und lenke. Dann könntest du dasselbe für mich tun.«

Par schaute auf. »Wie?«

»Du könntest mich in deinen Geist sehen lassen. Du könntest mich die Schutzfunktionen, die du brauchst, auskundschaften und mich helfen lassen, sie zu installieren. Wir könnten zusammenarbeiten.«

Er fuhr fort, erklärte sorgfältig und überzeugend, aber Par hatte aufgehört, ihm zuzuhören, denn er fühlte sich durch etwas vage Beunruhigendes blockiert, etwas, dem jegliche Identität fehlte, das aber dennoch da war. Der starrsinnige Teil, der sich weigerte, irgend etwas von dem zu glauben, was der Erste Sucher gesagt hatte, hatte sich keuchend erhoben und seinen Geist wie eine Falltür verschlossen. Er gab vor, zuzuhören, hörte Bruchstücke von dem, was der andere sagte, und gab Antworten, die nichts eingestanden.

Was war es? Was war los?

Nach einiger Zeit ließ Felsen-Dall ihn wieder allein. »Denke über das nach, was ich dir gesagt habe«, drängte er. »Überlege dir, was getan werden kann.« Die Nacht brach herein. Par legte sich zum Schlafen nieder, ohne Grund erschöpft, und kämpfte dann gegen den Drang an, die Augen zu schließen, weil er nicht wollte, daß die Alpträume erneut kämen. Er schaute zur Decke und dann aus den Fenstern in einen klaren und sternenerfüllten Himmel. Er dachte an seinen Bruder und an das Schwert von Shannara, und er fragte sich, was der König vom Silberfluß mit ihnen gemacht hatte. Er dachte an Damson und Padishar, Walker und Wren und an all die anderen, die in diese Bemühungen eingebunden gewesen waren. Er fragte sich vage, was diese Bemühungen bewirkt haben konnten.

Schließlich schlief er ein, indem er entglitt, bevor er wußte, was geschah, und in tröstliche Dunkelheit versank. Aber der Alptraum kam sofort heran, und er erlebte zum dritten Mal eine Konfrontation mit sich selbst als einem Schattenwesen. Er schlug um sich und wand sich und kämpfte darum, aufwachen zu können, und lag danach schwitzend und keuchend in der Dunkelheit.

Dann erkannte er mit tödlicher Sicherheit, daß etwas furchtbar falsch war.

Was war das, was mit ihm geschah? Er konnte nicht schlafen, ohne zu träumen, und der Traum war immer derselbe. Er aß, aber er verlor an Kraft. Er verbrachte seine Zeit in diesem Raum, indem er nichts tat, und doch war er immer müde. Er konnte nicht geradlinig denken. Er konnte sich nicht konzentrieren. Seine Energie wurde abgezogen.

Dies geschah nicht zufällig, warnte er sich. Irgend etwas war die Ursache hierfür.

Er saß aufrecht auf dem Bett, schwang seine Beine zu Boden und starrte in die Schatten des Raumes. Denk nach! Er kämpfte gegen seine Erschöpfung an, gegen die Ketten seiner Lethargie und Desorientiertheit. Die Erkenntnis kam, und langsam entwirrten sich Fäden, die verknotet worden waren. Es gab zwei Möglichkeiten. Die erste war die, daß die Magie des Wunschgesangs ihn auf irgendeine neue Art beeinflußte und er tun mußte, wozu Felsen-Dall ihn drängte. Die zweite war die, daß die Magie, die ihn beeinflußte, Magie der Schattenwesen war und daß Felsen-Dall bestrebt war, seine Abwehrmechanismen einzureißen. All sein Gerede, daß er ihm helfen wolle, war nur ein Trick.

Aber was sollte dieser Trick bewirken?

Par atmete tief und beruhigend ein. Er wollte wieder unter die Decken kriechen, aber er erlaubte es sich nicht. Er verspürte einen Drang zu schreien und würgte ihn hinunter. Log FelsenDall, oder sagte er die Wahrheit? Was waren seine wahren Absichten bei alledem? Par legte die Hände aneinander, damit sie nicht zitterten. Er fiel auseinander. Er konnte spüren, wie er sich auflöste, und er wußte nicht, wie er diese Entwicklung aufhalten konnte. Wenn Felsen-Dall die Wahrheit über den Wunschgesang sagte, dann brauchte er seine Hilfe. Wenn er log, war es eine so komplizierte und weitgreifende Täuschung, daß sie alles in den Schatten stellte, was sich der Talbewohner vorstellen konnte, denn sie mußte dann schon von dem Moment an, als der Erste Sucher ihn vor Wochen im Blue-Whisker-Bierhaus aufgesucht hatte, geplant gewesen sein.

Schatten! Ich muß es wissen!

Par erhob sich, trat ans Fenster, stand dann da und schaute in die Nacht hinaus. Langsam atmete er die kühle Luft. Er war betäubt vor Unentschlossenheit. Wie sollte er die Wahrheit erfahren? Gab es einen Weg, an seiner eigenen Unsicherheit vorbeizusehen und zu erkennen, ob eine Täuschung im Gange war? Das Schwert von Shannara hatte ihm nichts gezeigt, erinnerte er sich. Nichts! Was sonst konnte er versuchen?

Er beobachtete, wie die von den Nachtwolken geworfenen Schatten wie Tiere durch die Bäume und über den Fluß zogen. Er würde eine Hinhaltetaktik anwenden müssen, sagte er sich. Er konnte zuhören und reden, aber er durfte nicht zulassen, daß etwas geschah. Er würde eine Möglichkeit finden müssen, seine Verwirrung abzulegen, damit er erkennen konnte, was Wahrheit und was Lüge war, und gleichzeitig würde er eine Möglichkeit finden müssen zu verhindern, daß er sich vollständig auflöste.

Er schloß die Augen, legte das Gesicht in die Hände und fragte sich, wie er das bewerkstelligen sollte.

26

Hitze stieg in dunstigen Wogen von dem Grasland östlich des Waldes von Drey auf. Die Mittagssonne hing wie ein Feuerball am wolkenlosen Himmel, und die Luft war erfüllt vom Geruch und dem Geschmack von Schweiß und Staub. Wren Elessedil lag flach auf dem Kamm eines Hügels und beobachtete, wie sich die Föderationsarmee wie ein langsames, vielbeiniges Insekt ihren Weg über die Ebenen erkämpfte.

Geistlos und beharrlich, dachte sie freudlos.

Sie machte sich nicht die Mühe, zu den anderen hinüberzuschauen – zu Triss, Erring Rift und Desidio. Sie wußte bereits, was sie auf ihren Gesichtern sehen würde. Sie wußte bereits, was sie dachten.

Sie beobachtete das Voranschreiten der Föderation schon seit mehr als einer Stunde – nicht in der Erwartung, etwas Wichtiges zu erfahren, sondern aus der Notwendigkeit heraus, etwas zu tun. Die Elfen waren in Schwierigkeiten. Die Föderation hatte ihren Marsch gen Norden zum Rheen vor zwei Tagen wiederaufgenommen, und die Zeit wurde knapp. Barsimmon Oridio hatte die Mobilisierung und Ausrüstung der Hauptarmee der Elfen schließlich beendet und war in aller Eile östlich zum Paß marschiert. Daher würden die Elfen mindestens drei Tage vor dem Feind in den Rhenn gelangen. Aber die Elfen waren der Föderation noch immer zehn zu eins unterlegen, und jeder direkte Angriff würde mit einer vernichtenden Niederlage enden. Schlimmer noch, die Kriecher zogen ebenfalls heran. Sie waren jetzt näher als zuvor und holten die langsameren Südländer schnell ein. In vier, vielleicht fünf Tagen würden die Kriecher sie erreichen und zu ihrer Vorhut werden, der Vorstoß einer Such-und-Vernichtungs-Aktion. Wenn das geschah, war das das Ende der Elfen.

Wren spürte, wie Hoffnungslosigkeit an ihr nagte, und schob sie verärgert beiseite.

Was kann ich tun, um mein Volk zu retten?

Sie konzentrierte sich erneut auf die vorankriechende Armee und versuchte nachzudenken. Ein weiterer nächtlicher Überfall stand außer Frage. Die Föderation war jetzt vorbereitet und ließ sich nicht ein zweites Mal im Schlaf überraschen. Kavalleriepatrouillen ritten Tag und Nacht rund um die Armee herum und suchten das Land nach Hinweisen auf die Elfen ab. Einmal oder zweimal hatten sich eher dreiste als kluge Reiter sogar bis an die Wälder vorgewagt. Wren hatte sie vorüberreiten lassen. Die Elfen waren mit den Bäumen verschmolzen und in den Schatten unsichtbar geblieben. Sie wollte nicht, daß die Föderation erfuhr, wo sie waren. Sie wollte ihnen nichts geben, was sie ihnen nicht geben mußte. Nicht, daß es wichtig gewesen wäre. Die Patrouillen hielten sie in Schach, und Wachposten wurden bis auf eine Viertelmeile außerhalb des Lagers aufgestellt, wenn die Dunkelheit hereinbrach. Die Flugreiter konnten von oben hereingelangen, aber sie wollte ihre wertvollste Waffe nicht aufs Spiel setzen, wenn sie keine anderen Kräfte mehr in Reserve hatte.