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Marcus und Tubruk lachten gerade über eine Bemerkung Caberas, als Gaius in das Zimmer trat. Bei seinem Anblick verstummten sie alle.

»Ich bin gekommen ... um euch zu danken. Für das, was ihr auf der Mauer getan habt«, fing Gaius an.

Marcus unterbrach ihn, ging auf ihn zu und ergriff seine Hand. »Du brauchst mir nie für etwas zu danken. Ich schulde deinem Vater mehr, als ich jemals zurückzahlen könnte. Ich habe mit Bedauern gehört, dass er am Ende gefallen ist.«

»Wir haben es überstanden. Meine Mutter lebt, ich lebe. Er würde es wieder tun, wenn er die Wahl hätte, das weiß ich. Du bist verwundet worden?«

»Kurz bevor es vorbei war. Aber nichts Ernstes. Ich war unverwundbar. Cabera sagt, aus mir wird mal ein großer Kämpfer.« Marcus grinste.

»Natürlich nur, falls er sich nicht vorher umbringen lässt. Das würde seine Karriere ein wenig behindern«, murmelte Cabera vor sich hin, während er sich damit beschäftigte, Wachs auf das Holz seines Bogens aufzutragen.

»Wie geht es Renius?«, erkundigte sich Gaius.

Beide schienen bei der Frage einen Augenblick zu zögern. Marcus wich seinem Blick aus. Irgendetwas stimmt hier nicht, dachte Gaius.

»Er wird überleben, aber es wird lange dauern, bis er wieder in Form ist«, sagte Marcus. »In seinem Alter würde eine Infektion sein Ende bedeuten, aber Cabera meint, er schafft es.«

»Er schafft es«, bestätigte Cabera.

Gaius seufzte und setzte sich. »Und was passiert jetzt? Ich bin zu jung, um den Platz meines Vaters einzunehmen, seine Interessen in Rom zu vertreten. Um ehrlich zu sein, wäre ich nicht damit zufrieden, nur das Gut zu leiten, aber ich hatte nie Zeit, seine restlichen Angelegenheiten kennen zu lernen. Ich weiß nicht, wer sich um sein Vermögen gekümmert hat, oder wo die Besitzurkunden für das Land sind.« Er wendete sich an Tubruk. »Ich weiß, dass du über einiges informiert bist und würde dir das Kapital anvertrauen, bis ich älter bin, aber was soll ich jetzt machen? Weiterhin Lehrer für mich und Marcus anstellen? Das Leben kommt mir plötzlich unbestimmt vor, zum ersten Mal ohne Richtung.«

Cabera hörte bei diesem Ausbruch mit dem Polieren auf.

»Jeder hat einmal dieses Gefühl. Glaubst du etwa, ich habe mir, als ich ein kleiner Junge war, vorgenommen, eines Tages hier zu landen? Das Leben hat nun mal die Angewohnheit, plötzlich unerwartete Wendungen zu nehmen. Ich würde es gar nicht anders haben wollen, so schmerzhaft es auch sein mag. Zu viel von der Zukunft ist schon festgelegt, da ist es gut, wenn wir nicht jede Einzelheit kennen, sonst wäre das Leben nichts anderes als eine graue, langweilige Spielart des Todes.«

»Du musst eben schnell lernen, das ist alles«, fuhr Marcus fort. Sein Gesicht strahlte vor Begeisterung.

»Bei dem augenblicklichen Zustand Roms? Wer soll mir da etwas beibringen? Wir leben nicht in Frieden und Wohlstand, wo man über meinen Mangel an politischen Fähigkeiten hinwegsehen könnte. Mein Vater hat das immer sehr deutlich gemacht. Er hat gesagt, Rom sei voller Wölfe.« Tubruk nickte finster. »Ich werde tun, was ich kann, aber schon jetzt werden einige ein Auge auf die Güter geworfen haben, weil sie geschwächt wurden und vielleicht billig aufgekauft werden können. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, ohne Schutz zu sein.«

»Aber ich weiß nicht genug, um uns zu beschützen!«, fuhr Gaius fort. »Der Senat könnte mir alles wegnehmen, was ich besitze, wenn ich zum Beispiel keine Steuern bezahle, aber wie bezahle ich sie? Wo ist das Geld, wo nehme ich es her, und wie viel soll ich zahlen? Wo sind die Namen der Kunden meines Vaters? Versteht ihr?«

»Beruhige dich«, sagte Cabera und strich wieder langsam über das Holz seines Bogens. »Denk lieber nach. Lass uns mit dem anfangen, was du hast, und nicht mit dem, was du nicht weißt.« Gaius atmete tief durch und wünschte sich wieder, sein Vater wäre da, um der unerschütterliche Fels der Gewissheit in seinem Leben zu sein.

»Ich habe dich, Tubruk. Du kennst das Gut, aber nicht die anderen Geschäfte. Keiner von uns versteht etwas von Politik und von den Vorgängen im Senat.«

Wieder sah er Cabera und Marcus an. »Ich habe euch beide und ich habe Renius, aber keiner von uns war auch nur ein einziges Mal in den Kammern des Senats, und die Verbündeten meines Vaters sind alle Fremde für uns.«

»Konzentriere dich auf das, was wir haben, sonst verzweifelst du. Bisher hast du schon ein paar sehr fähige Leute aufgezählt. Es wurden schon Armeen mit weniger aufgestellt. Was noch?« »Meine Mutter und ihr Bruder Marius, aber mein Vater hat immer gesagt, er wäre der größte Wolf von allen.«

»Wir brauchen jetzt aber einen großen Wolf. Jemanden, der sich in der Politik auskennt. Er ist von deinem Blut, du musst ihn aufsuchen«, sagte Marcus leise.

»Ich weiß nicht, ob ich ihm trauen kann«, wandte Gaius mit düsterem Blick ein.

»Er wird deine Mutter nicht im Stich lassen. Er muss dir helfen, die Kontrolle über das Gut zu behalten, selbst wenn er es nur für sie tut«, erklärte Tubruk.

Gaius stimmte langsam zu.

»Das stimmt. Er hat ein Haus in Rom, dort könnte ich ihn besuchen. Es gibt niemand anderen, der helfen könnte, also muss er es sein. Aber ich kenne ihn kaum. Seit meine Mutter krank geworden ist, war er kaum noch hier.«

»Das dürfte keine Rolle spielen. Er wird dich nicht abweisen«, sagte Cabera friedlich und musterte den Glanz, den er dem Bogen gegeben hatte.

Marcus sah den alten Mann scharf an. »Du scheinst dir ja sehr sicher zu sein«, sagte er.

Cabera zuckte die Achseln. »Nichts ist sicher auf dieser Welt.«

»Dann ist es also beschlossen. Ich schicke einen Boten voraus und werde meinen Onkel aufsuchen«, sagte Gaius, schon etwas weniger schwermütig.

»Ich begleite dich«, sagte Marcus schnell. »Du bist immer noch nicht von deinen Wunden genesen, und in Rom ist es im Augenblick nicht sehr sicher, wie du gehört hast.«

Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Gaius wirklich.

Cabera murmelte etwas vor sich hin. »Wisst ihr, ich bin eigentlich in dieses Land gekommen, um Rom zu sehen. Ich habe in abgeschiedenen Bergdörfern gelebt und bin bei meinen Reisen auf Stämme gestoßen, die man schon für ausgestorben hielt. Ich habe geglaubt, ich hätte alles gesehen, aber ständig haben mir die Leute erzählt, ich müsse Rom sehen, ehe ich sterbe. Ich habe zu ihnen gesagt: >Dieser See ist wirklich wunderschöne, und sie erwiderten: >Du solltest dir Rom ansehen.< Sie haben gesagt, es sei eine wunderbare Stadt, der Mittelpunkt der Welt, und trotzdem habe ich seine Mauern noch nie durchschritten.«

Die Jungen lächelten beide über die durchsichtige Taktik des alten Mannes.

»Natürlich darfst du mitkommen. Ich betrachte dich als Freund des Hauses. Du wirst überall willkommen sein, wo ich bin, bei meiner Ehre«, erwiderte Gaius in feierlichem Tonfall, als wiederholte er einen Schwur.

Cabera legte den Bogen beiseite und erhob sich mit ausgestreckter Hand. Gaius empfing sie mit festem Griff.

»Auch du wirst immer an meinem Feuer willkommen sein«, sagte Cabera. »Mir gefällt das hiesige Klima und die Menschen. Ich glaube, meine Reisen werden noch eine Weile warten müssen.«

Gaius ließ seine Hand wieder los und schaute nachdenklich in die Runde.

»Ich werde gute Freunde um mich herum brauchen, wenn ich mein erstes Jahr in der Politik überleben will. Mein Vater hat immer gesagt, es sei, als laufe man barfuß durch ein Vipernnest.« »Er scheint eine recht blumige Ausdrucksweise gehabt zu haben, und keine sehr hohe Meinung von seinen Kollegen«, sagte Cabera mit trockenem Lachen. »Wir werden vorsichtig auftreten und hin und wieder einen Kopf zertrampeln, wenn es nötig wird.«