Выбрать главу

Ein Kommen und Gehen begann, Dinge wurden getan, man zog das Bett ab und schaffte Matratze und Laken nach unten, wo alles verbrannt werden sollte – die Königin bestand darauf.

Eine schöne junge Frau, vermutlich eine von Eleanors Hofdamen, kam herein, riss die Augen weit auf, als sie Rosamund sah, sank hübsch in Ohnmacht und musste wieder hinausgetragen werden. Mägde, Diener – wie viele hatte sie eigentlich dabei? – schleppten Kohlenbecken herein und genug Kerzen, um den Vatikan zu erleuchten, Weihrauchkessel und Öllampen, Laternen, Fackeln. Adelia, die geglaubt hatte, dass ihr nie wieder warm werden würde, begann allmählich, schläfrig-freundlich an die Kälte zu denken. Sie schloss die Augen …

»… zur Hölle macht Ihr hier? Wenn er kommt, dann kommt er direkt hierher zu diesem Turm.« Das war Rowleys Stimme, sehr laut, sehr wütend.

Adelia erwachte. Sie saß noch immer neben dem Bett auf dem Boden. Das Zimmer war heißer denn je, und es waren mehr Menschen darin. Rosamunds Leichnam saß, von allen missachtet, noch immer am Tisch, doch irgendeine gnädige Seele hatte Kopf und Schultern mit einem Umhang verhüllt.

»Ihr wagt es, so mit meiner hohen Lady zu sprechen? Sie geht, wohin es ihr beliebt.« Das war Montignard.

»Ich rede mit der Königin, du Hundsfott. Halt deinen Rüssel da … raus.« Das letzte Wort klang gepresst – jemand hatte ihm einen Schlag versetzt.

Adelia spähte unter dem Bett hindurch und sah die untere Hälfte der Königin und Rowley ganz, weil er vor ihr kniete. Seine Hände waren gefesselt. Geharnischte Beine – in einem Paar erkannte sie Schwyz’ – standen hinter ihm, und seitlich davon waren Montignards feine Lederstiefel zu sehen, einer bereits zu einem weiteren Tritt erhoben.

»Lasst ihn, Mylord«, sagte Eleanor eisig. »Das ist die Sprache, die ich vom Bischof von St. Albans kenne.«

»Man nennt sie auch Wahrheit«, sagte Rowley. »Wann habt Ihr von mir je etwas anderes gehört?«

»Ach ja? Dann lautet die Frage wohl nicht, was ich höre, sondern was Ihr hört?«

Gleich ist es so weit, dachte Adelia. Die Zufälligkeit ihres Zusammentreffens an diesem Ort musste einer Königin, die gerade einem Mordanschlag entgangen war, verdächtig erscheinen.

Behutsam machte Adelia sich daran, die Kordel des Beutels zu lösen, der an ihrem Gürtel hing, und nach der kleinen Samtrolle mit den chirurgischen Instrumenten zu tasten, die sie auf Reisen stets bei sich trug.

»Das habe ich doch schon gesagt. Ich bin Euretwegen hier.« Rowley deutete mit dem Kinn zu dem Tisch hinüber. »Mylady, schon jetzt sind Gerüchte im Umlauf, die Euch die Schuld an Rosamunds Tod geben.«

»Mir? Gott der Allmächtige hat sie getötet.«

»Er hatte Hilfe. Lasst mich herausfinden, wessen – deshalb bin ich hergekommen, um herauszufinden …«

»Im Dunkeln? In dieser stockfinsteren Nacht?« Montignard mischte sich erneut ein. »Ihr kommt hierher, und gleichzeitig stürzt ein Dämon aus der Wand hervor, um die Königin zu meucheln?«

Da. Adelia hatte in der Rolle das kleine, tödlich scharfe Messer gefunden und so weit gelockert, dass der Griff herausschaute. Was sie damit machen würde, wusste sie nicht genau, aber falls sie ihm etwas antaten …

»Was? Was für ein Dämon?«, fragte Rowley.

Eleanor nickte. »Die Haushälterin, Dakers. Habt Ihr sie beauftragt, mich zu ermorden, St. Albans?«

»Eleano-oor.« Es war der fassungslose Aufschrei eines missverstandenen alten Freundes. Alle anderen im Raum gerieten in den Hintergrund, als Hunderte gemeinsame Erinnerungen heraufbeschworen wurden. Und die Königin besann sich.

»Nun gut«, sagte sie sanfter. »Ich denke, Euch sollte vergeben werden, da es Eure Buhlin war, die die Klinge beiseitestieß.«

Adelias Hand lockerte sich.

»Meine Buhlin?«

»Ich vergaß, dass Ihr so viele habt. Die mit dem fremdländischen Namen und keinen Manieren.«

»Ach ja«, sagte der Bischof. »Die Buhlin. Wo ist sie?«

Adelia zog sich mit ihrer unverletzten Hand am Bettgestell hoch und stellte sich aufrecht hin, so dass jeder sie sehen konnte. Sie hatte Angst und kam sich ziemlich albern vor.

Unbeholfen drehte Rowley sich um. Sein Mund war blutig.

Ihre Blicke trafen sich.

»Ich frohlocke, dass sie einem so hohen Zweck dienen konnte, Madam«, sagte der Bischof von St. Albans bedächtig. Er sah erneut die Königin an. »Behaltet sie, wenn Ihr möchtet, ich habe keine Verwendung für sie – wie Ihr schon sagtet, Madam, sie hat keine Manieren.«

Eleanor blickte kopfschüttelnd zu Adelia hinüber. »Siehst du, wie leichtfertig er dich aufgibt? Alle Männer sind Schurken, ob König oder Bischof.«

Adelia geriet in Panik. Er überlässt mich ihr. Das kann er nicht. Was ist mit Allie? Ich muss zurück nach Godstow.

Rowley beantwortete bereits eine weitere Frage. »… ja doch, zweimal. Das erste Mal, als sie erkrankte. Wormhold liegt in meiner Diözese, es war also meine Pflicht. Und heute Abend, als ich von ihrem Tod erfuhr. Aber darum geht es nicht …« Gefesselt auf den Knien, hielt der Bischof dennoch der Königin eine Predigt. »In Gottes Namen, Eleanor, warum seid Ihr nicht nach Aquitanien gezogen? Es ist Wahnsinn, dass Ihr hier seid. Flieht. Ich beschwöre Euch.«

»Darum geht es nicht?« Eleanor hatte nur gehört, was ihr wichtig war. Ihr Mantel glitt über den Boden, als sie sich bückte und Rosamunds Brief aufhob. »Hierum geht es. Um das hier. Ich habe zehn davon erhalten.« Sie strich den Brief glatt und hielt ihn Rowley vors Gesicht. »Zehn haben ihren Weg zu mir gefunden. Ihr und diese Hure habt Euch mit Henry verbündet, um sie zur Königin zu machen.«

Einen Moment lang trat Stille ein, während Rowley las.

»Bei Gott, davon habe ich nichts gewusst«, sagte er – und Adelia dachte, dass selbst Eleanor das Entsetzen in seiner Stimme hören musste. »Und auch der König nicht, das schwöre ich. Die Frau war wahnsinnig.«

»Böse. Sie war böse. Sie soll in dieser Welt ebenso brennen wie in der nächsten – sie und alles, was zu ihr gehörte. Schon wird das Brennholz zusammengetragen, um sie den Flammen zu übergeben. Ein passendes Ende für eine Metze. Sie soll kein christliches Grab erhalten.«

»Mein Gott.« Adelia sah, wie Rowley erbleichte und sich dann wieder sammelte.

Auf einmal schlug seine Stimme um und nahm einen Tonfall an, der ihr schmerzlich vertraut war. Damit hatte er sie in sein Bett bekommen. »Eleanor«, sagte er sanft. »Ihr seid die größte aller Königinnen, Ihr habt Schönheit und Eleganz und Musik und Kultur in dieses primitive Land gebracht, Ihr habt uns zivilisiert.«

»Wirklich?« Sehr leise, fast kindlich.

»Das wisst Ihr doch. Wer hat uns denn Ritterlichkeit gegenüber Frauen gelehrt? Und wer zum Teufel hat mich gelehrt, ›bitte‹ zu sagen?« Sie lachte auf, und er nutzte seinen Vorteil. »Bitte, ich flehe Euch an, begeht keinen Akt der Barbarei, den Eure Widersacher ausnutzen werden. Es ist unnötig, diesen Turm niederzubrennen, lasst ihn in seinem eigenen Schmutz stehen. Zieht Euch nach Aquitanien zurück, zumindest für eine Weile, und lasst mir Zeit, herauszufinden, wer Rosamund getötet hat, damit ich mit dem König verhandeln kann. Doch bis dahin, Lady, bringt ihn nicht gegen Euch auf, um des Gekreuzigten willen.«

Er hatte den falschen Ton angeschlagen.

»Ihn gegen mich aufbringen?«, sagte Eleanor zuckersüß. »Er hat mich in Chinon gefangen gehalten, Bischof. Und Eure Stimme zählte nicht zu denjenigen, die sich dagegen erhoben haben.«