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Als sie nur noch weniger als sechs Schritte voneinander entfernt waren, blieb Tiger Ty stehen. Die beiden Männer taten es ihm gleich.

»War das Euer Signal?« fragte Tiger Ty.

Der größere nickte. »Ihr seid nun schon zwei Tage lang hier vorübergeflogen und habt etwas gesucht. Wir haben beschlossen, daß es an der Zeit sei, herauszufinden, was Ihr sucht. Die Legende sagt, daß nur Flugreiter die riesigen Rocks fliegen. Stimmt das? Kommt Ihr von den Elfen?«

Tiger Ty verschränkte die Arme. »Das kommt darauf an, wer fragt. Es gibt viele Leute, denen man in diesen Zeiten nicht trauen kann. Seid Ihr welche davon?«

Der schwarzbärtige Mann errötete und trat einen Schritt vor, aber ein Blick des anderen ließ ihn innehalten. »Nein«, antwortete er und hob fragend eine Augenbraue. »Und Ihr?«

Tiger Ty lächelte. »Das Spiel könnte vermutlich noch eine Weile fortgeführt werden, nicht wahr? Seid Ihr Geächtete?«

»Jetzt und auf ewig«, sagte der große Mann.

»Dann seid Ihr es, die ich suche. Man nennt mich Tiger Ty. Ich bin von Wren Elessedil, der Königin der Landelfen, gesandt worden.«

»Dann sind die Elfen wahrhaftig zurückgekehrt?«

Tiger Ty nickte.

Der große Mann lächelte zufrieden. »Ich bin Padishar Creel, Anführer der Geächteten. Mein Freund heißt Chandos. Willkommen zurück in den Vier Ländern, Tiger Ty. Wir brauchen Euch.«

Tiger Ty grunzte. »Wir brauchen Euch dringender. Wo ist Eure Armee?«

Padishar Creel schaute verwirrt drein. »Meine Armee?«

»Diejenige, die zu unserer Rettung kommen sollte! Wir werden von einer Föderationsmacht angegriffen, die uns zehnfach überlegen ist – Kavallerie, Fußsoldaten, Bogenschützen, Belagerungsgeräte – nun, davon nicht mehr soviel, aber genug Ausrüstung und Waffen, um über uns hinwegzurollen wie ein Besen über Ameisen. Der Junge sagte, Ihr wärt mit fünftausend Mann unterwegs, um uns zu helfen. Nicht halbwegs genug, aber jede Hilfe wäre willkommen.«

Chandos runzelte düster die Stirn und strich über seinen Bart. »Moment mal. Von welchem Jungen redet Ihr?«

Tiger Ty sah ihn an. »Von dem mit dem Kampfhaubenwürger.« Ein plötzliches Unbehagen erfaßte den Flugreiter. »Tib Arne.« Er schaute von einem Gesicht zum anderen. »Blaue Augen, blond, ziemlich klein. Ihr habt ihn doch gesandt, nicht wahr?«

Die Männer, die ihm gegenüberstanden, wechselten einen schnellen Blick. »Wir haben einen Mann gesandt, der ungefähr vierzig Jahre alt war. Sein Name war Sennepon Kipp«, sagte Chandos vorsichtig. »Ich sollte es wissen. Ich habe die Wahl selbst getroffen.«

Tiger Ty spürte, wie Kälte seinen ganzen Körper durchdrang. »Aber der Junge? Kennt Ihr den Jungen denn überhaupt nicht?«

Padishar Creels harter Blick richtete sich auf ihn. »Bis jetzt nicht, Tiger Ty. Aber ich könnte wetten, daß wir ihn jetzt kennen.« Helles Licht drang durch Wrens Augenlider, als sie wieder zu Bewußtsein kam, und sie wandte blinzelnd den Kopf ab. Eine Faust krallte sich in ihr Haar und riß sie hoch, und die Stimme, die in ihr Ohr flüsterte, war voller Haß und Verachtung.

»Wacht auf, wacht auf, Königin der Elfen.«

Die Hand gab sie frei, ließ sie vorwärts auf die Knie fallen, daß ihr Kopf von dem Schlag, der sie gefällt hatte, schmerzte. Ein Knebel füllte ihren Mund aus, und er war so gut befestigt, daß sie nur durch die Nase atmen konnte. Ihre Hände waren hinter ihren Rücken gebunden und ihre Handgelenke mit Stricken festgezurrt, die in die Haut einschnitten. Staub und der Geruch ihres eigenen Schweißes und ihrer Angst stiegen ihr in die Nase.

»Ah, Lady, Mylady, die Hübscheste der Hübschen, Regentin der Westlandelfen – Ihr seid so eine Närrin!« Die Stimme wurde zu einem Zischen. »Setzt Euch auf und seht mich an.«

Sie wurde seitlich am Kopf von einem Schlag getroffen, der sie erneut zu Boden warf, und wieder krallte sich die Faust in ihr Haar und riß sie hoch. »Seht mich an!«

Sie hob den Kopf und schaute in Tib Arnes blaue Augen. Jetzt war kein Lachen in ihnen zu sehen, nichts von dem Jungen, den er gespielt hatte. Sie waren hart und kalt und voller Drohung.

»Hat die Katze Eure Zunge?« spottete er und lächelte sie freudlos an. An seinen Händen klebte Blut. »Die Katze hat Eure Zunge, und ich habe Schlaf nötig. Aber was soll ich mit Euch machen? Welchen Dienst soll ich der Königin der Elfen erweisen?«

Er wirbelte herum, lachte leise, schüttelte den Kopf, beglückwünschte sich fröhlich. Wren sah sich in qualvoller Erkenntnis um. Erring Rift lag tot neben ihr auf dem Boden, und die tödliche Klinge steckte noch immer bis zum Heft in seinem Rücken. Grayl lag genauso leblos ein wenig weiter entfernt, und der größte Teil seines Kopfes fehlte. Hoch über ihm ragte Gloon auf. Er war auf einmal genauso groß wie der Rock. Seine Federn spreizten sich wie Stacheln von seinem sehnigen Körper, Klauen und Schnabel waren bereits rot von Blut des toten Rock, und er riß gerade weitere Stücke Fleisch aus ihm heraus. Plötzlich hielt Gloon in seiner Mahlzeit inne und schaute zu ihr herüber. Seine gewölbte Stirn war gefurcht, und was sie in den Augen des Kampfhaubenwürgers sah, war unverhüllter Hunger.

Der Atem stockte in ihrer Kehle, aber sie konnte nicht fortschauen.

»Größer als Ihr ihn in Erinnerung hattet, nicht wahr?« sagte Tib Arne, der plötzlich wieder sehr nah war und dessen Schatten sie umhüllte, während er sich herabbeugte. Sein hartes Gesicht strafte seine jungenhafte Stimme Lügen. »Das war Euer erster Fehler – zu denken, daß wir wären, was wir schienen. Ihr wart sehr einfältig.«

Er packte ihren Hals und wandte ihr Gesicht zu sich um. »Es war leicht, wirklich. Ich hätte jederzeit in das Lager gelangen können, hätte Euch erzählen können, daß ich irgendein Freund wäre. Aber ich habe geduldig und klug gewartet. Ich habe den Boten der Geächteten gesehen und ihn abgefangen. Er hat mir alles erzählt, bevor er starb. Dann habe ich seinen Platz eingenommen. Ich brauchte Euch nur einen Moment lang allein zu erwischen, seht Ihr. Das war alles.«

Seine Augen tanzten. Plötzlich begann er sie mit seiner freien Hand zu schlagen. Er hielt sie fest, während er dies tat, damit sie nicht fiel. »Aber Ihr wolltet mir das nicht zugestehen!« Er hielt inne, riß ihr blutiges Gesicht herum, so daß sie ihn erneut ansehen mußte. Sein blondes Haar war in Unordnung, und seine blauen Augen funkelten, aber jetzt konnte die sympathische Erscheinung des Jungen nicht mehr das Monster verbergen, das unmittelbar unter der Oberfläche der Haut lauerte und danach drängte, hervorzubrechen. »Ihr habt versucht, mich fortzuschicken, und während ich fort war, habt Ihr diesen Nachtangriff auf die Föderationsarmee geführt! Dummes, dummes Mädchen! Sie sind nichts! Das einzige, was Ihr erreicht habt, ist, die Dinge ein wenig zu verlangsamen und uns zu zwingen, die Kriecher einfach ein wenig früher herzubringen, uns dazu zu zwingen, um so härter zu arbeiten!«

Er fiel vor ihr auf die Knie, während seine Hand noch immer mit eisernem Griff um ihren Hals lag. Ein einziges Wort wiederholte sich in ihrem vom Schmerz getrübten Geist wieder und wieder. Schattenwesen.

»Aber ich habe jene Männer getötet, das heißt, Gloon hat das für mich getan. Er hat sie in Stücke gerissen, und ich habe ihren Schreien zugehört und nichts getan, um ihren Tod zu beschleunigen. Aber es war Euer Fehler, daß sie sterben mußten, nicht meiner. Ich habe Gloon befohlen, sich zu verstecken, und bin zurückgekehrt – zu spät, um Euren einfältigen Nachtangriff zu stoppen, aber früh genug, um sicherzustellen, daß es nicht wieder geschehen würde. Und dann wartete ich ab, denn ich wußte, daß die Gelegenheit kommen würde, Euch allein zu erwischen, ich wußte, daß sie kommen mußte!«

Er sah sie mit seinem bittenden Klein-Jungen-Blick an, und seine Stimme wurde spöttisch. »Oh, Lady, bitte, bitte nehmt mich mit. Ihr habt versprochen, es zu tun. Bitte? Ich werde Euch keine Schwierigkeiten bereiten!«